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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: 10 K 1746/05 E
Rechtsgebiete: EStG, AO
Vorschriften:
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2 | |
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 7 | |
EStG § 2 Abs. 8 | |
EStG § 2 Abs. 9 | |
EStG § 2 Abs. 9a | |
EStG § 12 | |
EStG § 22 Nr. 3 | |
AO § 41 Abs. 2 |
Finanzgericht Münster
Tenor:
1. Der Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 13.04.2005 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.04.2005 werden abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner der Klägerin das Ergebnis der Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekantzugeben.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I. Streitig ist, ob es sich bei als Vermittlungsprovisionen bezeichneten Zahlungen des X.....-Konzerns an die Klägerin um sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) handelt.
Die Klägerin und ihre Schwestern schlossen im Streitjahr 1998 jeweils Lebensversicherungen beim X.....-Konzern ab. Da ein direkter Beitragsnachlass nicht zu erhalten war, kamen sie vor Abschluss der jeweiligen Versicherungsverträge überein, sich die Lebensversicherungen untereinander zu vermitteln und die dafür erhaltenen Vermittlungsprovisionen jeweils an die entsprechende Versicherungsnehmerin bzw. Schwester weiterzuleiten. Entsprechend dieser Vereinbarung unterzeichnete die Klägerin am 02.11.1998 einen Vertrag ("Provisionsbestimmung für Einmalvermittlung", auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird) mit dem X.....-Konzern Regionalzentrum A-Stadt, in welchem ihr u.a. für die erfolgreiche Vermittlung von Lebensversicherungen eine Provision zugesagt wurde. Nachdem ihre Schwestern S...... den Versicherungsvertrag Nr. NNNNNNN und Sch..... den Versicherungsvertrag Nr. MMMMMM abgeschlossen hatten, erhielt die Klägerin Ende 1998 die vom X.....-Konzern zugesagte Provision von insgesamt 51.955,70 DM ausgezahlt und leitete sie vereinbarungsgemäß noch in 1998 in Höhe von 31.250,- DM an Frau Sch..... und in Höhe von 20.705,70 DM an Frau S...... weiter.
Ebenfalls im Jahre 1998 schloss die Klägerin beim X.....-Konzern die Versicherungsverträge Nr. OOOOOO, PPPPPPP und QQQQQQ ab. Diese Verträge wurden der Klägerin von ihrer Schwester, Frau S...... vermittelt. Die dafür Ende 1998 ausgezahlte Provision in Höhe von insgesamt 52.527,30 DM leitete diese Schwester an die Klägerin weiter. Entsprechend verfuhren die übrigen Schwestern, so dass jede Schwester im Ergebnis die für ihren Vertragsabschluss vom X.....-Konzern ausbezahlte Vermittlungsprovision erhielt.
In ihrer am 11.04.2000 eingereichten Einkommensteuererklärung 1998 erklärte die Klägerin die Zahlungen des X.....-Konzerns von 51.955,- DM nicht. Die Summe der als Sonderausgaben geltend gemachten Versicherungsbeiträge betrug 87.795,- DM. Daraufhin setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1998 (Zusammenveranlagung) ohne die Provisionszahlung mit Bescheid vom 19.07.2000 fest. Nachdem der Beklagte auf Grund einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes für Groß- und Konzern-Betriebsprüfung A-Stadt Kenntnis von den Provisionszahlungen erlangt hatte, erließ er am 16.06.2004 einen nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998 und erfasste die vom X.....-Konzern gezahlte Provision zunächst mit 52.725,- DM als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG.
Der hiergegen mit Schreiben vom 15.06.2004 beim Finanzgericht Münster eingelegten Sprungklage hat der Beklagte nicht zugestimmt. Am 13.04.2005 änderte der Beklagte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid teilweise und erfasste nur noch 51.955,- DM als sonstige Einkünfte. Im Übrigen wies er den Einspruch wegen der Provisionseinnahmen durch Einspruchsentscheidung vom 16.04.2005 als unbegründet zurück.
