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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 16.10.2009
Aktenzeichen: 10 K 4647/07 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Streitig ist, ob Preisgelder zu den Einnahmen aus freiberuflicher Architektentätigkeit gehören.

Die Kläger erzielen als Architekten gemeinsam in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit.

Sie erhielten im Jahre 2002 ein Preisgeld in Höhe von € XXXX,- für den X. Platz in dem von der B...... Bank Bauspar AG und der Zeitschrift B...... veranstalteten Wettbewerb "Bauen für die Zukunft", mit dem das von den Klägern eingereichte, von ihnen geplante und begleitete Projekt Solarsiedlung in A-Stadt prämiert wurde.

Außerdem erhielten sie im Jahre 2004 zusammen mit dem Bauherrn Y........ GbR ein Preisgeld von € XXXXX,- für den X. Platz des 2004 erstmals vom Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vergebenen "Innovationspreis Wohnungsbau" des Landes Nordrhein-Westfalen, mit dem ein von den Klägern eingereichtes, in den Jahren 2001 bis 2004 geplantes und begleitetes Bauvorhaben in B-Stadt als herausragendes Projekt prämiert wurde. Das Preisgeld ging je zur Hälfte an den Bauherrn und an die Kläger als Architekten.

In ihren Feststellungserklärungen für 2002 und 2004 behandelten die Kläger die Preisgelder nicht als steuerpflichtige Einnahmen. Der Beklagte veranlagte sie zunächst erklärungsgemäß, jedoch gemäß § 164 Absatz 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach Kenntniserlangung von den beiden Preisgeldern vertrat der Beklagte die Auffassung, es handele es sich insoweit um nach der Beteiligungsquote zu verteilende Betriebseinnahmen und erließ am 6.6.2007 gemäß § 164 Absatz 2 AO geänderte Feststellungsbescheide für 2002 und 2004. Gleichzeitig hob er den bisherigen Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die hiergegen eingelegten Einsprüche waren nur insoweit erfolgreich, als für 2004 lediglich Einnahmen in Höhe von € XXXXX,- angesetzt und für beide Jahre die Preisgelder wie beantragt allein dem Gesellschafter K... zugerechnet wurden.

Mit ihren Klagen, die der Senat zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, vertreten die Kläger weiterhin die Auffassung, bei beiden Preisgeldern handle es sich nicht um Betriebseinnahmen. Die Preise seien jeweils im nachhinein für bereits erbrachte Werke verliehen worden. Sämtliche Planungsleistungen seien nicht im Rahmen eines Ideenwettbewerbs eingereicht, sondern bereits vorzeitig im Zusammenhang mit einer konkreten Beauftragung durch die jeweiligen Bauherrn erbracht worden. Die nachträgliche Prämierung der Planungsleistungen durch die B...... Bank Bauspar AG und B...... bzw. das Ministerium für Bauen und Verkehr stehe nicht im Zusammenhang mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, da keine steuergegenständliche Erwerbstätigkeit mit der durch die Jury erfolgten Auswahl für die Preisvergabe verbunden gewesen sei.

Zudem sei die Intention des "Innovationspreises Wohnungsbau" in der Hauptsache auf die Würdigung der Nutzungsqualitäten des Wohnens und nicht der architektonischen Qualitäten gerichtet. Auch insofern sei ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang des Wertzuwachses mit dem Betrieb zu verneinen.

Im übrigen seien die Preise "Bauen für die Zukunft" und der "Innovationspreis Wohnungsbau" unter sinngemäßer Anwendung eines Erlasses des hessischen Finanzministers vom 11.11.2002, S 2120 A -98-II B 1 a steuerfrei zu belassen, da sie mit dem hierin aufgeführten "Deutschen Zukunftspreis für Technik und Innovation" vergleichbar seien. Der "Innovationspreis Wohnungsbau" habe in diesem Erlass noch nicht erwähnt werden können, da er erstmals 2004 verliehen worden sei.

Die Kläger beantragen,

die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 und 2004 vom 6.6.2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 5.10.2007 zu ändern und die zuzurechnenden Einkünfte aus selbstständiger Arbeit für 2002 auf € XXXXX,- und für 2004 auf € XXXXXX festzustellen, hilfsweise für den Fall der vollen oder teilweisen Abweisung der Klage wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zuzulassen,

die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für die Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint weiterhin, bei den Preisgeldern handele es sich um steuerpflichtige Einkünfte im Sinne von § 2 Absatz 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Preisverleihungen hätten wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts und seien gezielte und unmittelbare Folge der Tätigkeit der Kläger. Dies indiziere bereits die Bewerbung der Kläger um diese Preise.

