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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 17.08.2007
Aktenzeichen: 3 K 2319/04 Erb
Rechtsgebiete: ErbStG


Vorschriften:

ErbStG § 25 Abs. 1
ErbStG § 25 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

3 K 2319/04 Erb

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Vater des Klägers (Kl.), O 2, übertrug seinem Sohn, dem Kl., 23.000 Inhaberaktien der O AG, und zwar mit Wirkung zum 29.12.1998. Die Schenkung erfolgte unter dem Vorbehalt des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs zu Gunsten des Schenkers (§ 3 Abs. 1 des Vertrages). Für den Fall, dass die geschenkten Aktien mit Zustimmung des Schenkers ganz oder teilweise veräußert werden sollten, war in § 3 Abs. 4 des Vertrags geregelt, dass sich der Nießbrauch auch auf alle Erträgnisse der Vermögenswerte, die an die Stelle der jeweils veräußerten Aktien treten würden, erstrecke. In § 5 des Vertrags hatte sich der Kl. verpflichtet, nach einem etwaigen Verkauf der Aktien den erzielten Erlös abzüglich der durch den Verkauf veranlassten Steuern in eine gemeinsame Personengesellschaft einzubringen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom 29.12.1998 (Blatt 23 ff. der Gerichtsakte).

Mit Vertrag vom 23./24.03.1999 verkaufte der Kl. die gesamten ihm geschenkten 23.000 Inhaberaktien der O AG. Der Kl. zahlte den Barkaufpreisanteil nach Abzug der verkaufsbedingt angefallenen Steuern im Wesentlichen als Fest- bzw. Termingeld auf Konten bei der Bank AG E ein. Mit Vertrag vom 29.12.1999 brachte der Kl. seinen Anspruch aus den Kontoverbindungen gegenüber der Bank AG im Wege der Abtretung in die neugegründete Familienkonsortium O 2 GbR mit beschränkter Haftung in Höhe von 3.100.000 DM ein. Gleichzeitig schlossen die Gesellschafter der GbR einen Schenkungs- und Verzichtsvertrag ab. Aus dem Ergebnis der Gesellschaft sollte der Kl. jährlich ein Gewinnvorab von 75.000 DM brutto zulasten des Nießbrauchsrechts seines Vaters erhalten. Der Vater des Kl. verzichtete insoweit auf das ihm gemäß § 3 des Schenkungs- und Abtretungsvertrages vom 29.12.1998 vorbehaltene Nießbrauchsrecht. Der Kl. bestätigte gegenüber seinem Vater ausdrücklich hinsichtlich der Beteiligung an der Gesellschaft das Widerrufsrecht und Rückforderungsrecht gemäß Schenkungs- und Abtretungsvertrag vom 29.12.1998 sowie im Übrigen das Nießbrauchsrecht seines Vaters. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 29.12.1999 Bezug genommen, insbesondere Vorbemerkungen, Einbringungsvertrag, Schenkungs- und Verzichtsvertrag, Gesellschaftsvertrag, Blatt 27 ff. der Gerichtsakte.

Das Finanzamt (FA) erfuhr von dem Schenkungsvertrag vom 29.12.1998 durch ein Schreiben des FA E vom 06.04.1999, mit dem das FA E auch mitteilte, dass der gesamte Aktienbestand am 24.03.1999 veräußert worden war.

Die auf Anforderung des FA eingereichte Schenkungsteuererklärung enthielt den Antrag, den bei Anwendung des § 25 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) zu stundenden Betrag mit dem abgezinsten Barwert sofort abzulösen. Das FA setzte die Schenkungsteuer erklärungsgemäß auf 929.100 DM fest; hiervon waren 307.325 DM sofort fällig, der gemäß § 25 ErbStG ermittelte Stundungsbetrag belief sich auf 621.775 DM. Für die beantragte Ablösung der Steuer ermittelte das FA den abgezinsten Barwert des Stundungsbetrags mit 213.268 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schenkungsteuerbescheid vom 12.11.1999 Bezug genommen, Blatt 11 ff. der Schenkungsteuerakte.

Im Rahmen einer Überprüfung des schenkungsteuerlichen Sachverhalts änderte das FA den Bescheid gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Es vertrat nunmehr die Ansicht, dass eine Stundung der Steuer nach § 25 ErbStG nicht zulässig sei, da das belastete Vermögen bereits vor der erstmaligen Schenkungsteuerfestsetzung veräußert worden sei. Zur weiteren Begründung bezog sich das FA auf R 85 Abs. 4 Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) zu § 25 ErbStG. Die Schenkungsteuerfestsetzung erging danach ohne Stundung; die Schenkungsteuer betrug wie bisher 929.100 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den weiter unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schenkungsteuerbescheid vom 27.11.2002 Bezug genommen, Blatt 19 ff. der Schenkungsteuerakte.