Mit der am 29.04.2005 eingelegten Klage trägt die Klägerin vor, dass es sich bei den erhaltenen 51.955,- DM um vom X.....-Konzern an Frau S...... und Frau (Kl......) zugesagte Beitragsnachlässe auf die von Ihnen abgeschlossenen Versicherungen gehandelt habe. Lediglich aus versicherungsinternen Gründen seien diese Beträge nicht unmittelbar an die Versicherungsnehmerinnen ausbezahlt worden, sondern formal als Provisionen zunächst an die Klägerin gezahlt und sodann von dieser an ihre Schwestern weitergeleitet worden. Die Klägerin habe keinerlei Vermittlungsleistungen erbracht. Vielmehr seien die Vertragsgespräche ausschließlich zwischen dem X.....-Konzern, vertreten durch Herrn Y......, und Frau S...... bzw. Sch..... erfolgt. Insofern werde auf die schriftliche Bestätigung von Herrn Y...... vom 14.10.2004 und die Stellungnahme der X.....-Rechtsabteilung vom 11.01.2005 betreffend den Parallelfall, Frau Ulrike T...., Versicherungsnummer RRRRRR verwiesen.
Mit Schreiben vom 14.10.2004 bestätigt Herr Y...... als Vertriebsleiter des X.....-Konzerns Niederlassung West folgendes:
"Die mit Scheck-Nr....... an Frau K..... S..... im Januar 2000 geleisteten 59.325,80 DM stellen einen Beitragsnachlass auf den von Frau Ulrike T.... abgeschlossenen Versicherungsvertrag Nr. RRRRRR dar.
Aus betriebsinternen Gründen konnte eine direkte Verrechnung mit den Zahlungen von Frau T.... nicht erfolgen.
Frau K..... S..... ist lediglich formal als Vermittlerin eingeschaltet worden, um den als Provision bezeichneten Beitragsnachlass wie besprochen an Frau T.... weiterzuleiten.
Frau K..... S..... hat jedoch weder den Versicherungsvertrag mit Frau T.... vermittelt noch war sie überhaupt am Zustandekommen dieses Versicherungsvertrages in irgendeiner Form beteiligt. Die Gespräche über den Versicherungsabschluss wurden ausschließlich zwischen Frau T.... (der Versicherungsnehmerin) und X....., vertreten durch den Unterzeichner, geführt."
Die Rechtsabteilung des X.....-Konzerns schrieb am 11.01.2005 an Herrn Y...... unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 14.10.2004 u. a.:
"Wir weisen darauf hin, dass die Gestaltung der Provisionszahlungen evident gegen § 81 Abs. 2 Satz 4 VAG i.V.m. der Anordnung vom 08.03.1934 über das Verbot von Sondervergütungen und Vergünstigungsverträgen in der Lebensversicherung (aktualisiert durch das Rundschreiben R 3/94, Verbav 95, 3) verstößt. Eine solche Gestaltung stellt einen versicherungsaufsichtsrechtlichen Missstand dar und kann entsprechende Konsequenzen gegen das Versicherungsunternehmen nach sich ziehen.
Wir haben Sie daher aufzufordern, auf derartige Gestaltungen in Zukunft zu verzichten und uns entsprechende Gestaltungen unverzüglich zur Kenntnis zu bringen."
Die einzige "Leistung" der Klägerin habe also darin bestanden, die Beitragsnachlässe seitens des X.....-Konzerns zugunsten ihrer Schwestern entgegenzunehmen und an diese weiter zu leiten. Hierfür habe sie weder vom X.....-Konzern noch von dritter Seite ein Entgelt erhalten. Hierin liege der Unterschied zu den Sachverhalten in den Urteilsfällen des Bundesfinanzhofes vom 21.09.2004 IX R 13/02, BStBl. II 2005 S. 44 undvom 27.06.2006 IX R 25/05. In diesen Urteilsfällen habe der Leistende ein Entgelt erhalten und war nicht verpflichtet, dieses an einen Dritten herauszugeben.
Aber selbst wenn man der Auffassung des Beklagten folgen wollte und die "Provisionszahlungen" als sonstige Einkünfte ansehen würde, so müsste man andererseits die Weiterleitung dieser "Provisionen" an Frau S...... und Frau Sch..... als Werbungskosten oder negative Einnahmen berücksichtigen, denn zwischen den Zahlungen des X.....-Konzerns an die Klägerin und deren Zahlungen an ihre Schwestern bestehe ein untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang. Tatsächlich seien nur Beitragsnachlässe des X.....-Konzerns über die Klägerin an Frau S...... bzw. Frau Sch..... durchgeleitet worden und könnten daher nicht bei ihr zu Einkünften führen.
