Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 24.08.2006
Aktenzeichen: 6 K 2655/03 E
Rechtsgebiete: AStG, EStG


Vorschriften:

AStG § 1 Abs. 1
AStG § 1 Abs. 2 Nr. 1
AStG § 1 Abs. 4
EStG § 13
EStG § 15
EStG § 18
EStG § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

6 K 2655/03 E

Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 21.01.2003 und die Einspruchsentscheidung vom 22.04.2003 werden geändert. Die Einkommensteuer wird auf 85.023,75 EUR festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist, ob der Verzicht auf Zinsen im Zusammenhang mit einer Darlehenshingabe an einer ausländischen Kapitalgesellschaft eine Hinzurechnung nach § 1 Abs. 1 und 4 Außensteuergesetz begründet.

Die Klägerin bezog im Streitjahr u.a Einkünfte aus Kapitalvermögen. In ihrer Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1999 erklärte sie bei den Einkünften aus Kapitalvermögen Einkünfte in Höhe von 164.683,00 DM. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 17.11.2000 die Einkommensteuer auf 176.652,00 DM fest und berücksichtigte erklärungsgemäß die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Bescheid stand gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung M führte in den Jahren 2000 bis 2002 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 1999 durch. In seinem Betriebsprüfungsbericht vom 08.12.2002 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung M unter Tz. 16 Folgendes wörtlich aus: "Einkünfte aus Kapitalvermögen: Zinsen 1997 bis 1999 aus Darlehensforderungen gegen das slowakische Unternehmen. S.

1. Sachverhalt

Frau B ist seit dem 16.05.1997 zu 25 % an der in 1997 nach slowakischem Recht errichteten. S. (s.) beteiligt. Bei der s. handelt es sich um eine mit einer inländischen GmbH vergleichbare Kapitalgesellschaft. Frau B hält die Beteiligung im Privatvermögen. Mitgesellschafter sind zu 25 % ihr ebenfalls unbeschränkt steuerpflichtiger Sohn und zu 50 % eine italienische Kapitalgesellschaft. Zwischen der von Frau B beherrschten inländischen Unternehmensgruppe und der italienischen Kapitalgesellschaft bestehen hier nicht interessierende Geschäftsbeziehungen. Die Beteiligungsverhältnisse bei der s. stellten sich im Prüfungszeitraum im einzelnen wie folgt dar:

Darlehen

(Frau B)

 DM
1997296.967
1998700.000
1999250.000
2000150.000
Zusammen 1.396.967

Das Stammkapital in Höhe von 10.000.000 SK entsprach seinerzeit etwa 520.000,00 DM.

Gegenstand der s. ist der Ankauf, Verkauf und die Verwaltung von in der Slowakei belegenden Immobilien.

Im Prüfungszeitraum stellte Frau B der Gesellschaft, ebenso wie ihr italienischer Mitgesellschafter, aus ihrem Privatvermögen folgende ungesicherte verzinsliche Darlehen zur Verfügung.

Zinsen 1999

 DM
aus Darlehen v. 16.12.1997 (296.967 DM)29.376
aus Darlehen v. 18.02.1998 (700.000 DM)67.924
aus Darlehen v. 29.04.1998 (250.000 DM)23.870
aus Darlehen v. 11.08.1998 (150.000 DM)13.976
Zinsen zusammen 135.146

Aus den Darlehensmitteln erwarb die Gesellschaft Grundstücke in der Slowakei. Entgegen der ursprünglichen Vereinbarung ließen sich diese Grundstücke im Prüfungszeitraum nicht vermarkten. Wie auch geartete über den Erwerb der Grundstücke hinausgehende wesentliche geschäftliche Aktivitäten hat die Gesellschaft bisher nicht entfaltet. Sie hat bisher keine Einnahmen erzielt, die es ihr ermöglichen könnten, die vereinbarten Zinsen zu tragen. Ihr entstanden im Übrigen durch die Abwertung der SK gegenüber der DM Verluste.

Die Rückzahlungen der o. g. Gesellschafterdarlehen sind in einem Kreditvertrag vom 01.01.1998 geregelt (Rahmenvertrag). Neben den Rückzahlungsraten ist danach zusätzlich ein "Wertzuwachs" zu zahlen. Dieser Wertzuwachs soll als "9%-Zins" p.a. errechnet werden. Die Auszahlung des Wertzuwachses darf während der Darlehenslaufzeit nicht verlangt werden.

