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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 14.03.2006
Aktenzeichen: 6 K 4386/03 F
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 4
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 5
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

6 K 4386/03 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Gründe:

Streitig ist, ob Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abweichend von Miteigentumsanteilen einem Miteigentümer alleinig zuzurechnen sind.

Die Kläger sind seit dem 28.06.1996 miteinander verheiratet.

Im notariellen Ehevertrag vom 21.06.1996 ist bestimmt, dass für die gemeinsame Ehe der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gilt. Es sind jedoch einzelne Modalitäten vereinbart worden, die auch die Immobilie M Straße in L betreffen: Ein Zugewinnausgleich soll zwischen den Klägern vor Ablauf von zehn Jahren nicht stattfinden unter der Bedingung, dass der Kläger innerhalb von 24 Monaten nach Eheschließung eine von der Klägerin ausgesuchte Immobilie mit einer Nettomiete in Höhe von wenigstens 240.000 DM jährlich auf seine Kosten für beide Vertragsbeteiligten zu ideellen Miteigentum von je der Hälfte erwirbt und dabei mindestens 25 % der Erwerbskosten durch Eigenmittel aufbringt. Ferner ist Bedingung, dass der restliche Kaufpreis und die weiteren Kosten des Erwerbs durch von beiden Beteiligten aufzunehmende Kredite aufgebracht werden und die dafür fälligen Zins- und Tilgungsleistungen aus der Nettomiete der Immobilie abgedeckt werden. Ferner ist Bedingung, dass unmittelbar nach Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens der Kläger die Immobilie durch Zahlung noch vorhandener, auf der Immobilie abgesicherter Verbindlichkeiten lastenfrei macht und seinen 1/2-Miteigentumsanteil an dieser Immobilie lasten- und kostenfrei auf die Klägerin übereignet. Wenn diese kummulativen Bedingungen nicht erfüllt sind, sollte der Zugewinnausgleich nach gesetzlichen Vorschriften stattfinden (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Ehevertrag vom 21.06.1996 Bezug genommen.).

Am 27.08.1996 haben die Kläger zu je 1/2 Miteigentumsanteil das Grundstück L, M Straße mit einem zu errichtenden Gebäude zu einem Kaufpreis von 4.810.100 DM erworben. Die Klägerin ist mit ihrem Anteil im Grundbuch eingetragen worden.

Am 30.08.1996 haben die Kläger eine Vereinbarung hinsichtlich des Grundstücks in L getroffen. Nach § 1 dieser Vereinbarung verpflichtete sich der Kläger, alle mit der Anschaffung der Vermietung des Grund und Bodens sowie des Gebäudes zusammenhängenden Kosten allein zu tragen. Der Kläger stellte die Klägerin gegenüber allen in diesem Zusammenhang ihr gegenüber entstehenden Ansprüchen Dritter im Innenverhältnis frei. Er verzichtete ihr gegenüber auf jegliche aus dem Miteigentum am Grundstück und am Gebäude sowie aus ihrer Gesamtschuldnerstellung als Vermieter resultierende Regressansprüche, soweit er Verbindlichkeiten gegenüber Dritten begleichen werde. Diese Vereinbarung erfasste auch alle Ansprüche im Zusammenhang mit dem von den Vertragsparteien zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen. Nach § 2 trat die Klägerin ihre Ansprüche auf den Mietzins an den Kläger ab. Im Übrigen wird auf die bei den Einkommensteuerakten befindliche Vereinbarung vom 30.08.1996 Bezug genommen.

Nach Fertigstellung des Objektes sind Mietverträge von beiden Klägern abgeschlossen worden. Finanzierungsdarlehen sind von den Klägern gemeinsam begründet worden; Zins- und Tilgungsleistungen werden von einem gemeinsamen Konto der Kläger bezahlt.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 machte der Kläger zunächst Sonderabschreibungen nach § 4 Fördergebietsgesetz auf Anschaffungskosten von 4.597.486 DM in Höhe von 50 % geltend. Eine Aufteilung des erklärten Verlustes auf die Kläger war in der Anlage "V" nicht erfolgt.

Auf die Anforderung des Finanzamtes vom 02.07.2002 gaben die Kläger Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre 1996 bis 2000 ab.

Die Verluste aus Vermietung und Verpachtung sind in den Feststellungserklärungen allein dem Kläger zugerechnet.

Abweichend von den Feststellungserklärungen erteilte das Finanzamt am 20.09.2002 Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre, in denen es die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem Kläger und der Klägerin zu je 50 v. H. zurechnete.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die zwischen den Klägern getroffene Vereinbarung vom 30.08.1996 sei nicht geeignet, die Einkünfte aus Vermietung des Grundstückes in L alleinig dem Kläger zuzurechnen.

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage.

Die Kläger meinen, aus dem Ehevertrag sowie aus der Vereinbarung vom 30.08.1996 sei zu entnehmen, dass die Einkünfte dem Kläger allein zuzurechnen seien.

Es sei zwischen den Klägern klar gewesen, dass nur die vollständige Übertragung der lastenfreien Immobilie einen angemessenen Vermögensausgleich für einen Verzicht auf den gesetzlichen Zugewinn darstellen könne. Vor diesem Hintergrund sei die Vereinbarung hinsichtlich der Zuordnung der Kosten und Erträge am 30.08.1996 geschlossen worden.

