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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: 10 K 942/05 E
Rechtsgebiete: StraBEG, EStG


Vorschriften:

StraBEG § 1 Abs. 1 Nr. 1
StraBEG § 1 Abs. 2 Nr. 1
EStG § 20 Abs. 4 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

10 K 942/05 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 1/3 dem Kläger und zu 2/3 dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Gründe:

Streitig ist bei einer Erklärung nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG), ob die Bemessungsgrundlage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG um Sparerfreibeträge zu mindern ist.

Der Kläger reichte am 5.10.2004 bezüglich unversteuerter Einnahmen aus Kapitalvermögen der Kalenderjahre 1993 bis 2002 eine strafbefreiende Erklärung ein. Bei der nach seiner Berechnung zu entrichtenden Abgabe von EUR 1.037,77 EUR berücksichtigte er lediglich die die Sparerfreibeträge nach § 20 Abs. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) übersteigenden Einnahmen aus Kapitalvermögen.

Nach Hinweis des Beklagten, dass Bemessungsgrundlage im Sinne des StraBEG die nicht erklärten Einnahmen ohne Abzug des Sparerfreibetrages seien, berechnete der Kläger die zu entrichtenden Abgaben mit EUR 2.133,- und gab unter Hinweis auf seine abweichende Rechtsauffassung eine entsprechend berichtigte Erklärung ab.

Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage vertritt der Kläger weiterhin die Auffassung, von den Einnahmen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nr. 1 StraBEG seien die Sparerfreibeträge abzuziehen.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 20.11.2006 mitgeteilt, dass die für die Jahre 1993 bis 1995 nacherklärten Zinseinnahmen nicht mehr in die Erklärung nach dem StraBEG einbezogen werden, und die für die nacherklärten Zinseinnahmen der Jahre 1996 bis 2002 zu entrichtende Abgabe noch EUR 1.420,- beträgt.

Der Kläger beantragt noch,

die für die Veranlagungszeiträume 1996 bis 2002 nach dem StraBEG zu entrichtende Abgabe auf EUR 1.037,77 herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist weiterhin der Auffassung, dass mit dem pauschalen Abzug von 40 Prozent der Einnahmen auch alle Freibeträge abgegolten seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Die Klage ist unbegründet.

Die einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehende strafbefreiende Erklärung für die Jahre 1996 bis 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Absatz 1 Satz 1 FGO).

Die mit dieser strafbefreienden Erklärung für die Jahre 1996 bis 2002 zu entrichtende Abgabe nach § 1 StraBEG ist zutreffend mit 1.420,- EUR festgesetzt.

Der Kläger fällt unter den persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 StraBEG.

Er hat unstreitig gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständige Angaben über seine steuerlich erheblichen Zinseinnahmen gemacht und dadurch die Einkommensteuern der Jahre 1996 bis 2002 verkürzt sowie innerhalb der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StraBEG bezeichneten Fristen die strafbefreiende Erklärung vom 11.10.2004 abgegeben und 25 v.H. der darin für die Jahre 1996 bis 2002 erklärten Beträge von 5.783 EUR entrichtet.

Die Festsetzung der Abgabe von EUR 1.420,- ist der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StraBEG sind die auf Grund der unrichtigen, unvollständigen oder unterlassenen Angaben zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen zu erklären und 25 v.H. der Summe der erklärten Beträge zu entrichten. Wurde -wie hier- Einkommensteuer verkürzt, so gelten als Einnahmen im Sinne des Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 StraBEG 60 v.H. der einkommensteuerpflichtigen Einnahmen, soweit sie auf Grund unrichtiger, unvollständiger oder unterlassener Angaben zu Unrecht bei der Festsetzung der Einkommensteuer der Veranlagungszeiträume nicht berücksichtigt wurden (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG).

Nach Auffassung des Senats sind durch diesen pauschalen Abzug von insgesamt 40 Prozent der Einnahmen auch die persönlichen Steuerfreibeträge (hier: Sparerfreibetrag nach § 20 Abs. 4 EStG) abgegolten (so auch: Seer in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 1 StraBEG, Rn. 8; Joecks/Randt, Steueramnestie 2004/2005, Rn. 236 und DStR 2004, 337 (338); Sell/Schencking/Derlien, Die Steueramnestie 2004/05, S. 51; BMF-Schreiben vom 3.2.2004 IV A 4 - S 1928- 18/04, BStBl I 2004, 225, Tz. 3.3.5; a.A.: Jesse/Geuenich FR 2004, 495 (500); Alvermann/Wulf, DB 2004, 204 (205); Kamps/Wulf FR 121 (135); Suhrbier-Hahn DStZ 2004, 179 (181)).

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die strafbefreiende Erklärung eine Steuerverkürzung voraussetzt und nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 StraBEG in der Erklärung die zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen zu erklären sind und dass -wie der Kläger zutreffend ausführt- eine Steuerverkürzung bzw. eine zu Unrecht nicht besteuerte Einnahme in Höhe des noch nicht verbrauchten (Sparer-)Freibetrages nicht vorliegt.

Jedoch sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG bei einer -hier in den Jahren 1996 bis 2002 dem Grunde nach unstreitig vorliegenden Verkürzung von Einkommensteuer die "einkommensteuerpflichtigen Einnahmen" nachzuerklären. Auch wenn das EStG diesen Terminus nicht verwendet, ist aus dem Vergleich mit § 3 EStG, der die "steuerfreien Einnahmen" aufzählt, und aus der Formulierung des § 20 Absatz 4 EStG, wonach der Freibetrag bei der "Ermittlung der Einkünfte" abzuziehen ist, zu entnehmen, dass dieser Freibetrag für die Zwecke des StraBEG ebenso wie Werbungskosten oder Quellensteuern nicht abgezogen werden darf.

Diese Auslegung entspricht auch dem ausdrücklich erklärten Willens des Gesetzgebers.

Nach der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG sind die Brutto-Einnahmen "ohne jeden Abzug" zur Grunde zu legen und zur pauschalen Abgeltung "aller denkbaren Abzüge" die Einnahmen nur mit 60 Prozent in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (BT-Drucksache 15/1521, S. 11).

Im Übrigen sollten nach der Begründung zu den Absätzen 2 bis 5 sowohl im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit als auch des Erklärenden durch die eindeutige Regelung der Bemessungsgrundlage auch möglicherweise später auftretende Streitigkeiten darüber vermieden werden, inwieweit der Erklärende die Bemessungsgrundlage zutreffend ermittelt hat und inwieweit er durch die Erklärung straf- und steuerfrei geworden ist. Diesem Ziel würde aber die zusätzliche Berücksichtigung des Sparerfreibetrages zuwiderlaufen, da dann jeweils unter Offenbarung auch der bisherigen Besteuerungsgrundlagen zu überprüfen wäre, ob und in welcher Höhe sich dieser Freibetrag bei den bisherigen Steuerveranlagungen auf Grund der unvollständig erklärten Kapitaleinkünfte bereits ausgewirkt hat und verbraucht ist. Betrachtet der Erklärende den pauschalen Abzug von 40 Prozent der Einnahmen in seinem Fall als unangemessen, so kann er den -auch nach der Gesetzesbegründung "uneingeschränkt anwendbaren"- Weg der Selbstanzeige (§ 371 AO) gehen und auf diese Weise u.a. noch nicht ausgeschöpften Freibeträge geltend machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Absatz 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Beklagte dem Begehren des Klägers hinsichtlich der Jahre 1993 bis 1995 entsprochen hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Finanzgerichtsordnung i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.



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