Außerdem liege ein nicht steuerbares Scheingeschäft i.S.d. § 41 Abs. 2 AO vor. Denn die Klägerin habe die Weiterleitung der zum Schein erhaltenen Provisionen auf Grund von Vereinbarungen zwischen ihr, dem X.....-Konzern und ihren Schwestern vorgenommen. Aus diesem Grund stelle die Weiterleitung der Provisionen auch keine steuerlich unbeachtliche Zuwendung nach § 12 Nr. 2 EStG dar. Dieses würde nämlich voraussetzen, dass die Klägerin über diese Geldbeträge frei verfügen konnte. Dies sei jedoch auf Grund der vorgenannten Vereinbarungen zwischen den drei Parteien nicht der Fall gewesen, da die Klägerin verpflichtet gewesen sei, die ihr zum Schein ausgezahlte Vermittlungsprovision an ihre jeweilige Schwester weiterzuleiten. Die den Schwestern zugewendeten Mittel stammten daher nicht aus frei verfügbarem Vermögen der Klägerin, sondern aus dem Vermögen des X.....-Konzerns.
Die Klägerin beantragt,
1. den an die Klägerin gerichteten Bescheid des Beklagten für 1998 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 16.06.2004, geändert durch Bescheid vom 13.04.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.04.2005 dahingehend abzuändern, dass die als sonstige Einkünfte vom Beklagten angesetzten Provisionszahlungen von 51.955 DM außer Ansatz bleiben;
2. hilfsweise
die Revision zuzulassen;
3. dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
4. die Zuziehung eines Bevollmächtigen für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es durchaus entscheidungserheblich, ob die Geschäftsleitung des X.....-Konzerns Kenntnis von den Vereinbarungen zwischen der Klägerin, ihren Schwestern und dem örtlichen Vertreter des X.....-Konzerns hatte. Denn die Entscheidung, ob und an wen Provisionen für die Vermittlung der Verträge zu zahlen war, habe nicht Herrn Y......, sondern den entsprechenden Stellen in der X.....-Konzern-Zentrale in A-Stadt oblegen. Diese habe aber, wie das Schreiben vom 11.01.2005 zeige, keine Kenntnis von den Absprachen gehabt und solche Gestaltungen für die Zukunft untersagt. Die Leistung der Klägerin habe daher darin bestanden, gegenüber den für die Auszahlung von Vermittlungsprovisionen entscheidungsbefugten Stellen im X.....-Konzern den Eindruck zu erwecken, sie habe Vermittlungsleistungen erbracht und deshalb Anspruch auf Provisionen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Einspruchsentscheidung vom 15.04.2005 und die Schriftsätze des Kläger-Vertreters vom 29.04.2005 und 25.04.2007 Bezug genommen.
II. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte hat die Zahlung von 51.955,- DM des X.....-Konzerns an die Klägerin zu Unrecht als sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung unterworfen, da die Klägerin ohne Überschusserzielungsabsicht gehandelt hat.
Zwar stellt die gelegentliche Vermittlung von Versicherungsverträgen eine Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG dar. Die dadurch erzielten Einnahmen gehören weder zu den anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 des § 22 EStG.
Eine Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Entscheidend ist danach, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist (BFH-Urteil vom 21.09.2004 IX R 13/02, BStBl. II 2005, 44, m.w.N.). Dafür genügt bereits, dass der Steuerpflichtige im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun, Dulden oder Unterlassen die gewährte Gegenleistung als solche annimmt.
Nach diesen Grundsätzen erfüllt das Verhalten der Klägerin zwar grundsätzlich den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG, weil es Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages war und sich nicht als Veräußerungs- oder veräußerungsähnlicher Vorgang im privaten Bereich darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 26.10.2004 IX R 53/02, BStBl. II 2005, 167, m.w.N.). Denn die Provision stellt sich nach den getroffenen Vereinbarungen als Gegenleistung der Versicherung an die Klägerin für die Mitwirkung am Zustandekommen der Versicherungsverträge zwischen ihren Schwestern und der X.....-Versicherung dar. Diese Leistung ist der Klägerin auch zuzurechnen, weil sie auf deren willensgetragenem und zielgerichtetem Verhalten beruhte. Sie hat mit dem X.....-Konzern Regionalzentrum A-Stadt unter dem 02.11.1998 eine Vereinbarung geschlossen, wonach sie eine Provision für die Vermittlung von Versicherungsverträgen zwischen Frau S...... bzw. Sch..... und dem X.....-Konzern erhalten sollte. Damit war die Zahlung der streitigen Provisionen an die Klägerin im Zusammenhang mit dem Versicherungsverträgen ihrer Schwestern unabdingbare Voraussetzung für das Zustandekommen dieser Vertragsabschlüsse.
