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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: 10 K 1577/05 E
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 22 Nr. 3
AO 1977 § 41 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

10 K 1577/05 E

Tenor:

1. Der Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 28.01.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 23.03.2005 werden abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner der Klägerin das Ergebnis der Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben,

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Streitig ist, ob es sich bei einer als Vermittlungsprovision bezeichneten Zahlung des H-Konzerns an die Klägerin um sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) handelt.

Die Klägerin und ihre Schwestern schlossen im Streitjahr 1998 jeweils Lebensversicherungen beim H-Konzern ab. Da ein direkter Beitragsnachlass nicht zu erhalten war, kamen sie vor Abschluss der jeweiligen Versicherungsverträge überein, sich die Lebensversicherungen (quasi ringweise) untereinander zu vermitteln und die dafür erhaltenen Vermittlungsprovisionen jeweils an die entsprechende Versicherungsnehmerin bzw. Schwester weiterzuleiten. Entsprechend dieser Vereinbarung unterzeichnete die Klägerin am 17.06.1998 einen Vertrag ("Provisionsbestimmung für Einmalvermittlung", auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird) mit dem H-Konzern Regionalzentrum L, in welchem ihr u.a. für die erfolgreiche Vermittlungen einer Lebensversicherung ein Provision zugesagt wurde. Nachdem ihre Schwester T den Versicherungsvertrag Nr. 1 abgeschlossen hatte, erhielt die Klägerin Ende 1998 die vom H-Konzern zugesagte Provision von 31.250 DM ausgezahlt und leitete sie vereinbarungsgemäß noch in 1998 an Frau T weiter.

Ebenfalls im Jahre 1998 schloss die Klägerin beim H-Konzern den Versicherungsvertrag Nr. 2 ab. Dieser Vertrag wurde der Klägerin von ihrer anderen Schwester, Frau G, vermittelt. Die Ende 1998 ausgezahlte Provision in Höhe von 31.250 DM leitete diese Schwester an die Klägerin weiter. Entsprechend verfuhren die übrigen Schwestern, so dass jede Schwester im Ergebnis die für ihren Vertragsabschluss vom H-Konzern ausbezahlte Vermittlungsprovision erhielt.

In ihrer am 29.03.2000 eingereichten Einkommensteuererklärung 1998 erklärte die Klägerin die Zahlung von 31.250 DM nicht. Die Summe der als Sonderausgaben geltend gemachten Versicherungsbeiträge betrug 92.005 DM. Daraufhin setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1998 (Einzelveranlagung) ohne die Provisionszahlung mit Bescheid vom 03.07.2000 fest. Nachdem der Beklagte auf Grund einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes für Groß- und Konzern-Betriebsprüfung L Kenntnis von der Provisionszahlung erlangt hatte, erließ er am 03.06.2004 einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998 und erfasste die vom H-Konzern gezahlte Provision von 31.250 DM als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG.

Der hiergegen mit Schreiben vom 29.06.2004 beim Finanzgericht Münster eingelegten Sprungklage hat der Beklagte nicht zugestimmt. Am 28.01.2005 änderte der Beklagte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid teilweise antragsgemäß und erfasste 7.900 DM nicht mehr als Spekulationseinkünfte. Im Übrigen wies er den Einspruch wegen der Provisionseinnahmen durch Einspruchsentscheidung vom 23.03.2005 als unbegründet zurück.

Mit der am 18.04.2005 eingelegten Klage trägt die Klägerin vor, dass es sich bei den erhaltenen 31.250 DM um einen vom H-Konzern an Frau T zugesagten Beitragsnachlass auf die abgeschlossene Rentenversicherung Nr. 1 gehandelt habe. Lediglich aus versicherungsinternen Gründen sei dieser Betrag nicht unmittelbar an Frau T ausbezahlt worden, sondern formal als Provision zunächst an die Klägerin und sodann von ihr an Frau T weitergeleitet worden. Die Klägerin habe keinerlei Vermittlungsleistungen erbracht. Vielmehr seien die Vertragsgespräche ausschließlich zwischen dem H-Konzern, vertreten durch Herrn S, und Frau T erfolgt. Insofern werde auf die schriftliche Bestätigung von Herrn S vom 14.10.2004 und die Stellungnahme der H-Rechtsabteilung vom 11.01.2005 betreffend den Parallelfall, Frau R, Versicherungsnummer 3 verwiesen.

