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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 08.12.2008
Aktenzeichen: 3 K 1595/05 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 17 Abs. 1 S. 2
EStG § 17 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

3 K 1595/05 E

Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 27.07.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 16.03.2005 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, es sei denn, die Kläger leisten zuvor Sicherheit in derselben Höhe.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob und in welcher Höhe ein Gewinn gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) dadurch entstanden ist, dass der Kläger mit Treuhandvereinbarung vom 29.12.2000 seine Anteile an der D GmbH (D) mit Wirkung zum 01.01.2001 in die Q & N Holding GmbH eingebracht hat.

Mit notariellem Vertrag vom 02.11.2000 gründete der Kläger gemeinsam mit Herrn L die Q & N Holding GmbH (vgl. Kopie des Vertrages, Bl. 13 - 23 der Vertragsakte Q & N Holding GmbH). Der Kläger und Herr L sind Geschäftsführer dieser Gesellschaft und an ihr zu jeweils 50 % beteiligt. Gegenstand des Unternehmens ist lt. Gesellschaftsvertrag der Erwerb, die Veräußerung und die Verwaltung von Beteiligungen. Die Q & N Holding GmbH hält seit 2001 ihrerseits 84,9 % der Gesellschaftsanteile an der D. Die weiteren Gesellschaftsanteile an der D (15,1 %) werden von der E Integrationsbetrieb für Behinderte gemeinnützige GmbH (nachfolgend E genannt) gehalten. Zur Beteiligung der Q & N Holding GmbH an der D war es wie folgt gekommen:

Die D wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 09.09.1998 als Ausgliederung des Geschäftsfeldes Kabelfertigung der I Informationssysteme AG gegründet. Die bis dahin bei der I Informationssysteme AG beschäftigten Arbeitnehmer, insbesondere auch der Kläger, wechselten in diesem Zusammenhang zur D, wobei der Kläger als technischer Geschäftsführer der neugegründeten Gesellschaft tätig wurde. Auf den Gesellschaftsvertrag der D vom 09.09.1998 (Bl. 21 - 27 der Bp-Akte) wird Bezug genommen. Rechtliche Grundlage zur Begründung der D war der Verkaufs-, Übertragungs- und Kooperationsvertrag mit der I Informationssysteme AG vom 25.09.1998 (Bl. 93 - 119 der Vertragsakte D GmbH). Gem. § 12 dieses Vertrages verpflichtete sich die I Informationssysteme AG für einen Zeitraum von drei Jahren (bis zum 30.09.2001) Aufträge in einem bestimmten Mindestumfang an die D zu vergeben (Aus-lastungsgarantie, vgl. Übertragungs- und Kooperationsvertrag, Bl. 101 der Vertragsakte D GmbH). Gem. § 5 des Gesellschaftsvertrages der D (vgl. 22 der Bp-Akte) bestand für die Gesellschafter der D frühestens zum 31.12.2001 die Möglichkeit, aus der Gesellschaft auszuscheiden. In § 6 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages wurde ein Vorkaufsrecht für den jeweiligen Mitgesellschafter und in § 6 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages ein Andienungsrecht der I Informationssysteme AG gegenüber der E vereinbart (vgl. Bl. 22/23 der Bp-Akte). Der für diesen Fall an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Kaufpreis wurde in § 7 des Gesellschaftsvertrages festgeschrieben. Der Kaufpreis sollte auf der Grundlage der letzten vorliegenden Bilanz ermittelt werden. Die Vergütung stiller Reserven war ausgeschlossen. Höchstgrenze für die an den Ausscheidenden zu zahlende Vergütung waren die eingezahlten Kapitalanteile (Stammeinlage und eingezahlte Kapitalrücklage) zuzüglich nicht ausgeschütteter anteiliger Gewinne (anteilige Gewinnrücklage); vgl. Bl. 23 der Bp-Akte.

