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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 28.08.2008
Aktenzeichen: 14 K 4133/07 E
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 164 Abs. 4 S. 1
AO § 165 Abs. 1 S. 2
AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AO § 182 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

14 K 4133/07 E

Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid vom 11. Mai 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. August 2007 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine unzutreffende Auswertung eines Grundlagenbescheides noch korrigiert und im Jahr 2005 ein geänderter Einkommensteuerbescheid 1996 erlassen werden durfte.

Der Kläger war im Jahr 1996 (Streitjahr) - unter anderem - an der "KG " (KG) beteiligt.

In der im Mai 1997 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung des Klägers für das Streitjahr erklärte er aus der Beteiligung an der KG negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 11.474 DM. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 4. Juni 1997 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Der Bescheid wurde am 27. März 1998 aufgrund einer Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften vom 28. Januar 1998 betreffend die Beteiligung des Klägers an einer anderen Kommanditgesellschaft geändert.

Am 28. April 1998 ging beim Beklagten eine Mitteilung des Finanzamtes für Körperschaften E (Finanzamt E) vom 17. März 1998 über die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1996 betreffend die KG ein. Danach ergaben sich negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 50.875,11 DM. Der ausgleichsfähige Verlust wurde mit 8.606,08 DM, der verrechenbare Verlust gemäß § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum 31.12.1996 mit 42.269,03 DM festgestellt. Außerdem erfolgte eine Mitteilung für 1996 vom 6. Mai 1998 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen betreffend die "Gemeinschaft O-Straße 1", an der der Kläger gleichfalls beteiligt war.

Der Beklagte erließ am 26. Juni 1998 einen - weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden - geänderten Einkommensteuerbescheid 1996, in dem er negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus Beteiligungen in Höhe von 199.757 DM berücksichtigte. Darin waren die festgestellten negativen Einkünfte aus der KG in Höhe von 50.875 DM enthalten.

Am 16. Juni 1999 erging - nach einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung - unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung ein weiterer geänderter Einkommensteuerbescheid 1996, der die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus Beteiligungen unverändert in Höhe von 199.757 DM berücksichtigt.

Am 8. November 2004 ging beim Beklagten die "Mitteilung für 1996 über die geänderte gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen" betreffend die KG vom 19. Oktober 2004 ein. Darin wurde die Feststellung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von (unverändert) 50.875,11 DM sowie "nach Anwendung des § 15a EStG anzusetzende steuerpflichtige Einkünfte" in Höhe von (unverändert) ./. 8.606,08 DM mitgeteilt. Die Mitteilung enthält den Hinweis:

"Diese Mitteilung tritt an die Stelle der Mitteilung vom 04.03.98", sie enthält weder einen Hinweis auf einen fortbestehenden Vorbehalt der Nachprüfung noch auf dessen Aufhebung. Vielmehr heißt es dort: "Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO vorläufig. Er ist geändert...."

Hiernach erließ der Beklagte am 11. Mai 2005 einen gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid 1996, in dem er die negativen Einkünfte des Klägers aus der Beteiligung an der KG lediglich noch mit 8.606,08 DM und nicht mehr mit 50.875 DM berücksichtigte. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein.

Die steuerlichen Verhältnisse der beim Finanzamt E geführten KG stellten sich im Streitjahr wie folgt dar:

Die KG reichte die Feststellungserklärung 1996 am 11. Februar 1998 beim Finanzamt E ein. Das Finanzamt E stellte mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 17. Februar 1998 für das Streitjahr zunächst negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.952.530 DM fest. Es erließ am 4. März 1998 einen geänderten, weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Feststellungsbescheid für das Streitjahr, in dem es negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.953.026 DM feststellte. Für den Kläger ergaben sich die in der Mitteilung vom 17. März 1998 angegebenen Besteuerungsgrundlagen (negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 50.875,11 DM, Sonderwerbungskosten in Höhe von 8.223,14 DM, ein ausgleichsfähiger Verlust in

Höhe von 8.606,08 DM, ein verrechenbarer Verlust gemäß § 15a EStG in Höhe von 42.269,03 DM).

