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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: 12 K 6087/04 E
Rechtsgebiete: EStG, HGB, AO, FGO
Vorschriften:
EStG § 5 | |
HGB § 249 Abs. 1 S. 1 | |
AO § 162 Abs. 1 | |
FGO § 96 Abs. 1 S. 1 |
Finanzgericht Münster
Tenor:
Der Einkommensteuer-Bescheid 1992 vom 15.09.1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.02.1999 und der Einkommensteuer-Bescheid 1994 vom 13.11.2001 werden nach Maßgabe der Urteilsgründe abgeändert. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Dem Finanzamt wird gemäß § 100 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung die anderweitige Festsetzung der Einkommensteuer 1992 und 1994 übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens werden den Klägern zu 2/3 und dem Finanzamt zu 1/3 auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Streitig ist, in welcher Höhe ein Versicherungsvertreter nach Vereinnahmung einer einmaligen Provision aus Anlass der späteren Weiterbetreuung der vermittelten Versicherungsverträge Rückstellungen bilden kann.
Die Kläger (Kl.) werden als Eheleute zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Der Kl. ist seit 1969 Vertreter eines Versicherungsunternehmens, für das vorher schon sein Vater in gleicher Weise tätig war. Seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb ermittelt er gem. § 5 EStG durch Bilanzierung. Tätig waren in den Streitjahren 1992 und 1994 folgende Mitarbeiter:
1992 | 1994 | |
Mitarbeiter Innendienst | ||
Vollzeitkräfte | 3 | 4 |
Teilzeitkräfte | 2 | 4 |
Aushilfen | 0,8 | 1,25 |
Auszubildende | 6 | 7 |
Mitarbeiter Außendienst | 2,5 | 1,75 |
Die Tätigkeit des Kl. umfasst abgesehen von der Vermittlung von Lebens- und Schadensversicherungen auch die Betreuung und Erhaltung des Bestandes sowie die Besorgung des Beitragseinzugs, soweit ihm dieser von dem Unternehmen übertragen war. Für die Vermittlung von Lebensversicherungsverträgen erhielt der Kl. eine Provision in Höhe eines Prozentsatzes des ersten tarifmäßigen Jahresbeitrages. Sie wurde fällig, sobald der Versicherungsvertrag zustande gekommen war und soweit die Beiträge gezahlt wurden. Folgeprovisionen für die Betreuung der Lebensversicherungsverträge erhielt er - in Abweichung zu anderen Versicherungssparten - nicht. In der Bilanz zum 31.12.1992 bildete er erstmals für bereits vermittelte Lebensversicherungsverträge auch aus den früheren Jahren eine Rückstellung für Verwaltungskosten, die er in den folgenden Jahren - u. a. dem Streitjahr 1994 - dem Zugang an Lebensversicherungsverträgen anpasste. In den Streitjahren 1992 und 1994 setzte er Rückstellungen in folgender Höhe an:
1992 | 1994 |
334.880 DM (nachgeholt aus Vorjahren) | 348.640 DM (davon Zugang: 8.480 DM) |
Nach Auffassung des Finanzamts (FA) waren diese Rückstellungen schon dem Grunde nach nicht anzuerkennen. Es erhöhte dementsprechend die Gewinne aus Gewerbebetrieb auf folgende Beträge:
1992 | 1994 |
xxx DM | yyy DM |
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage - Az. 12 K 1985/99 E, G - hatte keinen Erfolg. Der Senat war ebenfalls der Ansicht, dass Rückstellungen schon dem Grunde nach nicht zulässig seien (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG-, 2004, 247). Im Verlauf dieses Verfahrens ist die ESt-Festsetzung 1994 mit Bescheid vom 13.11.2001 aus anderen Gründen, die nicht streitig sind, zu Gunsten der Kl. geändert worden.
Auf die Revision hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Versicherungsvertreter für die Verpflichtung zukünftiger Vertragsbetreuung eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstandes zu bilden hat, wenn er vom Versicherungsunternehmen die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrages erhält - Urteil vom 28.07.2004 XI R 63/03, (veröffentlicht u.a. in BStBl. II 2006, 866). Wegen der noch zu treffenden Feststellungen zur Höhe der Rückstellungen hat er die Sache an den Senat zurückverwiesen.
Die Kl. machen geltend, dass die ESt der Streitjahre 1992 und 1994 unter Berücksichtigung der Rückstellungen in der Höhe, wie sie gebildet waren, festzusetzen seien. Insbesondere verweisen sie auf die Anlage K 1 zur Klageschrift: Von vielen Versicherungsunternehmen würden Betreuungsprovisionen gezahlt, deren Höhe bis zu 3 v. H. der jährlichen Beitragseinnahmen ausmachten. Selbst wenn bei ihm, dem Kl., nur 2 v. H. zu berücksichtigen seien, würde dies bei einem Jahresbeitragsaufkommen von 8.253.739 DM schon zu einem Betrag von 165.000 DM führen.
Abgesehen von besonderen anlassbezogenen Betreuungsaktivitäten (vgl. Bl. 20 d. GA) werde jeder Lebensversicherungsvertrag mindestens einmal im Leistungsfall, d.h. bei Tod oder Ablauf, allgemein nachgearbeitet.
Im Falle einer Beendigung durch Zeitablauf habe der Kunde auf einem ihm zuvor von der Versicherung zugeleiteten Formular anzugeben, auf welches Konto die Versicherungssumme zu überweisen sei. Da er, der Kl., hiervon Kenntnis habe, hole ein Mitarbeiter oder in seltenen Fällen auch er selbst nach Vereinbarung eines Termins dieses ausgefüllte Formular zusammen mit der Versicherungspolice beim Kunden ab und reiche es - versehen mit der Unterschrift des Kunden - an die Versicherung weiter. Auf diese Weise werde entsprechend den Ansprüchen der Versicherung dem Kunden - in Abgrenzung zu Direktversicherungen - ein umfassender Service mit der Möglichkeit einer persönlichen Betreuung geboten. Anlässlich des Besuchs beim Kunden werde - abgesehen von Allerweltsgesprächen - auch über die Abwicklung der Zahlung gesprochen. Regelmäßig stellten sich Fragen zur Steuerbelastung des Auszahlungsbetrages, zum Verhältnis zu einer zu diesem Zeitpunkt meist laufenden Rentenzahlung, zum Verhältnis zu anderen Einkünften (z.B. Kapitalerträgen) und zu den Fragen, warum der Auszahlungsbetrag von dem ursprünglich bei Beginn der Versicherung prognostizierten Betrag abweiche.
