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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 05.05.2004
Aktenzeichen: 8 K 3508/02 G
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 18 Abs 1 Nr 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 5. Mai 2004, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...

Richter am Finanzgericht ...

Richterin am Finanzgericht ...

Ehrenamtlicher Richter ...

Ehrenamtliche Richterin ...

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Tatbestand:

Zu entscheiden ist, ob bzw. inwieweit die Tätigkeit des Klägers (Kl.) als freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) (ähnliche Tätigkeit zu einem der in dieser Vorschrift genannten Katalogberufe) anzusehen ist, so dass die hieraus erzielten Einkünfte insgesamt bzw. teilweise nicht als gewerbliche Einkünfte anzusehen sind und damit auch keine Gewerbesteuer anfällt.

Der Kl., der nach Abschluss seiner beruflichen Ausbildung bis zum 30.06.1991 ausschließlich bzw. später überwiegend Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt hatte, war in der Zeit vom 01.07.1991 bis zum 30.06.1992 als Einzelunternehmer tätig. Er bezeichnet sich als Unternehmensberater auf dem Gebiet "EDV-Consulting/Software Engineering". Ab dem 01.07.1992 übt er diese Tätigkeit im Rahmen einer von ihm gegründeten GmbH aus, die zurzeit 6 Mitarbeiter beschäftigt.

Der Kl. hatte zunächst eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann und eine Marketing-Ausbildung abgeschlossen. Im Rahmen einer beruflichen Neuorientierung besuchte er eine Fachschule für EDV. Hier legte er im Jahre 1972 eine staatliche Prüfung zum "Betriebswirt-EDV" ab. Anschließend war er nach eigenen Angaben im Rahmen eines Großversandhauses und bei der Fa. O Computer AG im Bereich der Systemanalyse, Systemberatung, Systemtechnik und Systemprogammierung tätig. Ab dem Jahre 1980 betätigte er sich im Hause der Fa. C N - Tochterfirma der Fa. O - als Systemprogammierer. Daneben führte er nach eigenen Angaben auch freiberufliche Nebentätigkeiten auf diesem Gebiet aus. Ab dem 01.07.1991 hat er seine nichtselbständige Arbeit beendet. Er betätigt sich seitdem auf dem Gebiet des EDV-Consulting/Software Engineering, zunächst als Einzelunternehmer und später, ab dem 01.07.1992, im Rahmen seiner GmbH. Aufgrund eines Software-Partnervertrages mit seiner früheren Arbeitgeberin, der Fa. C, hat er in den Streitjahren die Betreuung für Systemsoftware bei verschiedenen Firmen übernommen, mit der die C entsprechende Verträge hat. Darüber hinaus hat er auch weitere Aufträge übernommen. Nach den während einer Betriebsprüfung und im Klageverfahren eingereichten Tätigkeitsbeschreibungen und weiteren Unterlagen handelt es sich in der Regel um die Installation und Einrichtung von Betriebssystemen und Datenübertragungssystemen aus dem Hause O. Teilweise handelt es sich auch um Umstellungen von einem Betriebssystem auf ein anderes Betriebssystem. Bei dem Kunden "OXE" hat er darüber hinaus im Rahmen eines Gesamtauftrages auch ein so genanntes "Lager-Paternoster-System" aufgebaut, mit dem Auftragspositionen vom Hauptrechner automatisch in das Lagersystem übergeben werden und von dem Paternoster-System ausgeführt werden können. Im Streitjahr 1991 hat er außerdem für die Fa. J Deutschland in deren Labor Forschungs- und Entwicklungsarbeiten geleistet. Dabei wurde ihm auch Personal von der Fa. J zur Verfügung gestellt. Ziel des Auftrages war "festzustellen, wie groß die Abweichung zwischen dem O-Betriebssystem und Zusatzmodulen gegenüber dem vergleichbaren J-Betriebssystem und Zusatzmodulen war". Damit sollten bisherige O-Kunden dazu bewegt werden, auf ein J-System umzusteigen, das dieselben Arbeitsergebnisse erbringt, wie das bisherige O-System. Die hieraus erzielten Erlöse betragen 32.062,90 DM. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Tätigkeitsbeschreibung des Kl. vom 04.11.1994 und auf die im Klageverfahren eingereichten Tätigkeitsbeschreibungen und Auftragsunterlagen vewiesen (vgl. Sonderakte "Auszug aus der Prüferhandakte" und Bl. 28 bis 47, 52 bis 63 sowie 110 und 111 der Gerichtsakte). Ergänzend wird auch auf die Tätigkeitsbeschreibung durch den Kl. im Rahmen des Erörterungstermins vom 13.10.2003 verwiesen (vgl. Bl. 103 bis 106 der Gerichtsakte).

