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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 30.09.2004
Aktenzeichen: 3 K 1455/01 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 30.09.2004, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Finanzgericht ...

Richterin am Finanzgericht ...

Richterin am Finanzgericht ...

Ehrenamtlicher Richter ...

Ehrenamtlicher Richterin ...

im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Gründe

Streitig ist die steuerliche Behandlung von Aufwendungen zum Erwerb eines Grundstücks.

Die Klägerin (Klin.) betreibt ein Zementwerk in A-Stadt. Hierzu benötigt sie kalkhaltige Gesteinsvorkommen. Üblicherweise erfolgt die Rohstoffbeschaffung dadurch, dass die Klin. von den Landwirten der Umgebung Grundstücke kauft, die über die erforderlichen Gesteinsvorkommen verfügen. Zu Beginn des Streitjahres 1996 hatte die Klin. Vorratsgelände für etwa 80 Jahre.

Der Zementmarkt der Region wird von vier dort ansässigen Zementwerken beherrscht. Im Frühjahr 1996 erfuhr die Klin., dass ein überregionaler Zementkonzern beabsichtige, die Firma ... OHG (X-OHG), einen regionalen Mitbewerber der Klin., aufzukaufen, um in den regionalen Zementmarkt einzudringen. Da die X-OHG nur über geringes Vorratsgelände verfügte, schien die Übernahme durch einen fremden Konkurrenten nur dann wahrscheinlich, wenn die X-OHG bis zum Verkauf ausreichend Abbaugelände erwarb. Durch Kaufvertrag vom 29.03.1996 erwarb die Firma A..., an der einer der Gesellschafter der X-OHG beteiligt ist, das Grundstück Gemarkung B... Flur 4, Flurstück 6 mit einer Größe von 294.302 m², das geeignete Gesteinsvorkommen besitzt (C-Grundstück). Um den Ankauf des daneben gelegenen D-Grundstücks durch die X-OHG zu verhindern, erwarb die Klin. dieses 287.067 m² große Grundstück durch Vertrag vom 02.07.1996 zum Kaufpreis von 5.800.000 DM (20,20 DM/m²). Die Erwerbsnebenkosten betrugen 337.153,50 DM. Insgesamt wendete die Klin. also 6.137.153,50 DM auf. Das Grundstück enthält Gesteinsvorkommen, welches die Zementherstellung der Klin. für weitere 14,9 Jahre gewährleisten würde. Das Grundstück ist seit dem Erwerb für 15 Jahre durch den Verkäufer verpachtet. Die Klin. hat die Möglichkeit, den Pachtvertrag mit einer Frist von 18 Monaten wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag vom 02.07.1996 (Akte-Bp-Arbeitsunterlagen) Bezug genommen.

Ein vorheriger Versuch der Klin., das Grundstück zusammen mit zwei weiteren Zementwerksbetreibern zu erwerben, war gescheitert.

Durch Vertrag vom 10.10.1997 erwarb Herr V... X..., ein Gesellschafter der X-OHG, eine neben dem D-Grundstück gelegene Fläche von 431.109 m².

In ihrer Bilanz für 1996 aktivierte die Klin. das D-Grundstück lediglich mit Anschaffungskosten in Höhe von 1.215.024 DM. Dieser Wert entspricht dem Betrag, den die Klin. für ein lediglich landwirtschaftlich nutzbares Grundstück in dieser Lage und Größe für angemessen hält. Den übrigen Kaufpreis in Höhe von 4.922.129,50 DM behandelte die Klin. als sofort abzugsfähige Aufwendungen auf den eigenen Firmenwert. Auf den Hinweis in der Steuerbilanz der Klin. für 1996 wird Bezug genommen (Bilanzakte Bl. 53). Das FA folgte zunächst der Gewinnermittlung der Klin. und stellte die Einkünfte der Klin. aus Gewerbebetrieb durch Bescheid vom 01.12.1997 unter Vorbehalt der Nachprüfung auf 1.491.644 DM fest.

Im Rahmen einer bei der Klin. durchgeführten Bp vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, die Zahlungen an die Eheleute D... sowie die Erwerbsnebenkosten seien in vollem Umfang Anschaffungskosten des Grund und Bodens. Das FA schloss sich dieser Auffassung an und erließ am 09.06.2000 einen geänderten Feststellungsbescheid, durch den die Einkünfte der Klin. aus Gewerbebetrieb auf 5.852.236,81 DM festgestellt wurden.