Der Kl. legte Einspruch ein. § 25 ErbStG sei entgegen der Auffassung des FA anzuwenden. Die Aktien der O AG seien am 24.03.1999 veräußert worden. Der Veräußerungserlös sei auf ein Konto bei der Bank AG E eingezahlt worden. Gemäß dem Schenkungsvertrag bestehe an diesem Vermögen ein Vorbehaltsnießbrauch zu Gunsten des Schenkers. Der Kl. habe somit zu keinem Zeitpunkt die Verfügungsmacht an dem aus dem Verkauf der Aktien resultierenden Verkaufserlös erhalten. Die Aktien und das aus dem Verkauf der Aktien resultierende Barvermögen seien als ein Vermögen im Sinne des § 25 Abs. 1 ErbStG anzusehen. Bei dem aus dem Aktienverkauf resultierenden Barvermögen handele es sich somit um ein Surrogat; der Kl. bezieht sich auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 08.08.2000 (II R 40/98, BStBl II 2000, 587). Von der Veräußerung belasteten Vermögens im Sinne des § 25 ErbStG, was die Aufhebung der zinslosen Stundung zur Folge hätte, könne nicht die Rede sein, wenn die ursprüngliche Belastung an dem Surrogat, hier dem Barvermögen, fortgesetzt werde. In der Literatur werde von Kapp/Ebeling (§ 25 Tz. 55 m. w. N.) darauf hingewiesen, dass sich der Anspruch auf zinslose Stundung der Erbschaftsteuer weiter aufrecht erhalten lasse, wenn das Nießbrauchsrecht an einem belasteten Wirtschaftsgut vor dessen Verkauf gelöscht und an dem Verkaufserlös neu begründet werde. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall erfüllt.

Mit Bescheid vom 16.12.2003 hat das FA den angefochtenen Bescheid nach § 164 Abs. 2 AO geändert und ihn nunmehr für vorläufig gemäß § 165 AO erklärt "bzgl. der Zusammensetzung, des Umfangs und der wertbildenden Eigenschaften des anzusetzenden Vermögens sowie der Klärung der Rechtsfrage, wie Nutzungs- und Rentenlasten besteuert werden bei Veräußerung des belasteten Vermögens, die Belastung an einem Surrogat jedoch fortgesetzt wird". Gleichzeitig wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 16.12.2003 Bezug genommen, Blatt 42 der Schenkungsteuerakte.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Nach § 25 Abs. 2 ErbStG ende die Stundung mit dem Zeitpunkt der Veräußerung. Eine Neubestellung des Nießbrauchsrechts entsprechend R 85 Abs. 4 Satz 4 ErbStR liege nicht vor. Rein wirtschaftlich betrachtet möge es zwar sein, dass letztendlich der Beschenkte zu keinem Zeitpunkt die Nutzungen an den übertragenen Aktien sowie auch an deren Veräußerungserlös hatte, da das Nießbrauchsrecht an diesem Surrogat im Rahmen der vertraglich vereinbarten Fortsetzungsregelung weiter Bestand gehabt habe. Zivilrechtlich betrachtet setze sich der Vorbehaltsnießbrauch jedoch nicht an dem Veräußerungserlös als Surrogat fort, sondern der Schenker verzichte auf sein Nießbrauchsrecht an den Aktien und erhalte hierfür im Zuge einer Gegenleistung durch den Kl. das Nießbrauchsrecht an dem Veräußerungserlös. Letztendlich sei dem Schenker durch den Kl. ein sog. Zuwendungsnießbrauchsrecht eingeräumt worden. Damit handele es sich um eine erneute Schenkung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der Vater des Kl. werde auf Kosten des Zuwendenden, d. h. des Kl. bereichert. Durch die vertragliche Regelung in § 3 des Schenkungsvertrages (fortgesetztes Nießbrauchsrecht auch an den Surrogaten) fehle es aber bei der Einräumung des Zuwendungsnießbrauchs an dem Tatbestandsmerkmal der Freigiebigkeit. Durch die Vertragsgestaltung werde erreicht, dass in der Einräumung des Nießbrauchsrechts am Veräußerungserlös durch den Beschenkten kein zusätzlicher schenkungsteuerpflichtiger Tatbestand verwirklicht werde.

