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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 5 K 451/06 U
Rechtsgebiete: InsO, AO


Vorschriften:

InsO § 21 Abs. 2
AO § 39 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob das umsatzsteuerliche Organschaftsverhältnis bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2004 bestanden hat oder bereits zuvor, am 2. April 2004, beendet worden ist.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Vermietung und Verpachtung des zu 96,77 % gewerblich genutzten Objekts A-Straße 1 - 3 in H an die Fa. CT GmbH. Daneben befinden sich noch 2 Mietwohnungen in dem Objekt, die steuerfrei zu Wohnzwecken vermietet werden.

Komplementärin der Klägerin ist die T Verwaltungs GmbH, an deren Stammkapital in Höhe von 25.000,- € IT zu 90 v.H. und BT zu 10 v.H. beteiligt sind. Einziger Kommanditist der Klägerin ist IT (Kommanditanteil: 5.000,- €).

Am Stammkapital der Fa. CT GmbH (nachfolgend: GmbH) in Höhe von 665.100,- € waren im Streitjahr IT zu 95,61 v.H. und BT zu 4,39 v.H. beteiligt. Geschäftsführer der GmbH war bis zum 5. März 2003 IT, danach Herr IN.

Mit notariellem Vertrag vom 2. April 2004 haben Herr IT seinen Kommanditanteil an der Klägerin und zusammen mit Frau BT ihre Stammanteile an der T Verwaltungs GmbH und der Fa. CT GmbH als Treugeber auf einen von der Bank I und der Bank II (nachfolgend: Poolbanken) benannten Treuhänder (Herr KN) abgetreten zur Sicherung der bestehenden Forderungen der Poolbanken aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegenüber den vorgenannten Gesellschaften und den Treugebern, nachdem die Treugeber bereits mit notarieller Urkunde vom 5. März 2003 den Poolbanken unwiderruflich und unbefristet die Abtretung sämtlicher Anteile auf einen von den Poolbanken zu benennenden Treuhänder sowie ein Pfandrecht der Poolbanken an den Anteilen angeboten hatten.

Der Treuhandvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

Im Innenverhältnis zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber hält der Treuhänder die Stammeinlagen/Kommanditkapitalanteile treuhänderisch für den Treugeber.

Die entsprechenden Beteiligungen an den vorgenannten Gesellschaften sind im Innenverhältnis, wirtschaftlich und steuerrechtlich ausschließlich dem Treugeber, nicht aber dem Treuhänder oder den Poolbanken zuzurechnen.

Aufgabe des Treuhänders ist die Übernahme der in der Präambel aufgeführten Geschäftsanteile/Kommanditkapitalanteile sowie deren Verwaltung und Verwertung.

... Weisungen der Treugeber an den Treuhänder im Rahmen dieses Vertrages bedürfen im Verhältnis zum Treuhänder der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Poolbanken.

Der Treuhänder ist verpflichtet, alle Gesellschaftsrechte in Bezug auf die vorgenannten treuhänderischen Beteiligungen des Treugebers ausschließlich und nach Weisung des Treugebers wahrzunehmen, insbesondere die Stimmrechte hinsichtlich der treuhänderischen Beteiligungen stets nur nach Weisung des Treugebers auszuüben, wobei der Treugeber stets der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Poolbanken bedarf.

Der Treuhänder bevollmächtigt hierdurch den Treugeber, für ihn während der Dauer des Treuhandverhältnisses alle Gesellschaftsanteile in Ansehung der treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile/Kommanditanteile wahrzunehmen, insbesondere das Stimmrecht auszuüben. Das Ausüben der Rechte aus dieser Vollmacht ist in das Belieben des Treugebers gestellt. Der Treugeber bedarf in allen Fällen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Poolbanken. ...

...

Der Treuhänder ist verpflichtet, sich jeder Verfügung, insbesondere Übertragung und Belastung, über die treuhänderische Beteiligung zu enthalten und diese jederzeit auf Verlangen des Treugebers nach dessen Wahl auf diesen oder auf einen anderen Treuhänder oder Gesellschafter zu den durch den Treugeber vorgegebenen Bedingungen mit dem laufenden Gewinnbezugsrecht zu übertragen. Der Treugeber bedarf in allen Fällen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Poolbanken. Der Treugeber bevollmächtigt hiermit unwiderruflich die Poolbanken, für die Dauer des Bestehens der Sicherungsvereinbarung alle vorgenannten Rechte unmittelbar gegenüber dem Treuhänder wahrzunehmen. Die Poolbanken sind verpflichtet, vor Ausübung dieser Vollmacht den Treugeber und Treuhänder über Inhalt und Art und Weise der Ausübung mit Frist von 2 Wochen zu informieren.