Der Erlass des Hessischen Finanzministers vom 11.11.2002 beziehe sich nicht auf die den Klägern verliehenen Preise. Die Preisverleihungen seien auch nicht dazu bestimmt gewesen, das Lebenswerk oder das Gesamtschaffen der Kläger zu würdigen, die Persönlichkeit der Kläger zu ehren, eine Grundhaltung auszuzeichnen oder eine Vorbildfunktion herauszustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 und 2004 vom 6.6.2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 5.10.2007 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Beklagte hat die Preisgelder in Höhe von € XXXX (2002) bzw. € XXXX (2004) zu Recht als steuerbare Betriebseinnahmen i.S. des § 4 Abs. 3 Satz 1 (Einkommensteuergesetz (EStG) behandelt.

Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18.3.1982 IV R 183/78, BFHE 136, 76, BStBl II 1982, 587, m.w.N.). Den Gegensatz hierzu bilden Einnahmen, für deren Zufluss nicht der Betrieb, sondern private Umstände die Veranlassung gegeben haben.

Darüber, ob die Veranlassung der Einnahmen im Einzelfall betrieblicher oder privater Art ist, muss anhand der gegebenen objektiven Verhältnisse entschieden werden. Dabei sind als betrieblich veranlasst nicht nur solche Einnahmen zu werten, die aus der Sicht des Unternehmers Entgelt für betriebliche Leistungen darstellen. Betriebseinnahmen können auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige als Betriebsinhaber unentgeltliche Zuwendungen erhält (BFH-Urteil vom 21.November 1963 IV 345/61 S, BFHE 78, 475, BStBl III 1964, 183). Voraussetzung ist allerdings stets, dass die Zuwendung einen wirtschaftlichen Bezug zum Betrieb aufweist. Es genügt nicht, dass sie lediglich in einem äußeren Zusammenhang dazu steht.

Diese Grundsätze gelten auch für Preise, die einem Steuerpflichtigen verliehen werden. Die Betriebsbezogenheit einer Preisverleihung und die Wertung der damit verbundenen Dotation als Betriebseinnahme kann sich daraus ergeben, dass die Zuwendung unbeschadet ihres besonderen Rechtsgrundes (Auslobung § 657 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) wirtschaftlich den Charakter eines leistungsbezogenen Entgelts hat. Dies gilt z.B. bei einem Architektenwettbewerb, bei dem der Veranstalter typische Berufsleistungen eines Architekten zum Inhalt seiner Auslobung macht und auch ein besonderes wirtschaftliches Interesse an dem Ergebnis des Wettbewerbs hat (BFH-Urteil vom 16.Januar 1975 IV R 75/74, BFHE 115, 42, BStBl II 1975, 558). Als privat veranlasst sind dagegen Preise zu beurteilen, die für das Lebenswerk oder das Gesamtschaffen verliehen werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1.10.1964 IV 183/62 U, BFHE 80, 432, BStBl III 1964, 629, vom 09.05.1985 IV R 184/82, BStBl II 1985, 427 und vom 23.4.2009 VI R 39/08, BStBl II 2009, 668). Solchen Preisverleihungen liegt kein wirtschaftlicher Leistungsaustausch zugrunde. Die Auszeichnung wird dem Steuerpflichtigen auch nicht in seiner Eigenschaft als Betriebsinhaber zuteil. Selbst wenn die Preisverleihung in einem äußeren Zusammenhang mit bestimmten beruflichen Leistungen steht, soll mit der Auszeichnung nicht in erster Linie die berufliche Leistung des Preisträgers gewürdigt, sondern seine Persönlichkeit geehrt werden.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die mit der Verleihung der Preise in den Wettbewerben "Innovationspreis Wohnungsbau" und "Bauen für die Zukunft" verbundenen Dotierungen als betrieblich veranlasste Einnahmen anzusehen.

Bei beiden Wettbewerben waren typische Berufsleistungen eines Architekten Inhalt der Auslobung und bestanden besondere wirtschaftliche Interessen der Veranstalter an den Ergebnissen der Wettbewerbe.

Grundgedanke für den "Innovationspreis Wohnungsbau" des Landes Nordrhein-Westfalen ist es, herausragende Projekte in Nordrhein-Westfalen zu prämieren, die in besonderem Maße Impulse für die Weiterentwicklung des Wohnungsbaus bieten können, wobei funktionale, ökologische, ökonomische, soziale, technische und gestalterische Aspekte des Wohnungsbaus eine entscheidende Rolle spielen. Durch den Preis sollen die Akteure der Wohnungswirtschaft wichtige Impulse zur stärkeren Berücksichtigung von Nutzungsaspekten und Kostengesichtspunkten erhalten. Dabei gilt es, auch durch innovative Bauweisen und hohe Gestaltqualität an die Tradition des Wohnungsbaus in Nordrhein-Westfalen anzuknüpfen. Zusätzlich soll der Innovationspreis einen Beitrag zur Stärkung der Innenentwicklung unserer Städte und zur Verbesserung der Baukultur leisten.

