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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 08.12.2008
Aktenzeichen: 3 K 2849/06 Erb
Rechtsgebiete: ErbStG


Vorschriften:

ErbStG § 7 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob eine freigebige Zuwendung vorliegt.

Die Eltern der Klägerin setzten sich gegenseitig zu alleinigen Erben ein. Sie bestimmten, dass nach dem Tode des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an ihre Tochter V 2, die Klägerin, fallen solle. Außerdem ordneten sie an, dass ihre Tochter V 2 nach dem Tod des Erstversterbenden ein Vermächtnis in Höhe von 30.000 DM erhalten solle; das Vermächtnis sei unverzinslich und fällig beim Tode des Überlebenden. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Testament vom 03.03.1969 (UR-Nr. 70/1969 des Notars W in U, Erbschaftsteuerakte der Frau V 1, Steuernummer ).

Nachdem die Klägerin von ihren Eltern über die Erbeinsetzung in Kenntnis gesetzt worden war, erklärte die Klägerin Folgendes:

"1.) ... Ich habe von der vorbezeichneten Erbeinsetzung nach dem Tode des längstlebenden Elternteils Kenntnis genommen.

Mit Rücksicht hierauf bin ich bereit, meine Pflichtteilsansprüche mit dem Tode des zuerstversterbenden Elternteils bis zum Eintritt des weiteren Erbfalls zu stunden.

Der Notar wies darauf hin, dass auch ein Pflichtteilsverzichtsvertrag geschlossen werden könne; einen Pflichtteilsverzichtvertrag wünschten die Erschienenen jedoch nicht

2.) ...

Mit Rücksicht auf die erfolgte Erbeinsetzung nach dem Tode des Längstlebenden meiner Eltern stunde ich hiermit gegenüber den Erschienen zu 1.) und 2.) unwiderruflich meinen Pflichtteilsanspruch dem überlebenden Elternteil gegenüber bis zu dessen Tode."

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die notarielle Urkunde vom 01.02.1987 (UR-Nr. 54/1987 des Notars T in U, Schenkungsteuerakte).

Der Vater der Klägern verstarb am 20.04.1996. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin ist in den an die Alleinerbin gerichteten Erbschaftsteuerbescheiden vom 04.06.1997 und vom 04.12.1997, die bestandskräftig geworden sind, ein Pflichtteilsanspruch der Klägerin als Nachlassverbindlichkeit nicht erfasst.

Am 03.02.2004 verstarb die Mutter der Klägerin. In der von der Klägerin nach dem Tod ihrer Mutter abgegebenen Erbschaftsteuererklärung, eingegangen beim Beklagten im Dezember 2004, ist in Zeile 108 der Pflichtteilsanspruch in Höhe von 272.926 Euro (entspricht 533.795,25 DM) als Nachlassverbindlichkeit angesetzt worden, und zwar unter Hinweis auf die Urkunde vom 01.02.1987 (UR-Nr. 54/1987); auf die Erbschaftsteuererklärung wird hingewiesen, Erbschaftsteuerakte).

In dem Erbschaftsteuerbescheid betreffend den Erbfall nach der Mutter berücksichtigte der Beklagte den Pflichtteilsanspruch abgezinst (Bescheid vom 29.06.2005, Erbschaftsteuerakte). Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, über den noch nicht abschließend entschieden worden ist. In dem Einspruchsverfahren gab die Klägerin den Verkehrswert des Pflichtteilsanspruchs mit 812.716 DM an; auf das Schreiben vom 02.05.2005 und die diesem Schreiben beigefügte Anlage wird Bezug genommen (Erbschaftsteuerakte).

In dem Vorteil, den die Klägerin aus der zinslosen Stundung ihres Pflichtteilsanspruchs nach dem Tode ihres Vaters hatte, sah der Beklagte eine Schenkung. Der Verzicht auf die Zinsen sei als Schenkung an den Verpflichteten, das heißt den Erben, zu behandeln.

Der Beklagte berechnete den Zinsvorteil wie folgt: 5,5 % Zinsen von 812.716 DM = 44.699 DM x Vervielfältiger 6,397 (interpoliert) = 285.939 DM. Der Beklagte setzte die Schenkungsteuer von einem Wert des Erwerbs von 285.939 DM unter Berücksichtigung des Freibetrags nach § 16 ErbStG von 20.000 DM von einem steuerpflichtigen Erwerb von abgerundet 265.900,- DM auf 45.203 DM (23.111 EUR) fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schenkungsteuerbescheid vom 07.07.2005 Bezug genommen (Schenkungsteuerakte).