Bei dieser Sach- und Rechtslage stellt die Provisionsabrede auch kein Scheingeschäft i.S.d. § 41 Abs. 2 AO dar (so auch Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 25.01.2005 13 K 555/00, EFG 2005, 1936) .
Ein Scheingeschäft liegt nur vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäftes einig sind, was bereits daran offenkundig werden kann, dass sie die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht ziehen (vgl. BFH-Urteil vom 21.10.1998 III R 194/84, BStBl. II 1989, 216, 218). Eine Scheinhandlung im Sinne dieser Vorschrift kann auch gegeben sein, wenn ein Zahlungsempfänger die ihm zugeflossenen Beträge in Verwirklichung eines gemeinsamen Gesamtplans alsbald dem Schuldner wieder zuwendet (BFH-Urteil vom 05.12.1990 I R 5/88, BStBl. II 1991, 308, 309;vom 28.01.1997 IX R 23/94, BStBl. II 1997, 655, 656).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor, da die Durchführung der schriftlichen Provisionsvereinbarung vom 02.11.1998 zwischen der Klägerin und dem X.....-Konzern unabdingbare Voraussetzung der Provisionszahlung war. Dieses wird auch durch die Ausführungen der Rechtsabteilung des X.....-Konzerns im Schreiben vom 11.01.2005 bekräftigt. Danach dürfen aus versicherungsaufsichtsrechtlichen Gründen einem Versicherungsnehmer in keiner Form Sondervergütungen beim Abschluss eines Versicherungsvertrages gewährt werden (§ 81 Abs. 2 Satz 4 VAG).
Allerdings führen diese Einnahmen nicht zu steuerbaren sonstigen Einkünften i.S.d. §§ 2 Abs. 1 Nr. 7; 22 Nr. 3 EStG, da die Klägerin ohne Überschusserzielungsabsicht handelte und tatsächlich auch keinen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 2 Abs. 2 Nr. 2; 8 bis 9 a EStG) erzielte. Soweit der Bundesfinanzhofim Urteil vom 27.06.2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657 für den Fall der kreuzweisen Vermittlung von Lebensversicherungen und wechselseitiger Auskehrung der Provisionen an den jeweiligen Versicherungsnehmer stillschweigend die Einkunftserzielungsabsicht bei den sonstigen Einkünften bejaht hat, teilt der erkennende Senat diese Rechtsauffassung nicht.
Bei der Ermittlung des Einkommens für die Festsetzung der Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannten Einkunftsarten fallen. Kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf eine größere Zahl von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte dienen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. 06. 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 766 f.). Fehlt es an dieser Voraussetzung, so fallen die wirtschaftlichen Ergebnisse wegen Fehlens der Gewinnerzielungsabsicht auch dann nicht unter eine Einkunftsart, wenn sie sich ihrer Art nach unter § 2 Abs. 1 EStG einordnen ließen (BFH-Urteile vom 06. 03. 2003 XI R 46/01, 124, BStBl II 2003, 602, vom 05. 11. 2002 IX R 18/02, BStBl II 2003, 914, undvom 14.12.2004 XI R 6/02, BStBl II 2005, 392, 393). Bezogen auf Überschusseinkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfordert dies die Absicht, auf die voraussichtliche Dauer der Betätigung oder Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften ( BFH-Urteil vom 15.12.1999, BStBl II 2000, 267, m.w.N.). Das gilt auch für sonstige Einkünfte gemäß § 22 EStG (z.B. BFH-Urteil vom 23.01.1991 X R 37/86, BStBl II 1991, 398, unter 3. der Gründe).
Bei Anwendung dieser vom erkennenden Senat für zutreffend erachteten Rechtsgrundsätze handelte die Klägerin ohne Überschusserzielungsabsicht.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin aufgrund des Vertrages über die Provisionsbestimmung für Einmalvermittlung mit der X.....-Konzern nur einmalig Lebensversicherungen für ihr Schwester S...... und Sch..... vermitteln wollte. Anhaltspunkte dafür, dass sie außer diesen Verträgen noch weitere Verträge vermitteln wollte oder vermittelt hat, liegen nicht vor.