In der Literatur werde die Regelung des § 25 Abs. 2 ErbStG zwar teilweise kritisch betrachtet, letztendlich führe jedoch auch Moench (Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kommentar) unter Tz. 28 a zu § 25 ErbStG aus, dass es bei der Fälligkeit der gestundeten Steuer nach § 25 Abs. 2 ErbStG bleibe, wenn im Rahmen einer Fortsetzungsregelung ein Nießbrauch gleichen Rechts an einem anderen Objekt eingeräumt werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 01.04.2004 Bezug genommen, Blatt 55 ff. der Schenkungsteuerakte.

Der Kl. erhob Klage.

Die beantragte Stundung und Ablösung der Schenkungsteuer sei vom FA zu Unrecht abgelehnt worden. Auch nach der Veräußerung lägen die Stundungsvoraussetzungen weiter vor. Denn das erworbene Vermögen sei weiterhin mit einem Nießbrauch zu Gunsten des Schenkers belastet. Nicht nur unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise handele es sich bei dem Veräußerungserlös um das dem Kl. geschenkte Vermögen. Auch in rechtlicher Hinsicht sei auf Grund dinglicher Surrogation der Veräußerungserlös an die Stelle der ursprünglich übertragenen Aktien getreten. Die Rechtslage sei vergleichbar mit der in § 1066 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für Nießbrauch bei Miteigentum. Werde eine Miteigentumsgemeinschaft, an der ein Nießbrauch bestehe, aufgehoben, so gehöre dem Nießbraucher der Nießbrauch an den Gegenständen, welche an die Stelle des Anteils treten. Für die wortgleiche Bestimmung des § 1258 Abs. 3 BGB -Pfandrecht an Miteigentumsanteilen- habe der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass sich das Pfandrecht ohne Weiteres im Wege dinglicher Surrogation an den Gegenständen fortsetze, die nach Aufhebung der Gemeinschaft an die Stelle des Miteigentumsanteils treten (BGH, NJW 1969, 1347). Da nichts für eine unterschiedliche Behandlung von Nießbrauch und Pfandrecht spreche, sei davon auszugehen, dass der BGH die dingliche Surrogation ohne Weiteres auch beim Nießbrauch bejahe. Durch die Bedingung im Schenkungsvertrag seien nicht nur die übertragenen Aktien mit einem Nießbrauch belastet gewesen, sondern auch - und zwar von Anfang an - der Veräußerungserlös. Der Kl. habe damit von Anfang an belastetes Vermögen erworben. Die Veräußerung der geschenkten Aktien führe auch nicht zu einer Beendigung der Stundung gemäß § 25 Abs. 2 ErbStG. § 25 Abs. 2 ErbStG sei im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass eine Beendigung der Stundung nur dann eintrete, wenn zeitgleich mit der Veräußerung des belasteten Vermögens auch die Belastung wegfalle. Nur diese Auslegung werde Sinn und Zweck des § 25 Abs. 2 ErbStG gerecht. Denn Grundlage und Rechtfertigung der Besteuerung im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer sei der Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auf Grund der Schenkung. Auf Grund dieses Bereicherungs- oder Nettoprinzips der Schenkungsteuer seien grundsätzlich sämtliche Belastungen, die auf dem erworbenen Vermögen ruhten, abziehbar. Eine Ausnahme hiervon sei die Nichtabziehbarkeit von Nutzungs- und Rentenlasten im Rahmen des § 25 ErbStG. Diese Abweichung des § 25 ErbStG von dem allgemeinen Bereicherungsprinzip bedürfe zur Rechtfertigung schwerwiegender Gründe. Ein solch schwerwiegender Grund habe nach Ansicht des Gesetzgebers in einer möglichen Steuerumgehung durch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten bestanden. Gleichwohl sei im Rahmen der Schenkungsteuer darauf zu achten, dass der Erwerber eines Vermögens, dessen Nutzungen einem Anderen zustehen, davor geschützt sein müsse, dass er die Schenkungsteuer zu entrichten habe, bevor ihm die Nutzungen des Vermögens zustehen und er über die Substanz verfügen könne. Eine Besteuerung des Erwerbs ohne Rücksicht auf diese Beschränkungen würde dem Grundsatz widersprechen, dass Grundlage der Besteuerung der Zuwachs wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sei. Daher sei auch in diesem Fall die durch die Schenkung erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschenkten alleinige Rechtfertigung einer Besteuerung.