Beim Tod eines Versicherten werde ein Gespräch der geschilderten Art regelmäßig mit den engsten Verwandten des Versicherten geführt. Zu besprechen sei die Übergabe einer Sterbeurkunde sowie einer ärztlichen Bescheinigung zur Todesursache.
Für diese regelmäßig anfallenden Aktivitäten sei eine Mitarbeiterstunde anzusetzen.
Darüber hinaus seien für sonstige Nachbearbeitungsfälle anlassbezogene Betreuungsaktivitäten zu entfalten, die in der Anlage 1 zum Schriftsatz der Kl. vom 02.12.2004 im einzelnen aufgeführt sind (Bl. 20 d. GA):
Soweit auf eine Beitragsbescheinigung verwiesen sei, gehe es um die Erstellung einer neuen Beitragsbescheinigung, wenn der Kunde die von der Versicherung für jedes Jahr erstellte Beitragsberechnung verloren haben sollte und eine Ersatzbescheinigung ausgestellt werden müsse.
Ein Rückkaufswertnachweis werde auf Antrag eines Kunden von der Versicherung erstellt. Den bei ihm, dem Kl., gestellten Antrag leite er an die Versicherung weiter. Nach Erstellung des entsprechenden Nachweises werde das Papier an ihn zurückgeschickt, damit er es dann an den Kunden weitergeben könne. Er, der Kläger, könne zwar auch selbst den Rückkaufswert berechnen. Der für den Rechtsverkehr maßgebliche Nachweis werde aber nur von der Versicherung selbst erstellt.
Ähnlich verhalte es sich bei Berechnungen im Zusammenhang mit einem Versorgungsausgleich im Falle der Scheidung einer Ehe. Die Berechnungen, welche Leistungsraten während des Bestehens einer Ehe erbracht worden seien und in welcher Weise ein Ausgleich zu erfolgen habe, müsse von der Versicherung berechnet werden. Er, der Kl., nehme den Antrag des Kunden entgegen und leite ihn an die Versicherung zwecks Ausstellung weiter. Die entsprechenden Berechnungen könnten zwar von einem Außendienstmitarbeiter vorgenommen werden. Sie hätten dann aber keinen offiziellen Charakter.
Zu einer Vertragsberatung bei Arbeitslosigkeit könne es in der Weise kommen, dass gefragt werde, was mit der Lebensversicherung zu geschehen habe, ob weiter eingezahlt werden solle, ob die Beiträge gestundet werden sollten, ob eine Risikozwischenversicherung geschlossen werden sollte, oder ob das Vertragsverhältnis ruhen sollte. Zu einer Vertragsberatung bei Arbeitgeberwechsel könne es dann kommen, wenn eine betriebliche Altersversorgung bestehe. In einem solchen Fall müssten der neue Arbeitgeber und der Versicherungsnehmer informiert werden, ob das bisherige Vertragsverhältnis fortgesetzt werden solle. Normalerweise handele es sich aber bei einer Lebensversicherung um einen privaten Versicherungsvertrag, der von einem bestimmten Arbeitgeber unabhängig sei.
Zu einer Vertragsberatung bei finanzieller Notlage könne es in ähnlicher Weise kommen wie im Falle einer Arbeitslosigkeit.
Beratungen im Zusammenhang mit einer Bezugsrechtsänderung gebe es bei Heirat oder Partnerwechsel. Meist hätten die davon betroffenen Kunden vergessen, ob sie eine widerrufliche oder eine unwiderrufliche Bezugsberechtigtenbestimmung getroffen hätten. Dies und die möglichen Folgen müssten ihnen dann erläutert werden. Zu Gesprächen im Zusammenhang mit einer Beleihung könne es im Falle einer Notlage oder einer erforderlich werdenden Finanzierung kommen. Das vom Kunden aufzunehmende Darlehen könne von einer beliebigen Bank stammen oder auch ein von der Versicherung gewährtes Policendarlehen sein.
Beratungsgespräche könnten auch im Falle einer Kündigung oder Teilkündigung erforderlich werden. Sofern eine bestimmte Mindestlaufzeit nicht eingehalten sei, könne es bei Kündigung zu Nachteilen kommen. Hinsichtlich der möglichen Risiken obliege ihm, dem Kl., eine Aufklärungspflicht. Hierzu habe er sich schon immer aus Gründen der Kundenzufriedenheit und Rechtssicherheit verpflichtet gefühlt.
Allgemeine Vertragsnachfragen könne es bei speziellen Tarifen geben, wenn - vertragsgemäß - in späteren Zeiten höhere Beiträge als ursprünglich zu zahlen seien und dies bei den Kunden in Vergessenheit geraten sei. Des weiteren könne es Nachfragen zum Guthabenwert geben. Die Kunden fragten dann an, in welcher Höhe Guthabenzinsen angefallen seien bzw. welche Überschussanteile angesammelt worden seien. Insbesondere nach Sendungen in Fernsehmagazinen komme es vermehrt zu Vertragsnachfragen. Anlass für derartige Nachfragen sei auch, wenn die in den monatlichen Rentenzahlungen steckenden Ertragsanteile geringer angesetzt worden seien. Auch wenn es hierüber regelmäßig Erläuterungsschreiben der Versicherung gebe, werde persönlich bei ihm, dem Kl., rückgefragt.
Speziell im Falle eines Rückkaufs ergebe sich regelmäßig ein höherer Beratungsaufwand. Zu ermitteln sei zunächst der Anlass des Rückkaufwunsches sowie des weiteren, welche Folge dieser für die Rendite des Lebensversicherungsvertrages mit sich bringe und ob ggfls. anderweitige Lösungen finanziell günstiger seien. Sofern eine Pfändung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag durch einen Gläubiger bevorstehe, der dann eine Kündigung aussprechen werde, sei dem Kunden umgehend zu erläutern, welche finanziellen Nachteile entstehen könnten und ob eine Pfändung des Vertrages verhindert werden könne.
Aus Anlass dieser vorstehend beschriebenen sonstigen Nachbearbeitungsfälle sei eine weitere Mitarbeiterstunde anzusetzen.
Bei welchen Versicherungsverträgen, die in den Jahren 1992 und 1994 beendet worden seien, konkret Mitarbeitergespräche geführt worden seien, könne heute nicht mehr ermittelt werden. Die entsprechenden Daten seien aus datenschutzrechtlichen Gründen vernichtet worden. Bis auf wenige Ausnahmen - so behaupten die Kl. - sei in jedem Beendigungsfall ein Mitarbeitergespräch geführt worden. Auch wenn ein Kundengespräch nicht stattgefunden habe, sei aber im Innendienst Schriftverkehr angefallen, der ebenfalls nicht unerheblichen Aufwand verursacht habe. Für den Inhalt der Beendigungsgespräche, die der damalige freie Mitarbeiter S. N. geführt habe, beruft sich der Kl. auf dessen Zeugnis.
