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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 15.02.2005
Aktenzeichen: 6 K 2381/03 F
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 e
EStG § 15 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

6 K 2381/03 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Bildung einer 6b-Rücklage.

Die Klägerin ist eine mit Vertrag vom 11. März 1998 gegründete Kommanditgesellschaft. Nach § 2 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages ist der Zweck der Gesellschaft der An- und Verkauf von Grundstücken, die Bestellung von Erbbaurechten und deren schlüsselfertige Bebauung durch Nachunternehmer, die Vermietung dieser Baulichkeiten sowie sämtliche damit zusammenhängende und den Gesellschaftszweck fördernde Geschäfte.

Alleiniger Kommanditist der Gesellschaft ist Herr S. C. mit einer Kommanditeinlage von 50.000,00 DM, die er durch Einbringung seines landwirtschaftlichen Betriebes zu Buchwerten erbrachte. Dieser Betrieb war ihm von seinen Eltern - mit Ausnahme einer kleineren Fläche, die auf seinen Bruder übertragen werden sollte - mit Vertrag vom ......1995 gegen die Gewährung von Versorgungsleistungen übertragen worden. Die Eltern des Herrn S. C. bewirtschafteten den Betrieb im Nebenerwerb weiter. Am ......1997 gab er die Vermessung der übertragenen Fläche in Auftrag. Es entstanden 30 Bauplätze, von der bebaubaren Fläche war eine Teilfläche von 9.941 qm vermessen worden.

Mit Verträgen vom .........1998 und ........1998 veräußerte die Klägerin Straßenflächen an die Stadt und begann mit Verträgen vom ........1998 mit der Veräußerung der Baugrundstücke. Die Vermarktung erfolgte durch die Volksbank X.. In den Streitjahren wurden 29 Grundstücke vermarktet, davon wurden wenigstens 9 veräußert. An 19 Grundstücken wurden Erbbaurechte bestellt. In den Veräußerungsjahren stellte die Klägerin in ihren Bilanzen für das Jahr 1998 eine 6b-Rücklage in Höhe von .......... DM und für das Jahr 1999 in Höhe von .......... DM ein. Den Gewinn stellte der Beklagte mit Bescheiden vom 12. April 2000 von 1998 auf ./. ........ DM und für 1999 mit Bescheid vom 20.12.2000 auf ......... DM fest. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Auf Grund einer Anordnung vom 25.09.2001 führte das Finanzamt für Land- und Forstwirtschaftliche Betriebsprüfungen Y. bei der Klägerin eine Betriebsprüfung u. a. hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften für die Jahre 1998 und 1999 durch. Diese kam zu dem Ergebnis, dass der landwirtschaftliche Betrieb ursprünglich Anlagevermögen des Herrn I. C. (des Vaters des Kommanditisten der Klägerin) gewesen sei. Durch die Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs auf den Kommanditisten, Herrn S. C., habe sich an dieser Betriebsvermögenseigenschaft und auch an der Eigenschaft als Anlagevermögen zunächst nichts geändert. Eine solche Änderung sei auch nicht durch die Einbringung des landwirtschaftlichen Betriebes in das Gesamthandvermögen der Klägerin geschehen. Denn diese verfüge als gewerblich tätige Personengesellschaft über Betriebsvermögen. Anders verhalte es sich jedoch mit den verkauften Grundstücken. Diese seien nicht mehr dazu bestimmt gewesen, dem Betrieb auf Dauer zu dienen. Vielmehr seien sie zur Veräußerung bestimmt gewesen und deshalb dem Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels zuzurechnen. Eine derartige Zweckbestimmung ergebe sich auch aus dem Unternehmenszweck der Klägerin und aus dem Umstand, dass 40 % der Grundstücke verkauft worden seien. Im Hinblick auf die Veräußerung von Umlaufvermögen sei die Bildung einer 6b-Rücklage fehlerhaft, weshalb der Gewinn für 1998 um .......... DM und 1999 .......... DM zu erhöhen sei.

