Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 04.08.2008
Aktenzeichen: 5 K 2044/04 U
Rechtsgebiete: UStG, UStR


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 3 Abs. 12
UStG § 10 Abs. 2 S. 2
UStR 2008 Abschn. 27 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

5 K 2044/04 U

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist bei der Umsatzsteuer 1997 und 1998 nur noch die Fahrzeugüberlassung.

Die Klägerin (Klin.) ist Unternehmerin (Bezirkshändlerin). Bei einer USt-Sonderprüfung (Bericht vom 31.07.2002) stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin sog. Gruppenberaterinnen als selbständige Handelsvertreterinnen einsetzt. Diese Gruppenberaterinnen erhalten zusätzlich zu ihrer Provision eine Provision von 3 % des Umsatzes der von ihnen betreuten Beraterinnen. Außerdem wird ihnen ein von der Klin. geleaster Pkw mit Versicherungsschutz gestellt (Tz 9 Bericht). Er umfasst ein 24-Stunden-Unfallschutz-Programm für die Gruppenberaterin und ihren Ehemann. Auch die GEZ-Gebühr für das Autoradio wird von der Klin. bezahlt. Insgesamt sollen nach dem Sachvortrag der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ca. 300 Beraterinnen für die Klin. tätig sein. In 1997 hatte die Klin. 14 Fahrzeuge und in 1998 18 Fahrzeuge geleast. Als Fahrzeuge standen in den Streitjahren für die Gruppenberaterinnen zwei Fahrzeugtypen zur Verfügung, wobei das bessere Modell bei höheren Umsätzen etc. verfügbar war.

Opel Astra in weiß

Das war das Grundmodell.

Opel Astra in rot

Dieser Pkw verfügt abweichend vom Grundmodell zusätzlich über ein Schiebedach, ein Radio und einen 10 PS stärkeren Motor.

Seit September 2003 standen ein Opel Meriva als Grundmodell, als besseres Modell ein Opel Zafira (bei Jahresgruppenumsatz von 120.000 Euro und Beförderung einer Beraterin zur Gruppenberaterin) und als bestes Modell ein Mercedes Benz E-Klasse T-Modell (bei einem Jahresgruppenumsatz von 200.000 Euro und Beförderung von drei Beraterinnen zu Gruppenberaterinnen) zur Verfügung.

Der Prüfer ging davon aus, dass es sich bei der Pkw-Nutzung um tauschähnliche Umsätze gemäß § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG handele und die von der Klin. getragenen Kfz-Aufwendungen (Leasingraten) eine Zusatzprovision darstellen (Tz 14 USt-Bericht). Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 15.08.2004 entsprechend geänderte USt-Bescheide 1997 und 1998.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (EE vom 17.03.2004) trägt die Klin. mit der Klage vor, die Fahrzeugüberlassung sei kein tauschähnlicher Umsatz. Es fehle an einer Leistung gegen Entgelt. Die Pkw-Überlassung diene allein ihren betrieblichen Gründen. Der Pkw werde aus betrieblichen Gründen und zur Kostenersparnis zur Verfügung gestellt. Eine Gruppenberaterin habe einen erheblichen Mehraufwand an Fahrten wegen der Akquisitionen und Betreuung der Beraterinnen. Sie gewähre den Gruppenberaterinnen keinen Fahrtkostenersatz, sondern stelle ihnen Pkw unentgeltlich zur Verfügung. Sie trage nur die monatlichen Leasing-Raten, in denen die Versicherungsprämie enthalten sei. Dadurch unterscheide sich der Streitfall von der üblichen "Überlassung von Kfz". Die verbrauchsabhängigen laufenden Kosten würden von den Gruppenberaterinnen getragen. Aus ihren Berechnungen folge, dass keine Privatfahrten erfolgt seien, obwohl keine Fahrtenbücher vorliegen würden. Sie habe das Führen von Fahrtenbüchern durch die Gruppenberaterinnen angestrebt, dies werde jedoch von den Gruppenberaterinnen nicht umgesetzt. Wegen der relativ hohen Zahl von Gruppenberaterinnen sei eine Überprüfung der Einhaltung des Verbots der privaten Nutzung nur stichprobenartig möglich (vgl. Schriftsatz der Klin. vom 26.08.2003). Im Übrigen dürfe der private Anteil höchstens auf 5 % geschätzt werden. Rechtlich handele es sich um einen sog. beistellungsähnlichen Vorgang, der nicht am Leistungsaustausch teilnehme und umsatzsteuerlich unbeachtlich sei.

