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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 31.07.2008
Aktenzeichen: 4 K 2376/07 E
Rechtsgebiete: FGO, EStG, GG


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1
EStG § 10 Abs. 1
EStG § 10 Abs. 4a
EStG § 10c Abs. 5
EStG § 39a Abs. 1
EStG § 39b Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte (Bekl.) es zu Recht abgelehnt hat, vorläufig einen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte des Klägers (Kl.) einzutragen.

Der 1951 geborene Kl., der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, schloss mit der L Lebensversicherungs-AG einen Vertrag über eine sog. Basisrente ("Rürup-Rente"). In dem Vertrag vom 05.04.2007, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, wurde vereinbart, dass der Kl. gegen eine Einmalzahlung von 35.000 EUR ab 01.05.2016 eine lebenslange Garantierente von 163,43 EUR monatlich erhalten solle.

Mit Schreiben vom 07.05.2007 beantragte der Kl. beim Bekl. die Eintragung eines Freibetrags in Höhe von 22.400 EUR (64 % des gezahlten Beitrags von 35.000 EUR) auf seiner Lohnsteuerkarte. Der Bekl. lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10.05.2007 ab. § 39 a Einkommensteuergesetz (EStG) sehe die Eintragung eines entsprechenden Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte nicht vor. Der Kl. legte dagegen Einspruch ein, den der Bekl. mit Einspruchsentscheidung vom 01.06.2007 als unbegründet zurückwies. In den Gründen der Einspruchsentscheidung führte er aus, dass in § 39 a Abs. 1 EStG abschließend aufgezählt sei, für welche Beträge ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden könne. § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG werde in § 39 a Abs. 1 EStG nicht genannt. Eine Berücksichtigung der betreffenden Aufwendungen im Lohnsteuerermäßigungsverfahren scheide daher aus. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestünden nicht.

Der Kl. hat Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, nach den neuen Regelungen in § 10 Abs. 3 Sätze 1, 2, 4, 6 und 7 und Abs. 4 a Sätze 1 bis 3 EStG seien zusätzliche Sonderausgaben i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in Höhe von 22.400 EUR steuermindernd zu berücksichtigen. In der das Lohnsteuerermäßigungsverfahren regelnden Vorschrift des § 39 a EStG seien Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG zwar nicht ausdrücklich aufgeführt. Offenbar sei aber übersehen worden, dass es für Arbeitnehmer hierdurch zu einer Schlechterstellung im Vergleich zu solchen Steuerpflichtigen komme, die nach § 37 EStG Vorauszahlungen zu leisten hätten, wenn das Gesetz die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte nicht vorsehe. Diese Regelungslücke sei durch eine analoge Anwendung des § 39 a Abs. 1 Nr. 2 EStG zu schließen. Da es sich bei dem Lohnsteuerabzugsverfahren lediglich um einen Unterfall des Einkommensteuervorauszahlungsverfahrens handele, liege auch eine Ungleichbehandlung vor, die gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstoße. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Eintragung des Freibetrags für ihn, den Kl., wirtschaftlich von Gewicht sei. Sein monatliches Bruttogehalt belaufe sich auf 5.542 EUR. Würde der Freibetrag wie beantragt eingetragen, würde der monatliche Freibetrag 3.200 EUR betragen.

Im Nachgang zum Senatsbeschluss wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) vom 16.07.2007, Az. 4 V 2377/07 E, verweist der Kl. ergänzend auf die besondere politische und gesellschaftliche Bedeutung der Gesetzesänderung und der Einführung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) zum 01.01.2005 sowie auf die inzwischen wohl anzunehmende finanzielle und zahlenmäßige Relevanz dieser Kapitalanlage. Demgegenüber sei der Verwaltungsaufwand zur unterjährigen Berücksichtigung der Aufwendungen bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren zu vernachlässigen.

Nach dieser Gesetzesänderung durch das AltEinkG zum 01.01.2005 und der gesetzlichen Nachbesserung zum 01.01.2006 (keine Kürzung des Vorwegabzugs) sei von vollständig geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen auch im Hinblick auf das zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 07.06.1989 X R 12/84, BStBl. II 1989, 976 auszugehen. Im Streitjahr komme der zu berücksichtigende Aufwand i.H.v. 22.400 EUR zu den maximal abziehbaren Sonderausgaben i.H.v. 9.447 EUR hinzu.