Die Feststellungen der Betriebsprüfung machte sich der Beklagte zu Eigen und setzte mit Änderungsbescheiden vom 02. April 2003 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf .......... DM (1998) und .......... DM (1999) fest. Den bereits gegen die Ursprungsbescheide eingelegten Einspruch wies er mit Entscheidung vom 04. April 2003 zurück. Zur Begründung führte er aus: Mit der Parzellierung der Grundstücke zu neuen wirtschaftlichen Einheiten und der Gründung der GmbH & Co. KG unter Einbringung der Flächen in diese, sei insbesondere unter Berücksichtigung des im Gesellschaftsvertrag angegebenen Gesellschaftszweckes und des Umstandes, dass 40 % der zur vermarktenden Grundstücke veräußert worden seien, von einer Unwidmung von Anlagevermögen zum Umlaufvermögen auszugehen. Dafür spreche auch die Einschaltung der Volksbank als Makler.

Zur Begründung der fristgerecht erhobenen Klage führt die Klägerin aus: Durch die Aktivitäten des Herrn C. - Auftrag zur Parzellierung und Vermessung im Oktober 1997, Gründung der GmbH & Co. KG, Einschaltung der Volksbank X. zur Vermarktung der Grundstücke sei keinesfalls eine Umlaufvermögen begründende Änderung eingetreten. Denn die Klägerin habe weder die Aufstellung des Bebauungsplanes beantragt noch finanziert. Auch habe sie lediglich die Kosten der Vermessung zu tragen gehabt und nicht den Vermesser beauftragt. Ferner führe die Parzellierung in Veräußerungsabsicht nicht zum Wechsel der Zweckbestimmung. Ebenso verhalte es sich mit der Einbringung des landwirtschaftlichen Betriebes in die S. C. GmbH & Co. KG. Denn zum einen seien die Grundstücke zwischen der Einbringung und den jeweiligen Veräußerungen uneingeschränkt weiterhin landwirtschaftlich bewirtschaftet worden, zum anderen sei es die Zielsetzung der GmbH & Co. KG gewesen, die Bauplätze per Erbbaurechtsvertrag abzugeben und möglichst bis auf zwei Ausnahmen nicht zu veräußern. Zum Einbringungszeitpunkt habe noch nicht festgestanden, welcher der abgegebenen 20 Bauplätze im Wege des Verkaufes abgegeben werden sollte. Somit sei zu diesem Zeitpunkt eine grundstücksbezogene Zweckbestimmung für die Zuordnung zu Anlage- oder Umlaufvermögen nicht möglich gewesen, weshalb die Ausweisung in der Bilanz als Anlagevermögen entscheidend sei. Ferner übersehe die Annahme einer Umwidmung durch Einbringung in die GmbH & Co. KG den Umstand, dass die streitigen Grundstücke seit Generationen von der Familie des Klägers bewirtschaftet seien. Unabhängig davon habe die Klägerin beim Finanzamt einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gestellt. Auf diesen Antrag hin habe das Finanzamt bestätigt, dass auch nach einer Veräußerung nach Einbringung in die GmbH eine Rücklagenbildung nach 6b möglich sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung der angefochtenen Bescheide den gewerblichen Gewinn der KG um folgende Beträge zu mindern:

1998: .......... DM,

1999: .......... DM.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhaltes und Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Gerichtsakte und auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bildung einer 6b-Rücklage. Nach § 6 b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 e Einkommensteuergesetz (EStG) ist Voraussetzung für die Bildung einer Rücklage nach § 6 b Abs. 3 EStG, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben.

Dies war ursprünglich der Fall. Die Hofstelle war landwirtschaftliches Anlagevermögen der Eltern des Kommanditisten der Klägerin. Durch die Übertragung des Betriebes auf den Sohn S., hat sich an der Betriebsvermögenseigenschaft des landwirtschaftlichen Grundbesitzes nichts geändert.

Mit der Einbringung in das Vermögen der Klägerin ist das eingelegte Grundvermögen jedoch zu deren Umlaufvermögen geworden, weil der Betrieb der Klägerin auf die Aufnahme und das Unterhalten eines gewerblichen Grundstückshandels gerichtet war.

Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z. B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (BFH-Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617).