Die geänderten USt-Bescheide vom 23.11.2005 sind gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuer-Bescheid 1997 und den Umsatzsteuer-Bescheid 1998, jeweils vom 23.11.2005 dahin zu ändern, dass im Jahre 1997 die Umsatzsteuer um 6.001,11 DM (3.067,81 Euro) und im Jahre 1998 um 6.973,92 DM (3.565,71 Euro) gemindert wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es meint, dass die Überlassung der Pkw ein tauschähnlicher Umsatz sei. Die Pkw würden nicht ausschließlich beruflich genutzt. Entsprechende Fahrtenbücher würden nicht verlangt und nicht kontrolliert. Bereits die nicht gesicherte ausschließliche berufliche Nutzung widerlege die rechtliche Einordnung als beistellungsähnlichen Vorgang.

Die Überlassung der PKW sei die Gegenleistung für die von der Gruppenberaterin erbrachte Leistung und erfolge anstelle einer Geldprämie oder ähnlichem. Bereits dies zeige die Leistung, zumal sonst allen Beraterinnen - und nicht nur ausgewählten Gruppenberaterinnen - ein Pkw gestellt würde.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Wortlaut der Broschüre "Die Gruppenberaterinnen und ihr Fahrzeug" (Bp-Akte) und die Gerichts- und Steuerakten Bezug genommen.

Der Senat hat am 28.02.2008 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998 sind rechtlich nicht zu beanstanden. Das FA hat die Fahrzeugüberlassung an die Gruppenberaterinnen zutreffend als tauschähnlichen Umsatz i. S. v. § 3 Abs. 12 UStG beurteilt und zu Recht einen beistellungsähnlichen Vorgang verneint.

Für eine tauschähnliche Leistung ist erforderlich, dass sich zwei entgeltliche Leistungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegenüberstehen, die durch die Modalität der Entgeltvereinbarung (Tausch) verknüpft sind. Für einen Leistungsaustausch ist auf der Seite des leistenden Unternehmers ein Verhalten erforderlich, das auf den Erhalt einer Gegenleistung im Austausch gegen die erbrachte Leistung abzielt oder geeignet ist, eine Vergütung für die erbrachte Leistung auszulösen. Dabei reicht es aus, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass die Sachleistung eine zusätzliche Entlohnung darstellen soll. Diese Zweckgerichtetheit ist gegeben, wenn der leistende Unternehmer nach den Gesamtumständen erkennbar nur um der Gegenleistung willen leistet. Das ist bei gegenseitigen Verträgen zu bejahen. Ein Leistungsaustausch kann folglich nur zustande kommen, wenn sich die Leistung auf den Erhalt einer (möglichen) Gegenleistung richtet. Die Annahme einer Leistung gegen Entgelt i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfordert deshalb, dass eine zum Zweck der Entgeltserzielung erbrachte Leistung gegeben ist, vgl. EuGH vom 21.03.2002 Rs C - 174/00 - Kennemer Golf & Country Club, UR 2002, 320; ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH vom 06.12.2007, V R 42/06, BFH/NV 2008, 518. Weiter setzt die Annahme einer Leistung durch Nutzungsüberlassung die Möglichkeit für den Leistungsempfänger voraus, den überlassenen Gegenstand für seine Zwecke zu nutzen, vgl. BFH vom 07.03.1996, V R 29/93, BFH/NV 1996, 858.

Die Gegenleistung muss bei tauschähnlichen Umsätzen i. S. d. § 3 Abs. 12 UStG durch eine tatsächlich erhaltene Gegenleistung erbracht werden, die in Geld ausdrückbar ist, vgl. BFH in BFH/NV 2008, 518, 519.