Da die an ihre Schwestern als Versicherungsnehmerinnen ausgekehrten 51.955,- DM grundsätzlich Werbungskosten bei den sonstigen Einnahmen darstellen, fehlte der Klägerin bei der Durchführung der Versicherungsvermittlung eine Überschusserzielungsabsicht.
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, § 9 Abs. 1 S.1 EStG.
Vorliegend dienten die Provisionsweiterleitungen sowohl objektiv als auch subjektiv aus Sicht der Klägerin der Provisionserlangung. Dieses schließt der Senat aus dem unstreitigen Vortrag der Klägerin, dass die Vertragsvermittlungen nur deshalb erfolgreich möglich waren, weil sie zuvor ihren Schwestern die Auskehrung der gesamten Provisionen verbindlich zugesagt hatte. Diese Absprache hält der Senat auch für glaubwürdig, weil sie Voraussetzung für die von den Schwestern jeweils beabsichtigte - wirtschaftliche - Beitragsreduzierung war und tatsächlich von den Schwestern durchgeführt wurde.
Unerheblich ist, dass die Klägerin durch die Absprachen mit ihren Schwestern bei wirtschaftlicher Betrachtung nur eine Reduzierung ihres eigenen Versicherungsbeitrages erlangen wollte (a.A. Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 25.01.2005, a.a.O.).
Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist kein eigenständiges Rechtsinstitut, auf Grund dessen die gesetzliche Regelung außer Kraft gesetzt oder in ihr Gegenteil verkehrt werden kann. Sie ist gegebenenfalls als Auslegungshilfe bei der Anwendung der gesetzlichen Regelung zu berücksichtigen. Hieran fehlt es indes stets, wenn die materielle Regelung für die Besteuerung an bürgerlichrechtliche Vorgänge, wie im Fall des § 22 Nr. 3 EStG, anknüpft. Beruht eine Gegenleistung auf einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten und erbrachten Leistung, ist diese Gestaltung der Besteuerung zugrunde zu legen. Für eine abweichende Parallelbetrachtung im Hinblick auf den wirtschaftlichen Hintergrund der Vereinbarung ist kein Raum. Die Provisionsweiterleitung fand daher nicht auf der gemäß § 12 EStG steuerlich unbeachtlichen Vermögensebene statt.
Aber selbst wenn man die Absprachen der Klägerin mit ihren Schwestern und dem X.....-Konzern nur als Vereinbarung einer verdeckten ( § 41 Abs. 2 AO) Eigenprovison ansehen sollte, wäre die Klage erfolgreich.
In Abgrenzung zum Urteil des Bundesfinanzhofesvom 27.05.1998 X R 17/95, BStBl II 1998, 618 ist der Senat der Auffassung, dass die einer nicht als gewerblicher Versicherungsvermittler tätigen Person für den Abschluss eigener Versicherungen gewährten Vermittlungsprovisionen nicht zu steuerbaren Einkünften führen, sondern nichtsteuerbare Beitragsnachlässe darstellen. Insofern wäre diese Konstellation einem Versicherungsnehmer vergleichbar, der durch eine Vereinbarung mit einem Versicherungsvertreter erreicht, dass dieser einen Teil seiner Provision an ihn weiterleitet. In einem solchen Fall stellen die ausgezahlten Provisionsanteile aber auch nach Ansicht des Bundesfinanzhofes nur eine Minderung des Preises der Versicherung dar und führen nicht zu Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG (BFH-Urteil vom 02.03.2004 IX R 68/02, BStBl II 2004, 506).
Der Senat braucht nicht im Hinblick auf § 177 Abs. 1 AO abschließend zu entscheiden, ob die für ihre eigenen beim X.....-Konzern abgeschlossenen Lebensversicherungen an ihre Schwester , Frau S..... gezahlten Provisionen von 52.527,30 DM, welche letztere an sie in 1998 weiterleitete, ihre Versicherungsbeiträge mindern. Bei den bislang im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigten Summe der Versicherungsbeiträge von 87.795 DM, wäre auch nach Abzug dieser Provisionen der als Sonderausgaben ( § 10 EStG) abziehbare Höchstbetrag von 19.830,- DM noch offensichtlich überschritten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i.V.m. § 709 ZPO.
Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen. Der Senat weicht mit dieser Entscheidung vom BFH-Urteil vom 27.06.2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657 ab.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren wird für notwendig erklärt, § 139 Abs. 3 FGO.
Ende der Entscheidung
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