Tilgungsraten, Höhe und Zahlung der "Zinsen" sind in separaten Vereinbarungen (Beilagen v. 16.12.1997, 18.02.1998, 29.04.1998 und 11.08.1998) jeweils konkret betragsmäßig und terminlich festgelegt. Als Termin für die erste Rückzahlungsrate ist der 01.01.2002 vorgesehen. ....

Mit schriftlicher Vereinbarung vom 01.01.1999 zwischen der Gesellschaft und Frau B ist der o. g. Rahmenvertrag geändert worden. Danach wurde auf ein Wertzuwachs (Verzinsung) für die Jahre 1999 bis 2001 verzichtet.

Die neuen Tilgungsraten, die Höhe und die Zahlung des Wertzuwachses (aufgelaufene Zinsen für die Jahre 1997 bis 1998 sowie die Zinsen für die Jahre ab 2002 bis zur endgültigen Tilgung) sind in neuen Vereinbarungen (als "Anhang zur Beilage" bezeichnet) betragsmäßig und terminlich festgelegt worden; als Termin für die erste Rückzahlungsrate ist der 01.01.2001 vorgesehen.

Eine Aufstellung über den neuen Zins- und Tilgungsplan ist aus der Anlage zum Bp-Bericht ersichtlich.

Durch die Änderung des Darlehensrahmenvertrages zum 01.01.1999 (Verzicht auf einen "Wertzuwachs") hat Frau B für das Jahr 1999 auf Zinsen in folgender Höhe verzichtet.

TABELLE_3

Nach der Vereinbarung vom 01.01.1999 ist für den Zeitraum 01.01.1999 bis 31.12.2001 auf die ursprünglich vereinbarten Zinsen verzichtet worden. Nach den der Bp gemachten Angaben hatte die Gesellschaft im Hinblick auf die Änderung des Wechselkurses im Verhältnis zur slowakischen Währung eine nicht unbeträchtliche Rückstellung zu bilden. Der Ausweis dieser Rückstellung sowie der Zinsverpflichtungen in der ursprünglich vereinbarten Höhe würde zu einer Überschuldung geführt haben, die die Einleitung des Konkursverfahrens bedingt hätte. Um dies zu vermeiden, sei auf die Verzinsung der Darlehen für den vorbezeichneten Zeitraum verzichtet worden.

Frau B ist an der Gesellschaft zu 25 % beteiligt, so dass sie damit eine dieser Gesellschaft nahestehende Person im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Außensteuergesetz ist (= wesentlich beteiligt).

Bei der Darlehenshingabe handelt es sich um eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG (siehe Beispiel in Tz. 1.4.1 des BMF-Anwendungsschreiben zum Außensteuergesetz vom 02.12.1994, BStBl. 1995, Sonderdrucknummer 1/1995), so dass entsprechend den dort genannten Grundsätzen die Höhe des Zinsverzichtes eine Einkunftskorrektur ab Veranlagungszeitraum 199 erforderlich ist.

Mit Schreiben vom 10.07.2001 wurde seitens der steuerlichen Beratung (Steuerbüro & Partner,) unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 29.11.2000 - I R 85/99 (DStR 2001, S. 737 ) geltend gemacht, dass eine Geschäftsbeziehung i. S. d. Außensteuergesetzes nicht vorliege und die Vorschrift des 1 Außensteuergesetzes daher nicht anwendbar sei.

Das Urteil ist gem. BMF-Schreiben vom 17.10.2002 - IV B 4 - S 1341 - 14/02 jedoch über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Das BMF-Schreiben geht ausführlich auf die Auslegung des Begriffs "Geschäftsbeziehung" in § 1 Außensteuergesetz ein. Danach ist eine Geschäftsbeziehung i. S. d. Außensteuergesetzes anzunehmen, wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um eine auf schuldrechtlicher Vereinbarung beruhende Beziehung handelt. Schuldrechtliche Beziehungen eines wesentlich beteiligten Gesellschafters verlieren ihre Eigenschaft als "Geschäftsbeziehung" nach dem BMF-Schreiben nicht dadurch, dass sie betriebswirtschaftlich einen eigenkapitalersetzenden Zweck verfolgen.

