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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 06.11.2002
Aktenzeichen: 7 K 4715/00 F
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

7 K 4715/00 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Streitig ist der Abzug von Zinsen als Sonderbetriebsausgaben.

Die Klägerin (Klin.) betreibt in der Rechtsform der GmbH & Co. KG ein ...fachgeschäft in U. Komplementärin ist die S-...handels GmbH; Kommanditistin war bis zum 29.11.1995 die T3 Kapitalbeteiligungs GmbH (Kap-GmbH) mit einem Kommanditkapital in Höhe von 1,2 Mio. DM. Seit dem 29.11.1995 ist die T4 Vermögensbeteiligungs GmbH (Verm-GmbH) Kommanditistin.

Auf Grund der im Oktober 1997 eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommenbesteuerung setzte der Beklagte (Bekl.) die Einkünfte aus Gewerbebetrieb zunächst mit Bescheid vom 22.10.1997 auf 963.147 DM fest. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Bei einer ab Januar 1998 durchgeführten Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung N wurde u. a. der folgende Sachverhalt festgestellt:

Mit Vertrag vom 28.11.1995 brachten die Gesellschafter der Kap-GmbH ihre Anteile der Kap-GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zum Teilwert von 13,5 Mio. DM in die Verm-GmbH ein. Die Verm-GmbH passivierte eine Verbindlichkeit gegenüber den Gesellschaftern der Kap-GmbH in Höhe von 13,38 Mio. DM.

Mit Vertrag vom 29.11.1995 veräußerte die Kap-GmbH ihre Gesellschaftsanteile an der Klin. an die Verm-GmbH zum Kaufpreis von 6,6 Mio. DM.

Außerdem erwarb die Verm-GmbH von der T1H Großhandels GmbH (H-GmbH) deren Anteile an der T1H GmbH & Co. KG (H-KG) zum Kaufpreis von 3,3 Mio. DM. Die Kaufpreisforderung wurde später von der Kap-GmbH erworben.

Die Forderungen der Kap-GmbH betreffend die Veräußerung der Beteiligungen an der Klin. und an der H-KG wurden mit Ausschüttungsansprüchen der Verm-GmbH verrechnet.

Nach dem die Kap-GmbH ihr Vermögen (bestehend aus thesaurierten Gewinnen und den Kapitalforderungen gegenüber der Verm-GmbH) an die Verm-GmbH ausgeschüttet hatte, nahm diese eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf die bilanzierte Beteiligung an der Kap-GmbH in Höhe von 13,24 Mio. DM vor.

Von den Schulden der Verm-GmbH gegenüber den Gesellschaftern der Kap-GmbH (betreffend den Erwerb der Anteile an der Kap-GmbH) wurde ein Teilbetrag in Höhe von 6.429.659,31 DM in eine Sonderbilanz bei der Klin. eingebracht. Die darauf im Streitjahr 1996 angefallenen Schuldzinsen in Höhe von 200.683,39 DM erkannte der Betriebsprüfer nicht als Sonderbetriebsausgaben an, da die Schulden rechtlich und wirtschaftlich ausschließlich der Übernahme der Kap-GmbH gedient hätten. Die Schulden durch die Übernahme an der Klin. seien dagegen durch Verrechnung erloschen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 12.03.1998 Bezug genommen.

Der Bekl. folgte den Ausführungen des Betriebsprüfers und stellte (unter Berücksichtigung weiterer, hier nicht streitiger Feststellungen aus der Betriebsprüfung) mit Änderungsbescheid vom 18.08.1998 den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 1.532.315 DM fest.

Dagegen legte die Klin. Einspruch ein, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass für die Berücksichtigung der Zinsen als Sonderbetriebsausgaben ein Veranlassungszusammenhang ausreiche. Ein solcher liege vor, da ohne eine Fremdfinanzierung auch keine Gewinnanteile an den Kommanditgesellschaften hätten erworben werden können.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 30.06.2000 wird Bezug genommen.

