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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: 12 K 4391/07 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
EStG § 8 Abs. 1
EStG § 11 Abs. 1 S. 3
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG § 38 a Abs. 1 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

12 K 4391/07 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Streitig ist, ob bei einem nichtselbstständig Tätigen die Einräumung von Aktienoptionen durch den Arbeitgeber als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit steuerlich zu erfassen sind, wenn sie - absprachegemäß - unmittelbar nach Erhalt veräußert werden.

Die Kläger (Kl.) werden als Eheleute zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Beide erzielen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Kl. ist Hoteldirektor. Die Klägerin (Klin.) ist in einem anderen Unternehmen als Hotelfachfrau tätig. Arbeitgeberin des Kl. ist die "Berghotel KG" in . Für die Streitjahre 2004 und 2005 hatte das Finanzamt (FA) die ESt auf der Grundlage der Erklärungen der Kl. festgesetzt. Die Erklärung für das Streitjahr 2006 war beim FA eingereicht, die Veranlagung aber noch nicht durchgeführt.

Im Rahmen einer Lohnsteuer(LSt)-Außenprüfung bei der Arbeitgeberin des Kl. wurde folgender Vorgang festgestellt:

Am 16.06.2004, 16.02.2005 und 07.03.2006 gewährte die Arbeitgeberin dem Kl. Inhaber-Aktienoptionsrechte, die - in unterschiedlicher Höhe - zum Bezug von Aktien berechtigten. Hierbei handelte es sich um solche der A AG, die an der Frankfurter Börse gehandelt wurden. Der Basispreis betrug 1,00 €. Die Optionsrechte selbst konnten übertragen werden, waren aber an Börsen nicht handelbar.

Zu denselben genannten Daten veräußerte der Kl. seine Optionsrechte an eine GmbH weiter, und zwar die das Jahr 2004 betreffenden Rechte zum Preis von 24.625,00 €, die das Jahr 2005 betreffenden Rechte zum Preis von 24.630,00 € und die das Jahr 2006 betreffenden Rechte zum Preis von 16.600,00 €. Die Erwerberin übertrug einen Tag später (17.06.2004 und 17.02.2005) die Optionsrechte der Jahre 2004 und 2005 zum Preis von jeweils 25.000 wieder auf die Arbeitgeberin. Für 2006 liegt ein Vertrag nicht vor.

Bereits vorher hatte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 08.03.2004 und 22.04.2004 beim FA eine Anrufungsauskunft nach § 42 e Einkommensteuergesetz (EStG) begehrt. Sie hatte darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, dem Kl. als Geschäftsführer eine Sonderzuwendung in Form einer unentgeltlichen Gewährung von Aktienoptionsrechten zukommen zu lassen. Diese würden ihn dazu berechtigen, innerhalb eines bestimmten Zeitraums (geplant: 18 - 24 Monate) jederzeit von seinem Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl von Aktien zu einem festgelegten Bezugskurs zu erwerben. Bei den Aktien solle es sich um derzeit an deutschen Wertpapierbörsen gehandelte Aktien (DAX Werte) handeln. Der Bezugskurs solle unter dem Börsenkurs liegen. Die Aktienoptionsrechte sollten jederzeit übertragbar sein, würden jedoch an einer Börse nicht gehandelt.

Hierzu vertrat die Arbeitgeberin selbst folgende Auffassung:

Da es sich bei den in Aussicht genommenen Aktienoptionsrechten um sog. andere Aktienoptionsrechte handele, die als nicht handelbar im Sinne des Erlasses des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen (FinMin NRW) vom 27.03.2003 S - 2332 - 109 - V B 3 (EStG Kartei, § 19 EStG, Fach 2 Nr. 802) betreffend die Behandlung der Überlassung von Aktienoptionsrechten an Arbeitnehmer einzuordnen seien, führe nach Ziffer II dieses Erlasses ein derartiges nicht handelbares Aktienoptionsrecht weder im Zeitpunkt der Gewährung noch der erstmaligen Ausübbarkeit des Rechts zu einem Lohnzufluss. Der Lohn fließe erst zu dem Zeitpunkt zu, zu dem die Aktien dem Arbeitnehmer (verbilligt) überlassen würden.

Die Arbeitgeberin bat um Bestätigung dieser Rechtsauffassung, insbesondere hinsichtlich der Beurteilung, dass es sich um eine Sonderzuwendung im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Form einer unentgeltlichen Gewährung von Aktienoptionsrechten handele.

Hierauf hatte das FA am 06.04.2004 geantwortet, dass ein nicht handelbares Aktienoptionsrecht im Sinne des von den Kl. bezeichneten Erlasses zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs in der Höhe der Differenz zwischen dem Kurswert der überlassenen Aktien und den Aufwendungen des Arbeitnehmers zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führe.