Zum Zeitpunkt der Gründung der D lagen folgende Beteiligungsverhältnisse vor:

I Informationssysteme AG Stammkapital 60.000 DM 30 %

E GmbH Stammkapital

140.000 DM 70 %

200.000 DM 100 %

Danach ergaben sich folgende Änderungen der Beteiligungsverhältnisse:

Durch notariellen Kaufvertrag vom 28.09.1998 (vgl. Bl. 1 - 11 der Vertragsakte D GmbH) wurden die von der I Informationssysteme AG gehaltenen Gesellschaftsanteile an der D im Nennwert von 60.000 DM zum Nennwert an die I 2 AG veräußert.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 17.08.2000 (vgl. 26 - 34 der Vertragsakte D)

erwarben der Kläger und Herr L die von der I 2 AG gehaltenen Gesellschaftsanteile an der D im Nennwert von jeweils von 30.000 DM (15 %) zum Kaufpreis von jeweils 1 DM. Gleichzeitig verzichteten die Vertragspartner auf die Rechte und Pflichten aus dem Verkaufs-, Übertragungs- und Kooperationsvertrag vom 25.09.1998 (vgl. Kopie der entsprechenden Vereinbarung, Bl. 132/133 der Gerichtsakte).

Ausweislich des notariellen Treuhandvertrages vom 01.12.2000 zwischen der Q & N Holding GmbH (Treugeber) und der T Vermögensverwaltungs-GmbH (Treuhänder) erhielt letztere den Auftrag, treuhänderisch einen Gesellschaftsanteil an der D im Nennwert von 49.800 DM (24,9 %) von der E zum Kaufpreis von 571.401,77 DM zu erwerben. Zu den Einzelheiten wird auf die Kopie der notariellen Vereinbarung (Bl. 34 - 36 der Vertragsakte Q & N Holding GmbH) Bezug genommen.

Von den von ihr an der D gehaltenen Anteilen veräußerte die E mit notariellem Kaufvertrag vom 06.12.2000 (Bl. 39 - 45 der Vertragsakte D) einen Anteil im Nennwert von jeweils 30.000 DM (je 15 %) an den Kläger und an Herrn L zum Kaufpreis von jeweils 344.254,71 DM sowie einen Anteil im Nennwert von 49.800 DM (24,9 %) an die T Vermögensverwaltungs GmbH auf der Grundlage des o.g. Treuhandvertrages vom 01.12.2000 zu einem Kaufpreis von 571.401,77 DM. Die vereinbarten Kaufpreise entsprechen den Kapitalanteilen einschließlich des thesaurierten Gewinns zum 31.12.1999.

In der Folge schlossen der Kläger und Herr L als Treuhänder mit der

Q & N Holding GmbH (Treugeberin) am 29.12.2000 einen notariellen Treuhandvertrag mit dem Inhalt, dass die Treuhänder ab dem 01.01.2001 ihre Gesellschaftsanteile an der D im Nennwert von jeweils 60.000 DM (30 %) nach außen im eigenen Namen halten, aber im Innenverhältnis ausschließlich im Interesse, auf Gefahr und Rerechnung der Treugeberin handeln werden. Im Gegenzug vergütete die Q & N Holding GmbH die vom Kläger und Herrn L beim Erwerb der Anteile gezahlten Kaufpreise (je 344.254,71 DM und 1 DM).

Mit notariellem Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 11.12.2001 erfolgte die Aufhebung des Treuhandverhältnisses zwischen der T Vermögensverwaltung GmbH und der Q & N Holding GmbH bezüglich der treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteile an der D im Nennwert von 49.800 DM (34,9 %). Zu den Einzelheiten wird auf die Kopie des Vertrages (Bl. 43 - 45 der Vertragsakte Q & N Holding GmbH) hingewiesen.

Im Anschluss hoben der Kläger und Herr L als Treuhänder und die Q & N Holding GmbH als Treugeberin mit notariellem Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 21.12.2001 (vgl. 46 - 48 der Vertragsakte Q & N Holding GmbH) das Treuhandverhältnis auf und der Kläger und Herr L traten die zuvor treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteile an der D im Nennwert von jeweils 60.000 DM (30 %) an die Q & N Holding GmbH ab.