Mit ihrem Einspruch machte die Klin. geltend, das Grundstück sei allein zum Zwecke der Konkurrenzabwehr gekauft worden. Mit dem Abbau durch die Klin. sei auf absehbare Zeit nicht zu rechnen, da die Klin. über weitaus günstiger gelegenes Vorratsgelände für viele Jahrzehnte verfüge. Der Grund und Boden sei nur als Nebenprodukt erworben worden. Maßgeblich sei es der Klin. um die Konkurrenzabwehr gegangen. Grund und Boden sei daher nur mit dem Wert für landwirtschaftlich genutzte Flächen zu aktivieren. Die darüber hinaus gehenden Aufwendungen stellten sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar. Das FA hat den Einspruch durch Entscheidung vom 14.02.2001 als unbegründet zurückgewiesen. Die Aufwendungen seien in voller Höhe als Anschaffung des Grund und Bodens zu behandeln. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit der Klage begehrt die Klin. den sofortigen Abzug des über 1.215.024 DM hinausgehenden Betrages von 4.922.129,50 DM. Die Klin. habe diesen Betrag allein auf den eigenen Geschäftswert aufgewendet. Aufwendungen zur Verbesserung des Geschäftswerts seien nicht aktivierungsfähig. Einen besonderen innerbetrieblichen Wert habe das D-Grundstück auf Grund der Konkurrenzabwehr nicht erlangt. Es sei vielmehr so, dass nach erfolgreicher Abwehr dem Grundstück nur noch ein Wert innewohne, der dem allgemeinen Marktpreis entspreche. Das sei auf Grund der besonderen Lage und derzeitigen Nutzung des Grundstücks der Preis für landwirtschaftliche Nutzfläche, mit dem auch die Klin. das Grundstück aktiviert habe. Ein potenzieller Erwerber des Betriebes würde für dieses Grundstück ebenfalls nur einen Preis auf der Grundlage landwirtschaftlicher Flächen zahlen, weil er dieses Grundstück nur auf diese Weise nutzen könne. Den aus der erfolgreichen Abwehr des Konkurrenten entstandenen Mehrwert würde ein Erwerber lediglich als Geschäftswert vergüten. Wegen des weiteren Vortrags der Klin. wird hingewiesen auf ihren Schriftsatz vom 13.06.2001.

Die Klin. beantragt,

den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 09.06.2000 in der Fassung der EE vom 14.02.2001 dahingehend aufzuheben und zu ändern, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb Betriebsausgaben aus dem Erwerb des D-Grundstücks in Höhe von 4.922.129,50 DM anerkannt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt das FA Bezug auf die EE vom 14.02.2001. Im Übrigen weist es daraufhin, dass die Klin. für das Grundstück keinen Überpreis sondern den üblichen Preis bezahlt habe.

Der Rechtsstreit ist am 05.02.2004 mit den Beteiligten erörtert worden. Es wird hingewiesen auf die Niederschrift über den Erörterungstermin und auf die von Herrn W... X... vorgelegten Karten. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere wegen der Absicht eines überregionalen Zementkonzerns, die S-OHG zu kaufen, wird Bezug genommen auf die Aktennotiz und das Protokoll des Maklers M... vom 04.07.1996 (Bl. 35 - 37 FG-Akte). Außerdem wird hingewiesen auf den von der Klin. vorgelegten Kartenausschnitt (Bl. 34 FG-Akte), aus dem die Lage des D-Grundstück erkennbar ist.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das FA hat den gezahlten Kaufpreis zu Recht in voller Höhe als Anschaffungskosten des D-Grundstücks behandelt.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger zu dem Zweck macht, die wirtschaftliche Verfügungsmacht über ein bestimmtes Wirtschaftsgut zu erlangen. Die Klin. hat den Kaufpreis und die Erwerbsnebenkosten in Höhe von zusammen 6.137.153,50 DM allein dazu aufgewendet, das Eigentum an dem D-Grundstück zu erwerben.

Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass der Kaufpreis nicht teilweise dem in dem Grund und Boden befindlichen Gesteinsvorkommen zuzuordnen ist. Die Klin. hat nicht neben dem Grund und Boden auch einen Bodenschatz erworben. Bodenschätze, zu denen auch Gesteinsvorkommen gehören, sind zivilrechtlich wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§ 94 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) und auch bilanzrechtlich grundsätzlich unselbstständige Teile des Wirtschaftsguts Grund und Boden. Eine Verselbstständigung tritt erst dann ein, wenn für den Bodenschatz ein gesonderter Kaufpreis bezahlt wird oder wenn der Eigentümer mit der Verwertung beginnt (vgl. BFH-Urteil vom 29.10.1993 III R 36/93, BFH/NV 1994, 473; BFH-Beschluss vom 15.04.2004 III R 8/98, BFH/NV 2004, 1165). Im Streitfall hat weder die Klin. für das Gesteinsvorkommen einen gesonderten Kaufpreis bezahlt, noch ist in naher Zukunft mit einem Abbau durch die Klin. zu rechnen.

Der Kaufpreis entfällt auch nicht teilweise auf den Geschäftswert der Klin. Zwar hat der Senat keine Zweifel an der Richtigkeit des Vortrags der Klin., dass sie das Grundstück nicht für den eigenen Abbau, sondern deshalb erworben hat, weil sie den Erwerb durch die X-OHG und ein Eindringen eines überregionalen Zementbetriebs in den regionalen Markt verhindern wollte. Für die Richtigkeit dieses Vortrags spricht insbesondere die Lage des D-Grundstücks. Dieses ist zum einen entfernt vom sonstigen Abbaugelände der Klin. gelegen. Zum anderen befindet sich das Grundstück derart zwischen Grundstücken der X-OHG, dass ein Abbau durch die Klin. wenn nicht unmöglich, so doch wenig wirtschaftlich erscheint. Hätte die Klin. das Grundstück für den eigenen Abbau erwerben wollen, so hätte sie mindestens auch das daneben gelegene E-Grundstück erwerben müssen. Die Angaben der Klin. über die Gründe für den Erwerb werden zudem durch die Aktennotiz und das Protokoll des Maklers M... bestätigt. Demgemäß bestand im Erörterungstermin am 05.02.2004 zwischen den Beteiligten auch Einigkeit darüber, dass das Grundstück 1996 als Abwehrgrundstück und nicht als Abbaugrundstück von der Klin. erworben worden ist.

Die Abwehr eines überregionalen Konkurrenten stellt jedoch lediglich das Motiv der Klin. für den Grundstückserwerb dar. Der Kaufpreis selbst ist in vollem Umfang für den Grund und Boden aufgewendet worden. Der Kaufpreis von 20,20 DM/m² entspricht dem Kaufpreis, der 1996 für Abbaugelände der Gegend zu zahlen war; ein Überpreis ist von der Klin. nicht gezahlt worden. Es kann deshalb dahinstehen, ob ein Teil des Kaufpreises dem Geschäftswert zuzurechnen wäre, wenn ein deutlich über dem Marktpreis liegender Preis gezahlt worden wäre. In diesem Falle könnte entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen bei Abfindung eines lästigen Gesellschafters der Überpreis möglicherweise als "Konkurrenzabwehr" Aufwand auf den Geschäftswert darstellen. Da jedoch nicht mehr als der übliche Kaufpreis gezahlt worden ist, entfällt dieser notwendig allein auf das Grundstück.

Da der Kaufpreis dem Marktpreis entspricht, kommt auch eine Teilwertabschreibung im Streitjahr nicht in Betracht. Zum einen ist grundsätzlich zu vermuten, dass der Teilwert eines nicht abnutzbaren Wirtschaftsguts des Anlagevermögens im Erwerbszeitpunkt und auch später nicht unter seinen Anschaffungs- und Herstellungskosten liegt (vgl. BFH-Beschluss vom 21.03.1995 IV B 95/94, BFH/NV 1996, 211). Zum anderen liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass der Wert des Grund- und Bodens noch im Streitjahr unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Es ist auch weder vorgetragen noch erkennbar, dass es sich bei dem Erwerb um eine Fehlmaßnahme gehandelt hat. Die Konkurrenzabwehr war ersichtlich erfolgreich. Die Klin. erschwert darüber hinaus mit ihrem Grundstück den Abbau der daneben gelegenen Grundstücke der X-OHG. Unerheblich ist demgegenüber, dass ein Abbau des Grundstücks für die Klin. derzeit unwirtschaftlich ist und sie es zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet. Die Klin. hat das Grundstück von vornherein nicht als Abbaugrundstück erworben. Dadurch, dass die Klin. die beabsichtigte Konkurrenzabwehr erreicht hat, ist der Teilwert des Grundstücks nicht unter den Marktwert gesunken.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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