Die Klägerin legte Einspruch ein. Die Zinsforderung für den Pflichtteilsanspruch der Klägerin gegenüber der Mutter sei mit dem Tode der Mutter untergegangen. Am Todestag habe die Mutter der Klägerin eine Verbindlichkeit gegenüber ihrer Tochter aus den thesaurierten Zinsen für den Pflichtteilsanspruch gehabt. Dieser Betrag mindere zusätzlich das von der Klägerin zu übernehmende Vermögen. Eine gesetzliche Zinspflicht im Falle der Stundung des Pflichtteilsanspruchs existiere nicht. Auch sei nicht aus einer nicht vereinbarten Verzinsung des gestundeten Pflichtteilsanspruchs ein Verzicht abzuleiten. Ein Verzicht auf eine mögliche Verzinsung sei auch gar nicht ausgesprochen worden.

Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid und wandte den Vielfältiger 6,367 an, der sich ergebe, wenn man auf eine Laufzeit von sieben Jahren und 284 Tagen interpoliere. Der Beklagte setzte die Schenkungsteuer danach von einem Wert des Erwerbs von 284.598 DM unter Berücksichtigung des Freibetrags nach § 16 ErbStG in Höhe von 20.000 DM von einem steuerpflichtigen Erwerb von abgerundet 264.500 DM auf 44.965 DM (22.990 EUR) fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den geänderten Bescheid vom 18.05.2006 Bezug genommen (Schenkungsteuerakte).

Den Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück. Die Zuwendung der durch die Stundung des Pflichtteilsanspruchs gewährten Nutzungsvorteile sei objektiv unentgeltlich erfolgt, denn die Mutter der Klägerin habe darauf keinen Rechtsanspruch gehabt. Auch ergebe sich aus dem Vertrag nicht, dass die Zuwendung mit einer anderweitigen Gegenleistung verknüpft worden sei. Auch der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei verwirklicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 31.05.2006 Bezug genommen.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Die Vereinbarung der Stundung des Pflichtteilsanspruchs stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Schlusserbeneinsetzung der Klägerin nach dem Tode des überlebenden Elternteils und sei als Gegenleistung hierfür anzusehen. Nach der Wortwahl, dem gesamten textlichen Zusammenhang und dem offensichtlich beabsichtigen Zweck der vertraglichen Regelungen der Eltern im Testament vom 03.03.1969 und der notariellen Vereinbarung der Eltern mit der Klägerin vom 01.02.1987 sei davon auszugehen, dass die Stundung des Pflichtteilsanspruchs nur deshalb erfolgt sei, weil die Klägerin davon ausgegangen sei, dass sie Alleinerbin nach dem letztversterbenden Elternteil werde. Die Stundung des Pflichtteilsanspruchs sei damit praktisch die Gegenleistung für die Erbeinsetzung. Von einer objektiven Unentgeltlichkeit dieser Stundung könne deshalb nicht gesprochen werden. Aus diesen Gründen fehle es auch im subjektiven Tatbestand für die Annahme einer freigebigen Zuwendung. Die Klägerin habe nicht in dem Bewusstsein gehandelt, dass sie für die von ihr ausgesprochene Stundung keine Gegenleistung erhalte. Vielmehr habe sie die Gegenleistung in ihrer Alleinerbschaft des nicht ganz unbedeuteten Vermögens beider Eltern gesehen.

Auch in der nicht ausdrücklich vorgenommenen Vereinbarung der Nichtverzinsung des gestundeten Pflichtteilsanspruchs könne keine freigebige Zuwendung gesehen werden. In der Urkunde vom 01.02.1987 hätten die Vertragsparteien keinerlei Regelungen darüber getroffen, ob die Stundung verzinslich oder unverzinslich erfolgen solle. Dem gegenüber sei in dem Testament vom 03.03.1969 ausdrücklich angeordnet worden, dass das Vermächtnis, das die Eltern der Klägerin zugewendet hatte, unverzinslich gewesen sei. Eine vergleichbare Regelung fehle bei dem gestundeten Pflichtteilsanspruch. Von einer vereinbarten Unverzinslichkeit könne deswegen nicht ausgegangen werden.

Außerdem sei die Stundung des Pflichtteilsanspruchs im Zusammenhang mit den beiden Erbfällen zu sehen. Es frage sich, ob der Pflichtteilsanspruch bereits mit dem Tode des Vaters erbschaftsteuerrechtlich zu erfassen und zu besteuern gewesen sei oder ob die Erbschaftsteuer insoweit erst mit dem Tode der Mutter entstanden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 22.09.2006, Bl. 15 ff. der Gerichtsakte.