Mit Schreiben vom 24. Januar 2000 beantragte die KG unter anderem die Änderung des Feststellungsbescheides 1996 gemäß § 164 Abs. 2 AO. Anlass war der teilweise Rücktritt eines Gesellschafters der KG vom Aufnahmevertrag. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 24. Januar 2000 (Blatt 35 der Finanzgerichtsakte) Bezug genommen.

Ausweislich einer Mitteilung des Finanzamtes E vom 11. August 2005 hob dieses den Vorbehalt der Nachprüfung am 23. Oktober 2002 - nachdem die KG vom Prüfungsplan abgesetzt worden war - "intern" auf. Eine Bearbeitung des Antrages vom 24. Januar 2000 war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt.

Am 19. Oktober 2004 erließ das Finanzamt E einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid 1996, in dem es negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von nunmehr 2.958.399,13 DM feststellte. Für den Kläger ergaben sich keine Veränderungen.

Der Einspruch des Klägers gegen den Einkommensteueränderungsbescheid vom 11. Mai 2005 blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 30. August 2007). Seine hiernach erhobene Klage begründet der Kläger im Wesentlichen wie folgt:

Voraussetzung für eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1996 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sei, dass ein Grundlagenbescheid erlassen, geändert oder aufgehoben worden sei. Hieran fehle es. Der Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 2004 sei lediglich wiederholender Natur. Auch sei der zunächst bestehende Vorbehalt der Nachprüfung nicht aufgehoben worden, sondern gemäß § 164 Abs. 4 AO kraft Gesetzes entfallen. Ein lediglich wiederholender Bescheid hemme nicht den Fristablauf gemäß § 171 Abs. 10 AO.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid vom 11. Mai 2005 und die Einspruchsentscheidung vom 30. August 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung: Die Bekanntgabe des gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheides vom 19. Oktober 2004 habe in Bezug auf den Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 1996 eine Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 10 AO von zwei Jahren bewirkt. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sehe außerdem eine absolute Anpassungspflicht vor. Der materiellen Richtigkeit des Folgebescheides werde der Vorrang gegenüber der Bestandskraft des Folgebescheides eingeräumt. Solange die festgestellten Besteuerungsgrundlagen nicht oder nicht zutreffend erfasst seien, sei die dem Grundlagenbescheid zugedachte Aufgabe nicht erfüllt. Dies bestätige auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (z. B. BFH Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749).

Der Bescheid vom 19. Oktober 2004 sei ein Änderungsbescheid. Er sei nicht nur wiederholender Natur, da die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abweichend auf 2.958.399,13 DM festgestellt worden seien. Auch habe er in Bezug auf den Vorbehalt der Nachprüfung Wirkungen entfaltet. Mit der Bestandskraft des geänderten Feststellungsbescheides sei Festsetzungsverjährung eingetreten und der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO entfallen.

Der vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellte Änderungsantrag habe zu einer teilweisen Ablaufhemmung geführt. Diese habe den Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung vollumfänglich verhindert. Der Vorbehalt der Nachprüfung erstrecke sich stets auf den gesamten Bescheid, Teilvorhalte gebe es nicht. Dies gelte auch für den Feststellungsbescheid. Könne ein Feststellungsbescheid noch zulässig ergehen, sei der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Folgesteuer im Ausmaß der Bindungswirkung des Grundlagenbescheides dauerhaft gehemmt (BFH Urteil vom 6. Juli 2005 XI R 43/04).

Infolge des Änderungsantrages sei der Erlass des geänderten Feststellungsbescheides vom 19. Oktober 2004 noch zulässig gewesen.

Reiche für den Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO schon die Möglichkeit, dass ein Grundlagenbescheid ergehe, aufgehoben oder geändert werde, so müsse dies ohne Einschränkung auch im Falle eines tatsächlich geänderten Feststellungsbescheides gelten. Die Verneinung der Ablaufhemmung des Folgebescheides unter Hinweis auf § 164 Abs. 4 Satz 2 AO lasse unberücksichtigt, dass der Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 2004 zulässig habe ergeben können und zur Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 10 AO geführt habe.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verzichtet.

II.

Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid 1996 vom 11. Mai 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. August 2007 verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er war daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Für eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1996 vom 16. Juni 1999 fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Entgegen der Auffassung des Beklagten scheidet im Streitfall eine Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aus.

Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird.