Da Mieten und Ausgaben über ein gemeinsames Konto der Kläger vereinnahmt und verausgabt worden seien, sei jeweils zum Ende des Veranlagungszeitraums der Ausgleichsanspruch des Klägers berechnet worden. Es sei nach der getroffenen Vereinbarung keinesfalls erforderlich gewesen, gegenüber den verschiedenen Mietern der Immobilie M Straße die Abtretung und damit die im Innenverhältnis getroffene Vereinbarung offen zu legen. Dies sei lediglich eine interne Vorsichtsmaßnahme der Kläger für den Fall einer möglichen Scheidung gewesen. Die Klägerin sei bei Zahlung der Werbungskosten von dem gemeinsamen Konto gemäß der getroffenen Vereinbarung berechtigt, vom Kläger Ersatz der Anteile der auf sie entfallenden Summe zu erhalten. Entsprechendes gelte bei der Vereinnahmung der aus den Wohnungen erzielten Mieten. Aufgrund der Abtretung der Ansprüche auf den Mietzins entstünden dem Kläger Ausgleichsansprüche in Höhe der Hälfte dieser Beträge gegenüber der Klägerin, soweit die Mieten auf dem gemeinsamen Konto eingegangen seien.

Die Kläger beantragen,

die Bescheide zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 1996 bis 2000, jeweils vom 20.09.2002, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2003 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt trägt vor, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu je 50 v. H. den Klägern zuzurechnen. Beide Eheleute seien laut Mietverträgen Vermieter des Grundstücks, beide seien Darlehensnehmer und die laufenden Aufwendungen wie auch die laufenden Finanzierungskosten seien von einem Konto überwiesen, für das beide Kläger als Kontoinhaber ausgewiesen seien. Mietzahlungen seien von den Mietern auf ein gemeinsames Konto der Kläger gezahlt. Nach diesem Sachverhalt seien beide Kläger eindeutig Vermieter und erzielten objektiv und subjektiv Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Hieran ändere auch die Vereinbarung zwischen den Klägern vom 30.08.1996 nichts. Der Kläger habe die Kosten nicht allein getragen, da Aufwendungen von einem gemeinsamen Konto geflossen seien.

Eine zwischen Miteigentümern rechtswirksam getroffene Vereinbarung, dass Einnahmen und Ausgaben abweichend von Miteigentumsanteilen aufgeteilt werden, sei nur dann zu berücksichtigen, wenn in ihr keine Verwendung des Einkommens liege, zum Beispiel durch Zuwendungen nach § 12 Einkommensteuergesetz.

Der Senat hat am 14.03.2006 mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Die Klage ist unbegründet.

Zutreffend hat das Finanzamt die in den Streitjahren erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung auf die Kläger im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu je 1/2 einheitlich und gesondert festgestellt.

Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung (AO) sind Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einheitlich und gesondert festzustellen, wenn daran mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen zuzurechnen sind. Dies ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dann der Fall, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich den Tatbestand durch Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG verwirklichen und dadurch Einkünfte erzielen.

Die Kläger haben Mietverhältnisse über Eigentumswohnungen in dem Gebäude in L M Straße gemeinsam abgeschlossen, sind demzufolge als Vermieter gemeinsam aufgetreten, und erfüllen damit als Vermieter den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des EStG.

Die Einkünfte sind auf der Ebene der Personenmehrheit zu ermitteln und grundsätzlich nach dem zivilrechtlichen Beteiligungsverhältnis anteilig steuerrechtlich zuzurechnen.

Eine hiervon abweichende Vereinbarung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zulässig, soweit eine steuerrechtlich zu berücksichtigende Vereinbarung getroffen worden ist (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 23.11.2004 IX R 59/01 in BStBl II 2005, 454). Eine abweichende Vereinbarung ist insbesondere dann zulässig, wenn sie ihren Grund im Gemeinschaftsverhältnis hat (BFH/NV 2005, 41).

Ansonsten sind von einem Beteiligten allein getragene Aufwendungen Werbungskosten sämtlicher Gemeinschafter (BFH IX R 83/95 DStR 99, 1763).

Im Streitfall hält die Vereinbarung vom 30.08.1996, mit der die Klägerin ihre Ansprüche auf Mietzins an den Kläger abgetreten hat und dieser sich synalagmatisch verpflichtet hat, alle mit der Anschaffung der Vermietung zusammenhängenden Kosten allein zu tragen, einem Fremdvergleich nicht stand.

Der Rechtsgrund dieser Vereinbarung vom 30.08.1996 war bereits in dem Ehevertrag mit Güterstandsvereinbarung vom 21.06.1996 gelegt. In dieser Urkunde hat der Kl. sich - für den Fall der Scheidung der Ehefrau vor Ablauf von zehn Jahren- verpflichtet, kurzfristig ein Gebäude auf seine Kosten mit einem Eigenkapitalanteil vom 25 v. H. zu ideellem Miteigentum zu je 1/2 beider Kläger zu erwerben und danach ihr lastenfrei zu übertragen.

Nur unter Eheleuten ist es denkbar, dass ein Ehegatte ein Mietobjekt im Wert von ca. 4,5 Mio. erwirbt, und dem Miteigentümer-Ehegatten 12,5 v. H. eines Eigenkapitals zur Anschaffung der Immobilie schenkt. So hat der Kläger persönlich in der mündlichen Verhandlung geäußert, dass ein Ausgleich für zukünftige Erwerbslosigkeit der Klägerin mit der Anschaffung der Immobilie beabsichtigt war. Diese Intention der Kläger hat ihren Grund in familienrechtlichen Beziehungen. Eine derartige Vertragsgestaltung ist zwischen fremden Dritten undenkbar.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zudem vorgetragen, dass die Klägerin nicht unvermögend ist. Ein Ausgleichsanspruch gegen die Klägerin auf Ersatz von Aufwendungen, die nicht - wie ehevertraglich geregelt - aus Mieten gedeckt sind, ergab sich aus dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht.

Zutreffend sind demnach die erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung entsprechend den Miteigentumsanteilen beiden Klägern zu je 1/2 zugerechnet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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