...

Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Gesellschaftsverträge der vorgenannten Gesellschaften im Innenverhältnis zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber in gleicher Weise, als sei der Treugeber auch im Außenverhältnis Mitgesellschafter.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Treuhandvertrag Bezug genommen.

Nachdem über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzantrag gestellt worden war und mit Beschluss vom 29. Juni 2004 zunächst Herr SPO als vorläufiger Insolvenzverwalter gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO bestellt worden war, wurde am 1. August 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Das FA H führte im September 2004 eine USt-Sonderprüfung bei der Klägerin durch. Der Prüfer vertrat dabei die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der GmbH bis zum 1. August 2004 gegeben seien. Die finanzielle Eingliederung sei auch unter Beachtung des Treuhandvertrages bis zu diesem Zeitpunkt gegeben, weil treuhänderisch gehaltene Beteiligungen weiterhin den Treugebern zuzurechnen seien (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 Abgabenordnung - AO -). Erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei die organisatorische Eingliederung und damit die Organschaft entfallen. Entsprechend rechnete der Prüfer die Umsätze und Vorsteuern der GmbH bis zu diesem Zeitpunkt der Klägerin zu und nahm zudem auch entsprechende Umsatz- und Vorsteuerberichtigungen vor.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 29. September 2004 Bezug genommen.

In einer Stellungnahme zum Prüfungsbericht vertrat die Klägerin die Auffassung, dass mit Abschluss des Treuhandvertrages die Organschaft beendet worden sei.

Sie reichte am 12. November 2004 berichtigte USt-Voranmeldungen für die Voranmeldungszeiträume April bis Juli 2004 ein, in denen sie die Umsätze der GmbH nicht berücksichtigte. Jeweils mit Bescheid vom 16. November 2004 lehnte der Beklagte eine Änderung der USt-Festsetzungen entsprechend den eingereichten berichtigten Voranmeldungen der Klägerin ab. Zugleich erließ er am 16. November 2004 einen geänderten USt-Vorauszahlungsbescheid für Juli 2004, in dem er die Prüfungsfeststellungen berücksichtigte.

Gegen die Ablehnungsbescheide für die Monate April bis Juni 2004 sowie gegen den geänderten USt-Vorauszahlungsbescheid Juli 2004 legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2006 als unbegründet zurückwies.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, dass die Organschaft mit Abschluss des Treuhandvertrages am 2. April 2004 geendet habe.

Hintergrund des Treuhandvertrages sei die wirtschaftliche Krise der T Unternehmensgruppe gewesen. Bei wirtschaftlicher Würdigung dieses Vertrages sei kein Beschluss/keine Handlung ohne die Zustimmung der Poolbanken möglich gewesen. Damit sei der Treugeber, dem gem. § 39 AO eigentlich die Beteiligung steuerlich zuzurechnen wäre, de facto entmachtet gewesen. In Tz. 2.8 bevollmächtige der Treugeber sogar unwiderruflich die Poolbanken, alle vorgenannten Rechte unmittelbar gegenüber den Treuhänder wahrzunehmen. Mithin stünden im konkreten Fall den Treugebern weder Geschäftsführungsbefugnisse noch sonstige andere, einer Eigentümerstellung vergleichbare Befugnisse zu. Zur weiteren Begründung verweist die Klägerin auf das BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 (BStBl II 1999, 514).

Herr IT sei mit Abschluss des Angebots vom 5. März 2003 als Geschäftsführer abberufen worden und Herr IN sei als Krisenmanager von der I-Kette eingesetzt worden. Mit der Abberufung habe sich Herr IT nicht mehr um das operative Geschäft kümmern und damit auch keinen Einfluss auf irgendwelche Entscheidungen nehmen dürfen.

Tatsächlich habe der Abschluss des Treuhandvertrages dazu geführt, dass Herr IT zu sämtlichen lt. Vertrag möglichen Entscheidungen gar nicht gefragt worden sei, da sämtliche seiner Entscheidungen der Zustimmung bzw. der Genehmigung bedurft hätten. Nach Tz. 2.3 des Vertrages hätten die Weisungen des Treugebers an den Treuhänder der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Poolbanken bedurft. Solche Zustimmungen seien aber nicht erteilt worden. Dies zeige, dass Herr IT von dem ihm theoretisch zustehenden Weisungsrecht überhaupt keinen Gebrauch gemacht habe bzw. habe machen dürfen, da die Zustimmung der Poolbanken sowieso verweigert worden wäre.