Hieran fehlt es im Streitfall. Der Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 2004 ist zwar ein Grundlagenbescheid, dem grundsätzlich Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid 1996 zukommt. Der Feststellungsbescheid ist jedoch nicht, wie von § 175 AO vorausgesetzt, insoweit erlassen, aufgehoben oder geändert worden, als ihm für den Einkommensteuerbescheid des Klägers Bindungswirkung zukommt. Er ist vielmehr in Bezug auf den für die Einkommensteuerfestsetzung des Klägers bindenden Teil lediglich wiederholender Natur. Alle für die Besteuerung des Klägers maßgeblichen Feststellungen waren bereits in dem Feststellungsbescheid vom 4. März 1998 enthalten. Für den Kläger ergaben sich aus dem Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 2004 keine Änderungen. Ein Grundlagenbescheid, der - wie im Streitfall - den Regelungsgehalt des Folgebescheides - hier des Einkommensteuerbescheides 1996 - unberührt lässt, löst weder eine Anpassungspflicht noch ein Anpassungsrecht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aus (vgl. BFH Urteil vom 13. Dezember 2000 X R 42/96, BStBl II 2001, 471).

Entgegen der Ansicht des Beklagten führt die Tatsache, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der KG im Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 2004 abweichend festgesetzt wurden, zu keinem anderen Ergebnis. Denn anders als im Geltungsbereich des § 68 FGO genügt für die Annahme eines Änderungsbescheides im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht jede formelle Änderung des Grundlagenbescheides. Voraussetzung für eine Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist vielmehr, dass ein Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für den Folgebescheid erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Es muss im Umfang der in § 182 Abs. 1 AO festgelegten Bindungswirkung zu einer erstmaligen Regelung oder aber zu einer inhaltlichen Veränderung des bisherigen Regelungszustandes kommen (vgl. BFH Urteil vom 13. Dezember 2000 X R 42/96, BStBl II 2001, 471, BFH Urteil vom 29. August 2007 XI R 5/07, BFH/NV 2008, 12, BFH Urteil vom 6. Juli 2005 XI R 43/04, BFH/NV 2006, 227 m. w. N.). Hieran fehlt es im Streitfall.

Die in den Mitteilungen des Finanzamtes E verwendete Formulierung "Mitteilung für 1996 über die geänderte gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen" führt - gemessen an den dargelegten Grundsätze - ebenso wenig zur Annahme eines geänderten Grundlagenbescheides wie der Hinweis "Diese Mitteilung tritt an die Stelle der Mitteilung vom 4. März 1998".

Eine Änderung des Feststellungsbescheides im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ergibt sich im Streitfall auch nicht aus einer Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung.

Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung steht einer erstmaligen endgültigen Steuerfestsetzung gleich (§ 164 Abs. 3 Satz 2 AO). Entsprechendes gilt für

Feststellungsbescheide (§ 181 Abs. 1 AO i. V. m. § 164 Abs. 3 Satz 2 AO, vgl. z.B. BFH Urteil vom 13. Dezember 2000 X R 42/96, BStBl II 2001, 1155, BFH Beschluss vom 11. April 1995 III B 74/92, BFH/NV 1995, 943). Daher löst die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung beim Grundlagenbescheid eine Pflicht zur Anpassung des Folgebescheides gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aus, soweit dieser den nunmehr endgültigen Grundlagenbescheid noch nicht (zutreffend) berücksichtigt. Da die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung einer erstmaligen Feststellung gleichgestellt ist, ergibt sich ein weiter Anpassungsrahmen. Das ist mit Blick darauf, dass der Steuerpflichtige bis zur Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung mit einer auch für ihn bindenden Änderung des Feststellungsbescheides und damit einer Durchbrechung der Bestandskraft seines Einkommensteuerbescheides rechnen muss, sachgerecht.