Mit Schreiben vom 14.10.2004 bestätigt Herr S als Vertriebsleiter des H-Konzerns Niederlassung West folgendes:

"Die mit Scheck-Nr....... an Frau D im Januar 2000 geleisteten 59.325,80 DM stellen einen Beitragsnachlass auf den von Frau R abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. 3 dar.

Aus betriebsinternen Gründen konnte eine direkte Verrechnung mit den Zahlungen von Frau R nicht erfolgen.

Frau D ist lediglich formal als Vermittlerin eingeschaltet worden, um den als Provision bezeichneten Beitragsnachlass wie besprochen an Frau R weiterzuleiten.

Frau D hat jedoch weder den Versicherungsvertrag mit Frau R vermittelt noch war sie überhaupt am Zustandekommen dieses Versicherungsvertrages in irgendeiner Form beteiligt. Die Gespräche über den Versicherungsabschluss wurden ausschließlich zwischen Frau R (der Versicherungsnehmerin) und H, vertreten durch den Unterzeichner, geführt."

Die Rechtsabteilung des H-Konzerns schrieb am 11.01.2005 an Herrn S unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 14.10.2004 u. a.:

"Wir weisen darauf hin, dass die Gestaltung der Provisionszahlungen evident gegen § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG i.V.m. der Anordnung vom 08.03.1934 über das Verbot von Sondervergütungen und Vergünstigungsverträgen in der Lebensversicherung (aktualisiert durch das Rundschreiben ...) verstößt. Eine solche Gestaltung stellt einen versicherungsaufsichtsrechtlichen Missstand dar und kann entsprechende Konsequenzen gegen das Versicherungsunternehmen nach sich ziehen.

Wir haben Sie daher aufzufordern, auf derartige Gestaltungen in Zukunft zu verzichten und uns entsprechende Gestaltungen unverzüglich zur Kenntnis zu bringen."

Die einzige "Leistung" der Klägerin habe also darin bestanden, den Beitragsnachlass seitens des H-Konzerns zugunsten von Frau T entgegenzunehmen und an sie weiter zu leiten. Hierfür habe sie weder vom H-Konzern noch von dritter Seite ein Entgelt erhalten. Hierin liege der Unterschied zu den Sachverhalten in den Urteilsfällen des Bundesfinanzhofes vom 21.09.2004 IX R 13/02, BStBl. II 2005 S. 44 und vom 27.06.2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007 S. 657. In diesen Urteilsfällen habe der Leistende ein Entgelt erhalten und sei nicht verpflichtet gewesen, dieses an einen Dritten herauszugeben.

Aber selbst wenn man der Auffassung des Beklagten folgen wollte und die "Provisionszahlungen" als sonstige Einkünfte ansehen würde, so müsste man andererseits die Weiterleitung dieser "Provision" an Frau T als Werbungskosten oder negative Einnahmen berücksichtigen, denn zwischen der Zahlung des H-Konzerns an die Klägerin und der Zahlung der Klägerin an Frau T bestehe ein untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Tatsächlich sei nur der Beitragsnachlass des H-Konzerns über die Klägerin an Frau T durchgeleitet worden und könne daher nicht bei ihr zu Einkünften führen.

Außerdem liege ein nicht steuerbares Scheingeschäft i.S.d. § 41 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) vor. Die Klägerin habe die Weiterleitung der zum Schein erhaltenen Provision auf Grund einer Vereinbarung zwischen ihr, dem H-Konzern und Frau T vorgenommen. Aus diesem Grund stelle die Weiterleitung der Provision auch keine steuerlich unbeachtliche Zuwendung nach § 12 Nr. 2 EStG dar. Dieses würde nämlich voraussetzen, dass die Klägerin über diesen Geldbetrag frei verfügen konnte. Dies sei jedoch auf Grund der vorgenannten Vereinbarung zwischen den drei Parteien nicht der Fall gewesen, da die Klägerin verpflichtet gewesen sei, die ihr zum Schein ausgezahlte Vermittlungsprovision an Frau T weiterzuleiten. Die Frau T zugewendeten Mittelt stammten daher nicht aus frei verfügbarem Vermögen der Klägerin, sondern aus dem Vermögen des H-Konzerns.