Die Klägerin hat eine Erklärung von IT vom 12. März 2007 zu den Akten gereicht (Bl. 85 GA), in der dieser bestätigt, dass er sich bis zum heutigen Tag jeglicher Verfügung über seine Anteile an der Klägerin enthalten habe. Insbesondere sei das in Tz. 3.1 des Treuhand-Vertrages gemachte Angebot zur Abtretung der Geschäftsanteile nicht angenommen worden.

Des Weiteren hat die Klägerin ein Schreiben der Bank III (vormals Bank I) vorgelegt vom 4. Juli 2007 (Bl. 88 d. GA), in der diese als poolführende Bank erklärt, dass die operative Geschäftsführung allein durch den Geschäftsführer IN wahrgenommen worden sei. Herr IT habe nach Übertragung der Anteile auf den Treuhänder sämtliche Tätigkeit für die Gesellschaft vollständig eingestellt und die Geschäftsräume der Gesellschaften nicht mehr betreten. Durchaus vorhandene Informationsmöglichkeiten seien durch ihn nicht wahrgenommen worden. Es sei zu keiner Zeit um Zustimmung zu einer Weisung bzw. Stimmrechtsausübung von seiner Seite bei den Poolbanken nachgesucht worden. In Ermangelung jeglicher Aktivität von Herrn IT hinsichtlich der Gesellschaftsrechte und der Geschäftsführung seien sämtliche diesbezüglichen Aufgaben durch den Treuhänder KN und den Geschäftsführer IN wahrgenommen worden. Eine irgendwie geartete Abstimmung hierzu mit Herrn IT habe von Seiten des Treuhänders oder des Geschäftsführers nach Übertragung der Anteile zu keiner Zeit stattgefunden. Die nach dem Treuhandvertrag theoretisch gegebene Möglichkeit des Treugebers, das Stimmrecht und die weiteren Gesellschaftsrechte, wenn auch nur mit Zustimmung der Poolbanken weiterhin auszuüben und damit den Treuhänder in seiner Funktion wieder zu ersetzen, sei zu keiner Zeit ausgeübt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuer-Bescheid 2004 vom 1. September 2006 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 35.355,86 EUR festgesetzt wird,

die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären und

im Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass nach Tz. 2.5 des Vertrages weiterhin die Möglichkeit gegeben sei, das Stimmrecht auszuüben und somit den Treuhänder in seiner Funktion wieder zu ersetzen und damit letztendlich die ursprüngliche Situation der Gesellschaft wiederherzustellen. Aufgrund dessen könne nicht von einem Wegfall der organisatorischen Eingliederung ausgegangen werden. Zwar sei die operative Geschäftsführung von Herrn IN übernommen worden. Dennoch sei aufgrund der vertraglichen Gestaltung die, wenn auch theoretische, aber folglich kalkulierbare Möglichkeit des Treugebers bestehen geblieben, die Gesellschaftsrechte trotz des Treuhandverhältnisses weiter auszuüben. Auch wenn von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht worden sei, bestehe die Organschaft durch die gesellschaftlichen Vertragsgrundlagen über den Beginn des Treuhandverhältnisses hinaus fort.

Der Beklagte hat am 1. September 2006 einen USt-Schätzungsbescheid für 2004 erlassen (Bl. 64 GA), in dem er die Zahlen aus den Voranmeldungszeiträumen sowie die Prüfungsfeststellungen berücksichtigt hat.

In der Sache hat am 11. Januar 2007 ein Erörterungstermin stattgefunden und ist am 17. Januar 2008 mündlich verhandelt worden. Auf die jeweiligen Niederschriften wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte ist zu Recht vom Bestehen eines Organschaftsverhältnisses bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2004 ausgegangen und hat entsprechend die Umsätze der GmbH bis zu diesem Zeitpunkt der Klägerin zugerechnet.

Nach § 2 Abs.1 S. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG folgt, dass die von der sog. Organgesellschaft bewirkten Umsätze an Dritte dem Organträger zuzurechnen sind (BFH-Urteile vom 21. Juni 2001 V R 68/99, BStBl II 2002, 255, unter II.5.a; vom 3. April 2003 V R 63/01, BFH/NV 2003, 1131, unter II.1.).