Somit sind nach der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz die Zinsen 1999 aus der Darlehensforderung gegenüber der ausländischen Kapitalgesellschaft bei der Einkunftsermittlung so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Als Einnahmen aus Kapitalvermögen sind zu berücksichtigten 135.146.00 DM."

Mit Änderungsbescheid vom 21.01.2003 erhöhte der Beklagte die Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend auf 299.829,00 DM und setzte wegen weiterer Änderungen die Einkommensteuer auf 237.928,00 DM bzw. 121.650,65 EUR herauf. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Die Klägerin hat hiergegen mit Schreiben vom 29.01.2003 Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass nach ihrer Auffassung eine Einkommensteuerkorrektur im Sinne des Außensteuergesetzes nicht vorzunehmen sei, da die Darlehensgewährung nicht im Rahmen einer Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Außensteuergesetz erfolgt sei, sondern die Grundlage im Gesellschaftsverhältnis begründet sei. Sie verweist insoweit auf das BFH-Urteil vom 29.11.2000 und meldet des Weiteren Europarechtliche Bedenken gegen die grundsätzliche Anwendung des § 1 Außensteuergesetz an. In diesem Zusammenhang verweist sie weiter auf den Beschluss des BFH vom 21.06.2001. Der Beklagte hat mit Einspruchsentscheidung vom 22.04.2003 den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass es sich bei dem Darlehen um eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Außensteuergesetzes handele. Selbst wenn es sich um ein kapitalersetzendes Darlehen als Eigenkapital in Betriebsvermögen handele, sei die gesellschaftsrechtliche Veranlassung von untergeordneter Bedeutung. Aufgrund des BFH-Urteils vom 29.11.2000 habe sich das Bundesministerium der Finanzen veranlasst gesehen, den Begriff "Geschäftsbeziehung" näher zu erläutern. Dies sei mit Erlass vom 17.10.2002 (BStBl. 2002 I 1025) geschehen. Mit diesem Erlass stelle das BMF ausdrücklich klar, dass das BFH-Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden sei. Im Übrigen sei das Urteil auch nicht im BStBl. veröffentlicht. Die Finanzverwaltung sei an das Schreiben des BMF gebunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 22.04.2003 verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindet.

Mit ihrer am 14.05.2003 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, dass keine Korrektur im Sinne des Außensteuergesetzes vorzunehmen sei, da die Darlehensgewährung nicht im Rahmen einer Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Außensteuergesetz erfolgt sei, sondern die Grundlage im Gesellschaftsverhältnis begründet sei. Die Darlehensgewährung sei unter Anwendung der Grundsätze des BMF-Schreibens vom 08.06.1999 und der dort zitierten BFH-Rechtsprechung als Gewährung von Eigenkapital zu behandeln. Ohne die zur Verfügung gestellten Mittel wäre der Gesellschaft die Aufstellung ihres Geschäftsblattes nicht möglich gewesen. Es liege damit ein sogenanntes Finanzplandarlehen vor.

Eine Beschaffung von einem Dritten auf dem Fremdkapitalmarkt wäre unter den bestehenden Verhältnissen nicht oder zumindest nicht zu marktüblichen Bedingungen zu erreichen gewesen. Der für drei Jahre im voraus vereinbarte Verzicht unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der Gesellschaft bekräftige den eigenkapitalersetzenden Charakter des Darlehens. Soweit nicht bereits bei Gewährung des Darlehens eine Krise des empfangenen Unternehmens vorlag, die eine Klassifizierung des Darlehens als eigenkapitalersetzend erforderlich mache, sei diese spätestens im Zeitpunkt des Zinsverzichts festzustellen. Auf den Eintrittszeitpunkt der Krise komme es nach den Grundsätzen des BMF bei Finanzplandarlehen nicht an.