Nachdem das FA durch eine Prüfungsmitteilung erfahren hatte, dass der Kl. die Aktienoptionsrechte unmittelbar nach Erhalt zu den o. a. Preisen veräußert hatte, änderte es am 03.04.2007 die bestandskräftigen ESt-Festsetzungen der Jahre 2004 und 2005 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und erhöhte die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit für 2004 um 24.625,00 € und für 2005 um 24.360,00 €. Bei der Veranlagung des Jahres 2006 berücksichtigte es in dem erstmalig erteilten ESt-Bescheid vom 03.04.2007 bei den Einkünften des Kl. aus nichtselbstständiger Arbeit über die bisher erklärten Beträge hinaus zusätzlich 16.600,00 €.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kl. Klage erhoben. Sie machen geltend, dass es sich um Schuldverschreibungen in Form von Call-Optionsscheinen gehandelt habe, die mit der Übertragung steuerliches Privatvermögen des Kl. geworden seien und jeglichen Bezug zum Arbeitsverhältnis verloren hätten. Die spätere Veräußerung sei für die Beurteilung eines Zuflusses als Arbeitslohn ohne Bedeutung.

Ein lohnsteuerlich zu erfassender Zufluss liege nach dem Erlass des FinMin NRW vom 27.03.2003 S-2332 - 109 - V B 3 (a. a. O.) für die nicht handelbaren Optionsrechte, um die es im Streitfall gehe, nur vor, wenn auf deren Grundlage Aktien erworben würden. Zuflusszeitpunkt sei dann der Tag, an dem die Aktien selbst überlassen und aus dem Depot des Überlassenden ausgebucht würden. Das aber sei nicht geschehen. Damit sei im Streitfall die Überlassung der Aktienoptionsrechte nicht steuerbar.

Das FA sei auch nicht berechtigt, die bestandskräftigen ESt-Festsetzungen der Streitjahre 2004 und 2005 zu ändern. Alle Tatsachen im Zusammenhang mit dem Erhalt der Aktienoptionen seien dem FA aufgrund der vorherigen Anrufungsauskunft bekannt gewesen. Das FA sei sowohl für die Arbeitgeberin als Betriebsstätten-FA zuständig gewesen, als auch für sie, die Kl., als Wohnsitz-FA.

Im Übrigen sei auch seine, des Kl., Inanspruchnahme unzulässig. Die Arbeitgeberin habe mit LSt-Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden müssen.

Die Kl. beantragen,

die Einspruchsentscheidung (EE) vom 12.09.2007 und die geänderten ESt-Bescheide 2004 und 2005 jeweils vom 03.04.2007 aufzuheben sowie den erstmalig erteilten ESt-Bescheid 2006 ebenfalls vom 03.04.2007 dahin gehend zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um 16.600 € geringer anzusetzen sind,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Auffassung, dass es sich bei den genannten Geldbeträgen um Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis gehandelt habe, die als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zusätzlich zu berücksichtigen seien. Soweit die ESt-Bescheide 2004 und 2005 bereits bestandskräftig gewesen seien, seien die Änderungen zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die FA-Akten verwiesen.

Der Senat hat am 10.07.2008 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Die Einkünfte des Kl. aus nichtselbstständiger Arbeit sind gegenüber den Angaben in den Erklärungen höher anzusetzen, und zwar für 2004 um 24.625 €, für 2005 um 24.630 € und für 2006 um 16.600 €.

Die Erlöse aus den Veräußerungen der Aktienoptionen sind in den jeweiligen Jahren als Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen. Einnahmen sind nach § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4-7 EStG zufließen. Hierzu rechnen gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Zu diesen Einkünften wiederum gehören gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist es gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

Im Streitfall stellt die Übertragung der Optionen zum Bezug von Aktien der A AG - bezogen auf das jeweilige Jahr - einen einmaligen Bezug in Gestalt eines geldwerten Vorteils dar. Der Kl. erhielt die Aktienoptionen zu einem Basispreis von 1 €. Tatsächlich war deren Wert aber wesentlich höher. Denn sie hatten unmittelbar nach Erhalt zum Preis von 24.625 € (2004), 24.630 € (2005) und 16.600 € (2006) veräußert werden können. Der Umstand, dass die Optionen an der Börse nicht handelbar waren, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass sie als Rechte übertragbar waren und dass aus Anlass der tatsächlich erfolgten Übertragung jeweils ein Erlös realisiert wurde.