Mit der am 01.08.2000 erhobenen Klage verfolgt die Klin. ihr Begehren weiter.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die als Sonderbetriebsvermögen passivierten Darlehensschulden der Finanzierung der Beteiligung an der Klin. gedient hätten, da dazu ein mittelbarer betrieblicher Zusammenhang ausreiche. Dieser ergebe sich daraus, dass von dem Teilwert der Kap-GmbH ein Anteil von 6,5 Mio. DM aus der Kommanditbeteiligung an der Klin. bestanden habe. Durch den Erwerb der Kommanditanteile durch die Verm-GmbH sei dann aus der mittelbaren Beteiligung eine unmittelbare Beteiligung an der Klin. entstanden. Die Aufrechnung der Kaufpreisschulden der Verm-GmbH gegenüber der Klin. habe nur formal-rechtlich, nicht aber wirtschaftlich zum Erlöschen der Forderung geführt. Die Zinsen seien zudem zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem die Anteile an der Kap-GmbH die Beteiligung an der Klin. nicht mehr umfassten; auch aus diesem Grund bezögen sich die Zinsen auf die Beteiligung an der Klin.

Hilfsweise trägt die Klin. vor, dass die Anteilseignerdarlehen zu dem Zeitpunkt, als die Verm-GmbH die Beteiligung an der Klin. erworben habe, umgewidmet worden seien. Folglich hätten sie der Beteiligung an der Klin. gedient. Die Änderung der Zweckbestimmung sei nach außen in Erscheinung getreten und zwar durch die bilanzielle Behandlung des Darlehens.

Die Klin. beantragt,

den geänderten Feststellungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Klin. für 1996 vom 18.08.1998 unter Aufhebung der EE vom 30.06.2000 dahin zu ändern, dass bei der Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb für 1996 Sonderbetriebszinsen in Höhe von 200.683,58 DM gewinnmindernd berücksichtigt und der Gesamtgewinn entsprechend niedriger festgestellt wird,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung, dass die Schulden allein durch den Einbringungsvorgang der Anteile an der Kap-GmbH in die Verm-GmbH veranlasst waren, fest. Durch die Umstrukturierung innerhalb des Unternehmensverbundes habe der Veranlassungszusammenhang sich nicht geändert.

Der Senat hat am 06.11.2002 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Bekl. hat zu Recht die Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben abgelehnt. Der angefochtene Bescheid ist daher rechtmäßig und verletzt die Klin. nicht in ihren Rechten.

Schuldzinsen stellen Sonderbetriebsausgaben eines Gesellschafters dar, wenn die Darlehensmittel für betriebliche Zwecke der Personengesellschaft oder für betriebliche Aufwendungen im Sonderbetriebsvermögensbereich verwendet werden und so dem Betrieb der Gesellschaft oder der Beteiligung des Gesellschafters dienen (BFH-Urteil vom 04.03.1998 XI R 64/95, BStBl. II 1998, 511 und BFH-Urteil vom 08.11.1990 IV R 127/86, BStBl. II 1991, 505).

An diesen Voraussetzungen fehlt es im Streitfall, da die Darlehen weder unmittelbar dem Betrieb der Klin. dienten noch zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters zählten.

Zum Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft gehören alle Wirtschaftsgüter, die dazu geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Mitunternehmers (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen (BFH-Urteil vom 23.01.2001 VIII R 12/99, BFH/NV 2001, 843 m.w.N.).

Eine Zuordnung der Darlehen als (negatives) Sonderbetriebsvermögen I der Verm-GmbH scheitert schon daran, dass zum Sonderbetriebsvermögen I nur solche Wirtschaftsgüter rechnen, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb der Personengesellschaft selbst bestimmt sind (BFH-Urteil vom 18.12.2001 VIII R 27/00, BFH/NV 2002, 581 m.w.N.). Dies ist vorliegend eindeutig nicht der Fall, weil das Darlehen ausschließlich von der Verm-GmbH genutzt worden ist. Daher scheidet auch ein Einsatz für betriebliche Zwecke der Klin. aus.