Die Klägerin verweist auf das BFH-Urteil vom 29.11.2000, das zwischenzeitlich im BStBl. veröffentlicht worden sei. Die Klägerin weist weiter darauf hin, dass eine Berichtigung von Einkünften im Sinne von § 1 Außensteuergesetz nur vorzunehmen sei, wenn Bedingungen vereinbart würden, die von denen abwichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten. Ein Dritter hätte der Gesellschaft seinerzeit keinerlei Darlehen zur Verfügung gestellt. In der betreffenden Situation hatten die Gesellschafter nur die Wahl zwischen der Fälligstellung der Fremdmittel mit anschließendem Insolvenzantrag, Liquidation unter Inkaufnahme gegebenenfalls erheblicher finanzieller Verluste oder Aussetzung der Kapitalverzinsung. Durch die letztere Maßnahme sei eine Stützung der Gesellschaft erreicht worden, die zur Gewinnung der Kreditwürdigkeit für Dritte führen konnte und einen Versuch der Rettung der bisher getätigten Investitionen darstellte. Eine vergleichbare Verfahrensweise finde man gerade in der heutigen Konjunkturlage ständig wieder, in dem Kreditinstitute oder Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichteten, um ein zahlungsunfähiges Unternehmen vor der Insolvenz zu retten.

Die Klägerin hat eine Durchschrift des ursprünglichen Kreditvertrages vom 19.09.1997 mit Nachtrag vom 06.12.1997, den Rahmenvertrag vom 01.01.1998 modifiziert mit entsprechenden Beilagen zum Kreditvertrag, Kopien der gleichlautenden Zinsverzichte des weiteren Gesellschafters und weitere diverse Unterlagen im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung sowie Bilanzen der Gesellschaft zum 31.12.2003 und 2004 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 21.01.2003 und die Einspruchsentscheidung vom 22.04.2003 99 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 69.099,05 EUR (das sind 135.146,00 DM) gemindert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, dass die Klägerin der slowakischen Gesellschaft die Darlehen im Rahmen einer Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Außensteuergesetz gewährt habe. Aus diesen Darlehen sollten eindeutig Zinseinkünfte erzielt werden. Im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses wäre statt dessen das Stammkapital zu erhöhen gewesen. Dies sei ausdrücklich nicht geschehen. Vielmehr seien bewusst separate Darlehensgeschäfte getätigt worden, die üblicherweise besondere Geschäftsbeziehungen darstellen würden. Im Übrigen verweist der Beklagte auf seine Einspruchentscheidung vom 22.04.2003.

Der Berichterstatter hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 28.07.2005 erörtert; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Der Senat hat am 24.08.2006 in der Sache mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 21.01.2003 und die Einspruchsentscheidung vom 22.04.2003 sind rechtswidrig, soweit bei den Einkünften aus Kapitalvermögen 135.146,00 DM bzw. 69.099,05 EUR gemäß § 1 Außensteuergesetz hinzugerechnet werden.

Nach § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz sind, wenn Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert werden, dass er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten, seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Außensteuergesetz ist eine Person dem Steuerpflichtigen nahestehend, wenn die Person an dem Steuerpflichtigen mindestens zu einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt (wesentlich beteiligt) ist oder auf den Steuerpflichtigen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige an der Person wesentlich beteiligt ist oder auf diese Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Gemäß § 1 Abs. 4 Außensteuergesetz sind Geschäftsbeziehungen im Sinne der Absätze 1 und 2, wenn die den Einkünften zugrunde liegende Beziehung entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind oder wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.

Bei dem Zinsverzicht zwischen der Klägerin und der s. handelt es sich nicht um eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4 Außensteuergesetz. Eine Geschäftsbeziehung zwischen einem Steuerpflichtigen und einer ihm nahestehenden Person ist nach dem für die Auslegung maßgeblichen Wortsinn grundsätzlich anzunehmen, wenn es sich um eine auf schuldrechtlichen Vereinbarungen beruhende Beziehung handelt. Von der Geschäftsbeziehung abgrenzen ist die gesellschaftsrechtliche Beziehung. Eine gesellschaftsrechtliche Beziehung liegt vor, wenn durch sie das Nahestehen erst begründet wird. Deshalb ist die Gewährung von Eigenkapital, die zu einer wesentlichen Beteiligung des Steuerpflichtigen an einer Gesellschaft führt oder diese erhöht, keine Geschäftsbeziehung. § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz setzt damit voraus, dass neben der Beteiligung ein eigenständiges Leistungsverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft besteht. Geschäftsbeziehungen sind hiernach Beziehungen auf schuldrechtlicher Grundlage, die bei dem Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person einen Teil einer der in § 1 Abs. 4 Außensteuergesetz bezeichneten Tätigkeit bilden.