Im Streitfall fehlt es hingegen an einer Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung. Das Finanzamt E hat den zunächst fortbestehenden Vorbehalt der Nachprüfung im Feststellungsbescheid vom 4. März 1998 nicht (wirksam) aufgehoben. Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt - mit Ausnahme des Ablaufes der Festsetzungsfrist gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO - erst dann, wenn er ausdrücklich aufgehoben wird (vgl. BFH Urteil vom 14. September 1993 VIII R 9/93, BStBl II 1995, 2 unter Hinweis auf BFH Beschluss vom 20. Mai 1992 V B 73/91, BFH/NV 1993, 444). Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung muss schriftlich bzw. elektronisch (§ 87a AO) ergehen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein (§ 164 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 157 Abs. 1 AO). Sie wird - wie jeder Verwaltungsakt - erst mit der Bekanntgabe wirksam (§ 124 AO).

Hiernach führte die "interne" Aufhebung nicht zum Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung. Die Aufhebung erfolgte weder schriftlich noch elektronisch. Sie wurde außerdem nicht bekannt gegeben. Folgerichtig hat auch das Finanzamt E den Erlass des Änderungsbescheides vom 19. Oktober 2004 auf § 164 Abs. 2 AO gestützt.

Das Finanzamt E hat den Vorbehalt der Nachprüfung auch nicht mit Bescheid vom 19. Oktober 2004 aufgehoben. Der Bescheid enthält hierzu keine Regelung.

Der Vorbehalt der Nachprüfung ist zwar gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO kraft gesetzlicher Anordnung weggefallen.

Gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Feststellungsfrist abläuft. Die Feststellungsfrist endete im Streitfall mit der Bestandskraft des Feststellungsbescheides vom 19. Oktober 2004.

Die Feststellungsfrist begann mit Ablauf des 31. Dezember 1998 zu laufen.

Nach § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 181 Abs. 1 AO beginnt die Feststellungsfrist dann, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.

Die KG hat die Feststellungserklärung 1996 am 11. Februar 1998 eingereicht. Die Feststellungsfrist begann daher mit Ablauf des 31. Dezember 1998.

Die Feststellungsfrist betrug im Streitfall 4 Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO) und endete grundsätzlich mit Ablauf des 31. Dezember 2002.

Aufgrund des Änderungsantrages der KG vom 24. Januar 2000 ist die Feststellungsverjährung jedoch nicht bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2002 eingetreten.

Wird vor Ablauf der Feststellungsfrist außerhalb des Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung gemäß § 129 AO gestellt, so läuft die Feststellungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist (§ 171 Abs. 3 AO).

Hiernach lief die Feststellungsfrist, soweit der Antrag der KG reichte, erst mit Bestandskraft der Entscheidung über den Änderungsantrag der KG vom 24. Januar 2000, d.h. mit Bestandskraft des Feststellungsbescheides vom 19. Oktober 2004 ab.

Der zugleich gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO angeordnete Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung steht jedoch - anders als die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung - einer erstmaligen (endgültigen) Feststellung im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht gleich.

Das folgt zum einen aus der Regelung des § 164 Abs. 3 Satz 2 AO. Danach steht lediglich die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nicht aber der Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 4 AO einer Steuerfestsetzung gleich. Zum anderen entspricht dies auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, die dem Unterschied zwischen dem Eintritt der Bestandskraft eines Bescheides und dem Eintritt der Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung Rechnung trägt. Während die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung zum Eintritt der Bestandskraft führt und hieraus ein erhöhter Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen resultiert, der nach Maßgabe der §§ 172 ff. AO durchbrochen werden kann, führt der Eintritt der Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung zum Erlöschen des Steueranspruchs (§ 47 AO). Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind in diesem Fall nicht mehr zulässig (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO).

Im Streitfall fehlt es jedoch nicht - wie dargelegt - allein an der von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vorausgesetzten Änderung des Grundlagenbescheides. Vielmehr steht dem Erlass des Einkommensteuerbescheides vom 11. Mai 2005 auch der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen.

Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO).

Die vierjährige Frist zur Festsetzung der Einkommensteuer 1996 begann mit Ablauf des 31. Dezember 1997 und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2001 (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).

Der Kläger hat die Einkommensteuererklärung 1996 im Mai 1997 abgegeben. Die Festsetzungsfrist begann demnach mit Ablauf des 31. Dezember 1997 zu laufen.

Sie endete im Streitfall jedoch nicht bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2001, denn der Ablauf der Festsetzungsfrist war zunächst gemäß § 171 Abs. 10 AO aufgrund des Änderungsantrages der KG vom 24. Januar 2000 (teilweise) gehemmt.

