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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 17.09.2009
Aktenzeichen: 3 K 1514/08 AO
Rechtsgebiete: AO, InsO, FGO


Vorschriften:

AO § 34 Abs. 3
AO § 118
InsO § 80
FGO § 102
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 21.02.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 18.03.2008 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen Auszug des für den Insolvenzschuldner geführten Erhebungskontos zukommen zu lassen.

Durch Beschluss des Amtsgerichts A vom 11.01.2008 wurde über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf die Kopie des Beschlusses des Amtsgerichts A (Bl. 4 - 5 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. In der Folge begehrte der Kläger die Rückzahlung eines Betrages vom 641,98 Euro, den der Beklagte durch eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 131 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO) erlangt habe. Gleichzeitig beantragte der Kläger, ihm für die Zeit ab dem 08.08.2007 einen Kontoauszug zukommen zu lassen, aus welchem sich sämtliche Zahlungseingänge, die der Beklagte erhalten habe, ergäben. Zusätzlich solle kenntlich gemacht werden, inwieweit diese Zahlungen auf Pfändungsmaßnahmen beruhten.

Den Betrag von 641,98 Euro wies der Beklagte umgehend zur Auszahlung an den Kläger an. Bezüglich des Antrags auf Übersendung eines Kontoauszugs verwies der Beklagte darauf, dass das Gesamtvollstreckungsrecht keinen allgemeinen Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters kenne. Dieser müsse sich vielmehr selbst durch Sichtung geeigneter Unterlagen einen Überblick über die ggf. anfechtbaren Rechtshandlungen des Schuldners verschaffen. Er müsse die insoweit beim Schuldner vorgefundenen Unterlagen prüfen und in einen brauchbaren Zustand bringen.

Demgegenüber verwies der Kläger darauf, dass er als Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 80 der InsO in die rechtliche Position des Insolvenzschuldners eingetreten sei. Er habe sämtliche steuerlichen Aufgaben und Verpflichtungen zu erfüllen. Damit könne nur ein Auskunftsrecht u. a. gegenüber der Finanzbehörde korrespondieren. Nur so sei die Überprüfung möglich, ob und inwieweit der Insolvenzschuldner seinen steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei. Im übrigen sei es dem Insolvenzverwalter in einer Vielzahl von Fällen unmöglich, irgendwelche steuerlichen Sachzusammenhänge aus den Unterlagen des Schuldners zu ermitteln. Diese seien oftmals gar nicht mehr vorhanden. Ebenso wenig seien die Schuldner in einer Vielzahl von Fällen Willens oder in der Lage, sachbezogene Fragen zu beantworten. Angesichts der Tatsache, dass die Finanzbehörde über hinreichende Daten verfüge und diese auch problemlos bereit stellen könne, erscheine es unverhältnismäßig, den Insolvenzverwalter in Anbetracht seiner erheblichen steuerlichen Verpflichtungen darauf zu verweisen, sich die benötigten Daten beim Schuldner zu beschaffen.

Durch Bescheid vom 21.02.2008 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Kontoauszuges in der gewünschten Form ab.

Dagegen legte der Kläger am 29.02.2008 Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 18.03.2008 als unbegründet zurückwies. Er verwies darauf, die InsO kenne kein allgemeines Auskunftsrecht des Insolvenzverwalters gegenüber dem Anfechtungsgegner. Die Voraussetzungen, unter denen aus § 143 InsO in Verbindung mit § 242 BGB ggfls. ein solcher Anspruch hergeleitet werden könne, seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Kläger habe nur allgemein dargelegt, dass er die Kontoauszüge benötige, um festzustellen, ob der Schuldner seinen steuerlichen Pflichten nachgekommen sei. Einen konkreten Anfechtungstatbestand habe er nicht dargestellt. Der Hinweis auf die ggf. unzureichenden Unterlagen des Insolvenzschuldners sei insoweit nicht ausreichend.