Der Gesetzgeber sei insoweit aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verpflichtet, dem Gerechtigkeitsgedanken Rechnung zu tragen. Im Rahmen des § 25 ErbStG habe der Gesetzgeber dieser Verpflichtung dadurch Rechnung getragen, dass die Steuer bis zum Erlöschen der Belastung in dem Umfang zinslos gestundet werde, in dem sie auf den Kapitalwert der Belastung entfalle. Soweit daher an dem geschenkten Vermögen - oder an dem an dessen Stelle getretenen Surrogat - eine Belastung zu Gunsten des Schenkers fortbestehe, sei die darauf entfallende Steuer zu stunden. Diese Stundungsmöglichkeit rechtfertige das grundsätzlich nicht mit dem Wesen der Erbschaftsteuer übereinstimmende Abzugsverbot.

Wenn man sich dieser Argumentation nicht anschließen könne, müssten aber bei der Schenkungsteuerfestsetzung die Auflagen, unter denen die Schenkung erfolgt sei, berücksichtigt werden. Die ständige Rechtsprechung des BFH zu bedingt eingeräumten Leistungsauflagen im Rahmen von Schenkungen gehe davon aus, dass diese - als Belastung - im Zeitpunkt des Bedingungseintritts bereicherungsmindernd zu berücksichtigen seien. Dies müsse nach Auffassung des Kl. auch für den vom BFH noch nicht entschiedenen Fall der sog. Duldungsauflage gelten. Der Nießbrauch zugunsten des Schenkers sei als Duldungsauflage zu behandeln. Trete die Bedingung - im vorliegenden Fall die Veräußerung der geschenkten Aktien- ein, so werde die Duldungsauflage, nämlich die Einräumung eines Nießbrauchs am Surrogat, wirksam. Die grundsätzliche Gleichbehandlung der Leistungs- und der Duldungsauflage hinsichtlich der Auswirkungen eines Bedingungseintritts geböten es, im Fall des Bedingungseintritts (hier: Veräußerung), die Stundung - ggf.- wieder - zu gewähren.

Der Kl. sei verpflichtet gewesen, den Veräußerungserlös in eine Personengesellschaft einzubringen. Auch hieran habe ein Nießbrauchsrecht zu Gunsten des Schenkers bestehen sollen. Wenn keine Surrogation in Bezug auf das Nießbrauchsrecht bzw. den Veräußerungserlös angenommen werde, müsse das zugunsten des Schenkers bestehende Nießbrauchsrecht durch erneute Einräumung durch den Kl. in Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Schenkungsvertrag bestellt worden sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 10.01.2007 Bezug genommen (Bl. 103 ff. der GA).

Der Kl. beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid vom 27.11.2002 in Gestalt der EE vom 01.04.2004 und den Änderungsbescheid vom 22.02.2007 dahingehend abzuändern, dass die Verpflichtung des Kl., den Veräußerungserlös unter Nießbrauchsbelastung in eine gemeinsame Personengesellschaft mit dem Schenker einzubringen, als bereicherungsmindernde Belastung berücksichtigt wird,

hilfsweise,

den Schenkungsteuerbescheid vom 27.11.2002 in Gestalt der EE vom 01.04.2004 und den Änderungsbescheid vom 22.02.2007 ersatzlos aufzuheben,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Das FA bezieht sich zur Begründung auf seine EE.

Während des Klageverfahrens änderte das FA den angefochtenen Bescheid. Es bewertete die Aktien mit dem zwischen der Beteiligten unstreitigen Wert von 275 DM pro Aktie. Die Schenkungsteuer setzte es auf 1.125.750 DM fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 22.02.2007 hingewiesen, der keinen Vorläufigkeitsvermerk mehr enthält (Bl. 135 f. der GA).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Das Finanzamt hat den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid zu Recht geändert, da durch die Veräußerung des belasteten Vermögens die Voraussetzungen für die Stundung der Schenkungsteuer gemäß § 25 Abs. 1 ErbStG weggefallen sind.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG wird der Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen dem Schenker oder dem Ehegatten des Schenkers zustehen, ohne Berücksichtigung dieser Belastung versteuert. Die Steuer, die auf den Kapitalwert der Belastung entfällt, ist jedoch bis zu deren Erlöschen zinslos zu stunden (§ 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Die Stundung endet vorzeitig nach § 25 Abs. 2 ErbStG, wenn der Erwerber das belastete Vermögen vor dem Erlöschen der Belastung ganz oder teilweise veräußert.

Ob ein Fall des § 25 Abs. 2 ErbStG vorliegt, wenn vor der Veräußerung des Vermögens (hier der Aktien) vereinbart wird, dass mit der Veräußerung der Aktien sich der Nießbrauch auch auf alle Erträgnisse der Vermögenswerte erstreckt, die an die Stelle der jeweils veräußerten Aktien treten, ist bisher von der Rechtsprechung, soweit ersichtlich, nicht entschieden worden.