Mit dieser Vorschrift hat der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG -- Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage -- Gebrauch gemacht (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BStBl II 2002, 373, m.w.N.), der bestimmt: "Vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel 29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln."

Danach eröffnet das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten an sich die Möglichkeit, bereits dann mehrere im Inland ansässige Personen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, wenn sie "eng miteinander verbunden sind". Diesen Spielraum nutzt das nationale Recht indes nur teilweise aus. Die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erforderliche Eingliederung in ein anderes Unternehmen setzt nämlich ein Verhältnis der Über- und Unterordnung der beteiligten Gesellschaften voraus (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 XI R 25/94, BStBl II 1997, 441, unter II.1.; Birkenfeld, Das große Umsatzsteuerhandbuch, § 37 Rz. 26, 46; Schmidt/Müller/Stöcker, Die Organschaft, 6. Aufl. 2003, Rz. 1239). Die Organgesellschaft muss als Unternehmensteil dem Unternehmen des Organträgers zuzuordnen sein.

Für die Annahme einer Organschaft ist es nicht erforderlich, dass alle drei in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen; nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534; vom 22. November 2001 V R 50/00, BStBl II 2002, 167). Allerdings reicht es nicht aus, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht (BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 1534, unter II.2.a; BFH-Beschluss vom 24. Februar 2003 V B 84/01, BFH/NV 2003, 949).

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Organschaft vorliegt, sind allein die Verhältnisse im Streitzeitraum maßgebend; ob sie in der Vergangenheit vorlagen, ist unerheblich (vgl. BFH-Beschlüsse vom 1. April 1998 V B 108/97, BFH/NV 1998, 1272, unter II.1.b; vom 25. April 2002 V B 128/01, BFH/NV 1990, 741, unter II.2.a).

Eine finanzielle Eingliederung liegt vor, wenn der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen (durch Mehrheitsbeschlüsse) durchsetzen kann. Erforderlich ist die Stimmenmehrheit, also mehr als 50 v.H. der Stimmen an der Organgesellschaft, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für Beschlüsse in der Organgesellschaft erforderlich ist (BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 XI R 69/97, BFH/NV 1999, 1136).

Die Stimmenmehrheit des Organträgers für Beschlüsse in der Organgesellschaft kann auch durch eine mittelbare Beteiligung erreicht werden. Eine mittelbare Beteiligung ist vorhanden, wenn die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft über eine Beteiligung (als Gesellschafter) an einer Gesellschaft erreicht wird, die unmittelbar mit Stimmenmehrheit an der Organgesellschaft beteiligt ist, oder wenn die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern der Organträgergesellschaft gehalten wird, z.B. dadurch, dass der Mehrheitsgesellschafter des Organträgers auch über die Stimmenmehrheit in der Organgesellschaft verfügt (BFH-Urteil in BStBl II 2002, 167, m.w.N.). Erforderlich ist, dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte verfügen. Die finanzielle Eingliederung ist vorhanden, wenn der Organträger auf diese Weise mittelbar seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Maßgebend ist, dass die Stimmenmehrheit allgemein und nicht nur im Einzelfall erreicht werden kann.

Die Klägerin war im Streitzeitraum an der GmbH nicht unmittelbar beteiligt. Die finanzielle Eingliederung der GmbH in das Unternehmen der Klägerin ist jedoch mittelbar über die Gesellschafter der Klägerin gegeben. Im Streitfall verfügten in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter, IT und BT, zusammen über die Mehrheit der Anteile und Stimmrechte.

Entscheidend ist allein, dass beide Gesellschafter zusammen - als Personengruppe - sowohl über die Mehrheit der Anteile und Stimmrechte in der KG als auch über die Mehrheit der Anteile und Stimmrechte an der GmbH verfügten. Insofern können beide Gesellschafter als Personengruppe einen einheitlichen (gemeinsamen) Willen beim Organträger bilden und diesen auch in der GmbH durchsetzen.

Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass im Streitjahr 2004 mit Abschluss des Treuhandvertrages am 2. April 2004 die Anteile der Gesellschafter sowohl an der Klägerin und deren Komplementär-GmbH als auch an der GmbH aufgrund des Treuhandvertrages auf einen Treuhänder abgetreten worden sind.

Gem. § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen. Abweichend davon sind gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen.