Mit der Klage vom 18.04.2008 verfolgt der Kläger sein Begehren auf Erteilung eines Kontoauszugs für den Insolvenzschuldner weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags aus dem Einspruchsverfahren verweist er darauf, es gehe ihm bei seinem Antrag auch darum, zu ermitteln, ob und inwieweit anfechtbare Zahlungen an den Beklagten vorgenommen worden seien. Hintergrund für diesen Antrag sei gewesen, dass der Insolvenzschuldner anhand seiner eigenen Unterlagen nicht in der Lage gewesen sei, über derartige Zahlungen Informationen zu geben. Außerdem habe er nur in äußerst beschränktem Umfang mitgearbeitet. Seine Unterlagen hätten sich in einem lückenhaften Zustand befunden.

Im Übrigen verfüge er im Insolvenzverfahren gegenüber den zuständigen Finanzämtern über dieselbe Rechtsstellung, die auch der Insolvenzschuldner zuvor gehabt habe. Er gehe davon aus, dass gegenüber den Finanzämtern grundsätzlich seitens des Steuerpflichtigen ein Anspruch darauf bestehe, von diesen über Zahlungsbewegungen durch Übermittlung von Kontoauszügen informiert zu werden. Darauf sei auch er, ganz unabhängig von der Prüfung anfechtungsrelevanter Sachverhalte, angewiesen. Anhand von Kontoauszügen könne er auch bei schwierigen Sachverhalten Steuerzahlungen nachprüfen und Berechnungen beim Finanzamt nachhalten.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, ihm einen Erhebungskontoauszug für den Zeitraum ab dem 08.08.2007 bis zur Insolvenzeröffnung zu erteilen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Unter Wiederholung und Vertiefung der Argumentation in der Einspruchsentscheidung verweist er auf die Mitwirkungspflichten des Insolvenzschuldners gemäß § 97 InsO. Hier wolle der Kläger durch die Auskunft Kenntnis über Tatsachen erlangen, die eine Anfechtung rechtfertigten. Es handele sich insoweit um eine Ausforschung, da der Kläger weder eine Auskunft über die Höhe der Rückstände noch über den Bestand der Forderungen wünsche. Einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Beklagten als Insolvenzgläubiger stehe ihm aber nur bei Behauptung bestimmter Tatsachen zu, die einen Anfechtungstatbestand konkret darstellten. Darüber hinaus begründe die Stellung des Klägers als Person im Sinne des § 34 Abs. 3 AO keinen allgemeinen Auskunftsanspruch gegenüber der Finanzverwaltung. Ein Steuerpflichtiger habe keinen Rechtsanspruch auf Einsicht in seine beim Finanzamt hinsichtlich seiner Person geführten Akten und auf Auskunft über die beim Finanzamt gespeicherten und vorhandenen Daten. Er habe lediglich unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf Akteneinsicht. Habe schon der Steuerpflichtige keinen Rechtsanspruch auf Einsicht in seine beim Finanzamt vorhandenden Akten bzw. Daten, gelte dies erst recht gegenüber dem Insolvenzverwalter.

Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand am 30.10.2008 mit den Beteiligten erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins, Bl. 54 der Gerichtsakte, Bezug genommen.

Der Senat hat in der Sache am 17.09.2009 mündlich verhandelt. Zu den Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Gemäß § 40 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes im Wege der Verpflichtungsklage verfolgt werden. Das gilt auch für das vorliegend streitige Begehren des Klägers auf Erteilung eines Kontoauszuges für das Konto des Insolvenzschuldners ab dem 08.08.2007.

Verwaltungsakt ist gemäß § 118 Satz 1 AO u. a. jede Entscheidung, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang, dass die Ablehnung des Begehrens des Klägers auf Erteilung eines Kontoauszugs in Form des Bescheides vom 21.02.2008 ein Verwaltungsakt ist. Demgegenüber wird die Erteilung eines Kontoauszugs als Wissenserklärung bzw. reale Handlung ohne Regelungscharakter angesehen (vgl. Heppmann/Hübsch/Spitaler, AO FGO Kommentar, § 118 AO Rz. 499, differenzierend Tipke/Kruse, AO FGO Kommentar, § 118 AO Rz. 14). Gleichwohl hält der Senat im vorliegenden Fall die Verpflichtungsklage für gegeben, da sich nach den Umständen des Falls auch die Erteilung des Kontoauszugs nicht in einer bloßen Wissensmitteilung erschöpft. Vielmehr handelt es sich auch bei Erfüllung des Klägerbegehrens seitens des Beklagten um einen Verwaltungsakt i. S. d. § 118 Satz 1 AO. Denn mit der Übersendung des Kontoauszugs ist konkludent die Entscheidung der Behörde darüber enthalten, dass dem Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter ein Anspruch auf Übermittlung von zur Person des Insolvenzschuldners gespeicherten Daten zusteht. Erforderlich ist insoweit eine rechtliche Prüfung und Abwägung der Behörde im konkreten Einzelfall und nicht lediglich die Vornahme einer tatsächlichen Handlung (anders: Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2008 4 K 242/07 AO, zitiert nach Haufe, Steuer Office Professional).