Der geldwerte Vorteil wurde dem Kl. auch für eine Beschäftigung im privaten Dienst gewährt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) werden Vorteile "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Die berufliche Veranlassung liegt vor, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das zur Verfügung stellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 23.06.2005 - VI R 10/03 - BStBl. II 2005, 770 unter II 2 b m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen war die Übertragung der Aktienoptionen zum Bezug der A-Aktien durch das individuelle Dienstverhältnis des Kl. mit seiner Arbeitgeberin, der "Berghotel KG", veranlasst. Er erhielt nämlich diese Optionen von seiner Arbeitgeberin. Der Sinn dieses Vorgangs konnte nur darin bestehen, dass damit die Dienste des Kl. als Arbeitnehmer in seiner Eigenschaft als Hoteldirektor zusätzlich entgolten werden sollten. Dieses Motiv hatte die Arbeitgeberin auch in ihrer Anrufungsauskunft vom 08.03.2004 geäußert.

Die in dem Erhalt der Aktienoptionen bestehenden einmaligen Bezüge sind dem Kl. auch in der vom FA angesetzten Höhe in den jeweiligen Jahren zugeflossen. Arbeitslohn, der - wie im Streitfall - nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird und damit als sonstige Bezüge anzusehen ist, wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 38 a Abs. 1 Satz 3 EStG). Allein das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten führt regelmäßig einen Zufluss von Einnahmen noch nicht herbei. Der Anspruch auf die Leistung begründet noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 27.05.1993 - VI R 19/92 - BStBl. II 1994, 246). Grundsätzlich liegt ein Zufluss erst mit der Erfüllung des Anspruchs vor (vgl. BFH-Urteil vom 24.01.2001 - I R 100/98 - BStBl. II 2001, 509). Arbeitslohn fließt damit erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum an dem betreffenden Vermögensgegenstand beschafft (BFH-Urteil vom 10.11.1989 - VI R 155/85 - Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV 1990, 290).

Von dieser Rechtsprechung geht auch der Senat aus. Im Streitfall sind zwar die Optionsrechte nicht in der Weise ausgeübt worden, dass die von ihnen betroffenen Aktien zu einem bestimmten Wert preisgünstig erworben wurden. Vielmehr sind die Optionen selbst unmittelbar nach Erhalt gegen Entgelt veräußert worden. Mit der Übertragung der Optionsrechte ist damit dem Kl. reales wirtschaftliches Eigentum verschafft worden. Er erhielt die rechtliche Verfügungsmacht, sie gegen Entgelt zu übertragen und den Erlös für sich zu behalten. Dadurch hat sich der in den Aktienoptionen enthaltene wirtschaftliche Vorteil, der zunächst als Anspruch auf Aktien nur latent vorhanden war, in Gestalt eines Zuflusses von Geld tatsächlich verwirklicht.

Der Erlass des FinMin NRW vom 27.03.2003 S - 2332 - 109 - V B 3 (a. a. O.) führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit die Kl. der Rechtsauffassung sein sollten, dass in diesem Erlass abschließend geregelt sei, ob und unter welchen Umständen die Übertragung von nicht handelbaren Optionsrechten auf den Erwerb von Aktien durch einen Arbeitgeber auf einen Arbeitnehmer zu einem lohnsteuerlich zu erfassenden Zufluss aus dem Dienstverhältnis im Sinne der §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 i. V. m. 8 Abs. 1 EStG führe, verkennen sie, dass der erkennende Senat an eine in dieser Weise geäußerte Rechtsauffassung nicht gebunden ist. In diesem Fall nämlich handelt es sich um sog. "norminterpretierende" Verwaltungsvorschriften. Solche Vorschriften legen lediglich die Auslegung und Anwendung des Gesetzes für nachgeordnete Behörden fest. Sie haben aber keine Außenwirkung. Sie sind keine Rechtsnormen. An sie sind die Gerichte nicht gebunden (vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 4 AO Tz 84 m . w. N.).

Abgesehen davon ist der Streitfall, in dem es um die Überlassung von nichthandelbaren Aktienoptionsrechten an einen Arbeitnehmer mit einer unmittelbar im Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Verwertung geht, in dem Erlass des FinMin NRW vom 27.03.2003 S - 2332 - 109 - V B 3 (a. a. O.) nicht geregelt. Unter I ist lediglich die steuerliche Behandlung von handelbaren Aktienoptionsrechten erfasst. Im Streitfall geht es aber um nichthandelbare Rechte.