Bei tauschähnlichen Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Diese Regelung ist richtlinienkonform an Hand des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. Richtlinie auszulegen, wonach Bemessungsgrundlage "alles (ist) was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Dienstleistende für diese Umsätze vom Dienstleistungsempfänger - erhält oder erhalten soll" (vgl. z. B. EuGH vom 02.06.1994, Rs. C-33/93 UR 1995, 65). Bemessungsgrundlage für die im Wege tauschähnlicher Umsätze erbrachten Leistungen sind die Kosten, die dem Steuerpflichtigen durch die Überlassung der Fahrzeuge entstanden sind, vgl. FG Baden-Württemberg vom 24.09.2004, 9 V 50/02, EFG 2005, 320. Als subjektiver Wert ist derjenige Wert festzustellen, den der Empfänger (hier die Klin. als Empfängerin der Vermittlungsleistungen) den Dienstleistungen beimisst, die er sich verschaffen will, und der dem "Betrag" entspricht, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist (EuGH vom 03.07.2001, Rs. C-380/99 - Bertelsmann, UR 2001, 346).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall führt dazu, dass eine tauschähnliche Leistung, deren Wert Teil des Entgelts für die Leistungen der Klin. an die Gruppenberaterinnen ist, vorliegt. Die Gruppenberaterinnen erbringen ihre Vermittlungsleistungen. Für diese Vermittlungstätigkeit werden sie durch die Provisionen in Geld bezahlt. Durch die Gestattung der Pkw-Nutzung wird - wie bei einem Naturallohn ergänzend zum Barlohn - die erbrachte Vermittlungsleistung zusätzlich honoriert. Denn in allen Fällen der Überlassung wird den durch die Pkw-Überlassung begünstigten Gruppenberaterinnen ein finanzieller Vorteil zugewendet. Er besteht in der Ersparnis eigener Kosten. Die Klin. erbringt eine sonstige Leistung gemäß § 3 Abs. 9 UStG, indem sie ihren Gruppenberaterinnen - soweit sie sie für geeignet hält - die kostenlose Nutzung des Pkw ermöglicht. Die Gestattung der Nutzung des Pkw ist eine sonstige Leistung. Sie erfolgt auch gegen Entgelt. Der Zusammenhang ist für die Klin. und die jeweilige Gruppenberaterin ersichtlich. Es ist die Provisionsregelung und das finanzielle Anreizsystem bekannt, das darin besteht, durch die Beförderung zur Gruppenberaterin außer den um 3 % erweiterten Provisionen kostenlos Pkw zur Nutzung zu erhalten. Diese Kenntnis stammt aus der bekannten betrieblichen Handhabung.

Damit erfolgt die Überlassung der Pkw an die Gruppenberaterinnen in der finalen Verknüpfung des Leistungsaustausches. Es handelt sich rechtlich und wirtschaftlich um eine zusätzliche Provision. Dieser Umstand wird aus dem Gesamtverhalten der Klin. deutlich, die die Pkw überlässt, um ihre Vertreterinnen für erbrachte Leistungen zu honorieren und zu höheren Umsätzen und zur Anwerbung von neuen Vertreterinnen zu motivieren, weil eine Vertreterin ohne Status der Gruppenberaterin keinen Pkw erhält. Die Motivationsförderung und Belohnung durch Kostenersparnis für den Pkw und durch das höhere Ansehen der so geförderten Gruppenberaterinnen als Unterschied zu einfachen Handelsvertreterinnen zeigt sich in der Auswahl der Gruppenberaterinnen. Die Klin. hat selbst den zusätzlichen Entgeltscharakter betont, indem sie ausgeführt hat, dass Gruppenberaterinnen keinen Anspruch haben, sondern die Auswahl der durch die Pkw - Überlassung geförderten Gruppenberaterinnen durch das zusätzliche Kriterium der Eignung ergänzt werde. Damit wird klar, dass die Pkw-Überlassung einen finanziellen Anreiz bilden soll, der sich im Bewusstsein der höheren Provision durch Beteiligung an den Umsätzen der von der Gruppenberaterin betreuten Vertreterinnen und der Kostenersparnis ausdrückt, indem der Pkw kostenlos zur Verfügung gestellt wird und die sonst von der Gruppenberaterin zu tragenden Kosten gespart werden.