Nicht jede formal als "Treuhandvertrag" bezeichnete Vereinbarung führt aber zur Anerkennung eines "Treuhandverhältnisses" i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO. Aus den schuldrechtlichen Vereinbarungen muss sich vielmehr eindeutig ergeben, dass die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers in einem Maße eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint. Wesentliches Kriterium für eine von der Zivilrechtslage abweichende Zurechnung eines Wirtschaftsguts ist daher u.a. die Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders gegenüber dem Treugeber und --im Grundsatz-- dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts (BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152 m.w.N.; vgl. auch Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 769; Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Tz. 16; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, § 39 Anm. 5). Der Treugeber muss --mit anderen Worten ausgedrückt-- das Treuhandverhältnis beherrschen (BFH-Urteile vom 27. Januar 1993 IX R 269/87, BStBl II 1994, 615; vom 3. Dezember 1991 IX R 155/89, BStBl II 1992, 459). Kann er dies aufgrund der getroffenen Absprachen nicht, so besteht kein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis i.S. des § 39 Abs. 2 AO (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 20. Januar 1999 I R 69/97, BStBl II 1999, 514).

Nach dem Inhalt des Treuhandvertrages sind den Gesellschaftern IT und BT ihre Gesellschaftsanteile weiterhin wirtschaftlich zuzurechnen. Nach Tz. 2.4 war der Treuhänder verpflichtet, alle Gesellschaftsrechte in Bezug auf die treuhänderischen Beteiligungen ausschließlich und nach Weisung des Treugebers wahrzunehmen, insbesondere die Stimmrechte hinsichtlich der Beteiligungen stets nur nach den Weisungen des Treugebers auszuüben. Der Treuhänder war damit gegenüber dem Treugeber weisungsgebunden. Zudem hat sich der Treuhänder in Tz. 2.8 des Vertrages verpflichtet, sich jeder Verfügung, insbesondere Übertragung und Belastung, über die treuhänderische Beteiligung zu enthalten und diese jederzeit auf Verlangen des Treugebers nach dessen Wahl auf diesen oder auf einen anderen Treuhänder zu den durch den Treugeber vorgegebenen Bedingungen mit dem laufenden Gewinnbezugsrecht zu übertragen.

Aufgrund der getroffenen Absprachen konnten die Treugeber das Treuhandverhältnis beherrschen. Zwar besteht vorliegend die Besonderheit, dass die Treugeber stets der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Poolbanken bedurften. Diese Zustimmung ist lt. Schreiben der Bank nie eingeholt worden und auch nicht erteilt worden.

Auch haben die Treugeber die Poolbanken unwiderruflich bevollmächtigt, für die Dauer des Bestehens der Sicherungsvereinbarung alle Rechte unmittelbar gegenüber dem Treuhänder wahrzunehmen.

Letztendlich ändert dies jedoch nichts daran, dass aufgrund der getroffenen Vereinbarung im Verhältnis zum Treuhänder die Treugeber (ggf. mit der erforderlichen Zustimmung der Poolbanken) das Treuhandverhältnis beherrschen konnten. Auch war - was sich aus Tz. 2.2 ergibt - gerade beabsichtigt, dass die entsprechenden Beteiligungen steuerrechtlich ausschließlich dem Treugeber, nicht aber dem Treuhänder oder den Poolbanken zuzurechnen sind. Der Zustimmungsvorbehalt der Poolbanken sowie die Bevollmächtigung der Poolbanken betrifft zudem allein das Innenverhältnis zwischen Herrn IT und Frau BT und den Poolbanken und berührt nicht das Verhältnis zwischen Treugebern und Treuhänder.

Ist demnach die Beteiligung steuerlich dem Treugeber zuzurechnen, besteht jedoch die Besonderheit, dass die Stimmrechte aus der Beteiligung bürgerlich-rechtlich dem Treuhänder zustehen. Aufgrund dessen vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die finanzielle Eingliederung weder im Verhältnis zum Treuhänder (keine Beteiligung) noch im Verhältnis zum Treugeber (kein Stimmrecht) gegeben sei.