Die Klägerin weist weiter insbesondere darauf hin, dass sie gegenüber ihrer Mutter niemals auf eine angemessene Verzinsung verzichtet habe. Aber selbst wenn sie den Pflichtteilsanspruch ausdrücklich zinslos gestundet hätte, handele es sich nach ihrer Auffassung nicht um eine unentgeltliche Zuwendung. Die Klägerin weist auf die Urteile des BFH vom 27.08.2003 (II R 58/01, BStBl. II 2003, 922 ), vom 11.04.2006 (II R 13/04, BFH/NV 2006, 1665) und vom 27.06.2007 (II R 30/05, BStBl. II 2007, 651) hin. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 29.10.2008 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid vom 07.07.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 31.05.2006 aufzuheben,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens,

die Revision zuzulassen.

Die Klägerin habe den Pflichtteilsanspruch nach dem Tod ihres Vaters ernstlich geltend gemacht, ansonsten wäre es gar nicht zu einer Stundungsvereinbarung gekommen. Denn ein Anspruch könne nur gestundet werden, wenn er auch geltend gemacht und damit fällig geworden sei. Dabei könne es keine Rolle spielen, dass die Stundungsvereinbarung bereits vor dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten vereinbart worden sei. Die Wirkung sei erst mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs eingetreten.

Der Auffassung der Klägerin, dass die eigentliche Stundung des Pflichtteilsanspruchs die Gegenleistung für die Erbeinsetzung gewesen sei, könne nicht gefolgt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Finanzamts vom 26.10.2006 Bezug genommen.

Die Berichterstatterin hat die Sach- und Rechtslage am 24.07.2008 erörtert; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Der Senat am 08.12.2008 mündlich verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat die zinslose Stundung des Pflichtteilsanspruchs, den die Klägerin nach dem Tode ihres Vater gegenüber ihrer Mutter erlangt hatte, zu Recht als freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG angesehen.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 12.07.1979 II R 26/78, BStBl II 1979, 631 , vom 30.03.1994 II R 105/93, BFH/NV 1995, 70 und vom 07.10.1994 II R 64/96, BStBl II 1999, 25) ist die Einräumung eines zinslosen Darlehens als unentgeltliche Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anzusehen.

Der Senat ist der Überzeugung, dass im Streitfall die Stundung zinslos vereinbart worden ist. Denn in der notariellen Urkunde vom 01.02.1987 haben die Beteiligten keine Vereinbarung über einen Zinsanspruch getroffen. Die Klägerin selbst hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Frage, ob Zinsen zu zahlen seien, schon deswegen nicht zur Debatte gestanden habe, weil sie zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch eine Jugendliche gewesen sei; ihre Eltern und sie selbst seien nie auf die Idee gekommen, über Zinsen zu reden.

Gegenstand der Zuwendung ist im Fall der Einräumung eines zinslosen Darlehens die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital zu nutzen.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt, ist die zinslose Stundung als unentgeltliche Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anzusehen.

Gegenstand der Zuwendung ist die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das in Form des Pflichtteilsanspruchs überlassene Kapital zu nutzen. In der Literatur ist diese Frage umstritten. Moench (DStR 1987, 139) und Meincke (Erbschaftsteuergesetz, Kommentar. 14. Aufl. 2004, § 7 Anm. 50 und § 9 Anm. 33) sehen in dem Absehen des Pflichtteilsberechtigten von einem Verlangen nach einer angemessenen Verzinsung des (bis zum zweiten Erbfall gestundeten) Pflichtteils eine freigebige Zuwendung unter Lebenden mit der Folge der Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Diese Auffassung halten Dressler (NJW 1997, 2848 unter Hinweis auf Gebel, DStZ 1992, 577) und Ebeling (NJW 1998, 358) nicht für zutreffend.

Ebeling weist darauf hin, der BFH sehe in der Unverzinslichkeit eines unter Angehörigen vereinbarten Darlehens eine freigebige Zuwendung, weil derartige Gestaltungen unter Fremden und im allgemeinen Wirtschaftsleben nicht üblich seien; dieser Rechtsgedanke sei auf Pflichtteilsschulden nicht ohne weiteres übertragbar. Der erkennende Senat hält diese Ausführungen nicht für zutreffend. Es ist zwar richtig, dass die Entscheidungen des BFH jeweils Fälle der Darlehensgewährung zwischen nahen Angehörigen zum Gegenstand hatten. Aus den Gründen ist aber nicht ersichtlich, dass ein wie auch immer gearteter "Fremdvergleich" für die Entscheidung des BFH eine Rolle gespielt hätte. Der Senat ist deswegen der Auffassung, dass nach der Rechtsprechung des BFH nicht nur die Gewährung zinsloser Darlehen unter Angehörigen zu der Annahme einer freigebigen Zuwendung führt, sondern dass die Gewährung zinsloser Darlehen grundsätzlich zu der Annahme einer freigebigen Zuwendung führt, Ausnahmen sind im Einzelfall nicht ausgeschlossen; Anhaltspunkte hierfür sind im Streitfall allerdings nicht ersichtlich.