Nach Durchführung verschiedener Rentabilitätsberechnungen werde deutlich, dass nur im günstigsten Fall mit einem rechnerischen Überschuss aus dieser Kapitalanlage gerechnet werden könne. Dennoch werde diese Form der Alterssicherung inzwischen sowohl von Unternehmern als auch von Arbeitnehmern gewählt. Sie finanzierten damit ihre eigene Alterssicherung durch Konsumverzicht und verfolgten gleichzeitig ein politisch und gesellschaftlich befürwortetes Ziel, nämlich im Alter nicht der Allgemeinheit zur Last zu fallen. Dabei stelle sich die Berücksichtigung als Sonderausgaben nicht als Geschenk, sondern als sachgerechte Konsequenz der späteren Steuerpflicht dar. Die Steuern auf diese Einkünfte würden später unter normalen Umständen ebenfalls unterjährig eingefordert.

Wenn der BFH in seinem Beschluss vom 29.04.1992 VI B 152/91, BStBl. II 1992, 752 zu der Annahme gelangt sei, es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden könnten, müsse dies erst recht für die hier geltend gemachten, gesellschaftlich besonders gewünschten Sonderausgaben gelten, zumal Verluste aus Vermietung und Verpachtung wohl vielfach auf sogenannte Abschreibungsgestaltungen zurückzuführen seien.

Ziehe man demgegenüber in Betracht, mit welch vergleichsweise geringem gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Aufwand die geltend gemachten Aufwendungen bereits im Ermäßigungsverfahren Berücksichtigung finden könnten, sei die durch die Ablehnung der Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte bewirkte Schlechterstellung von Arbeitnehmern im Lohnabzugsverfahren gegenüber Selbständigen im Vorauszahlungsverfahren sachlich nicht gerechtfertigt. Die Voraussetzungen, unter denen auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in seinem Beschluss vom 08.10.1991 1 BvL 50/86, HFR 1992, 75; DB 1991, 2522 durch Typisierung und Pauschalierung eintretende Härten und Ungerechtigkeiten hinzunehmen seien, lägen nicht vor.

Nach Erlass des Einkommensteuerbescheides für 2007 teilt der Kl. mit, dass er das Verfahren als Fortsetzungsfeststellungsklage fortführen wolle. Er, der Kl., habe Ende April 2008 eine weitere Einzahlung über einen Betrag ebenfalls i.H.v. 35.000 EUR geleistet. Das Finanzamt werde wieder die Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte verweigern. Es lägen daher die Voraussetzungen für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach dem BFH-Urteil vom 19.10.2006 III R 4/05, BStBl. II 2007, 637 vor.

Der Kl. beantragt sinngemäß,

festzustellen, dass die Ablehnung der Eintragung des Freibetrages in Höhe von 22.400 EUR auf der Lohnsteuerkarte für 2007 rechtswidrig war;

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt zunächst auf die Einspruchsentscheidung Bezug. Ergänzend führt er aus, soweit der Kl. vortrage, dass die Einzahlung von Beträgen in eine Rentenversicherung durch Einmalbetrag häufig vorkomme, decke sich dies nicht mit den Erfahrungen der Finanzverwaltung. Vielmehr werde hier nur das Verhalten eines geringen Anteils der gesamten Arbeitnehmerschaft dargestellt. Dies rechtfertige keine ergänzende Auslegung des § 39 a EStG. Denn der Gesetzgeber habe nicht die Aufgabe, im Lohnsteuerermäßigungsverfahren schon sämtlichen Einzelfällen gerecht zu werden. Vielmehr liege es in der Natur der Sache und sei aus Praktikabilitätsgründen gerechtfertigt, dass hierbei nicht alle Sonderfälle berücksichtigt werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Steuerakten des Bekl. verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig aber nicht begründet.