Schließlich wird die finanzielle Belohnung durch höhere Entgelte (zusätzlich zu den erhöhten Provisionen) in Form der Naturalprovision durch die unterschiedlichen Modelle bestätigt, die bei besseren Vertriebsleistungen durch leistungsstärkere, besser ausgestattete bzw. in späteren Jahren noch teurere Pkw, erfolgt.

Dem steht nicht der Einwand des beistellungsähnlichen Vorgangs entgegen.

Bei der sog. "Materialbeistellung" wird eine Lieferung im Sinne des UStG verneint, wenn ein Auftraggeber, der einen Gegenstand herstellen lässt, einen Teil des "Hauptstoffes" zur Verwendung bei der Herstellung des Gegenstands zur Verfügung stellt und der herstellende Unternehmer den "beigestellten" Stoff abredegemäß dazu verwendet (BFH vom 10.02.1966 V 105/63, BStBl. III 1966, 257; Abschnitt 27 Abs. 2, 3 UStR 2008). Für die hier einschlägige sonstige Leistung i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG, die in der Gestattung der Nutzung der Pkw besteht, wird eine sonstige Leistung verneint, wenn der Auftragnehmer über die Verwendung nicht selbst - unabhängig von Vorstellung und Willen des Überlassenden - bestimmen darf und kann (vgl. BFH a. a. O. in BFH/NV 2008, 518, 519). Ob das der Fall ist, ergibt sich aus den vertraglichen Regelungen und der praktischen Handhabung. Für die Beurteilung ist auf die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung des Vorgangs und nicht isoliert auf die vertragliche Vereinbarung abzustellen, vgl. BFH vom 12.05.1993, XI R 56/90, BStBl. II 1993, 847.

Bezogen auf den Streitfall führt dies vorliegend dazu, dass wegen der tatsächlichen Handhabung keine ausschließliche Nutzung für Zwecke der Klin. und damit kein beistellungsähnlicher Vorgang i. S. einer analogen Anwendung von Abschnitt 27 Abs. 3 UStR 2008 vorliegt. Die Pkw werden nicht ausschließlich für den Vertrieb der U-Produkte genutzt.

Die Nutzung der Pkw diente nicht - wie für einen beistellungsähnlichen Vorgang nötig - ausschließlich dem Zweck der Auftragsdurchführung. Gegen eine ausschließliche Nutzung für Zwecke der Klin. spricht, dass die Pkw in erster Linie dem jeweiligen Unternehmen der Gruppenberaterin dienen, die unter Nutzung des Pkw die für die Provisionserzielung nötigen Verkaufsgespräche etc. durchführt und dafür die Provisionen erhält. Damit erfolgte die unmittelbare Nutzung für unternehmerische Zwecke der jeweiligen Gruppenberaterin. Die Überlassung der Pkw nur bei ausreichender Eignung der Gruppenberaterin zeigt, dass die Pkw für den Vertrieb durch die Gruppenberaterinnen verzichtbar sind. Indem die Klin. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, ein Pkw sei für die Tätigkeitsausübung der freien Handelsvertreterinnen nicht zwingend erforderlich, hätte sie konsequenterweise die Erforderlichkeit für die Handelsvertretertätigkeit in jedem Einzelfall prüfen müssen. Das ist nicht geschehen. Dadurch wird die zusätzliche Honorierung erkennbar, indem sie die Pkw nur an "geeignete" Gruppenberaterinnen vergibt.

Bereits diese Handhabung schließt eine Nutzung für die ausschließlichen Zwecke der Klin. aus. Dass die Gruppenberaterinnen ihre Umsätze durch den zur Verfügung gestellten Pkw bewirken, wird widerlegt, weil es im streitigen Zeitraum zwei verschiedene und außerhalb des streitigen Zeitraums drei verschiedene - jeweils höherwertige - Pkw-Modelle gegeben hat, die nach Umsatzhöhe zugeteilt wurden. Diese Handhabung spricht dagegen, dass die zur Verfügung gestellten Pkw ausschließlich für die Zwecke der Klin. erforderlich sind. Wenn das der Fall wäre, würde jede Gruppenberaterin und jede Vertreterin das gleiche Pkw-Modell erhalten. Obwohl alle selbständigen U-Vertreterinnen Umsätze für die Klin. vermitteln, erhalten sie - im Gegensatz zu ausgewählten Gruppenberaterinnen - keinen Pkw.