Davon ist vorliegend auszugehen. In der Rechtsprechung und Literatur ist zwar anerkannt, dass der Verkauf von Grundstücken bei einer größeren Zahl von Verfügungen innerhalb eines kurzen Zeitraums keinen gewerblichen Grundstückshandel begründet, sondern noch im Rahmen der Vermögensverwaltung liegt, wenn der Grundbesitz durch den langjährigen Eigentümer - auch nach Parzellierung - verkauft wird. Dasselbe gilt, wenn geerbter oder im Wege vorweggenommener Erbfolge erworbener Grundbesitz veräußert wird. Gewerblich wird die Betätigung erst, wenn der Eigentümer besondere Verwertungsmaßnahmen ergreift, z. B. die Fläche ähnlich wie ein Erschließungsunternehmen als Bauland aufbereitet oder erschließt oder zumindest aktiv daran mitwirkt (vgl. zum Ganzen: Schmidt/Weber-Grellet, § 15 Rz. 54 ff.)

Vorliegend ergibt sich das Überschreiten der Grenze zur Vermögensverwaltung schon aus der Einbringung der Grundstücke in die Personengesellschaft. Deren Geschäftszweck war nach dem Gesellschaftsvertrage die Veräußerung und Bestellung von Erbbaurechten. Bereits 14 Tage nach der Einbringung waren die ersten zwei Grundstücke veräußert worden. Die Einlassung der Klägerin, dass im Grunde nur Erbbaurechte bestellt werden sollten, ist durch die Vielzahl der Veräußerungsgeschäfte widerlegt. Denn allein Veräußerung von 9 Objekten innerhalb von 2 Jahren belegt, dass die Klägerin zumindest mit bedingter Veräußerungsabsicht gehandelt hat, als sie den landwirtschaftlichen Betrieb des Kommanditisten aufgenommen hat. Die Aufnahme eines Betriebes zum Zwecke der Veräußerung belegt aber, dass nicht mehr die Fruchtziehung, sondern die Veräußerung der Substanz im Fordergrund stand. Damit handelt es sich auch nicht um eine "Schein-KG" i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.

Zwar hat das FG Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 12.10.2001, V 183/01, SIS 02 52 71, ausgeführt, dass zweifelhaft sei, ob die Einbringung von Grundbesitz in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft einen gewerblichen Grundstückshandel begründen kann. Denn dagegen spreche, dass der Große Senat des BFH (GrS) mit Beschluss vom 3.7.1995 (GrS 1/93, BStBl II 1995, 617) die Tätigkeit einer Personengesellschaft gleichzeitig auch als Tätigkeiten ihrer Gesellschafter angesehen habe und dass deshalb bei der Veräußerung von Grundstücken durch die Personengesellschaft auf die Vorbesitzzeit des Gesellschafters abzustellen sei (vgl. Finanzgericht des Saarlandes, EFG 2000, 944).

Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Denn im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, ob im Rahmen der Nutzung von Grundstücken die Absicht der Fruchtziehung verloren geht und die Vermögensmehrung durch Umschichtung in den Vordergrund tritt.

So leitet auch der große Senat seine Ausführungen mit der Betrachtung des voluntativen Elementes ein, als er ausführt, dass "alle willensbestimmten eigenen Aktivitäten des Beteiligten am Grundstücksmarkt in dessen Person nach Maßgabe des jeweils einschlägigen Steuertatbestandes (...) zusammenfassend zu beurteilen sind" (IV.6. der Entscheidung).

Gerade die Berücksichtigung des Gesamtplans des Steuerpflichtigen hat damit den großen Senat veranlasst, die Aktivitäten des Steuerpflichtigen als Einzelperson einerseits und als Gesellschafter andererseits zusammenfassend zu beurteilen. Eben dieser verändert sich jedoch auch nach Außen hin, wenn der Besitz in eine "Verwertungsgesellschaft" eingebracht wird. Denn insoweit manifestiert sich die Veräußerungsabsicht in einem -weiteren- Teilakt.

Die Berufung der Klägerin auf eine Verbindliche Zusage des Beklagten geht fehl, weil eine solche bereits dem Wortlaut der Erklärung: "Ich mache darauf aufmerksam, dass es sich hierbei nicht um eine verbindliche Auskunft handelt...", nicht vorliegt.

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 135 FGO.

Ende der Entscheidung

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