Soweit der Kl. auch für den Veranlagungszeitraum 2008 die Eintragung eines Freibetrages erstrebt, wird sein Klagebegehren einheitlich dahingehend ausgelegt, dass die Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides wegen Eintragung eines Freibetrages für 2007 vom 10.05.2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.06.2007 im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage festgestellt werden soll. Denn die Rechtskraftwirkung eines im Rahmen des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ergehenden Urteils (§ 110 FGO) geht dahin, dass es dem Unterliegenden verwehrt ist, den Obsiegenden erneut in eine Verfahrenssituation zu bringen, in der dieselben Rechtsfragen zu beantworten sind (vgl. Gräber, FGO, 6. Aufl. 2006, § 100 Rz. 65).

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage i.S.v. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig.

Für die ursprünglich auf Eintragung des Freibetrags gerichtete und als solche zulässige Klage ist das Rechtsschutzbedürfnis mit Erlass des Einkommensteuerbescheides 2007 vom 06.05.2008, in dem die streitigen Sonderausgaben anerkannt wurden, entfallen. Der BFH nimmt aber in gefestigter Rechtsprechung an, es bestehe ein berechtigtes Interesse nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO an der Feststellung, dass der ursprünglich erlassene Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen sei, wenn sich die zu beurteilende Streitfrage für die künftigen Lohnsteuerverfahren in gleicher Weise stelle (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2006 III R 4/05 aaO m.w.N.).

Im Streitfall besteht ein berechtigtes Interesse, weil nach dem unbestrittenen Vortrag des Kl. im Rahmen der Ausstellung bzw. Änderung der Lohnsteuerkarte auch für das Jahr 2008 wiederum zu entscheiden ist, ob er über den Wortlaut des § 39 a Abs. 1 Nr. 1 bis 8 EStG hinaus einen Anspruch auf Eintragung eines Ermäßigungsbetrages für Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG i.H.v. 22.400 EUR hat.

Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Bekl. es abgelehnt, diesen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte für 2007 einzutragen. Der Ablehnungsbescheid vom 10.05.2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.06.2007 ist rechtmäßig.

Gem. § 39 a Abs. 1 EStG wird auf der Lohnsteuerkarte als vom Arbeitslohn abzuziehender Freibetrag die Summe der in Nr. 1 bis 8 aufgeführten Beträge eingetragen. Zu diesen Beträgen gehören nach § 39 a Abs. 1 Nr. 2 EStG die Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1 a, 4, 5, 7 bis 9 und des § 10 b EStG, soweit sie den Sonderausgabenpauschbetrag von 36 EUR übersteigen. § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG ist nicht aufgeführt. Nach dieser Vorschrift sind - unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - Beiträge des Steuerpflichtigen zum Aufbau einer eigenen kapitaldeckenden Altersversorgung (im Rahmen der Höchstbeträge nach § 10 Abs. 3, Abs. 4 a EStG) als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Dass für Vorsorgeaufwendungen kein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden kann, während bei Berechnung der Einkommensteuervorauszahlungen - im Rahmen der Höchstbeträge - die tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt werden, benachteiligt den Kl. Er hat gemessen an seinen Gesamteinkünften zunächst eine zu hohe Einkommensteuer zu zahlen, die ihm erst nach Durchführung der Veranlagung wieder erstattet wird.

Diese mit dem Ausschluss des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens für Vorsorgeaufwendungen verbundenen Nachteile sind jedoch durch die Besonderheiten dieses Verfahrens sachlich gerechtfertigt. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt nicht vor, weil die Ungleichbehandlung durch die Besonderheiten des Lohnsteuerabzugsverfahrens und die Berücksichtigung der Vorsorgepauschale beim Lohnsteuerabzug gerechtfertigt sind (vgl. FG Baden-Württemberg Urteil vom 30.11.2006 10 K 171/06, [...], nicht rkr., Az. des BFH X R 28/07; ebenso Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 39 a EStG Anm. 11; Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Aufl. 2008, § 39 a Rz. 3; Thürmer in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 39 a EStG, 02/2008, Rdnr. 36).