Die Finanzverwaltung vertritt in R 85 Abs. 4 Sätze 3 und 4 ErbStR die Auffassung, dass unter Veräußerung im Sinne von § 25 Abs. 2 ErbStG nur die entgeltliche Übertragung des Vermögens oder eines Vermögensteils zu verstehen sei, Entgeltlichkeit aber auch vorliege, soweit bei einer Veräußerung ein Nießbrauch oder ein sonstiges Nutzungsrecht an einem Surrogat bestellt werde.

Moench hält diese Auslegung von § 25 Abs. 2 ErbStG ohne nähere Begründung für "nicht zwingend" (Moench, Erb- und Schenkungsteuer, Kommentar, § 25 Rz. 28). Kapp/Ebeling vertreten unter Berufung auf Moench die Auffassung, dass von einer Veräußerung belasteten Vermögens im Sinne von § 25 ErbStG dann nicht die Rede sein könne, wenn die ursprüngliche Belastung an dem Surrogat fortgesetzt werde (Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 25 Rz. 55).

§ 25 Abs. 2 ErbStG ist im Kontext mit der Regelung in § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu sehen, wonach der Erwerb belasteten Vermögen in den dort genannten Fällen ohne Berücksichtigung der Belastung zu versteuern ist. Der Erwerber des belasteten Vermögen soll nicht gezwungen werden, die auf die Belastung entfallenden Steuer zu zahlen, bevor ihm die Nutzungen zustehen und er über die Substanz verfügen kann.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 25 Abs. 2 ErbStG gilt dies jedoch nur für den ursprünglichen Erwerb des belasteten Vermögens; mit dessen Veräußerung endet die Stundung. Mit der Veräußerung wird nämlich der Beschenkte regelmäßig in die Lage versetzt, die Schenkungsteuer mit Hilfe des Veräußerungserlöses zu bezahlen. Vereinbart der Beschenkte mit dem Schenker die Fortsetzung der Belastung an dem Verkaufserlös, so handelt es sich dabei um neue Vereinbarungen, die von der ursprünglichen Schenkung zu trennen sind, und zwar selbst dann, wenn sie in demselben Vertrag vereinbart worden sind. Der Gesetzgeber hätte sicherlich die Möglichkeit gehabt, auch für diesen Fall die Fortdauer der Stundung zu bestimmen. Er hat es jedoch nicht getan, so dass nach Auffassung des Senats die vom Kl begehrte Auslegung im Wege teleologischer Reduktion jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des zu entscheidenden Streitfalls nicht geboten ist.

Die Besonderheiten im Streitfall bestehen darin, dass der Kl. und sein Vater nicht entsprechend der Regelung in § 3 Abs. 3 Vertrags vom 29.12.1998 verfahren sind. Nach § 3 Abs. 3 des Vertrags vom 29.12.1998 sollte sich im Fall des Verkaufs der Aktien der Nießbrauch "auf alle Erträgnisses der Vermögenswerte, die an die Stelle der jeweils veräußerten Aktien treten", erstrecken. Der Kl. und sein Vater haben aber eine andere und damit eine neue Vereinbarung getroffen. Abweichend von der bisherigen Regelung haben der Kl. und sein Vater mit Vertrag vom 29.12.1999 vereinbart, dass der Kl. "aus dem Ergebnis der Gesellschaft zulasten des Nießbrauchs" seines "Vaters jährlich ein Gewinnvorab von ... DM 75.000 DM brutto erhalten" soll und der Vater des Kl. gegenüber dem Kl. insoweit auf das ihm gemäß § 3 des Vertrags vom 29.12.1998 vorbehaltene Nießbrauchsrecht verzichtet.

Der Senat kann im Streitfall offen lassen, ob er sich der Auffassung des Kl. anschließen könnte, die Belastung des Kl., bei Verkauf der Aktien den Nießbrauch auch an dem Surrogat einzuräumen, als bereicherungsmindernde Duldungsauflage zu behandeln. Denn selbst wenn der Senat insoweit der Auffassung des Kl. folgen würde, bleibt es unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Streitfalls dabei, dass zwar die Bedingung (Verkauf der geschenkten Aktien) eingetreten wäre, der Kl. und sein Vater aber eine neue Vereinbarung geschlossen haben, wonach sich der Nießbrauch nicht in der Weise fortgesetzt hat, wie dies ursprünglich in dem Vertrag vom 29.12.1998 vereinbart war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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