Bei wie vielen Lebensversicherungsverträgen in den Jahren 1992 und 1994 Betreuungsaktivitäten außerhalb einer allgemeinen Beendigung des jeweiligen Vertragsverhältnisses angefallen seien, sei heute ebenfalls nicht mehr feststellbar. Dazu, welche Mitarbeiter jeweils konkret tätig geworden seien, könne auch nichts gesagt werden.
Zur Untermauerung dafür, dass auf jeden Fall ein Betreuungsaufwand anfalle, überreicht der Kl. in seinem Schriftsatz vom 24.07.2006 eine Aufstellung über "regelmäßig anfallende Verwaltungs- und Beratungsanlässe bei der Betreuung von laufenden und beitragsfreien Lebens- und Rentenversicherungen", die ein Kollege aufgrund eigener Erfahrungen zusammengetragen habe. Auf diese Aufstellung (Bl. 98 bis 101 d. GA.) wird Bezug genommen. Die Anlässe der Beratungstätigkeit - so behauptet er - seien auf seinen Fall übertragbar.
Die Mitarbeiterstunde sei mit 80,-- DM anzusetzen. Die Kostenstelle für Mitarbeiter im Außendienst - so behauptet zunächst der Kl. - weise Gesamtkosten von 577.023,-- DM aus (vgl. u. a. Bl. 20 d. GA). Bei vier Mitarbeitern zu jeweils 220 Arbeitstagen und 7,5 Stunden je Arbeitstag ergäben sich 6.600 Stunden. 577.023,-- DM dividiert durch 6.600 Stunden ergebe einen Stundensatz von 87,43 DM, d.h. abgerundet 80,-- DM je Mitarbeiterstunde. Daraus errechne sich die Höhe der Rückstellung für 1992 wie folgt:
80,-- DM x 2 Mitarbeiterstunden x 2.093 Verträge = 334.880,-- DM.
Bis zum 31.12.1994 habe es einen um 26 Verträge höheren Bestand gegeben. Daraus errechne sich die Höhe der Rückstellung für 1994 wie folgt:
80,-- DM x 2 Mitarbeiterstunden x 2.179 Verträge = 348.640,-- DM (Gewinnauswirkung in diesem Jahr: 8.480,-- DM).
Bei einem Massengeschäft - wie vorliegend - könne nur eine überschlägige Ermittlung anhand der Anzahl der Verträge und des Aufwands pro Vertrag in Betracht kommen. Bei dem von ihm, dem Kl., bezifferten Aufwand handele es sich um einen Mindestaufwand. Zum Beweis, dass dabei auf den Aufwand abgestellt sei, der bekanntermaßen bei jedem Vertrag anfalle, beruft er sich auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Eine Einzelfallbewertung sei nicht möglich. Insbesondere sei es nicht möglich, den Zeitaufwand pro Vertrag zu ermitteln. Häufig hätten Versicherungsnehmer von Lebensversicherungen auch weitere Versicherungsverträge (vgl. S. 3 des Schriftsatzes der Kl. vom 02.06.2005, Bl. 29/34 d.GA.) Im Falle eines Beratungsgesprächs würden auch andere Verträge behandelt. Aufzeichnungen hierüber existierten aber nicht.
Bei Ablauf eines Lebensversicherungsvertrages würden aber - so behaupten die Kl. - keine Gespräche über die Vermittlung anderer Anlageformen geführt, für die ihrerseits Provisionsansprüche entstehen könnten. Ein solches Vorgehen habe sich nach seiner langjährigen Erfahrung als unzweckmäßig erwiesen.
Bei der Ermittlung der Höhe der Rückstellungen handele es sich letztlich um Schätzungen, bei denen der tatsächliche Aufwand pro Vertrag im Durchschnitt noch höher liegen dürfte. Fehlerhaft sei es jedenfalls, wenn das FA geltend mache, dass eine Schätzung nicht zulässig sei und daraus den Schluss ziehe, dass überhaupt keine Rückstellungen gebildet werden dürften.
Im Übrigen seien die Kosten pro Mitarbeiterstunde deswegen zu niedrig angesetzt, weil bisher nur die Kostenstelle für die Mitarbeiter im Außendienst auf der Grundlage des Bruttolohns und der Arbeitgeberanteile berücksichtigt seien. Zugrundezulegen seien aber sämtliche Aufwendungen, d. h. auch die für die Stellung von Kraftfahrzeugen, Fahrtkostenerstattungen, Zukunftssicherungsleistungen usw. So seien - so behauptet der Kl. im weiteren Verlauf des Verfahrens - für 1992 Vertriebskosten in Höhe von 630.819 DM und für 1994 solche in Höhe von 640.221 DM angefallen (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 26.07.2007, Bl. 119 d. GA.).
Insbesondere sei auch der Aufwand in Gestalt der an die Außendienstmitarbeiter gezahlten Vermittlungsprovisionen zu berücksichtigen, die durch deren Mitwirkung an dem Abschluss neuer Versicherungsverträge entstanden seien. Sie stellten ein Element des durch die Mitarbeiter tatsächlich verursachten Aufwands dar. Deren Betreuungsaufgaben seien von den von ihnen vereinnahmten Provisionen mit umfasst.
Schließlich sei der Betreuungsaufwand in seinem Betrieb besonders hoch, weil der Bestand an Lebensversicherungsverträgen überdurchschnittlich alt sei. Je älter der Vertrag sei, sei der Betreuungsaufwand um so höher.
Im Hinblick auf die Schätzung könnten auch Zahlen aus neuerer Zeit als Grundlage ermittelt werden. Genauere Angaben werde er, der Kl., aber nur machen, wenn das Gericht zu erkennen gebe, dass auf solche Zahlen eine Schätzung auch gestützt werden könne.
Soweit das FA auf die Ausführungen des Finanzgerichts Saarland in einem Beschluss vom 11.10.2006 1 V 212/06 (Juris) verweise, handele es sich um einen anders gelagerten Fall, der mit dem Streitfall nicht zu vergleichen sei.