Die Pkw werden auch nicht ausschließlich zur Durchführung der konkreten Vermittlungsleistungen und damit verbundener Fahrten überlassen. Dieses Ergebnis wird durch die festgestellte tatsächliche Handhabung bestätigt. Sie widerlegt als gemischte betriebliche und private Nutzung die ausschließliche Nutzung für unternehmerische Zwecke der Klin. Dieses Kriterium der Ausschließlichkeit bei beistellungsähnlichen Umsätzen wird übersehen in den Verwaltungsanweisungen der OFD Hannover vom 12.10.1998, S 7300 - 1034 - StA 542 und der OFD Karlsruhe vom 05.03.2001 und im Beitrag von Voßkuhl/Rumler in DB 1996, 447.

Die Lebenserfahrung und damit ein Anscheinsbeweis (vgl. BFH vom 30.11.2007, V B 58/07, n. v., [...] m. w. N.) spricht für eine private Nutzung und gegen eine ausschließliche betriebliche Nutzung bei Pkw. Bereits die unstreitig nicht erfolgte Kontrolle der Fahrzeugnutzung nur zu Fahrten im Zusammenhang mit dem Vertrieb von U-Produkten indiziert die private Nutzung. Die vertragliche fixierte, ausschließlich vertriebsbezogene Nutzung des Pkw steht nicht entgegen, weil sie nicht kontrolliert worden ist. Denn die Klägerin hat mangels Kontrolle der "Aufzeichnungen" die ausschließliche Nutzung der Fahrzeuge zu betrieblichen Zwecken nicht überwacht. Diese Kontrolle war ihr mangels zeitnah angeforderter Aufzeichnungen oder Fahrtenbücher unmöglich. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse an einer solchen Kontrolle hatte sie nicht. Die von ihr zu tragenden Kosten sind stets unverändert geblieben, weil sie keine verbrauchsabhängigen Kosten zu tragen hatte. Indem sie im Schriftsatz vom 15.11.2005 ausgeführt hat, dass von einer privaten Nutzung durch die Gruppenberaterinnen von höchstens 5 Prozent auszugehen sei, hat sie selbst die Wahrscheinlichkeit der privaten Fahrten eingeräumt. Der Versuch, rechnerisch aus einer vermuteten - nicht durch Fahrtenbücher etc. dokumentierten - Zahl von Fahrten die private Nutzung ausschließen zu wollen, ist untauglich, weil der Umfang der betrieblichen Fahrten der Klin. nicht bekannt ist.

Die nicht ausschließliche berufliche Nutzung wird zudem durch den über das notwendige Maß hinausgehenden Versicherungsschutz bestätigt, der nicht nur die Gruppenberaterin, sondern auch deren Ehemann mit umfasst. Die Klin. hat durch ihre Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Pkw würden durch die Ehemänner der Gruppenberaterinnen zur Auslieferung genutzt werden. Dieser Vortrag allein schließt nach der Lebenserfahrung jedoch eine vertragswidrige private Nutzung auch durch die Ehemänner nicht aus, zumal der Versicherungsschutz nicht auf betriebliche Fahrten beschränkt ist. Das ist ein zusätzliches Indiz für eine weitere - über die Nutzung als Vertreterfahrzeug hinausgehende - Nutzung.

Die Berechnung des Entgelts durch das FA nach den von der Klin. aufgewandten Kosten ist unstreitig. Sie begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das FA hat die Gegenleistung richtig angesetzt. Es hat die Aufwendungen, die der Klin. als leistender Unternehmerin für die Leistung entstanden sind, nach objektiven Maßstäben bestimmt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Soweit die Vorsteuern aus den Gutschriften betroffen sind, die durch Änderungsbescheid vom 23.11.2005 berücksichtigt worden sind, folgt die Kostenentscheidung aus § 137 FGO. Insofern hätten die Nachweise für die Umsätze spätestens im Einspruchsverfahren erfolgen können und sollen.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Frage der steuerlichen Behandlung der Kosten von Pkw, die von selbständigen Handelsvertretern genutzt werden, ist von grundsätzlicher Bedeutung.



Ende der Entscheidung

Zurück