Nicht handelbare Aktienoptionsrechte sind unter II erwähnt. Danach führt ein solches Recht unter Hinweis auf die Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 24.01.2001 - I R 100/98 - a. a. O. , vom 24.01.2001 - I R 119/98 - BStBl. II 2001, 512 , vom 20.06.2001 - VI R 105/99 - BStBl. II 2001, 689) weder im Zeitpunkt der Gewährung noch der erstmaligen Ausübbarkeit des Optionsrechts zu einem Lohnzufluss beim Arbeitnehmer; Gegenstand des Lohnzuflusses ist nach den weiteren Ausführungen in dem Erlass vielmehr die unentgeltlich oder verbilligt überlassene Aktie. Damit lässt sich der Erlass des Fin Min NRW vom 27.03.2003 S 2332 - 109 V B 3 (a.a.O.) nur dazu aus, dass Aktienoptionen vom Begünstigten behalten werden oder zum Erwerb der von ihnen betroffenen Aktien verwendet werden. Um Sachverhaltsgestaltungen dieser Art geht es aber im Streitfall nicht. Vorliegend ist die Konstellation zu beurteilen, dass das Optionsrecht selbst unmittelbar nach Erhalt gegen Entgelt übertragen wird. Dieser Fall einer wirtschaftlichen Verwertung ist in dem Erlass nicht geregelt.

Die Hinweise der Kl., dass die Optionsrechte auf den Erwerb der Aktien im Zeitpunkt der Übertragung auf den Kl. Privatvermögen gewesen seien und dass deren Veräußerung für die Beurteilung als Zufluss von Arbeitslohn unmaßgeblich sei, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Die Kl. verkennen, dass die Optionsrechte einen in Geld oder Geldeswert zu bewertenden sonstigen Bezug dargestellt haben, der dem Kl. im Zeitpunkt der Übertragung durch die Arbeitgeberin zugeflossen ist. Der Preis, für den diese Optionsrechte tatsächlich veräußert worden sind, hat lediglich Anhaltspunkte für die Höhe der Bewertung des zugeflossenen Vorteils geliefert.

Lag hiernach in der Gewährung der Optionsrechte auf den Erwerb von Aktien an der A AG durch die Arbeitgeberin an den Kl. ein der LSt unterliegender Vorteil, hat das FA diesen bei der Festsetzung der ESt der Kl. zu Recht in allen Streitjahren berücksichtigt. Für das Jahr 2006 war folglich die Bemessungsgrundlage für die erstmals festzusetzende ESt um 16.600 € zu erhöhen.

Soweit es um die Jahre 2004 und 2005 geht, hat das FA die bisher erteilten ESt-Bescheide zu Recht geändert. Rechtsgrundlage ist § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Danach sind Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Zu den Zeitpunkten, als die ESt für diese Jahre auf der Grundlage der Erklärungen der Kl. zunächst festgesetzt wurde, war dem FA nicht bekannt, dass bei dem Kl. wegen der Übertragung von Optionsrechten auf den Erwerb von Aktien durch seine Arbeitgeberin auf ihn zusätzlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit angefallen waren. Dies ist dem FA erst nach Bestandskraft der ESt-Bescheide 2004 und 2005 durch eine Prüfungsmitteilung bekannt geworden.

Die Anrufungsauskunft gemäß § 42 e EstG vom 08.03.2004 durch die Arbeitgeberin führt zu keiner anderen Beurteilung.

Schon der Sachverhalt war nicht in der Weise dargestellt, wie er sich später verwirklicht hat. Verwiesen war darauf, dass der Kl. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer von seiner Arbeitgeberin jederzeit übertragbare Aktienoptionsrechte erhalten sollte, die ihn dazu berechtigten, innerhalb eines bestimmten Zeitraums (geplant sind 18 bis 24 Monate) jederzeit von seinem Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl von Aktien zu einem festgelegten Bezugskurs zu erwerben. Damit war die Haltedauer hervorgehoben (18 bis 24 Monate), innerhalb derer die Optionsrechte zum Erwerb der darin bezeichneten Aktien ausgeübt werden konnten. Dass eine sofortige Verwertung unmittelbar nach Erhalt erfolgen sollte, war dem Schreiben vom 08.03.2004 auch in Verbindung mit dem vom 22.04.2004 nicht zu entnehmen.

Aber auch wenn hinsichtlich der beabsichtigten Übertragung von Optionsrechten auf den Bezug von Aktien von einer zutreffenden und vollständigen Darstellung des Sachverhalts ausgegangen wird, ist keine andere Beurteilung angezeigt.