Ende 2001 stellten sich die Beteiligungsverhältnisse an der D somit wie folgt dar:

Q & N Holding GmbH Stammkapital 169.800 DM 84,9 %

E Stammkapital

30.200 DM 15,1 %

Stammkapital 200.000 DM 100 %

In den Jahren 2002 - 2004 fanden Betriebsprüfungen durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (Bp) bei der D, bei der Q & N Holding GmbH und bei der E statt. Dabei vertrat die Bp die Auffassung, dass die bei Abschluss des Treuhandvertrages zwischen der Q & N Holding GmbH und dem Kläger vom 29.12.2000 vereinbarte Gegenleistung für die Überlassung des wirtschaftlichen Eigentums zum 01.01.2001 an den Anteilen der D im Nennwert von 60.000 DM nicht dem tatsächlichen Wert der Anteile zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs am 01.01.2001 entspreche. Steuerrechtlich sei der Vorgang als verdeckte Einlage des Klägers an die Q & N Holding GmbH zum Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums am 01.01.2001 zu werten, da die verbilligte Überlassung der Anteile ausschließlich Gründe habe, die auf die Gesellschafterstellung des Klägers zurückzuführen seien. Der Kläger habe deshalb im Bereich seiner persönlichen Einkommensteuer einen Spekulationsgewinn i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EStG aus dem Erwerb und der verdeckten Einlage der Anteile an der D im Jahr der Einlage 2001 erzielt. Die Bewertung der Anteile habe mit dem gemeinen Wert zu erfolgen, der weder aus dem im August 2000 an die I 2 AG gezahlten Kaufpreis von 1 DM noch aus dem im Dezember 2000 an die E gezahlten Kaufpreis in Höhe von 344.254,71 DM abgeleitet werden könne, da diese Verkäufe nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattgefunden hätten. Denn bei den im Jahre 2000 durchgeführten Anteilsübertragungen seien objektive Wertmaßstäbe nicht berücksichtigt worden, da Grundlage für die Kaufpreise ausschließlich die in § 7 des Gesellschaftsvertrages (vgl. Bl. 23 der Bp-Akte) festgelegte Summe aus anteiligen Stammeinlagen und Gewinnrücklagen bis zum 31.12.1999 gewesen sei. Damit hätten die Ertragsaussichten bei der Kaufpreisfindung ebenso wenig eine Rolle gespielt, wie die in der Zeit vom 01.01.2000 bis zum Verkauf erwirtschafteten zusätzlichen Gewinne. Die Nichtberücksichtigung dieser elementaren Faktoren verdeutliche, dass die gezahlten Kaufpreise nicht als repräsentativ angesehen werden könnten.

Im Rahmen der Bp legte der Kläger ein Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor, wonach sich der Unternehmenswert der D zum 29.12.2000 auf 750.000 Euro belaufe. Zu den Einzelheiten wird auf das Gutachten (Bl. 66 - 90 der Bp-Akte) Bezug genommen.

Nach Auffassung der Bp war das vorgelegte Gutachten nicht geeignet, Rückschlüsse auf den für steuerliche Zwecke anzusetzenden Unternehmenswert zuzulassen. Den gemeinen Wert der Anteile bestimmte die Bp durch Ermittlung des Unternehmenswertes nach dem Leitfaden der OFD Düsseldorf "zur Bewertung von Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke, Stand September 2004". Der so ermittelte Unternehmenswert der D zum 01.01.2001 betrug 10.400.000 Euro. Wegen der Einzelheiten der Wertermittlung wird auf die Tz 2.5.5.2 - 2.5.5.4 sowie die Anlagen 1 - 3 des Bp-Berichts vom 02.02.2004 (Bl. 61 - 63 und 65 der ESt-Akte) hingewiesen.