Die Kl. beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung (EE) vom 26.02.1999 den ESt-Bescheid 1992 vom 15.09.1998 sowie den ESt-Bescheid 1994 vom 13.11.2001 unter Berücksichtigung etwaiger Gewerbesteuer (GewSt)-Rückstellungen dahin gehend abzuändern, dass Rückstellungen aus Anlass der Betreuung und Abwicklung von Lebensversicherungsverträgen für 1992 in Höhe von 334.880 DM und für 1994 in Höhe von 348.640 DM (Gewinnauswirkung: 8.480 DM) anzuerkennen sind.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es macht geltend, dass ein Aufwand aus Anlass von Rückstellungen nicht berücksichtigt werden könne, weil entsprechende Nachweise fehlten. Da es sich um Steuer mindernde Tatsachen handele, trage der Kl. die Beweislast, mit welchen Beträgen der künftige Aufwand aus den Erfahrungen in der Vergangenheit zu bewerten sei. Da es sich um offene Veranlagungszeiträume handele, sei er zur Beweisvorsorge verpflichtet gewesen.
Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung sei jede Verpflichtung isoliert zu erfassen und zu bewerten. Für jeden einzelnen Vertrag müsse zu jedem Stichtag die vertragliche Laufzeit angegeben werden.
Rückstellungsfähig seien auch nur wesentliche Pflichten, die wirtschaftlich verursacht seien. Das sei aber hinsichtlich der Service-Leistungen, die über die Pflichten zur Nachbetreuung hinausgingen, nicht der Fall. Mit den anlassbezogenen Betreuungsleistungen würden überwiegend Nebenleistungen erbracht.
Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass ausschließlich Mitarbeiter die Kunden betreut hätten. Auch der Kl. persönlich sei tätig geworden. Je weniger Mitarbeiter tätig gewesen seien, müsse der Kl. einen um so größeren Anteil getragen haben. Davon sei auch künftig auszugehen. Eine Rückstellung für eigenen Aufwand könne nicht gebildet werden.
Außer Betracht zu bleiben hätten die Lebensversicherungsverträge, für die noch der Vater die Provisionen erhalten habe. Insoweit fehle es hinsichtlich der vereinnahmten Beträge an einem hiermit im Zusammenhang stehenden Erfüllungsrückstand (Hinweis auf Beschluss des Finanzgerichts des Saarlandes vom 11.10.2006 1 V 212/96 (a.a.O.)). Nach der Berechnung im Schriftsatz vom 13.07.2007 (Bl. 149 d.GA.) müssten von den am 31.12.1992 vorhandenen 2.093 Verträgen ca. 1.300 aus der Zeit stammen, für die noch der Vater die einmalige Vermittlungsprovision bezogen habe.
Ein Ansatz von 2 Mitarbeiterstunden je Vertrag sei zu hoch gegriffen. Die Tätigkeit der Mitarbeiter habe insofern unberücksichtigt zu bleiben, wie die Kundengespräche andere Versicherungen betroffen hätten, für die ihrerseits Provisionsansprüche entstanden wären. Nicht glaubhaft sei, dass solche Gespräche nicht geführt worden seien.
Die Anzahl von zwei Mitarbeiterstunden sei auch nicht nachzuvollziehen, zumal der Kl. selbst angegeben habe, dass es nicht möglich sei, den Zeitaufwand für eine Vertragsbetreuung konkret zu ermitteln. Von den vom Kl. angegebenen Möglichkeiten, welchen Inhalt Beratungsgespräche gehabt haben könnten, könne nur ein je nach Bedarf wechselnder Teil konkret in Anspruch genommen worden sein. Nachvollziehbare Erfahrungen aus der Vergangenheit habe der Kl. nicht dargelegt. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Entlohnung der Mitarbeiter unterschiedlich sei. Insbesondere bei Außendiensttätigkeiten würden seitens der Versicherung Zuschüsse gezahlt.
Hinsichtlich des Aufwands für die Mitarbeiter im Außendienst seien die angegebenen Gesamtkosten von 577.023 DM ohne Aufschlüsselung nicht überprüfbar. Rückstellungen für Dienstleistungsverpflichtungen seien auch nur mit den Einzelkosten lt. Gewinn- und Verlustrechnung und den angemessenen Teilen der variablen Gemeinkosten zu bewerten, § 6 Abs. 1 Nr. 3 b EStG (nicht die Vollkosten).
Letztlich habe der Kl. einen künftigen Betreuungsaufwand nur im Schätzungswege angegeben, nicht aber durch nachprüfbare Berechnungsgrundlagen unterlegt. Soweit er auf die Zusammenstellung eines Kollegen über regelmäßig anfallende Beratungsanlässe (vgl. Schriftsatz der Kl. vom 24.07.2006) verwiesen habe, könne dem nicht gefolgt werden. Jede Versicherungsagentur sei anders. Verschieden sei auch der jeweils auf einen Kunden bezogene Beratungsbedarf. Abzulehnen sei der Vorschlag des Kl., ab September 2005 für einen Zeitraum von 3 Monaten Aufzeichnungen zu führen, die dann als repräsentativ anzusehen sein sollten.
Die Frage, welcher Anteil aus den einmalig vereinnahmten Provisionen auf die laufende Vertragsbearbeitung entfalle, könne über den Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute an Hand der Bezugsgrößen ermittelt werden, in welcher Höhe Abschlussprovisionen bei Zahlung von Bestandspflegegeldern bzw. ohne Zahlung solcher Gelder anfielen.
Vor allem aber hätten in dem Streitjahr 1992 Rückstellungen für abgelaufene Bilanzstichtage nicht erfolgswirksam gebildet werden dürfen. Ein fehlerhafter Bilanzansatz sei grundsätzlich gewinnneutral zu berichtigen. Was der Kl. jetzt erstmalig geltend mache, hätte schon viel früher geschehen können. Dies sei ihm vorzuhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Finanzamts-Akten sowie auf die Gerichtsakte zu dem Verfahren 12 K 1985/99 E,G verwiesen.
Am 14.06.2007 hat vor dem Berichterstatter des Senats ein Erörterungstermin stattgefunden. Der Senat hat am 13.09.2007 mündlich verhandelt. Auf beide Niederschriften wird Bezug genommen.
Die Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Dem Grunde nach sind in den Streitjahren 1992 und 1994 Rückstellungen aus Anlass einer vertraglichen Verpflichtung, Lebensversicherungsverträge nach deren Abschluss zu betreuen und abzuwickeln, gewinnmindernd zu berücksichtigen. Der Höhe nach sind sie aber für 1992 nur mit 83.720 DM und für 1994 nur mit 87.160 DM (Gewinnauswirkung: 2.120 DM) anzusetzen.
Nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist aber u.a. dann geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.06.1997 GrS 2/93, BStBl. II 1997, 735 m.w.N.).
Dass im Streitfall aus dem vom Kl. geltend gemachten Anlass Rückstellungen zu berücksichtigen sind, entspricht der Rechtsauffassung des BFH in dem Urteil vom 28.07.2004 XI R 63/03 (a.a.O.). Hiervon geht auch der Senat aus. Der Kl. befand sich in einem Erfüllungsrückstand gegenüber der Versicherung, für die er nach außen als Vermittler tätig war. Während er wegen der Vermittlung von Lebensversicherungsverträgen schon die ihm einmalig zustehende Provision vereinnahmt hatte, bestand für ihn grundsätzlich die Verpflichtung, die Lebensversicherungsverträge in der Folgezeit zu betreuen und abzuwickeln. Insoweit hatte er mit einem künftig entstehenden Aufwand zu rechnen. Dieser kann auch nicht als nur unwesentlich beurteilt werden.
Der Kl. ist grundsätzlich berechtigt, Rückstellungen für die Verbindlichkeiten auch insoweit erfolgswirksam zu bilden, als sie in der Vergangenheit entstanden waren. Bisher war der Ansatz in den Bilanzen zu Unrecht unterblieben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind unzutreffende Aktivierungen und Passivierungen grundsätzlich auch dann erfolgswirksam zu korrigieren, wenn die Ertragsteueransprüche für die Veranlagungszeiträume, in denen sich die unrichtige Bilanzierung bereits steuerrechtlich ausgewirkt hat, schon verjährt sind (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 07.06.1988 VIII R 296/82, BStBl. II 1988, 886 und vom 16.05.1990 X R 72/87, BStBl. II 1990, 1044, sowie BFH-Beschluss vom 30.03.1994 I B 81/93, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1995, 192 jeweils mit weiteren Nachweisen). Nach den Grundsätzen der Bilanzberichtigung muss die Passivierung erfolgsmindernd in der Bilanz des ersten Wirtschaftsjahres nachgeholt werden, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 08.12.1988 IV R 33/87, BStBl. II 1989, 407).
Im Streitfall hat der Kl. die Rückstellung aus Anlass der Verpflichtung zur künftigen Betreuung und Abwicklung der bestehenden Lebensversicherungsverträge erstmalig in der Bilanz zum 31.12.1992 zu bilden. Bis dahin war die Bilanzierung zu Unrecht nicht erfolgt. Dies konnte auch in einem der vergangenen Jahre mit steuerlicher Wirkung nicht mehr richtiggestellt werden. Alle Jahresveranlagungen bis einschließlich 1991 waren bestandskräftig und auch nach sonstigen Berichtigungsvorschriften der AO nicht mehr abänderbar. Erst bei der zum 31.12.1992 aufzustellenden Bilanz handelt es sich um die erste Schlussbilanz, in der eine Korrektur erfolgswirksam vorgenommen werden konnte.
Umstände, die der nachgeholten Bildung der Rückstellung erstmalig zum 31.12.1992 entgegenstehen könnten, vermag der Senat nicht zu sehen. Eine derartige Möglichkeit kommt allenfalls dann in Betracht, wenn ein Steuerpflichtiger die Bilanzierung einer Rückstellung bewusst rechtswidrig und willkürlich unterlassen hat (vgl. BFH-Urteil vom 02.05.1984 VIII R 239/82, BStBl. II 1984, 695). Hiervon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Der Kl. war sich in den Vorjahren der Möglichkeit eines Ausweises von Rückstellungen von der Art des Streitfalls nicht bewusst. Insbesondere hatte gerade das FA eine Berechtigung hierzu noch für das Streitjahr 1992 in Abrede gestellt.
Der Kl. ist auch entgegen der Rechtsauffassung des FA grundsätzlich berechtigt, Rückstellungen aus Anlass einer Betreuung und Abwicklung derjenigen Lebensversicherungsverträge zu bilden, für die schon der Vater in den Jahren 1969 und früher Provisionen vereinnahmt hatte. Mit dem Übergang der Versicherungsagentur vom Vater auf den Kl. im Jahr 1969 war der Kl. hinsichtlich dieses Gewerbebetriebs dessen Rechtsnachfolger. Schon dem Vater als Rechtsvorgänger hatte das Recht zur Bildung von Rückstellungen aus Anlass der Betreuung und Abwicklung von Lebensversicherungsverträgen nach Vereinnahmung der entsprechenden Provisionen zugestanden. Dass nämlich bei einem schwebenden Geschäft im Falle eines Erfüllungsrückstandes die Bildung einer Rückstellung zulässig war, hatte schon immer den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprochen. Aus diesem Grund war auch der Kl. als Rechtsnachfolger zur Nachholung der unterlassenen Rückstellungen berechtigt. Zu einer erfolgswirksamen Korrektur muss er dann zu einem späteren Zeitpunkt in gleicher Weise wie ursprünglich der Rechtsvorgänger berechtigt bleiben. Soweit sich aus dem Beschluss des Finanzgerichts Saarland vom 11.10.2006 I V 212/06 (a.a.O.) etwas anderes ergibt, vermag dem der Senat nicht zu folgen.
Rückstellungen sind aber nur in einer Höhe von 83.720 DM für 1992 und von 87.160 DM für 1994 (Gewinnauswirkung: 2.120 DM) anzuerkennen. Diese Beträge sind im Schätzungswege festzulegen. Nach § 162 Abs. 1 AO sind die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie nicht zu ermitteln oder zu berechnen sind. Diese Schätzungsbefugnis obliegt im gerichtlichen Verfahren gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Gericht.
Im Streitfall sind die für die Höhe der Rückstellungen maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen nicht zu ermitteln. Insbesondere kann der Berechnung des Kl. nicht darin gefolgt werden, dass zum einen je Vertrag zwei Mitarbeiterstunden zu berücksichtigen sind. Zum anderen erscheint der Satz von 80,00 DM je Mitarbeiterstunde überhöht.
Besteht - wie im Streitfall - der Anlass für die Bildung der Rückstellung in einem Erfüllungsrückstand, ist maßgeblich die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens der Verbindlichkeit und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.2001 I R 45/97, BFH/NV 2001, 1334). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.2002 I R 68/00, BFH/NV 2002, 845). Dabei ist der Steuerpflichtige gehalten, zur Rechtfertigung der von ihm begehrten Rückstellung konkrete Tatsachen darzulegen; er trägt die Feststellungslast (vgl. BFH-Urteil vom 30.04.1998 III R 40/95, BFH/NV 1998, 1217).