Im Streitfall besteht aber die Besonderheit, dass in Tz. 2.4 geregelt ist, dass alle Gesellschaftsrechte in Bezug auf die treuhänderischen Beteiligungen ausschließlich und nach Weisung des Treugebers wahrzunehmen sind, insbesondere die Stimmrechte hinsichtlich der Beteiligungen stets nur nach den Weisungen des Treugebers auszuüben sind. Außerdem hat der Treuhänder den Treugeber in Tz. 2.5 bevollmächtigt, für ihn während der Dauer des Treuhandverhältnisses alle Gesellschaftsrechte wahrzunehmen, insbesondere das Stimmrecht auszuüben. Demzufolge ist nach Auffassung des erkennenden Senates in einem solchen Fall § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO sinngemäß auch auf die Stimmrechte aus einer von dieser Zurechnungsvorschrift erfassten Beteiligung anzuwenden (vgl. Schmidt/Müller/Stöcker, Die Organschaft, 6. Aufl. Rz. 81).

An der wirtschaftlichen Eingliederung bestehen im Streitfall ebenfalls keine Zweifel. Wirtschaftlich ist eine Organgesellschaft umsatzsteuerlich in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert, wenn zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen aufeinander abgestimmt sein. Sie müssen sich fördern und ergänzen (BFH-Urteil vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534). Die Klägerin vermietete die Geschäftsräume an die GmbH. Die eigentliche gewerbliche Tätigkeit, der Baumarkt selbst, ist von der GmbH betrieben worden. Die Betriebseinnahmen der Klägerin setzen sich im Wesentlichen aus den Mietzahlungen der GmbH an die Klägerin zusammen. Das Betriebsgrundstück war für die GmbH auch von nicht nur geringer Bedeutung, da dort das Unternehmen der GmbH betrieben wurde, es also die räumliche und funktionale Grundlage der Tätigkeit der GmbH bildete.

Die GmbH ist auch organisatorisch in die KG eingegliedert. Eine organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn sichergestellt ist, dass in der finanziell beherrschten Gesellschaft der Wille des beherrschenden Gesellschafters in der laufenden Geschäftsführung auch tatsächlich durchgeführt wird (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 1992 V R 80/85, BFH/NV 1993, 133, 134).

Aus der finanziellen Eingliederung folgt regelmäßig die organisatorische Eingliederung. Denn es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Geschäftsführungsorgane der finanziell beherrschten Gesellschaft im Regelfall den mutmaßlichen Willen des beherrschenden Gesellschafters ausführen werden, da dieser auf Grund seiner Mehrheitsbeteiligung die personelle Besetzung der Geschäftsführungsorgane bestimmt (Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rz. 697 f.).

Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass Herr IT im Streitzeitraum nicht mehr Geschäftsführer der GmbH war. Dies war vielmehr seit dem 5. März 2003 Herr IN. Der Abberufung als Geschäftsführer steht aber der Annahme einer organisatorischen Eingliederung bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. August 2004 nicht entgegen, denn die organisatorische Eingliederung muss nicht voll ausgeprägt sein (BFH-Urteil vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BStBl II 2002, 373). Das Merkmal der organisatorischen Eingliederung ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen. Die organisatorische Eingliederung verlangt, dass sich der Wille des Organträgers in der Geschäftsführung der Organgesellschaft laufend realisiert, indem seine Anordnungen in der Organgesellschaft tatsächlich laufend ausgeführt werden. Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung in der laufenden Geschäftsführung wahrgenommen wird, sei es durch eine personelle Verflechtung oder durch andere organisatorische Maßnahmen, die in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung eingreifen.

Vorliegend konnte die Klägerin aufgrund der finanziellen Beherrschung ihren Willen mittelbar durch ihre Gesellschafter in der GmbH bis zur Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch durchsetzen.

Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass sämtliche Entscheidungen der Gesellschafter (Treugeber) jeweils der vorherigen Zustimmung der Poolbanken bedurften und letztendlich im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Poolbanken die Poolbanken das Sagen hatten. Die Gesellschafter befanden sich danach zwar in einer wirtschaftlichen Zwangslage und hatten sich dem Willen der Poolbanken zu beugen, im Außenverhältnis gegenüber dem Treugeber und gegenüber der GmbH konnten sie aber die durch die Poolbanken vorgegebenen Entscheidungen, die sie sich aufgrund der Zwangslage, in der sie sich gegenüber den Poolbanken befanden, zu eigen machen mussten, aufgrund ihrer Beteiligungsverhältnisse gegenüber der GmbH durchsetzen.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 135 Abs. 1 FGO.

Angesichts des Ausgangs des Verfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag der Klägerin, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten gem. § 139 Abs. 3 S. 3 FGO für notwendig zu erklären.

Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund gem. § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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