Den Substanzwert der D zum 01.01.2001 ermittelte die Bp unter Berücksichtigung des Eigenkapitals lt. Steuerbilanz zum 31.12.2000, eines Körperschaftsteuerguthabens sowie stiller Reserven (200.000 DM) mit 2.207.764 Euro. Auf die Wertermittlung in der Anlage 3 des Bp-Berichts (Bl. 67 der ESt-Akte) wird Bezug genommen.

Ausgehend von dem anteiligen Unternehmenswert in Höhe von 3.120.000 Euro (30 % 10.400.000 Euro) abzüglich der an die E gezahlten Anschaffungskosten in Höhe von 344.255 DM und abzüglich an die I 2 AG gezahlten Anschaffungskosten von 1 DM sowie abzüglich der eingezahlten Kapitalrücklagen in Höhe von 60.000 DM ermittelte die Bp einen Spekulationsgewinn des Klägers in Höhe von 2.913.307 Euro (5.697.933 DM). Wegen der Einzelheiten der Gewinnermittlung wird auf die Berechnung Tz 2.5.6 des Bp-Berichts (Bl. 73 der ESt-Akte) Bezug genommen.

Der Beklagte schloss sich den Wertungen und Ausführungen der Bp an und erließ am 27.07.2004 gegen die Kläger einen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten ESt-Bescheid, in dem zusätzlich zu den bisherigen Besteuerungsgrundlagen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers in Höhe von 2.913.307 Euro (5.697.933 DM) berücksichtigt wurden. Die ESt wurde auf 2.899.155 DM festgesetzt. Die geänderte Steuerfestsetzung führte zu einer Nachforderung der ESt in Höhe von 1.412.650,90 Euro. Zu den Einzelheiten wird auf den ESt-Bescheid vom 27.07.2004 (Bl. 45 der ESt-Akte) hingewiesen.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 16.08.2004 Einspruch ein. Sie vertraten dabei die Auffassung, dass der Verkehrswert der Anteile an der D aus den im Laufe des Jahres 2000 erfolgten Veräußerungsgeschäften bzgl. der D-Anteile, insbesondere aus der Anteilsübertragung seitens der E an den Kläger und Herrn L am 06.12.2000 abzuleiten sei. Der Kaufpreis sei dabei nicht nur unter Berücksichtigung der Bilanzverhältnisse zum 31.12.1999/01.01.2000, sondern unter Berücksichtigung der zukünftigen Ertrags- und Vermögenslage der Gesellschaft bemessen worden, so dass es sich insoweit um eine Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gehandelt habe. Ungewöhnliche Geschäftsverhältnisse könnten nicht daraus abgeleitet werden, dass aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen der D Vorkaufsrechte bestanden hätten. Es sei zu betonen, dass es sich bei den an den jeweiligen Geschäften beteiligten Personen um fremde Dritte gehandelt habe, die im Rahmen der jeweiligen Geschäfte eigene Interessen und wirtschaftliche Ziele verfolgt hätten.

Bei der Berücksichtigung der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft hätten im Übrigen folgende Faktoren eine ausschlaggebende Rolle gespielt: Zum einen seien die sich auch aus dem vorgelegten Gutachten ergebenden Lasten aus künftigen Pensionen und latenten Sozialplanlasten zu berücksichtigen gewesen. Maßgeblich sei jedoch gewesen, dass sich nach der von I 2 begleiteten Anfangsphase wesentliche Änderungen mit Auswirkung auf die künftigen Ertragsaussichten ergeben hätten. So habe I 2 mit seinem Ausscheiden aus der D auch seine Auslastungsgarantie widerrufen. Gleichzeitig sei die D durch den Vertrag vom 04.12.2000 gegenüber der E eine umfangreiche Auslastungsverpflichtung eingegangen. Die bisherigen Hauptkunden C und X hätten sich in eine andere Richtung entwickelt und seien deshalb als Abnehmer für die von der D angebotenen Kabelprodukte künftig immer weniger in Betracht zu ziehen gewesen. Zu den sich daraus ergebenden schlechten Ertragsaussichten sei hinzugekommen, dass man im Rahmen der Ausgliederung durch die I 3 einen überalterten und zu großen Mitarbeiterbestand sowie einen alten Maschinenbestand übernommen habe. Insoweit seien auch weitere Investitionen in die firmeninterne Infrastruktur nötig gewesen.