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 21.02.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 18.03.2008 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 101 Abs. 1 FGO). Die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des begehrten Kontoauszugs kann der Senat dagegen nicht aussprechen.

Ein Anspruch auf Erteilung eines Kontoauszugs, wie er vom Kläger geltend gemacht wird, ist weder in den Vorschriften des materiellen Steuerrechts noch in steuerverfahrensrechtlichen Regelungen enthalten. Grundlage des Anspruchs sind vielmehr das Rechtsstaatsprinzip und die aus Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz resultierenden Prozessgrundrechte. Insoweit folgt der Senat den Erwägungen des Finanzgerichts Düsseldorf im Urteil vom 14.05.2008 (a. a. O). Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Erteilung des Kontoauszugs schlechthin, sondern - vergleichbar dem Fall der Akteneinsicht - nur auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Auskunftsbegehren (vgl. BFH-Urteil vom 05.10.2006 VII R 24/03, BStBl. II 2007, 243).

Die gerichtliche Überprüfung einer Ermessensentscheidung ist dabei gemäß § 102 FGO darauf beschränkt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Nur wenn sich nach Einbeziehung aller Ermessenserwägungen allein eine Entscheidung als ermessensgerecht darstellt (Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht selbst diese Entscheidung treffen.

Dem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ist - wie in dem aus Sicht des Senats vergleichbaren Fall eines Antrags auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren - genügt, wenn die Finanzbehörde im Rahmen einer Interessenabwägung die Belange des Antragstellenden und die der Behörde gegeneinander abgewogen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 28.05.2003 VII B 119/01, DStRE 2004, 112, m. w. N. zur Rechtsprechung).

Gemessen an diesen Voraussetzungen stellen sich der Ablehnungsbescheid vom 21.02.2008 und die Einspruchsentscheidung vom 18.03.2008 als ermessensfehlerhaft dar, weil der Beklagte im Rahmen dieser Entscheidungen nicht alle ermessensrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt hat. Denn der Beklagte hat unter Hinweis auf die zivilrechtlichen Regelungen der Insolvenzordnung und die dazu ergangene Rechtsprechung allein darauf hingewiesen, dass er in seiner Stellung als Insolvenzgläubiger gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht verpflichtet sei, dem Kläger die verlangte Auskunft in Form eines Kontoauszugs zu erteilen. Diese Argumentation greift nach Auffassung des Senats jedoch zu kurz.

Im Fall der Insolvenz stehen sich der Insolvenzverwalter und die Finanzbehörde in zwei Rechtsverhältnissen gegenüber, die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen und aus denen sich deshalb unterschiedliche Rechte und Pflichten der Beteiligten ergeben.

Zum einen steht die Finanzbehörde dem Insolvenzverwalter bezüglich ihrer Steuerforderungen an den Insolvenzschuldner als Insolvenzgläubiger gegenüber. Bezogen auf dieses zivilrechtlich geprägte Verhältnis gelten die Regelungen der Insolvenzordnung und die dazu ergangene zivilrechtliche Rechtsprechung. Insoweit weist der Beklagte unter Bezugnahme u.a. auf das Urteil des BGH vom 07.02.2008 (IX ZB 137/07, MDR 2008, 647) zutreffend darauf hin, dass er als potentieller Gegner einer Anfechtung gemäß § 131 InsO nur unter engen Voraussetzungen, die im vorliegenden Fall unstreitig nicht gegeben sind, zur Auskunft gegenüber dem Insolvenzverwalter verpflichtet ist (so auch das FG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2008, a. a. O.).