Das beklagte FA - hier FA B - war zwar sowohl für die Besteuerung der Arbeitgeberin als Betriebsstätten-FA als auch für die Besteuerung der Kl. als Wohnsitz-FA zuständig. Die Kenntnis der für die Besteuerung der Arbeitgeberin zuständigen Stelle kann aber nicht der Stelle im FA zugerechnet werden, die für die Besteuerung der Kl. selbst zuständig ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es jeweils auf den Wissensstand der zur Bearbeitung des Steuerfalles berufenen Dienststelle ankommt (vgl. BFH-Urteil vom 17.11.1998 - VIII R 24/98 - BStBl. II 1999, 223 unter 2 a m. w. N.). Dies gilt insbesondere für das Verhältnis einer LSt-Stelle zu einer für die Veranlagung zuständigen anderen Stelle des FA (vgl. BFH-Urteil vom 20.07.1988 - I R 136/84 - BFH/NV 1990, 64 unter 1 a m. w. N.).

Im Streitfall war mit der Antwort auf die Anrufungsauskunft nicht die für die Veranlagung der Kl. im FA zuständige Stelle befasst. Angefragt war mit der Anrufungsauskunft in dem Schreiben vom 08.03.2004 bei der für die Berghotel KG zuständigen Stelle. Diese hatte auch mit Schreiben vom 06.04.2004 unter der Steuernummer geantwortet. Die Kenntnis dieser Stelle kann nicht ohne weiteres der Stelle des FA zugerechnet werden, die unter der Steuernummer für die Veranlagung der Kl. und damit für die Erteilung von Änderungsbescheiden zuständig ist. Umstände, die dies belegen könnten, liegen nach Aktenlage nicht vor.

Grundsätze von Treu und Glauben stehen der Änderung der Jahre 2004 und 2005 ebenfalls nicht entgegen. Die Finanzbehörde verstößt gegen Treu und Glauben, wenn sie den Steuerbescheid ändert, weil ihr nachträglich Tatsachen (oder Beweismittel) bekannt geworden sind, die sie bei gehöriger Erfüllung der ihr nach § 88 AO obliegenden Ermittlungspflicht schon vor der Steuerfestsetzung hätte feststellen können (vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 173 AO Tz 62 mit Hinweisen auf die ständige Rspr. des BFH). Ermittlungsfehler sind aber nicht festzustellen.

Die für die Veranlagung der Kl. zuständige Stelle des FA brauchte ihren Angaben in den ESt-Erklärungen nicht mit Misstrauen zu begegnen, zumal die Erklärungen unter Einschaltung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellt waren.

Das Antwortschreiben des FA vom 06.04.2004 auf die Anrufungsauskunft hat keine Bedeutung. Selbst wenn dieses Schreiben so zu verstehen gewesen sein könnte, dass die Übertragung der Optionsrechte auf den Erwerb von Aktien auf den Kl. durch die Arbeitgeberin lohnsteuerlich nicht zu erfassen war, ist zu beachten, dass es sich insoweit um eine Auskunft gegenüber dem Betriebsstätten-FA gehandelt hat. Die Bindung, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die LSt anzuwenden sind, beschränkt sich lediglich auf das LSt-Abzugsverfahren und nicht auf das Verfahren betreffend die Veranlagung zur ESt (vgl. BFH-Urteil vom 09.10.1992 - VI R 97/90 - BStBl. II 1993, 166, sowie BFH-Beschluss vom 22.05.2007 - VI B 143/06, BFH/NV 2007, 1658).

Der Frage, ob ggf. die Arbeitgeberin des Kl. wegen der für den Kl. in zu geringer Höhe angemeldeten und abgeführten LSt mit Haftungsbescheid gem. § 42 d EStG hätte in Anspruch genommen werden können, braucht der Senat nicht weiter nachzugehen. Im Streitfall geht es um die Frage, in welcher Höhe bei der Festsetzung der ESt der Streitjahre 2004 bis 2006 der dem Kl. zugeflossene Arbeitslohn zu berücksichtigen ist.

Ist hiernach schon aus den vorstehend dargestellten Gründen die Klage abzuweisen, kann dahingestellt bleiben, ob in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation - Übertragung von Optionsrechten auf den Erwerb von Aktien durch die Arbeitgeberin auf den Kl. als Arbeitnehmer, eine von vornherein geplante Veräußerung dieser Rechte an eine dritte Person gegen Entgelt und einer dann unmittelbar danach erfolgte Rückübertragung durch diesen Dritten auf die Arbeitgeberin zu einem geringfügig höheren Preis - auch ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts gem. § 42 AO zu sehen ist. Im wirtschaftlichen Ergebnis nämlich ist die Arbeitgeberin um den Geldbetrag entreichert, der dem Kl. zugeflossen ist. Gründe nicht steuerlicher Art für die von dem Kl. und seiner Arbeitgeberin gewählte Gestaltung sind dem Senat nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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