Nach der Preisgerichtsentscheidung wurde neben der gelungenen Aktivierung einer Industriebrache am Rande der westlichen Innenstadt von B-Stadt durch die Bauherrengruppe Y....... die "klare und sachliche Architektursprache mit sauberen Details", die Gebrauchsqualität: z. B. warme Holztöne, Transparenz der Laubengänge, bodentiefe Fenster und die Erfüllung zusätzlicher Kriterien der Baukultur durch Ausführung mit moderiertem Durchführungsprozess gewürdigt. Hervorgehoben wurde auch die Konzentration von Reihenhäusern und Geschosswohnungsbau in einer Wohnanlage. Der großzügige Spiel- und Aufenthaltsbereich sei von allen Wohnungen und von den Laubengängen her einsehbar, was die Kommunikation fördere.

Der Standard des 3-Liter-Hauses werde über hohen Wärmeschutz in Kombination mit einer Reihe weiterer energiesparender Maßnahmen, wie z. B. kontrollierter Lüftung, erreicht. Photovoltaik mit Stromeinspeisung und Klein-Block-Heizkraftwerke ergänzten die sinnvolle Kombination energetischer Maßnahmen. Bemerkenswert sei die Regenwassernutzung für Toilettenspülung und Gartenbewässerung.

Der Senat verkennt nicht, dass der "Innovationspreis Wohnungsbau" auch die Nutzungsqualitäten des Wohnens würdigt. Dies ist aber dadurch berücksichtigt, dass dieser Preis je zur Hälfte dem Bauherrn und dem Architekten verliehen wurde. Die den Klägern zugerechneten und bei ihnen angesetzten € XXXXX entfallen auf die architektonischen Leistungen und stehen damit im sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit ihrem Betrieb.

Auch bei dem Wettbewerb "Bauen für die Zukunft" erhielten die Kläger den x. Preis für die als eine typische Architekturleistung anzusehende Konzeption der Solarsiedlung A-Stadt, die von den Auslobenden als zukunftsweisend angesehen wurde.

Anhaltspunkte dafür, dass mit den beiden Preisen das Lebenswerk oder das Gesamtschaffen der Kläger gewürdigt werden sollten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Kläger K... hat in der mündlichen Verhandlung im Gegenteil ausgeführt, dass er die Preise für seine herausragenden Konzepte und Leistungen bei den beiden konkreten Objekten in A-Stadt und B-Stadt erhalten habe. Gegen eine Würdigung des Lebenswerks spricht im Übrigen, dass Preisträger jeweils die Architektengemeinschaft war, obwohl die prämierten Architekturleistungen nach dem Vortrag der Kläger allein durch den Gesellschafter K... erbracht worden waren.

Der Zusammenhang mit den Einkünften der Kläger aus der Architektentätigkeit ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Kläger ihre architektonischen Leistungen bereits vor der Teilnahme an den Wettbewerben für ihre auftraggebenden Bauherren erbracht hatten. Die Teilnahme an den beiden Wettbewerben unter Einreichung ihrer Entwürfe und Projekte stellt eine weitere Ausnutzung ihrer beruflichen Arbeit dar. Die hierbei erzielten Preisgelder waren sowohl das Ziel ihrer Teilnahme als auch die unmittelbare Folge ihrer beruflichen Leistungen.

Schließlich sind die Preisgelder nicht aufgrund des Erlasses des Hessischen Finanzministers vom 11.11.2002 steuerfrei zu belassen. Die den Klägern verliehenen Preise sind bereits in dem Erlass des Hessischen Finanzminister, der im Übrigen keine Weisungsbefugnis für die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung hat, nicht aufgeführt. Ob der "Deutsche Zukunftspreis für Technik und Innovation", für den man sich im Übrigen -anders als für die hier streitigen Preise- nicht selbst bewerben kann, mit dem "Innovationspreis Wohnungsbau" oder dem Preis "Bauen für die Zukunft" vergleichbar ist, kann offen bleiben. Selbst bei einer von den Klägern behaupteten Vergleichbarkeit kommt eine Steuerfreistellung deshalb nicht in Betracht, weil - wie oben dargelegt - im Streitfall jeweils ein untrennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften der Kläger gegeben ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Auf den Antrag zu 2 war angesichts dieser Entscheidung nicht mehr einzugehen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist nicht gegeben, da die entscheidungserheblichen Rechtsfragen durch die aufgeführte BFH-Rechtsprechung geklärt sind.

Ende der Entscheidung

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