Weiter sei darauf zu verweisen, dass die E ihre Anteile, die letztlich vom Kläger und seinem Kompagnon Herrn L erworben worden seien, zunächst C und X angeboten habe. Für beide sei jedoch eine Investition in die D aus unterschiedlichen Gründen nicht in Betracht gekommen. Auch dies verdeutliche, dass es sich bei dem Geschäft vom 06.12.2000 um ein Geschäft gehandelt habe, dass nach marktüblichen Gepflogenheiten zu Stande gekommen sei.

Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 16.03.2005 als unbegründet zurück. Er hielt dabei an der bereits im Rahmen der Bp vertretenen Auffassung fest, dass es sich nicht um ein marktübliches Geschäft wie unter fremden Dritten gehandelt habe. Die Kaufpreisfindung sei anhand von § 7 des Gesellschaftsvertrages der D erfolgt. Aus keiner der von den Kläger vorgelegten Unterlagen über die Überlegungen vor Übertragung von Anteilen an der D seien Überlegungen erkennbar, den Kaufpreis nach Vermögens- und Ertragsaussichten der Gesellschaft zu bemessen. Vielmehr werde lediglich auf § 7 des Gesellschaftsvertrages der D Bezug genommen. Nicht einmal die im Laufe des Jahres 2000 erwirtschafteten Gewinne seien bei der Kaufpreisfindung berücksichtigt worden.

Im Rahmen der am 15.04.2005 erhobenen Klage wiederholen und vertiefen beide Beteiligte ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren, der Beklagte mit der Maßgabe, dass eine Versteuerung nicht gem. § 23 EStG, sondern gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG durchzuführen sei.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 27.07.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 16.03.2005 aufzuheben,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

In der Sache hat am 07.03.2008 ein Erörterungstermin stattgefunden. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll (Bl. 101 - 103 der GA) Bezug genommen.

Der Senat hat am 08.12.2008 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird hingewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Beklagte ist in unzutreffender Weise davon ausgegangen, dass infolge der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen an der D auf die Q & N Holding GmbH mit Wirkung zum 01.01.2001 seitens des Klägers ein Gewinn aus einer verdeckten Einlage gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStG zu versteuern ist.

Eine verdeckte Einlage i.S.d. genannten Vorschriften liegt vor, wenn der Steuerpflichtige Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft, an der er bereits beteiligt ist, überträgt und dafür keine neuen Gesellschaftsanteile und auch keine nach dem Wert der übertragenen Anteile bemessene Bar- oder Sachvergütung erhält (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27 Aufl. 2008 § 17 Rz. 110,). Liegt also die für die Anteilsübertragung gezahlte Vergütung unter dem gemeinen Wert der Anteile als gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 EStG an die Stelle des Veräußerungspreises tretendem Wert, ist ein Gewinn gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG realisiert.

Die Q & N Holding GmbH hat dem Kläger dessen Aufwendungen aus dem Erwerb der Anteile an der D (344.254,71 DM und 1 DM) vergütet. Diese Vergütung entsprach dem gemeinen Wert der Anteile, so dass bei Einbringung der Anteile seitens des Klägers in die Q & N Holding GmbH ein Gewinn gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht realisiert worden ist.