Der Kl. hatte seine Einkünfte aus der genannten Tätigkeit von vorneherein als Einkünfte aus selbständiger, nicht gewerblicher Tätigkeit angesehen und dementsprechend auch keine Gewerbesteuererklärungen abgegeben. Im Rahmen einer in den Jahren 1994 und 1995 durchgeführten Betriebsprüfung griff die Finanzverwaltung diesen Sachverhalt auf und beurteilte die Tätigkeit des Kl. als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 EStG. Dementsprechend wurden die Erträge aus dieser Tätigkeit auch als Gewerbeerträge angesehen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 08.03.1995 Bezug genommen. Der Beklagte (Bekl.) folgte dieser Einschätzung und setzte mit getrennten Bescheiden vom 20.06.1995 für das Jahr 1991 einen einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 6.665,00 DM und für das Jahr 1992 einen solchen in Höhe von 5.760,00 DM fest. Die hiergegen gerichteten Einsprüche, mit denen die Aufhebung dieser Festsetzungen begehrt wurde, hatten keinen Erfolg. Nachdem die Einsprüche wegen einer damals anhängigen Verfassungsbeschwerde zur steuerrechtlichen Bewertung der Tätigkeit eines EDV-Beraters als gewerbliche Tätigkeit zwischenzeitlich einvernehmlich geruht hatten, wies der Bekl. die Einsprüche mit einheitlicher Einspruchsentscheidung vom 28.05.2002 als unbegründet zurück.

Im Rahmen der sich anschließenden Klage regen die Beteiligten erneut das Ruhen des Verfahrens an, sofern die unterschiedliche Beurteilung zwischen Systemsoftware und Anwendersoftware eine Rolle spielen sollte.

Zur Sache selbst meint der Kl. im Wesentlichen, er übe eine ingenieurähnliche Tätigkeit aus, die einem Katalogberuf des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG entspreche. Die Forderung des Bundesfinanzhofes, dass er als EDV-Berater auf dem Gebiet der Systemsoftware tätig sei, werde von ihm erfüllt. Sein Schwerpunkt habe stets in der Installation und der Implementierung von Betriebssystemen gelegen. Der Anteil der von ihm entwickelten Anwendersoftware sei relativ gering. Zur Systemsoftwareentwicklung dürfe nicht nur die orginäre Entwicklung dieser Software gerechnet werden, sondern auch ihre Einrichtung und Anpassung auf spezielle Bedürfnisse des Anwenders. Darüber hinaus müsse auch berücksichtigt werden, dass nach der neueren Rechtsprechung auch die Entwicklung von Anwendersoftware als freiberufliche, selbständige Tätigkeit eingestuft werde, wenn der Selbständige Kenntnisse eines Ingenieurs oder Diplom-Informatikers aufweise. Das sei bei ihm der Fall. Bei dem Auftrag bei der Fa. OXE habe es sich im Wesentlichen um die Einrichtung bzw. Umstellung des Betriebssystems I/II gehandelt. Das Lager-Paternostersystem habe dabei nur einen Anteil von etwa 20 % gehabt. Innerhalb dieses Teilprojektes habe der Anteil der Erstellung von Anwendersoftware bei ca. 10 % gelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 28.11.2002, 24.02.2003 und 10.11.2003 verwiesen.

Der Kl. beantragt,

die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1991 und 1992 vom 20.06.1995 und die Einspruchsentscheidung vom 28.05.2002 aufzuheben

und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er meint im Wesentlichen, die Tätigkeit des Kl. sei die eines Gewerbetreibenden. Zum Einen verfüge der Kl. nicht über eine ingenieurähnliche Ausbildung. Zum Anderen sei auch die Tätigkeit nicht mit der eines Ingenieurs vergleichbar. Hinweise auf die Entwicklung eigener Systemsoftware gebe es aus der Darstellung des Kl. nicht. Sein Schwerpunkt liege bei der Installation und Implementierung von Betriebssystemen. Zwar arbeite der Kl. überwiegend im Bereich der Systemtechnik, die Installierung, Implementierung und Betreuung dieser, von anderen Firmen stammenden Technik erfülle aber nicht die Voraussetzungen für eine ingenieurähnliche Tätigkeit. Sie stelle keine Entwicklung von Systemsoftware dar. Soweit der Kl. Anwendersoftware entwickele, liege auch keine ingenieurähnliche Tätigkeit vor, da diese Tätigkeit nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH als gewerbliche Tätigkeit einzuordnen sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 16.01.2003 und die Einspruchsentscheidung vom 28.05.2002 verwiesen.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 05.05.2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.