Diese Grundsätze gelten nicht nur, soweit es um die Bildung der Rückstellung dem Grunde nach geht. Hierzu ist der Kl. im Streitfall nach der Vorgabe im Urteil des BFH vom 28.07.2004 XI R 63/03 (a.a.O.) ohnehin berechtigt. Diese Grundsätze sind auch für die Frage zu beachten, in welcher Höhe die Rückstellung zu bewerten ist. Dafür, dass hierbei andere Maßstäbe gelten sollen, ist kein Grund ersichtlich.
Soweit der Kl. wegen einer Nachbearbeitung allgemein im Leistungsfall - bei Tod oder Zeitablauf - eine Mitarbeiterstunde angesetzt hat, erscheint dies nach den von ihm zur Begründung dargelegten Umständen nicht angemessen. Im Regelfall kann bei einer regulären Beendigung des eine Lebensversicherung betreffenden Vertragsverhältnisses beim Kl. kein besonderer Aufwand entstehen. Die Versicherung leitet - zunächst ohne Einschaltung des Kl. - dem Versicherungsnehmer ein Formular zu, das von diesem - wiederum ohne Einschaltung des Kl. - u. a. mit Angabe der Stelle ausgefüllt zurückzuschicken ist, an die die Zahlung vorgenommen werden soll. Die Versicherungssumme wird sodann entsprechend dieser Vorgabe überwiesen. Dass bei diesem dem Regelfall entsprechenden Vorgang vom Versicherungsnehmer der Versicherung die Policeunterlagen auszuhändigen sind, fällt nicht in den Pflichtenkreis des Kl.
Bei dem Kl. entsteht nur deswegen ein Aufwand durch Einschaltung eines Mitarbeiters oder seiner Person, weil er selbst die Rücksendung des Formulars von dem Versicherungsnehmer an die Versicherung übernommen hat, das die Versicherung diesem zuvor zugeleitet hatte und lediglich nach Ausfüllen mit den Daten über die Auszahlung der Versicherungssumme auf dem Postweg zurückzuschicken war. Bei diesem Anlass hatte er Gelegenheit, mit dem Versicherungsnehmer im Hinblick auf die Führung eines Service-Gesprächs Kontakt aufzunehmen. Dieser Aufwand aber ist durch den bis dahin bestehenden Lebensversicherungsvertrag nur unwesentlich verursacht. Eine persönliche Kontaktaufnahme ist dagegen nach Einschätzung des Senats in erster Linie dadurch veranlasst, dass sie - was auch sinnvoll erscheint - Gelegenheit dafür bietet, im Rahmen eines allgemeinen Gesprächs auch andere Verträge bzw. Vertragsformen zu erörtern. Denn der Abschluss anderer Verträge oder eine Änderung eines bestehenden Vertrages löst Provisionsansprüche aus. Dass ein bei Vertragsbeendigung geführtes Gespräch beim bisherigen Versicherungsnehmer auch andere Verträge betroffen hat, hat im übrigen der Kl. im Kern auch eingeräumt. Häufig hätten nämlich Versicherungsnehmer auch weitere Versicherungsverträge. Dann würden im Falle eines Beratungsgesprächs auch andere Verträge behandelt (vgl. Schriftsatz vom 02.06.2005, Bl. 29/34 d. GA.).
Hiermit steht zwar die Behauptung des Kl. im Widerspruch, dass bei Ablauf einer Lebensversicherung Gespräche über die Vermittlung anderer Anlageformen nicht geführt würden, weil sich ein solches Vorgehen nach seiner, des Kl., langjährigen Erfahrung als unzweckmäßig erwiesen habe. Dieser allgemein gehaltenen Behauptung vermag aber der Senat wegen des Gesichtspunkts, dass andere Verträge betreffende Gespräche doch geführt wurden, nicht zu folgen, zumal die Behandlung anderer Versicherungsformen auch sinnvoll bzw. deren Ausklammerung, wenn es ohnehin zu einem Gespräch kommt, wenig plausibel erscheint.
Soweit sich der Kl. zum Inhalt der Gespräche bei allgemeiner Beendigung eines Lebensversicherungsvertragsverhältnisses auf das Zeugnis des damaligen freien Mitarbeiters N. beruft, war hierauf nicht weiter einzugehen. Zum einen hat der Kl. selbst Erläuterungen gegeben. Zum anderen ist nicht einmal andeutungsweise zu erkennen, in welcher weiteren Hinsicht Gespräche mit einem für ein Versicherungsvertragsverhältnis erheblichem Gehalt geführt worden sein sollen. Die Vernehmung des Herrn N. liefe auf eine Ausforschung des Sachverhalts hinaus. Schließlich war Herr N. auch nicht die einzige Person, die im Fall einer allgemeinen Beendigung eines Vertragsverhältnisses Gespräche geführt hat. Im Außendienst war in beiden Streitjahren mindestens noch ein weiterer Mitarbeiter tätig.
Der Ansatz einer weiteren Mitarbeiterstunde wegen einer Nachbearbeitung aus Anlass von besonderen Betreuungsaktivitäten erscheint ebenfalls überzogen. Die einzelnen bezeichneten Tätigkeiten (vgl. Bl. 20 d. GA) sind spezieller Art und betreffen nicht die Masse der Fälle.
Das gilt zunächst für die Ausstellung einer Beitragsbescheinigung. Solche Bescheinigungen werden jedes Jahr von der Versicherung erstellt und dem Versicherungsnehmer unmittelbar zugeleitet. Nur wenn dieser die Bescheinigung verloren haben sollte, kommt es zur Einschaltung des Kl.
Einen vom Kl. erstellten Rückkaufswertnachweis kann es ebenfalls nur in Ausnahmefällen geben. Solche Bescheinigungen werden an sich von der Versicherung dem Kunden gegenüber unmittelbar erstellt. Vom Kl. wird auch nur der Antrag des Versicherungsnehmers entgegengenommen und weitergeleitet und nach Übersendung von der Versicherung an den Versicherungsnehmer ausgehändigt. Im Rechtsverkehr kommt es nach den Erläuterungen des Kl. auch nur auf die von der Versicherung erstellte Bescheinigung an.
Im Falle eines Versorgungsausgleichs bei Scheidung müssen die erforderlichen Berechnungen in jedem Fall von der Versicherung selbst vorgenommen werden. Anderenfalls sind sie wegen des nur inoffiziellen Charakters im Rechtsverkehr nicht verwertbar. Im übrigen werden von dem Kl. auch nur Anträge des Versicherungsnehmers entgegengenommen und an die Versicherung weitergeleitet.