Der gemeine Wert nicht börsennotierter Anteile an Kapitalgesellschaften ist gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG vorrangig aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Haben derartige Verkäufe nicht stattgefunden, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen. Soll der gemeine Wert aus zurückliegenden Verkäufen abgeleitet werden, muss es sich um Verkäufe im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gehandelt haben. Als gewöhnlicher Geschäftsverkehr ist der Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage zu verstehen, bei dem die Vertragsparteien ohne Zwang und nicht aus Not, sondern in Wahrung ihrer eigenen Interessen handeln. Dazu gehört, dass die Beteiligten den Preis nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage unter Heranziehung objektiver Wertmaßstäbe gebildet haben, zu denen vor allem das Gesamtvermögen und die Ertragsaussichten der Gesellschaft gehören. Maßgebend sind insoweit die Umstände des Einzelfalls. Zu den Rechtsprechungsgrundsätzen und der einschlägigen BFH-Rechtsprechung wird auf den Beschluss des BFH vom 08.08.2001 (II R 59798, BFH/NV 2003, 317 mit weiteren Nachweisen) hingewiesen.

Der Senat geht im vorliegenden Fall im Anschluss an die o.g. Grundsätze davon aus, dass der gemeine Wert der Anteile an der D aus dem Veräußerungsgeschäft vom 06.12.2000 abgeleitet werden kann, durch das D - Anteile seitens der E auf den Kläger sowie Herrn L und die T Vermögensverwaltungs GmbH übertragen wurden. Zwar weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass der für die Anteile aufgrund dieses Vertrages zu entrichtende Preis letztlich den Vorgaben von § 7 des Gesellschaftsvertrages der D entsprach und es daher den Anschein hat, der Preis sei nicht individuell zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt worden. Allerdings sind damit nach Auffassung des Senats die Gesamtumstände der Anteilsübertragung nicht ausreichend gewürdigt. Denn es handelt sich vorliegend nicht um eine "schlichte" Anteilsübertragung, sondern um eine Übertragung im Rahmen eines sog. "Managment Buy - Outs". Dabei ist die Ausgliederung von nicht mehr rentablen Geschäftsfeldern aus größeren Unternehmen unter wirtschaftlicher Begleitung des neuen Unternehmens durch das ausgliedernde Unternehmen in der Anfangsphase in der Wirtschaft heutzutage ein so gängiges Instrument der Unternehmensum- und -neustrukturierung, dass der Senat auch in diesem Bereich Anteilsübertragungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr grundsätzlich für möglich hält. Denn auch in diesem Bereich werden regelmäßig gegensätzliche Interessen abgewogen mit dem Ziel, bei der Abtrennung der Unternehmenszweige für alle Beteiligten eine wirtschaftlich akzeptable Lösung zu finden. Insofern ist ein Fall des "Management Buy - Outs" auch nicht mit dem Fall vergleichbar, wenn mit einem Anteilswechsel in erster Linie die Neuordnung von Unternehmen mit dem Ziel einer gegenseitigen engen wirtschaftlichen und technischen Zusammenarbeit angestrebt wird (vgl. dazu BFH - Urteil vom 28.11.1980 III R 86/78, BStBl. II 1981, 353).

Für den vorliegenden Fall geht der Senat unter Berücksichtigung der Gesamtumstände davon aus, dass die Anteilsübertragung am 06.12.2008 im gewöhnlichen Geschäftsverkehr stattgefunden hat. Zu diesem Zeitpunkt war der Ausgliederungsprozess bezüglich des Geschäftsfeldes Kabelfertigung aus der I 2 AG fast abgeschlossen. Dabei hatte die E als Verkäuferin der Anteile von ihren "Wunschkäufern" (C oder X) bereits Absagen erhalten. Dabei ist aus Sicht des Senats nicht weiter aufklärungsbedürftig, warum diese beiden Firmen ein Engagement in der D letztlich abgelehnt haben. Ausweislich der Darstellung des Klägers im Erörterungstermin hat C sich dahingehend entwickelt, dass die von der D angebotenen Produkte dort nicht benötigt wurden. Dies wird bestätigt durch das Schreiben der C Nixdorf AG vom 30.07.2008 (Bl. 112 ff der GA). Auch die Firma X war als möglicher Erwerber der D - Anteile im Gespräch (vgl. Schreiben H vom 26.08.2000, Bl. 148 der ESt-Akte). Ob es zum Verkauf an X letztlich nicht gekommen ist, weil auch dort keine Kooperationspunkte mit der D gesehen wurden, oder ob die E keinen ausländisch beherrschten Gesellschafter in der D sehen wollte (vgl. Bl 112 - 116 der GA), und wie ernsthaft eine etwaige Veräußerung an die Firma X betrieben worden ist, kann dabei nach Auffassung des Senats dahinstehen.

