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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 09.01.2008
Aktenzeichen: 10 K 3034/06 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 12 Nr. 3
EStG § 233a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

10 K 3034/06 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist, ob Nachzahlungszinsen nach § 233 a Einkommensteuergesetz (EStG) Sonder-Betriebsausgaben der Gesellschafter einer GmbH & Co. KG sind.

Die Kläger waren Gesellschafter der X..... Kunststoff- und Metallwarenfabrik GmbH. Mit notarieller Urkunde vom 11.06.2001 beschlossen sie den Formwechsel dieser Gesellschaft in die X..... GmbH & Co. KG. Steuerlicher Umwandlungsstichtag war der 15.12.2000. Komplementärin der X..... GmbH & Co. KG wurde die Y.... Verwaltungs GmbH und Kommanditisten Herr A... Y.... mit einem Anteil i.H.v. 94.000 DM und Frau B... X....-Y.... mit einem Kommanditanteil von 6.000 DM. Die Komplementärin hielt keine Kapitaleinlage.

In der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2000 erklärte die X..... GmbH & Co. KG eine sich nach § 10 Umwandlungsteuergesetz (UmwStG) ergebende anrechenbare Körperschaftsteuer (KSt) von 3.038.934 DM. Der Beklagte veranlagte die GmbH & Co. KG mit Bescheid vom 26.07.2001 erklärungsgemäß. Die anrechenbare KSt wurde Herrn A... Y.... mit 2.704.651,26 DM und Frau X....-Y.... mit 334.282,74 DM zugerechnet. Zur Einkommensteuer 2000 ergab sich unter Anrechnung der genannten KSt-Beträge für die Eheleute ein Einkommensteuererstattungsanspruch i.H.v. insgesamt 3.285.608,12 DM. Diesen Erstattungsanspruch traten die Eheleute an die X..... GmbH & Co. KG ab. Am 10.08.2001 wurde das entsprechende Guthaben auf ein Konto der X..... GmbH & Co. KG überwiesen.

Im Rahmen der für die Jahre 2000 und 2001 bei der X..... GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolgerin der X..... GmbH durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass die anrechenbare KSt um 1.021.287 DM zu mindern war. Insoweit erging am 27.09.2004 ein gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderter Feststellungsbescheid für 2000.

Das Wohnsitzfinanzamt änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid 2000 und setzte mit Bescheid vom 28.12.2004 Nachzahlungszinsen gem. § 233 a EStG i.H.v. 47.147 EUR gegen die Eheleute fest.

Für den Veranlagungszeitraum 2004 erließ der Beklagte zunächst erklärungsgemäß den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 27.03.2006. Mit dem dagegen erhobenen Einspruch machten die Kläger erstmals geltend, die gegen die Eheleute festgesetzten Nachzahlungszinsen i.H.v. 47.147 EUR seien als Sonder-Betriebsausgaben im Rahmen ihrer Beteiligung an der X..... GmbH & Co. KG für das Jahr 2004 festzustellen. Die sich aus der anrechenbaren KSt ergebende Einkommensteuererstattung der Kommanditisten der GmbH & Co. KG sei vollständig auf ein Konto der GmbH & Co. KG bei der B......bank ausgezahlt worden. Daraus seien betriebliche Aufwendungen bezahlt worden. Wegen dieser Verwendung der zugeflossenen Mittel handele es sich bei den Nachzahlungszinsen um Betriebsausgaben.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 08.06.2006 als unbegründet zurück. Für den Betriebsausgabenabzug fehle es daran, dass die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit gezahlt worden seien, die unmittelbar durch die Einkünfteerzielung veranlasst sei.

Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage tragen die Kläger vor, schriftliche Vereinbarungen zwischen der GmbH & Co. KG und den Eheleuten über den Einkommensteuererstattungsanspruch seien nicht geschlossen worden. Die Überlassung des Einkommensteuererstattungsanspruchs an die GmbH & Co. KG sei wie eine normale Einlage behandelt worden.

Der ursprüngliche Feststellungsbescheid 2000 und der ursprüngliche Einkommen-steuerbescheid 2000 seien rechtswidrige Verwaltungsakte gewesen. Diese Rechtswidrigkeit habe dazu geführt, dass durch sie konstitutiv ein rechtswidriger begünstigender zu niedriger Einkommensteuerbetrag festgesetzt worden sei. Wirtschaftlich habe in der zu niedrigen Steuerfestsetzung eine Verbindlichkeit der Gesellschafter gelegen und eine Darlehensgewährung des Staates. Die Mittel dieses Darlehens seien ausschließlich für betriebliche Zwecke verwandt worden. Die auf den Betrag nach § 233 a AO entfallenden Zinsen seien daher Sonder-Betriebsausgaben der Gesellschafter und minderten das steuerliche Ergebnis der Gesellschafter. Ohne die zu hohe Steuererstattung an die Eheleute hätten die betrieblichen Aufwendungen der GmbH & Co. KG über Kredite finanziert werden müssen.

Der Sachverhalt des Urteils des Finanzgerichts Köln vom 17.08.2004, 5 K 5647/03, sei mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbar. Die Rechtsauffassung der Kläger würde vielmehr durch das Urteil des BFH vom 27.10.1998, IX R 44/95, BStBl II 1999, 676 gestützt, da im vorliegenden Fall die Zahlung der Zinsen an die Finanzbehörde unmittelbar betrieblich veranlasst sei.