Gemäß § 171 Abs. 10 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides, soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid bindend ist. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO knüpft an die bloße Möglichkeit an, dass ein Grundlagenbescheid ergeht, aufgehoben oder geändert wird (vgl. BFH Urteil vom 19. Januar 2005 X R 14/04, BStBl II 2005, 377 m. w. N.). Demnach ist der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Folgesteuer im Ausmaß der Bindungswirkung des Grundlagenbescheides gehemmt, soweit und solange in offener Feststellungsfrist ein Feststellungsbescheid, der für die Festsetzung einer Steuer bindend ist, noch zulässig ergehen kann.

Hiernach endete die Ablaufhemmung jedoch mit Eintritt der Bestandskraft des Feststellungsbescheides vom 19. Oktober 2004. Dieser Feststellungsbescheid führte nicht zu einer weiteren Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 10 AO.

Der Feststellungsbescheid vom 19. Oktober 2004 löste - wie dargelegt - mangels Änderung keine Anpassungspflicht für die Einkommensteuerfestsetzung des Klägers aus. Dementsprechend löste er auch keine Ablaufhemmung in Bezug auf den Eintritt der Festsetzungsfrist betreffend die Einkommensteuer 1996 aus.

Entgegen der Auffassung des Beklagten führt auch der mit dem Eintritt der Feststellungsverjährung gesetzlich angeordnete Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 AO nicht zum Eintritt der Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 10 AO. § 171 Abs. 10 AO gilt im Fall des § 164 Abs. 4 Satz 1 AO kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht (§ 164 Abs. 4 Satz 2 AO).

Diese gesetzlich angeordnete Folge steht nicht im Widerspruch zu der sich aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ergebenden sog. absoluten Anpassungspflicht (vgl. z. B. BFH Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749 m. w. N.). Denn auch diese Anpassungspflicht ist durch den Eintritt der Festsetzungsverjährung begrenzt.

Während § 175 AO als Änderungsnorm den Widerstreit zwischen Vertrauensschutz und Rechtssicherheit einerseits und materieller Richtigkeit andererseits zugunsten der Richtigkeit gelöst hat und eine Durchbrechung der Bestandskraft des Steuerbescheides zulässt, schließt der Eintritt der Festsetzungsverjährung jede Änderungsmöglichkeit aus (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO), da mit Eintritt der Verjährung die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge Zeitablaufes erloschen sind (§ 47 AO).

Schließlich kann der Beklagte den Erlass des Einkommensteueränderungsbescheides vom 11. Mai 2005 auch nicht auf § 129 AO stützen. Einer solchen Änderung steht der Eintritt der Festsetzungsverjährung gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO entgegen.

Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt nach § 169 Abs. 1 Satz 2 AO auch für die Berichtigung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO.

Im Streitfall kann es dahingestellt bleiben, ob die unzutreffende Auswertung des Grundlagenbescheides eine offenbare Unrichtigkeit i. S. d. § 129 AO darstellt. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, wäre die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt des Erlasses des Einkommensteueränderungsbescheides vom 11. Mai 2005 bereits abgelaufen gewesen.

Wie dargelegt, war die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 1996 mit der Bestandskraft des Feststellungsbescheides vom 19. Oktober 2004 eingetreten. Damit war die Festsetzungsfrist bei Erlass des Einkommensteueränderungsbescheides vom 11. Mai 2005 bereits abgelaufen.

Der Einkommensteueränderungsbescheid vom 11. Mai 2005 ist auch nach Ablauf der Frist des § 171 Abs. 2 AO ergangen.

Gemäß § 171 Abs. 2 AO endet die Festsetzungsfrist in den Fällen, in denen bei Erlass eines Steuerbescheides eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist, nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des Steuerbescheides.

Läge im Streitfall eine offenbare Unrichtigkeit vor, so wäre sie bereits im Einkommensteueränderungsbescheid vom 16. Juni 1999 enthalten gewesen. Der in den vorangehenden Bescheiden enthaltene Fehler bei der Festsetzung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurde hier übernommen. Die Korrektur dieses Fehlers mit Bescheid vom 11. Mai 2005 erfolgte nach Ablauf der Jahresfrist des § 171 Abs. 2 AO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, § 709 ZPO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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