Der Gesetzgeber darf bei Massenvorgängen aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe wählen und sich mit Typengerechtigkeit begnügen. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn im Lohnsteuerabzugsverfahren, das eine vereinfachte Einkommensbesteuerung mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand bezweckt, steuermindernde Umstände unberücksichtigt bleiben. Der einzelne Arbeitnehmer muss den wirtschaftlichen Nachteil (Liquiditäts- und Zinsnachteil) hinnehmen, den er dadurch erleidet, dass die abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nicht bereits beim Lohnsteuerabzug in voller Höhe, sondern erst bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagung, berücksichtigt werden, (vgl. BFH-Beschluss vom 07.06.1989 X R 12/84, aaO).

Eine Gesamtwürdigung der mit der Lohnsteuererhebung verbundenen Vor- und Nachteile ergibt, dass diese Ungleichheiten der typisiert geregelten und notwendig an der Einkunftsart ausgerichteten Steuererhebung nicht ein Gewicht haben, das den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum vertretbarer Typisierung übersteigt. Ein dem Art. 3 Abs. 1 GG genügender Vergleich darf sich dabei nicht auf die Prüfung eines mit dem Lohnsteuererhebungsverfahren verbundenen Liquiditätsnachteils beschränken, sondern muss in einem Gesamtvergleich die steuererheblichen Unterschiede zwischen den Lohneinkünften und den übrigen Einkunftsarten analysieren und bewerten und dabei die typischerweise zusammentreffenden Vor- und Nachteile für die Belastung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beachten. Gleichheitserheblich ist insoweit der durch die Gesamtregelung hergestellte Belastungserfolg. In diesem Gesamtvergleich sind insbesondere die Verschiedenheiten in den Erklärungs- und Buchführungspflichten einschließlich ihrer Kostenfolge, die jeweiligen Zeitwirkungen der Maßstäbe für Gewinn- und Überschusseinkünfte, die gesetzlichen Regelungen zur Annäherung der Belastungszeitpunkte und zum Ausgleich von Liquiditätsunterschieden, Vereinfachungen und Typisierungen für die einzelnen Einkunftsarten zu beurteilen. Bei einem solchen Gesamtvergleich tritt die Belastungswirkung der in der Regel monatlichen Lohnsteuererhebung jedenfalls hinter die übrigen - teilweise gegenläufig wirkenden - Regelungen über die Erhebung von Lohnsteuer und sonstiger Einkommensteuer zurück. So hat das BVerfG entschieden, dass die Belastungsgleichheit in der Zeit auch nach der Aufhebung des steuerlichen Weihnachts- und Arbeitnehmerfreibetrags durch Art. 1 Nr. 20 des Steuerreformgesetzes 1990 vom 25.07.1988 (BGBl. I S. 1093) durch die in der Regel monatliche Lohnsteuererhebung nur geringfügig berührt wird (BVerfG vom 10.04.1997 - 2 BvL 77/92, BVerfGE 1996, 1 und BStBl. II 1997, 518).

Ein Gleichheitsverstoß liegt deshalb nach Auffassung des erkennenden Senats im Streitfall nicht vor, zumal Versicherungsbeiträge bei der Berechnung der Lohnsteuer - wenn auch nur in Höhe der Vorsorgepauschale - nach § 39 b Abs. 2 Satz 6 Nr. 2 EStG angesetzt werden (Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 39 a Rdnr. 11; Schmidt/Drenseck, EStG, aaO; Stache, in Bordewin/Brandt, EStG, § 39 a Rdnr. 25; a. A. Trzaskalik, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 39 a Rdnr. B 5). Vor diesem Hintergrund fehlt es auch an planwidrigen gesetzlichen Regelungslücke (vgl. Siebenhüter in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 10 c EStG Anm. 12; Hutter in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 10 c EStG, 02/2008. Rdnr. 16 f; Barein in Littmann/Bitz/Putz, Das Einkommensteuerrecht § 39 a Rz. 2).