Von möglichen Vertragsberatungen kann ebenfalls nicht die Masse der Versicherungsverträge betroffen sein. Hierzu kann es dann kommen, wenn ein Versicherungsnehmer in eine finanzielle Notlage gerät oder arbeitslos wird, sowie wenn eine betriebliche Altersversorgung gerade bei der Versicherung, für die der Kl. tätig ist, besteht und ein Wechsel des Arbeitgebers ansteht.
Bezugsrechtsänderungen kann es nur im Falle einer Heirat eines Versicherungsnehmers oder einem Wechsel des Partners geben. Auch hierbei kann es sich nur um einzelne Fälle handeln.
Zu Beleihungen kann es nur im Fall eines erforderlich werdenden Finanzbedarfs in Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits kommen. Auch hierbei handelt es sich nicht um eine Massenerscheinung.
Bei einer vorzeitigen Kündigung oder einer Pfändung eines Lebensversicherungsvertrages kann es sich auch nur um einen Ausnahmefall handeln. Dasselbe gilt für mögliche Vertragsnachfragen der Art, wie sie der Kl. im Erörterungstermin geschildert hat.
Der Senat verkennt nicht, dass die vorstehend beschriebenen Aktivitäten sowohl bei regulärer Beendigung des Vertragsverhältnisses als auch aus bestimmten Anlässen zu einem nicht nur unwesentlichen Aufwand führen. So werden Mitarbeiter im Außendienst eingeschaltet. Die Abwicklung des Schriftverkehrs ist vom Innendienst zu übernehmen. Nicht zuletzt ist der Kl. auch selbst durch einen Aufwand sachlicher Art im Zusammenhang mit der von ihm persönlich ausgeübten Arbeit belastet.
Der Senat vermag aber dem Kl. nicht darin zu folgen, dass dieser Aufwand mit durchschnittlich zwei Mitarbeiterstunden je Vertrag zu berücksichtigen ist. Der Kl. hat selbst hervorgehoben, dass es sich bei diesem Ansatz um eine Schätzung gehandelt hat. Bei einem Massengeschäft wie dem vorliegenden soll von vornherein nur eine überschlägige Bestimmung an Hand der Anzahl der Verträge und dem jeweiligen Mindestaufwand pro Vertrag in Frage kommen. Dafür aber, dass mindestens 2 Stunden pro Vertrag hätten aufgewendet werden müssen (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes vom 02.06.2005, Bl. 28/33 d. GA.) fehlt es an einer näheren Darlegung über in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen, aus denen dies zu folgern sein soll.
Soweit es um den regelmäßigen Leistungsfall geht, hat der Kl. nicht anzugeben vermocht, bei welchen Versicherungsverträgen, die in den Jahren 1992 und 1994 beendet worden sind, konkret Mitarbeitergespräche geführt worden sind. Dies hat auch heute nicht mehr ermittelt werden können. In diesem Zusammenhang hat der Kl. eingeräumt, dass zumindest in wenigen Ausnahmen überhaupt kein Mitarbeitergespräch geführt worden ist.
Bei wie vielen Lebensversicherungsverträgen in den Jahren 1992 und 1994 anlassbezogene Betreuungsaktivitäten außerhalb des Bereichs der regulären Beendigung des Vertragsverhältnisses angefallen waren, ist heute ebenfalls nicht mehr feststellbar. Nach den Angaben des Kl. ist nicht einmal zu ermitteln, welche Mitarbeiter jeweils konkret tätig geworden sind.
Soweit der Kl. in seinem Schriftsatz vom 24.07.2006 eine Aufstellung über "regelmäßig anfallende Verwaltungs- und Beratungsanlässe bei der Betreuung von laufenden und beitragsfreien Lebens- und Rentenversicherungen", die ein Kollege aufgrund eigener Erfahrungen zusammengetragen hatte, überreicht hat, führt dieser Umstand zu keiner anderen Beurteilung. Hieraus ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass gerade im Fall des Kl. ein Aufwand von durchschnittlich einer Stunde im Falle eines regulären Ablaufs des Versicherungsverhältnisses angefallen war und ein weiterer Aufwand von durchschnittlich einer Stunde wegen besonderer anlassbezogener Beratungstätigkeit.
Für die Tätigkeit eines Mitarbeiters kann auch nicht ein Satz von 80,00 DM/Stunde in den Streitjahren angesetzt werden. Grundlage war hierfür nach den Angaben des Kl. die Kostenstelle für die Mitarbeiter im Außendienst bezogen auf das Streitjahr 1992. Nach den von ihm zunächst gemachten Angaben sollte diese mit 577.023 DM anzusetzen sein (vgl. u.a. Blatt 21 d. GA). Diese Zahl hat der Kl. trotz Rückfrage durch den Berichterstatter aber nicht erläutert. Ohne weiteres vermag der Senat daher nicht von der Richtigkeit auszugehen.
Hinzu kommt, dass der Kl. später in seinen Schriftsätzen vom 24.07.2006 und 26.03.2007 (Blatt 82/90 sowie 116 d. GA) diese Zahl von 577.023 DM als vorläufig selbst in Frage gestellt hat und statt dessen die Vertriebskosten mit 630.819 DM angegeben hat. Wegen der Widersprüchlichkeit zu den vorher genannten 577.023 DM vermag der Senat auch nicht von dieser Zahl auszugehen.
Abgesehen davon kann der Betrag von 630.819 DM auch aus folgendem Grund nicht als Ausgangspunkt dienen: Darin sind zu einem wesentlichen Teil Provisionen an Vermittler enthalten (84.810 DM sowie weitere 95.748 DM). Solche Provisionen aber werden aus Anlass von Neuabschlüssen von Verträgen gezahlt. Insoweit handelt es sich zwar um Aufwand, der die Kostenstelle "Außendienst/Vertrieb" betrifft. Im Streitfall geht es aber darum, in welcher Höhe aus Anlass der Betreuung und Abwicklung von Lebensversicherungsverträgen, für die Provisionen bereits vereinnahmt sind, ein Erfüllungsrückstand besteht. Hierbei können nur die Aufwendungen berücksichtigt werden, die mit einer Betreuung und Abwicklung von Verträgen im Zusammenhang stehen. Provisionen aus Anlass der Vermittlung von Neuverträgen können aber hiervon nicht berührt sein.