Die Klägerin beantragt,

1. den an die Klägerin gerichteten Bescheid des Beklagten für 1998 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 03.06.2004, geändert mit Bescheid vom 28.01.2005, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.03.2005 dahingehend abzuändern, dass die vom Beklagten als sonstige Einkünfte angesetzten Provisionszahlungen von 31.250 DM außer Ansatz bleiben;

2. hilfsweise die Revision zuzulassen;

3. dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

4. die Zuziehung eines Bevollmächtigen für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es durchaus entscheidungserheblich, ob die Geschäftsleitung des H-Konzerns Kenntnis von den Vereinbarungen zwischen der Klägerin, Frau T und dem örtlichen Vertreter des H-Konzerns hatte. Denn die Entscheidung, ob und an wen Provision für die Vermittlung des Vertrages von Frau T zu zahlen war, habe nicht Herrn S, sondern den entsprechenden Stellen in der H-Konzern-Zentrale in L oblegen. Diese habe aber, wie das Schreiben vom 11.01.2005 zum Versicherungsvertrag Nr. 3 zeige, keine Kenntnis von den Absprachen gehabt und solche Gestaltungen für die Zukunft untersagt. Die Leistung der Klägerin habe daher darin bestanden, gegenüber den für die Auszahlung von Vermittlungsprovisionen entscheidungsbefugten Stellen im H-Konzern den Eindruck zu erwecken, sie habe eine Vermittlungsleistung erbracht und deshalb Anspruch auf eine Provision.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Einspruchsentscheidung vom 23.03.2005 und die Schriftsätze des Kläger-Vertreters vom 15.04.2005 und 25.04.2007 Bezug genommen.

II. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat die Zahlung von 31.250 DM des H-Konzerns an die Klägerin zu Unrecht als sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung unterworfen, da die Klägerin ohne Überschusserzielungsabsicht gehandelt hat.

Zwar stellt die gelegentliche oder einmalige Vermittlung von Versicherungsverträgen eine Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG dar. Die dadurch erzielten Einnahmen gehören weder zu den anderen Einkunftsarten ( § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 des § 22 EStG.

Eine Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Entscheidend ist danach, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist (BFH-Urteil vom 21.09.2004 IX R 13/02, BStBl. II 2005, 44, m.w.N.). Dafür genügt bereits, dass der Steuerpflichtige im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun, Dulden oder Unterlassen die gewährte Gegenleistung als solche annimmt.

Nach diesen Grundsätzen erfüllt das Verhalten der Klägerin zwar grundsätzlich den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG, weil es Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages war und sich nicht als Veräußerungs- oder veräußerungsähnlicher Vertrag im privaten Bereich darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 26.10.2004 IX R 53/02, BStBl. II 2005, 167, m.w.N.). Denn die Provision stellt sich nach den getroffenen Vereinbarungen als Gegenleistung der Versicherung an die Klägerin für die Mitwirkung am Zustandekommen des Versicherungsvertrages zwischen ihrer Schwester, Frau T, und der H-Versicherung dar. Die Einmaligkeit dieser (Mitwirkungs-)Leistung schließt die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Nr. 3 EStG nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 21.09.1982 VIII R 73/79, BStBl. II 1983, 201). Diese Leistung ist der Klägerin auch zuzurechnen, weil sie auf deren willensgetragenem und zielgerichtetem Verhalten beruhte. Sie hat mit dem H-Konzern Regionalzentrum L unter dem 17.06.1998 eine Vereinbarung geschlossen, wonach sie eine Provision für die Vermittlung eines Versicherungsvertrages zwischen Frau T und dem H-Konzern erhalten sollte. Damit war die Zahlung der streitigen Provision an die Klägerin im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag ihrer Schwester unabdingbare Voraussetzung für das Zustandekommen dieses Vertragsabschlusses.