Die Einbringungsschuld gehört aber auch nicht zum Sonderbetriebsvermögen II der Verm-GmbH.

Sonderbetriebsvermögen II liegt nur dann vor, wenn die Wirtschaftsgüter der unmittelbaren Begründung oder der Stärkung der Beteiligung dienen (BFH-Urteil vom 10.11.1994 IV R 15/93, BStBl. II 1995, 452; BFH-Urteil vom 30.03.1993 VIII R 8/91, BStBl. II 1993, 864 und BFH-Urteil vom 01.10.1996 VIII R 44/95, BStBl. II 1997, 530; Schmidt, EStG 21. Aufl. § 15 RdNr. 517).

Die Darlehensschuld der Verm-GmbH betraf ausschließlich die Finanzierung der Beteiligung an der Kap-GmbH. Die Verm-GmbH hat die Anteile an der Kap-GmbH in Höhe von 13,5 Mio. DM aktiviert und Verbindlichkeiten gegenüber den Anteilseignern in Höhe von 13,38 Mio. DM passiviert. Damit dienten die Darlehen nicht der unmittelbaren Beteiligung an der Klin. selbst. Dies ist ebenso unstreitig, wie der Umstand, dass die Verbindlichkeiten aus der Beteiligung an der Klin. selbst (6,6 Mio. DM) durch Aufrechnung mit einem Ausschüttungsanspruch getilgt wurden.

Die Darlehensschuld diente auch nicht mittelbar der Beteiligung an der Klin. Sie hat nämlich nicht zu einer Stärkung der Gesellschafterstellung der Verm-GmbH geführt.

Eine Stärkung der Beteiligung ist von der Rechtsprechung z. B. für Sachverhalte angenommen worden, in denen die Machtstellung des Gesellschafters dadurch erhöht wird, dass er Gesellschaftsanteile an anderen Unternehmen, die in größerem Umfang für die "eigene Gesellschaft" tätig werden, erwirbt (BFH-Urteil vom 29.07.1997 VIII R 57/94, BStBl. II 1998, 682 und BFH-Urteil vom 03.03.1998 VIII R 66/98, BStBl. II 1998, 383). Zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile an der Kap-GmbH war die Verm-GmbH noch nicht an der Klin. beteiligt, so dass der Erwerb auch nicht der Stellung der Verm-GmbH innerhalb der Klin. dienlich sein konnte. Auch die spätere Beteiligung an der Klin. wurde durch den Erwerb der Anteile an der Kap-GmbH nicht aufgewertet.

Die Schuldzinsen sind auch nicht durch eine Umwidmung des Anteilseignerdarlehens zu Sonderbetriebsausgaben geworden. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt eine Umwidmung von Kreditmitteln nur dann in Betracht, wenn die durch die erstmalige tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel eingetretene Zuordnung zu einer bestimmten Einkunftsart eindeutig beendet wird und der Steuerpflichtige eine neue, gleichfalls kreditfinanzierte Anlageentscheidung trifft, durch welche es zu einer Auswechslung des Objektes des Kreditbedarfs kommt. Daran fehlt es im Streitfall.

Unstreitig wurden die Darlehensmittel zunächst zum Erwerb der Anteile an der Kap-GmbH eingesetzt. Da die kreditfinanzierte Forderung nach wie vor besteht, ist die Lösung des ursprünglichen wirtschaftlichen Zusammenhangs des Darlehens mit dieser Forderung nicht eindeutig ersichtlich. Eine neue Anlageentscheidung der Verm-GmbH liegt zwar insoweit vor, als die Anteile an der Klin. und an der H-KG erworben wurden. Da die entsprechenden Forderungen jedoch sogleich durch Aufrechnung getilgt wurden, bestand ein Kreditbedarf für diese Forderungen nicht; eine Umwidmung des Darlehens war daher nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund gem. § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist die Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.



Ende der Entscheidung

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