Auch auf der Grundlage der die Streitjahre 1992 und 1994 betreffenden Gewinnermittlungen ist dem Senat ein Ansatz von Aufwendungen in einer bestimmten Höhe, die der Betreuung und Abwicklung von Lebensversicherungsverträgen zuzuordnen sein sollen, nicht möglich. Beispielhaft sind die Kfz-Kosten zu nennen, für die im Jahr 1992 110.328 DM angesetzt sind. Sie stehen einerseits mit der Betreuung und Abwicklung von Lebensversicherungsverträgen im Zusammenhang, andererseits aber auch mit der Anbahnung neuer Verträge durch Mitarbeiter. Eine Aufteilung ist nicht möglich. Darüber hinaus sind darin auch solche Kfz-Kosten enthalten, die in der Person des Kl. entstanden sind und in keinem Zusammenhang mit der Abwicklung und Betreuung von Lebensversicherungsverträgen stehen. Er hat nicht einmal anzugeben vermacht, in welcher Höhe Kfz-Kosten seine Person selbst betroffen haben.
Darüber hinaus kann auch nicht allein auf den Außendienst abgestellt werden. Der Kl. weist - nach Auffassung des Senats zutreffend - darauf hin, dass auch im Innendienst entstandene Aufwendungen zu berücksichtigen sind. Denn zumindest in Gestalt eines allgemeinen Schriftverkehrs war ein Aufwand aus Anlass der Betreuung und Abwicklung von bestehenden Lebensversicherungsverträgen entstanden. Auf wieviele der vom Kl. beschäftigten Mitarbeiter und insbesondere auf welche dieser Aufwand entfallen sein könnte, lässt sich ebenfalls nicht feststellen.
Kann hiernach den Berechnungen des Kl. zur Höhe der Rückstellungen sowohl hinsichtlich der Anzahl der anzusetzenden Mitarbeiterstunden als auch der Höhe des Stundensatzes schon im Ausgangspunkt für das Streitjahr 1992 nicht gefolgt werden, hat sich der Senat auch nicht in der Lage gesehen, hierüber in anderer Weise die erforderliche Klarheit zu schaffen. Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für das Jahr 1994.
Auf den Vorschlag, auf der Grundlage von Zahlen aus der jüngeren Zeit eine Schätzung durchzuführen, war nicht weiter einzugehen. Es ist nicht ersichtlich, ob und inwieweit die dann ermittelten Zahlen für die Berechnung der Rückstellungen schon in den Streitjahren 1992 und 1994 hätten übertragen werden können und sollen.
Der Hinweis, dass von vielen Versicherungsunternehmen Betreuungsprovisionen gezahlt würden, deren Höhe bis zu 3 v. H. der jährlichen Beitragseinnahmen ausmachten, führt ebenfalls nicht weiter. Abzustellen ist auf den Betrieb des Kl.
Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht in Betracht gekommen. Nach dem Vorschlag des FA soll zwar über den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute anhand der Bezugsgrößen ermittelt werden können, in welcher Höhe Abschlussprovisionen bei Zahlung von Bestandspflegegeldern bzw. ohne Zahlung solcher Gelder anfallen. Diese Größe muss aber nicht zu dem Ansatz führen, der sich beim Kl. in seinem Einzelfall auf der Grundlage objektiver am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns ergeben wird. Hinzu kommt, dass sich beim Kl. gerade aus seiner Beziehung zu dem Versicherungsunternehmen, für das er tätig ist (Q.-Versicherung), aus dessen Selbstverständnis "immer da - immer nah" Besonderheiten ergeben.
Soweit sich der Kl. auf ein Sachverständigengutachten in der Weise beruft, dass es sich bei dem von ihm bezifferten Aufwand um den Aufwand handelt, der "bekanntermaßen" bei jedem Vertrag anfalle, war hierauf ebenfalls nicht weiter einzugehen. Abgesehen davon, dass eine derartige Beweiserhebung auf eine Ausforschung des allgemeinen Begriffs "bekanntermaßen" hinausläuft, kommt es darauf an, in welcher Höhe gerade beim Kl. ein Aufwand aus Anlass von Rückstellungen zu berücksichtigen ist.
Sind hiernach die für die Höhe der Rückstellungen maßgeblichen Grundlagen nicht zu ermitteln oder zu berechnen, sind diese gemäss § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 AO im Schätzungswege festzulegen. Unter Würdigung der vom Kl. dargestellten Möglichkeiten, bei denen überhaupt aus Anlass der Betreuung und Abwicklung von Lebensversicherungsverträgen ein Aufwand entstehen kann, erscheint dem Senat allenfalls der Ansatz einer einzigen Mitarbeiterstunde gerechtfertigt. Da sich auch die Höhe des Stundensatzes nicht ermitteln lässt, kann allenfalls die Hälfte des vom Kl. vorgeschlagenen Wertes in Betracht kommen, d.h. 40,00 DM.
Hiernach errechnet sich die im Schätzungswege anzusetzende Höhe der Rückstellungen für die Streitjahre 1992 und 1994 wie folgt:
40,00 DM x 1 Mitarbeiterstunde x 2.093 Verträge = 83.720 DM (1992)
40,00 DM x 1 Mitarbeiterstunde x 2.179 Verträge = 87.160 DM (1994)
(Gewinnauswirkung: 2.120 DM).
Die auf dieser Basis vorzunehmende geänderte Festsetzung der ESt für beide Streitjahre wird gemäß § 100 Abs. 2 FGO dem FA übertragen.
Dabei sind die bisher vom FA angesetzten Gewinne - 1992: xxx DM, 1994: yyy DM - für 1992 um 83.720 DM und für 1994 um 2.120 DM zu mindern. Des Weiteren sind die auf dieser Grundlage - vorläufig - errechneten Gewinne um die sich hiernach ergebenden GewSt-Rückstellungen zusätzlich zu ermäßigen. Auf dieser Basis ist dann die ESt für 1992 und 1994 neu festzusetzen. Für das Jahr 1994 sind die bisher angesetzten Minderungen der ESt zu berücksichtigen. Gezahltes Kindergeld ist dabei für 1994 - abweichend von dem zuletzt erteilten ESt-Bescheid vom 13.11.2001 - entsprechend der Einigung in der mündlichen Verhandlung lediglich mit 70 DM anzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Sie entspricht dem gegenseitigen Obsiegen und Unterliegen nach Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht. Für die Kostenpflicht ist das endgültige Ergebnis im weiteren Rechtsgang maßgeblich (vgl. BFH-Beschluss vom 21.10.1986 VII E 8/86, BFH/NV 1987, 319).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 155, 151 Abs. 3 FGO i. V. m § 709 Zivilprozessordnung.
Ende der Entscheidung
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