Dressler (a.a.O) folgert aus der Steuerfreiheit des Verzichts auf die Geltendmachung des Pflichtteils (§ 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG) und der Steuerfreiheit der Nichtgeltendmachung eines Teilanspruchs, dass der viel geringe wirtschaftliche Vorteil eines bloß zinsfreien Aufschubs des Zahlungstermins nicht der Schenkungsteuer unterliegen könne. Diese Schlussfolgerung teilt der Senat aber nicht. Denn die Rechtsfolgen sind unterschiedlich, je nach dem, ob auf den Pflichtteilsanspruch verzichtet wird oder ob der Pflichtteilsanspruch gestundet und auf die Stundungszinsen verzichtet wird. Es handelt sich um zwei ganz verschiedene rechtliche Vorgänge, die beide nach Auffassung des Senats dem Grunde nach eine freigebige Zuwendung darstellen, wobei gesetzlich angeordnet der Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs steuerfrei bleibt.

Der vom Senat vertretenen Auffassung, dass die zinslose Stundung des Pflichtteilsanspruchs als unentgeltliche Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG anzusehen ist, steht nicht entgegen, dass im Streitfall zum Zeitpunkt der Stundung des Pflichtteilsanspruchs dieser zivilrechtlich noch nicht entstanden war. Nach § 2317 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entsteht der Anspruch auf den Pflichtteil zwar erst mit dem Erbfall. Es handelt sich aber um eine künftige Forderung, auf die ein Anwartschaftsrecht besteht und die beispielsweise schon vor ihrer Entstehung abgetreten werden kann (vgl. Palandt, BGB, 66. Auflage 2007, § 311b Rn. 75, § 398 Rn. 11). Auch ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) anerkannt, dass das Pflichtteilsrecht der Abkömmlinge, des Ehegatten und der Eltern eines Erblassers - als Quelle, aus der mit dem Erbfall ein Pflichtteilsanspruch entstehen kann - ein Rechtsverhältnis ist, das schon zu Lebzeiten des Erblassers besteht, rechtliche Wirkungen äußert und gerichtlich festgestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2004 IV ZR 123/03, NJW 2004, 1874). So kann der Pflichtteilsberechtigte bereits vor dem Erbfall einen Vertrag mit anderen gesetzlichen Erben über seinen Pflichtteil abschließen (§ 311b Abs. 5 BGB). Er kann ferner durch Vertrag mit dem Erblasser auf sein Pflichtteilsrecht verzichten (§ 2346 Abs. 2 BGB). Dies gilt, obwohl vor Eintritt des Erbfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass - etwa wegen Überschuldung des Nachlasses - gar kein Pflichtteilsanspruch entsteht.

Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs ist Voraussetzung für Besteuerung als Erwerb von Todes wegen beim Pflichtteilsberechtigten (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) bzw. für die Berücksichtigung als Nachlassverbindlichkeit beim Erben (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG). Sie ist nach Auffassung des Senats aber nicht erforderlich für die Stundung eines erst noch entstehenden Pflichtteilsanspruchs.

Der Pflichtteilsanspruch ist zwar erst mit Verzug oder Rechtshängigkeit verzinslich (Bayerisches Oberstes Landesgericht , Beschluss vom 22.12.1980 BReg 1 Z 116/80, MDR 1981, 404 unter Hinweis auf BGH, DRiZ 1969, 278/281, wo das unveröffentlichte Urteil des BGH vom 11.03.1968 III ZR 215/65 zitiert wird). Davon zu unterscheiden ist aber die Frage der Verzinslichkeit, wenn der Anspruch gestundet wird, so dass der Senat auch hier keinen Widerspruch erkennen kann.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Schlusserbeneinsetzung nicht als Gegenleistung für die Vereinbarung der Stundung des Pflichtteilsanspruchs anzusehen. Denn die Erbeinsetzung der Klägerin beruht auf dem Testament ihrer Eltern vom 03.03.1969, während die Vereinbarung über die Stundung des Pflichtteilsanspruchs erst mit notarieller Urkunde vom 01.02.1987 erfolgte, so dass schon aufgrund der zeitlichen Abfolge von einer Gegenleistung nicht ausgegangen werden kann. Selbst wenn man aber mit der Klägerin eine Gegenleistung in der Stundung des Pflichtteilsanspruchs sehen wollte, ist jedenfalls die Zinslosigkeit der Stundung des Pflichtteilsanspruchs davon getrennt zu beurteilen.

Gegen die Berechnung des Werts des Erwerbs hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben; nach Aktenlage sind auch keine Mängel der Berechnung durch den Beklagten feststellbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

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