Jedenfalls kam es der E darauf an, von der D als ihrem Hauptauftraggeber eine Auslastungsgarantie zu erhalten (vgl. dazu das Protokoll der Gesellschafterversammlung der E vom 28.04.2000, Bl. 145 der ESt-Akte), die ja auch am 04.12.2000 unterzeichnet worden ist.

Aus Sicht der Erwerber (der Kläger und sein Kompagnon) stellte sich damit die Abwägungsfrage, ob die Fortführung der D unter ihrer eigenen Regie unter Berücksichtigung dieser Auslastungsverpflichtung und des künftigen Wegfalls der Kunden C und X sowie des Wegfalls der Auslastungsgarantie durch die I 2 AG aussichtsreich sein würde. Auch wenn während der Anschubphase der Ausgliederung aufgrund besonderer, vom Kläger im Erörterungstermin geschilderter Umstände gute Erträge erwirtschaftet werden konnten, haben sich die Zukunftsperspektiven zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung nach Einschätzung des Senats nicht positiv dargestellt. Denn die Startphase der D war von der I 2 AG durch entsprechende Auftragsvergabe und eine wohlwollende Preisgestaltung massiv unterstützt worden. Es war aber keineswegs sicher, dass man nahtlos die Auftragsverpflichtung gegenüber der E durch neue eigene Kundenaufträge würde erfüllen und damit Schadensersatzforderungen der E würde begegnen können, nachdem die I 2 AG sich aufgrund der Anteilsübertragungen vom 17.08.2000 vollständig aus der D zurückgezogen hatte. Denn der Konkurrenz- und Preisdruck am Markt für Kabelprodukte war nach glaubhafter und nachvollziehbarer Schilderung des Klägers im Erörterungstermin (vgl. Bl. 101 f der GA) enorm. Insofern konnten die bestehenden Eigenkapitalreserven relativ schnell aufgezehrt sein. Hinzu kam das Risiko, die eigene berufliche Karriere durch eine etwaige Insolvenz der D massiv zu beschädigen.

Bezüglich der Kaufpreisgestaltung ist festzuhalten, dass der Kläger und sein Kompagnon die Anteile zu dem gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages der D seitens des Veräußerers ermittelten Preis angeboten bekommen haben. Sie standen als potentielle Käufer damit vor der Entscheidung, diesen Kaufpreis - nach Abwägung der Chancen und Risiken des Geschäfts aus ihrer Sicht - zu akzeptieren oder nicht. Insoweit handelt es sich nach Auffassung des Senats um ein marktübliches Geschehen, zumal der Kläger und Herr L die Fassung von § 7 des Gesellschaftsvertrages der D nicht mitgestaltet haben. Es kann dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass er über den Preis, der nach seiner Einschätzung unter den gegebenen Umständen akzeptabel war, nicht weiter verhandelt hat.

Bezogen auf die E ist weiter festzustellen, dass der erzielte Verkaufserlös aus der Anteilsübertragung vom 06.12.2000 aus ihrer eigenen Sicht durchaus eine beträchtliche Rendite erbracht hat (vgl. Berechnung Schreier, Bl. 72 der ESt-Akte). Auch ist weder vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich, dass die E aufgrund der Grundsätze des Gemeinnützigkeitsrechts gehindert gewesen wäre, den bestmöglichen Preis für ihre übertragenen Anteile zu erzielen. Dass die E aufgrund des Gemeinnützigkeitsrechts daran interessiert war, ihre Anteile an der D zu verringern, spiegelt nur ihre eigene, am Markt durchzusetzende Interessenlage wieder.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

Ende der Entscheidung

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