Zum anderen ist aber der Kläger Person im Sinne des § 34 Abs. 3 AO. Denn mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind gemäß § 80 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bzgl. des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens auf ihn als Insolvenzverwalter übergegangen. Der Insolvenzverwalter tritt im Verhältnis zur Finanzbehörde an die Stelle des Insolvenzschuldners und muss dessen steuerliche Pflichten erfüllen (§ 34 Abs. 3 und Abs. 1 AO, § 155 InsO). Damit besteht zwischen den Beteiligten zusätzlich zu dem zivilrechtlichen Verhältnis ein Steuerrechtsverhältnis mit den aus diesem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis resultierenden beiderseitigen Rechten und Pflichten. Mit den auf den Insolvenzverwalter übergegangenen steuerlichen Mitwirkungs-, Erklärungs- und Zahlungspflichten korrespondiert nach Auffassung des Senats zwar nicht ohne weiteres und umfassend, aber zumindest dann ein die Erteilung eines Kontoauszuges für den Insolvenzschuldner einschließendes Auskunftsrecht, wenn der Insolvenzschuldner seine gegenüber dem Insolvenzverwalter bestehenden umfassenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (vgl. § 97 InsO; dazu Uhlenbruck, Insolvenzordnung Kommentar, § 97 Rz. 6) nicht erfüllt. In einer derartigen Situation erachtet es der Senat als notwendig, dem Insolvenzverwalter seitens der Finanzbehörden die steuerlichen Informationen - z. B. in Form eines Auszugs aus dem Erhebungskonto - zur Verfügung zu stellen, die für die Durchführung eines ordnungsgemäßen Besteuerungsverfahrens benötigt werden. Denn es wäre rechtsmissbräuchlich, wenn die Verwaltung dem Insolvenzverwalter Informationen verweigern würde, die dieser zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten benötigt, die er sich aber auf andere Weise nicht verschaffen kann. Insofern ist der Fall des an die Stelle des Insolvenzschuldners tretenden Insolvenzverwalters vergleichbar mit dem im Erlasswege geregelten Fall des Beraterwechsels, in dem seitens der Finanzverwaltung ein berechtigtes Interesse an der Auskunft über die zu einer Person gespeicherten Daten bejaht wird (vgl. Erlass des BMF vom 17.12.2008 IV A 3-S0030/08/10001, BStBl. 2009 I, S. 6 Ziff. 2).

In diesem Zusammenhang kann nach Auffassung des Senats die Behörde nicht einwenden, mit der Auskunftserteilung ggf. auch anfechtungsrelevante Sachverhalte zu offenbaren. Dient die Auskunftserteilung der ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens, ist dies von der Behörde hinzunehmen. Explizite Hinweise auf anfechtungsrelevante Sachverhalte können der Behörde allerdings nicht abverlangt werden.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte bei seinen Entscheidungen nicht berücksichtigt, dass der Kläger ihm nicht nur in einem zivilrechtlich geprägten Insolvenzrechtsverhältnis, sondern auch an der Stelle des Insolvenzschuldners in einem öffentlich-rechtlichen Steuerrechtsverhältnis gegenüber steht. Auf das bestehende Steuerrechtsverhältnis hat der Kläger bereits im Verwaltungsverfahren hingewiesen. Deshalb hätte der Beklagte prüfen und in seine Argumentation spätestens bei Abfassung der Einspruchsentscheidung einfließen lassen müssen, ob oder aus welchen Gründen ggf. nicht dem Kläger aus den vorgenannten Erwägungen zum Steuerrechtsverhältnis ein Auszug aus dem Erhebungskonto des Insolvenzschuldners zu erteilen war. Der Beklagte hat insoweit den ihm zustehenden Ermessensspielraum nicht ausgeschöpft.

An einer Verurteilung des Beklagten zur Erteilung eines Kontoauszugs war der Senat gemäß § 102 FGO gehindert, da unter Berücksichtigung des bis zur Einspruchsentscheidung vom Kläger vorgetragenen Sachverhalts Gründe dafür, dass der Ermessensspielraum des Beklagten dahingehend eingeschränkt war, dass sich die Erteilung des Kontoauszugs als allein ermesssensgerechte Entscheidung dargestellt hätte, nicht erkennbar sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 155 FGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revisionszulassung erfolgt im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf vom 14.05.2008 (a. a. O.) und zur Fortbildung des Rechts, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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