Bei dieser Sach- und Rechtslage stellt die Provisionsabrede auch kein Scheingeschäft i.S.d. § 41 Abs. 2 AO dar (so auch Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 25.01.2005 13 K 555/00, EFG 2005, 1936) .

Ein Scheingeschäft liegt nur vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäftes einig sind, was bereits daran offenkundig werden kann, dass sie die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht ziehen (vgl. BFH-Urteil vom 21.10.1998 III R 194/84, BStBl. II 1989, 216, 218). Eine Scheinhandlung im Sinne dieser Vorschrift kann auch gegeben sein, wenn ein Zahlungsempfänger die ihm zugeflossenen Beträge in Verwirklichung eines gemeinsamen Gesamtplans alsbald dem Schuldner wieder zuwendet (BFH-Urteil vom 05.12.1990 I R 5/88, BStBl. II 1991, 308, 309; vom 28.01.1997 IX R 23/94, BStBl. II 1997, 655, 656).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor, da die Durchführung der schriftlichen Provisionsvereinbarung vom 17.06.1998 zwischen der Klägerin und dem H-Konzern unabdingbare Voraussetzung der Provisionszahlung war. Dieses wird auch durch die Ausführungen der Rechtsabteilung des H-Konzerns im Schreiben vom 11.01.2005 bekräftigt. Danach dürfen aus versicherungsaufsichtsrechtlichen Gründen einem Versicherungsnehmer in keiner Form Sondervergütungen beim Abschluss eines Versicherungsvertrages gewährt werden ( § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG).

Allerdings führt diese Einnahme nicht zu steuerbaren sonstigen Einkünften i.S.d. §§ 2 Abs. 1 Nr. 7; 22 Nr. 3 EStG, da die Klägerin ohne Überschusserzielungsabsicht handelte und tatsächlich auch keinen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ( §§ 2 Abs. 2 Nr. 2; 8 bis 9 a EStG) erzielte. Soweit der Bundesfinanzhof im Urteil vom 27.06.2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657 für den Fall der kreuzweisen Vermittlung von Lebensversicherungen und wechselseitiger Auskehrung der Provisionen an den jeweiligen Versicherungsnehmer stillschweigend die Einkunftserzielungsabsicht bei den sonstigen Einkünften bejaht hat, teilt der erkennende Senat diese Rechtsauffassung nicht.

Bei der Ermittlung des Einkommens für die Festsetzung der Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Einkunftsarten fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf eine größere Zahl von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte dienen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. 06. 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 766 f.). Fehlt es an dieser Voraussetzung, so fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse wegen Fehlens der Gewinnerzielungsabsicht auch dann nicht unter eine Einkunftsart, wenn sie sich ihrer Art nach unter § 2 Abs. 1 EStG einordnen ließen (BFH-Urteile vom 06. 03. 2003 XI R 46/01, 124, BStBl II 2003, 602 , vom 05. 11. 2002 IX R 18/02, BStBl II 2003, 914, und vom 14.12.2004 XI R 6/02, BStBl II 2005, 392, 393). Bezogen auf Überschusseinkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfordert dies die Absicht, auf die voraussichtliche Dauer der Betätigung oder Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften ( BFH-Urteil vom 15.12.1999, BStBl II 2000, 267, m.w.N.). Das gilt auch für sonstige Einkünfte gemäß § 22 EStG (z.B. BFH-Urteil vom 23.01.1991 X R 37/86, BStBl II 1991, 398, unter 3. der Gründe).

Bei Anwendung dieser vom erkennenden Senat für zutreffend erachteten Rechtsgrundsätze handelte die Klägerin ohne Überschusserzielungsabsicht.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin aufgrund des Vertrages über die Provisionsbestimmung für Einmalvermittlung mit der H-Konzern nur einmalig eine Lebensversicherung für ihr Schwester T vermitteln wollte. Anhaltspunkte dafür, dass sie außer diesem Vertrag noch weitere Verträge vermitteln wollte, liegen nicht vor.

Da die an ihre Schwester als Versicherungsnehmerin ausgekehrten 31.250 DM grundsätzlich Werbungskosten bei den sonstigen Einnahmen darstellen, fehlte der Klägerin bei der Durchführung der Versicherungsvermittlung eine Überschusserzielungsabsicht.