Die Vorschrift des § 12 Nr. 3 EStG stehe der Behandlung der Nachzahlungszinsen als Sonder-Betriebsausgaben nicht entgegen, da im Streitfall nur eine Zahlungsverpflichtung aus dem Steuerschuldverhältnis, d. h. ein Rückgewähranspruch bestehe und nicht ein Fall rückständiger Einkommensteuer vorliege.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 27.03.2006 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 08.06.2006 dahin zu ändern, dass der Kommanditistin B... X....-Y.... weitere Sonder-Betriebsausgaben in Höhe von 5.186,17 EUR und dem Kommanditisten A... Y.... weitere Sonder-Betriebsausgaben in Höhe von 41.960,83 EUR, insgesamt 47.147 EUR, zugerechnet werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Ausführung in der Einspruchsentscheidung vom 08.06.2006.

Die Klage ist unbegründet.

Die von den Kommanditisten der X..... GmbH & Co. KG gezahlten Nachzahlungszinsen nach § 233 a AO zur Einkommensteuer 2000 sind gem. § 12 Nr. 3 EStG nicht als Sonder-Betriebsausgabe nach § 4 Abs. 4 EStG im Rahmen der Einkünfte aus ihrer Kommanditbeteiligung festzustellen.

Nach § 12 Nr. 3 EStG dürfen, soweit nicht in explizit aufgeführten Vorschriften eine andere Regelung getroffen ist, weder bei den einzelnen Einkunftsarten, d. h. weder als Betriebsausgaben oder Werbungskosten, noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte u. a. die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern abgezogen werden; dies gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen. Zu den Nebenleistungen einer Steuer gehören nach § 3 Abs. 4 AO u. a. die Nachzahlungszinsen gemäß § 233 a AO.

Im Streitfall begehren die Kläger den Betriebsausgabenabzug von Nachforderungszinsen zur Einkommensteuer. Die Einkommensteuer und die auf sie entfallenden Nebenleistungen wie die Nachzahlungszinsen sind ausdrücklich vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen (s. BFH vom 18.06.2003, IX B 199/02, BFH/NV 2003, 1326). § 12 Nr. 3 EStG hat insoweit rechtsbegründende Wirkung, wenn im Übrigen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 EStG für den Betriebsausgabenabzug vorliegen (Lademann/Söffing/Brockhoff EStG § 12 Rz. 65a; Arndt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG § 12 Rz. D 3, D11, 12).

Soweit die Kläger in ihrer Argumentation auf die Voraussetzungen des Betriebsausgabenbegriffs abheben und einen aus ihrer Sicht relevanten Veranlassungszusammenhang zwischen den Nachzahlungszinsen und ihren Einkünften aus ihrer Kommanditbeteiligung abheben, verkennen sie, dass es auf diese Gesichtspunkte wegen der Vorschrift des § 12 Nr. 3 EStG nicht ankommt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des BFH vom 13.12.2005 - VIII B 74/05, BFH/NV 2006, 740, in dessen Leitsatz angegeben ist, dass Nachzahlungszinsen als Werbungskosten abziehbar sein können, wenn ein ausreichender wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart besteht. Die Aussage dieses Leitsatzes bezieht sich, so versteht der Senat ihn unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Regelungsgehalts des § 12 Nr. 3 EStG, nur auf Nachzahlungszinsen i.S.d. § 233a AO zu als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähigen und vom Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 EStG nicht erfassten betrieblichen Steuern.

Die Anwendung des § 12 Nr. 3 EStG ist entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die Zinszahlungsverpflichtung nicht aus einer Änderung der Einkommensteuerfestsetzung an sich, sondern aus der Änderung der anzurechnenden Körperschaftsteuer ergibt. Die Körperschaftsteuer wurde gem. § 36 Abs.2 Nr. 3 EStG i.d.F. für den Veranlagungszeitraum 2000 auf die Einkommensteuer 2000 angerechnet. Sie ist damit Teil der abzurechnenden Einkommensteuer. Ein Überhang der anzurechnenden Körperschaftsteuer über die festgesetzte Einkommensteuer wird als Einkommensteuer nach § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides ausgezahlt. Nach der erneuten Änderung des Einkommensteuerbescheides und der Abrechnungsverfügung bestand seitens des Steuergläubigers ein Erstattungs-/Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO. Dieser Rückforderungsanspruch ist der umgekehrte Anspruch zum Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (BFH vom 06.06.2003, VII B 262/02, BFH/NV 2003, 1532;vom 30.08.2005, VII R 64/04, BStBl II 2006, 353). Damit ist er ein Anspruch auf Rückerstattung von zuviel erstatteter Einkommensteuer, mithin ein Anspruch auf Zahlung von Einkommensteuer. Die insoweit festgesetzten Zinsen sind daher eine i.S.d. § 12 Nr. 3 EStG auf die Einkommensteuer entfallende Nebenleistung.

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung von Paus, FR 2007, 1055 ff., der Nachzahlungszinsen nach § 233a AO wegen Fehlens eines unmittelbaren Zusammenhangs mit der Festsetzung und Erhebung der Steuer und einer fehlenden eigenständigen Definition der Nebenleistung im Einkommensteuergesetz nicht mehr als Nebenleistung i.S.d. § 12 Nr. 3 EStG ansehen will, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer Kreditgewährung durch den Steuergläubiger besteht. Diese Auffassung verkennt, dass durch § 3 Abs. 4 AO die Nachzahlungszinsen für alle Steuerarten als steuerliche Nebenleistung definiert und gesetzlich festgelegt sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da zu einer vergleichbaren Frage unter dem Az. VIII R 2/07 ein Revisionsverfahren anhängig ist.

Ende der Entscheidung

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