Für das Bestehen einer Geschäftsbeziehung als solche kommt es nach § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz darauf an, ob sie betrieblich oder gesellschaftlich veranlasst ist, welche betrieblichen oder gesellschaftlichen Interessen hier also zugrunde liegen. Schuldrechtliche Beziehungen des wesentlich beteiligten Gesellschafters zur einer Gesellschaft verlieren ihre Eigenschaft als Geschäftsbeziehung dadurch, dass sie betriebswirtschaftlich einen eigenkapitalersetzenden Zweck verfolgen (siehe BFHUrteil vom 29. November 2000, I R 85/99, BFHE 194, 53, BStBl. II 2002, 720; anderer Auffassung BMFSchreiben vom 17. Oktober 2002, BStBl. I 2002, 1025). Nach Auffassung des Senats war der Verzicht auf die Zinsen ausschließlich im Hinblick auf die gesellschafterrechtliche Stellung der Klägerin zu erklären. Die Klägerin hat ein starkes Interesse daran, dass die Gesellschaft nicht in die Insolvenz verfällt, die Gesellschaft hatte bisher noch keinerlei Aktivitäten entfaltet, die einen Gewinn realisierten, sondern bisher lediglich in ein ausländisches Grundstück investiert und war aufgrund von Währungsverlusten unterkapitalisiert. Der Verzicht auf die Darlehenszinsen hatte somit, obwohl es sich um Fremdkapital handelte, eigenkapitalersetzenden Charakter. Es wäre zwar ein Kapitalaufstockung möglich gewesen, aber der Verzicht auf die Verzinsung hat zunächst den gleichen Effekt.

Die Vorschrift des § 1 Abs. 4 Außensteuergesetz ist mehrfach geändert worden. Zuletzt ist die Formulierung "Geschäftsbeziehung" ab dem Veranlagungszeitraum 2003 dahingehend definiert worden, dass Geschäftsbeziehungen jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind oder im Falle eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde. Aus der Änderung der Formulierung im Vergleich zu vorhergehenden Fassungen wird ersichtlich, dass vorher eine entsprechende Differenzierung zwischen schuldrechtlicher und gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung nicht getroffen wurde. Der BFH hat in seinemUrteil vom 29. November 2000 I R 85/99 den Versuch unternommen, bestimmte Formen von Kapitalzuführungen, die wirtschaftlich dem Eigenkapital sehr nahe stehen, aus dem Begriff der Geschäftsbeziehung auszuklammern, um auf sie § 1 Außensteuergesetz nicht anzuwenden. Er hat sich dabei von der EGV-konformen Auslegung des § 1 Außensteuergesetz einerseits und von der Abstimmung zwischen § 1 Außensteuergesetz und § 8a KStG a.F. andererseits leiten lassen. Nach der Auffassung des BFH geht es nicht an, die Gesellschafterfremdfinanzierung in dem von § 8a KStG a.F. geregelten Inlandsfall (inländische Gesellschaft, ausländischer Gesellschafter) möglichst als Eigenkapital und in dem von § 1 Außensteuergesetz geregelten Auslandsfall (ausländische Gesellschaft, inländischer Gesellschafter) als fiktiv zu verzinsendes Fremdkapital zu behandeln (so Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff Außensteuerrecht, Kommentar 55. Lieferung Oktober 2004 § 1 Rz. 914). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat für die Auslegung des Begriffs Geschäftsbeziehung in der für das Streitjahr geltenden Fassung an.

2. Des Weiteren hat die Klägerin mit ihrer Gesellschaft auch keine Bedingungen vereinbart, die von denjenigen abweichen, die von einander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten. Gleiche oder ähnliche Verhältnisse einer nicht nahestehenden Person bzw. eines Dritten liegen z. B. dann vor, wenn dieser nur zu 20 % beispielsweise an der Gesellschaft beteiligt ist. Es ist aber nicht ersichtlich, dass ein nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter nicht in einer entsprechender Situation genauso verfahren wäre und auf die Zinsen verzichtet hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

Zurück