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, § 9 Abs. 1 S.1 EStG.

Vorliegend diente die Provisionsweiterleitung sowohl objektiv als auch subjektiv aus Sicht der Klägerin der Provisionserlangung. Dieses schließt der Senat aus dem unstreitigen Vortrag der Klägerin, dass die Vertragsvermittlung nur deshalb erfolgreich möglich war, weil sie zuvor ihrer Schwester die Auskehrung der gesamten Provision verbindlich zugesagt hatte. Diese Absprache hält der Senat auch für glaubwürdig, weil sie Voraussetzung für die von den Schwestern jeweils beabsichtigte - wirtschaftliche - Beitragsreduzierung war und tatsächlich von den Schwestern durchgeführt wurde.

Unerheblich ist, dass die Klägerin durch die Absprachen mit ihren Schwestern bei wirtschaftlicher Betrachtung nur eine Reduzierung ihres eigenen Versicherungsbeitrages erlangen wollte (a.A. Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 25.01.2005, a.a.O.).

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist kein eigenständiges Rechtsinstitut, auf Grund dessen die gesetzliche Regelung außer Kraft gesetzt oder in ihr Gegenteil verkehrt werden kann. Sie ist gegebenenfalls als Auslegungshilfe bei der Anwendung der gesetzlichen Regelung zu berücksichtigen. Hieran fehlt es indes stets, wenn die materielle Regelung für die Besteuerung an bürgerlichrechtliche Vorgänge, wie im Fall des § 22 Nr. 3 EStG, anknüpft. Beruht eine Gegenleistung auf einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten und erbrachten Leistung, ist diese Gestaltung der Besteuerung zugrunde zu legen. Für eine abweichende Parallelbetrachtung im Hinblick auf den wirtschaftlichen Hintergrund der Vereinbarung ist kein Raum. Die Provisionsweiterleitung fand daher nicht auf der gemäß § 12 EStG steuerlich unbeachtlichen Vermögensebene statt.

Aber selbst wenn man die Absprachen der Klägerin mit ihren Schwestern und dem H-Konzern nur als Vereinbarung einer verdeckten ( § 41 Abs. 2 AO) Eigenprovison ansehen sollte, wäre die Klage erfolgreich.

In Abgrenzung zum Urteil des Bundesfinanzhofes vom 27.05.1998 X R 17/95, BStBl II 1998, 618 ist der Senat der Auffassung, dass die einer nicht als gewerblicher Versicherungsvermittler tätigen Person für den einmaligen Abschluss einer eigenen Versicherung gewährte Vermittlungsprovision nicht zu steuerbaren Einkünften führt, sondern einen nichtsteuerbaren Beitragsnachlass darstellt. Insofern wäre diese Konstellation einem Versicherungsnehmer vergleichbar, der durch eine Vereinbarung mit einem Versicherungsvertreter erreicht, dass dieser einen Teil seiner Provision an ihn weiterleitet. In einem solchen Fall stellen die ausgezahlten Provisionsanteile aber auch nach Ansicht des Bundesfinanzhofes nur eine Minderung des Preises der Versicherung dar und führen nicht zu Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG (BFH-Urteil vom 02.03.2004 IX R 68/02, BStBl II 2004, 506).

Der Senat braucht nicht im Hinblick auf § 177 Abs. 1 AO abschließend zu entscheiden, ob für die für ihre eigene beim H-Konzern abgeschlossene Lebensversicherung an ihre Schwester, Frau G, gezahlte Provision von 31.250,- DM, welche letztere an sie in 1998 weiterleitete, ihren Versicherungsbeitrag mindert. Bei den bislang im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigten Summe der Versicherungsbeiträge von 92.005 DM, wäre auch nach Abzug dieser Provision der als Sonderausgaben ( § 10 EStG) abziehbare Höchstbetrag noch offensichtlich überschritten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Der Senat weicht mit dieser Entscheidung vom BFH-Urteil vom 27.06.2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657 ab.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren wird für notwendig erklärt, § 139 Abs. 3 FGO.

Ende der Entscheidung

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