Soweit der BFH in seinem Beschluss vom 29.04.1992 VI B 152/91, aaO (zu der bis Ende 1993 geltenden Rechtslage) die Ansicht vertreten hat, die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und der Typengerechtigkeit könnten die gravierende Ungleichbehandlung der Lohnbezieher gegenüber der Gruppe der nach § 37 EStG Vorauszahlungspflichtigen bei negativen Einkünften (aus Vermietung und Verpachtung) nicht rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluss vom 27.06.1995 VI R 93/93, BFH/NV 1995, 1058 zu Steuerabzugsbeträgen nach §§ 43 ff EStG), weil das Finanzamt im Fall der Erzielung von Gewinnen oder Überschüssen ungeachtet des Lohnabzugs einen Vorauszahlungsbescheid erlassen hätte, sind diese Aspekte im Streitfall nicht einschlägig. Nach Auffassung des Senats erfährt der Kl. bei den zu beurteilenden Sonderausgaben weder eine solch gravierende Ungleichbehandlung noch steht der Versagung der unterjährigen Steuerminderung für höhere Einzahlungen eine unterjährige Erfassung entsprechender Einkünfte entgegen. Auf die "Qualität" der Aufwendungen kann es ebenfalls nicht ankommen.

Durch die Berücksichtigung der Vorsorgepauschale (einschließlich Günstigerprüfung, § 39 b Abs. 2 Satz 6 Nr. 3 i.V.m. § 10 c Abs. 5 EStG) im Rahmen des Lohnsteuerabzugs werden die Vorsorgeaufwendungen der ganz überwiegenden Anzahl der Lohnbezieher zutreffend erfasst. Dies gilt auch im Hinblick auf Beiträge im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG, soweit sie nun bei der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4 a Satz 2 und 3 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 28. Aufl. 2008, § 10 Rz. 214) zusätzlich berücksichtigungsfähig sein können. Entgegen der Annahme des Kl. ist der erkennende Senat der Auffassung, dass die Einzahlung von größeren - laufenden oder einmal eingezahlten - Beträgen in eine Rentenversicherung nur einem kleineren Personenkreis innerhalb der gesamten Arbeitnehmerschaft möglich sein wird. Innerhalb dieses Personenkreises werden größere Einmaleinzahlung wiederum nur ausnahmsweise in mehr als einem oder zwei Veranlagungszeiträumen erfolgen, so dass es - anders als bei naturgemäß auch mehrjährig auftretenden Vermietungsverlusten - hinzunehmen ist, wenn die Nichtberücksichtigung dieser Aufwendungen zu vorübergehenden Zins- und Liquiditätseinbußen in einzelnen Veranlagungszeiträumen führt. Im Übrigen sind die geltend gemachten Sonderausgaben - anders als negative Einkünfte oder Steuerabzugsbeträge - nur im Rahmen der Höchstbeträge und damit begrenzt, steuermindernd berücksichtigungsfähig. Der maximal eintretende Zins- und Liquiditätsnachteil bleibt so für die Steuerpflichtigen grundsätzlich kalkulierbar. Außerdem kann durch Bestimmung von Zeitpunkt und Höhe der eigenen Leistungen innerhalb des Veranlagungszeitraums beeinflusst werden, wie hoch dieser Nachteil werden kann, zumal wenn die Jahressteuererklärung zeitnah eingereicht wird.

Soweit darüber hinaus eingewandt wird, der Versagung der unterjährigen Steuerminderung stehe demnächst eine unterjährige Erfassung entsprechender Einkünfte gegenüber, lässt dies nicht die Rechtfertigung der Versagung der Eintragung eines Freibetrages im Lohnsteuerermäßigungsverfahren unter den hier einschlägigen Typisierungs- und Vereinfachungsgesichtspunkten entfallen. Denn die den Einzahlungen entsprechenden Einkünfte dürften - anders als vorliegend die Einmalzahlungen - regelmäßig ausgezahlt und besteuert werden.

Entgegen der Auffassung des Kl. ist auch nicht entscheidend, dass die Investition in eine eigene Altersversorgung derzeit politisch und gesellschaftlich als sehr wünschenswert angesehen wird. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann ein steuermindernd zu berücksichtigender Aufwand nicht danach beurteilt werden, ob er - neuerdings - als wünschenswert oder ob er wegen vermehrter - aber gesetzlich zulässiger - Abschreibungsgestaltungen - inzwischen - in Verruf geraten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO benannten Zulassungsgründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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