Soweit der Kl. im Streitjahr 1991 für die Fa. J deren Systemsoftware so weiterentwickelt hat, dass mit ihr in der Praxis dieselben Arbeitsergebnisse erzielt werden konnten, wie sie mit einem Konkurrenzsystem der Fa. O zu erzielen waren, sieht der Senat die Tätigkeit als Softwareentwicklungstätigkeit im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes an. Die hieraus erzielten Erträge können daher nicht als Gewerbeertrag angesehen werden, so dass der Kl. durch ihre Einbeziehung im Rahmen der Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung für das Jahr 1991 in seinen Rechten verletzt ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Insoweit ist die Klage begründet. Soweit der Kl. darüber hinaus aufgrund eigener Aufträge oder aufgrund von Aufträgen seines früheren Arbeitgebers, der Fa. C tätig geworden ist, handelt es sich dagegen um eine gewerbliche Tätigkeit, da diese Tätigkeit nicht als Systemsoftwareentwicklung anzusehen ist. Das gilt auch für die Ertragsanteile, die auf eine eventuelle Systemsoftwareentwicklung im Rahmen des Auftrages der Fa. OXE erzielt wurden, denn dieser Teil stellt nach eigenen Angaben des Kl. lediglich eine Tätigkeit von geringem Umfang dar. Er ist außerdem auch nicht von den übrigen Auftragsanteilen abgrenzbar. Soweit der Kl. im Rahmen seiner Aufträge Anwendersoftware entwickelt hat, folgt bereits aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der der Senat folgt, dass die hieraus erzielten Erträge als Gewerbeerträge anzusehen sind. Außerdem fehlt es insoweit auch überwiegend an einer Abgrenzbarkeit dieser Erträge aus der übrigen Tätigkeit des Kl.. Die Klage ist insoweit nicht begründet.

Nach § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG unterliegt ein im Inland betriebener Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer. Gewerbebetrieb ist nach dieser Regelung ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Nach der Legaldefinition des § 15 Abs. 2 EStG ist hierunter u. a. nicht die Ausübung eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Arbeit im Sinne des § 18 EStG zu verstehen. Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind u. a. die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit zu rechnen. Dazu gehören auch Tätigkeiten als Ingenieur, Betriebswirt oder eine diesen Berufen ähnliche Tätigkeit. Unter den ausdrücklich in § 18 EStG erwähnten Tätigkeiten fällt nicht die Tätigkeit eines EDV-Beraters oder Informatikers, selbst wenn er im Bereich der Systemsoftwareentwicklung tätig ist. Eine derartige Tätigkeit fällt nur dann unter § 18 EStG, wenn sie als ähnliche Tätigkeit zur Tätigkeit eines Ingenieurs oder Betriebswirtes einzusehen ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nur teilweise erfüllt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der der Senat folgt, ist ein Beruf einem Katalogberuf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann. Dafür ist es erforderlich, dass die Tätigkeit des Steuerpflichtigen in einem für den Katalogberuf typischen Bereich liegt. Darüber hinaus muss der Steuerpflichtige über eine Ausbildung verfügen, die der für den Katalogberuf erforderlichen Ausbildung vergleichbar ist. Entsprechende, in den Hauptgebieten dieser Berufe liegende Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie in der Ausbildung zu einem der vom Gesetzgeber genannten Katalogberufe regelmäßig erworben werden, sind im Zweifelsfall vom Steuerpflichtigen nachzuweisen, wenn er keinen entsprechenden Ausbildungsabschluss nachweisen kann (vgl. nur BFH-Beschluss vom 16. Januar 2002, IX B 70/01, BFH/NV 2002, 644 m. w. N.).

Im Streitfall verfügt der Kl. weder über einen Hochschulabschluss noch über einen Fachhochschulabschluss als Betriebswirt oder Ingenieur - nur diese beiden Katalogberufe kommen hier als ähnliche Berufe in Betracht. Der von ihm erworbene Abschluss an einer Fachschule als staatlich geprüfter Betriebswirt-EDV kann für sich gesehen einem Fachhochschul- oder Hochschulabschluss nicht gleichgesetzt werden. Soweit eine vergleichbare Qualifikation als Betriebswirt in Frage steht, fehlen Darlegungen und Nachweise dazu, dass in den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre entsprechende Kenntnisse vorhanden sind. Dazu gehören u. a. Kenntnisse in den Bereichen der Führung, der Fertigung, der Materialwirtschaft, der Finanzierung, des Vertriebes, des Verwaltungs- und Rechnungswesens sowie des Personalwesens (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1991, IV R 135/90, BFHE 164, 408, BStBl. II 1991, 769, 770 und BFH-Beschluss vom 16. Januar 2002, IV B 70/01, BFHNV 2002, 644, 645).

Anders sind dagegen nach Auffassung des Senates die Fähigkeiten und Kenntnisse des Kl. hinsichtlich seiner ingenieurähnlichen Qualifikation zu beurteilen. Hier wird nach ständiger Rechtsprechung die Ausbildung und der Abschluss zu einem Diplom-Informatiker als ähnliche Tätigkeit zu der eines Ingenieurs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG angesehen. Die Qualifikation und die Tätigkeit eines Diplom-Informatikers im Bereich der Datenverarbeitung wird als ähnliche Qualifikation und Tätigkeit zu der eines Ingenieurs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG angesehen, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten und die Tätigkeiten auf den Bereich der Systemsoftwareentwicklung beziehen (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1989, IV R 115/87, BStBl. II 1990, 337, 338). Im Streitfall hat der Kl. zwar auch keinen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss als Diplom-Informatiker. Auch reicht allein der Umstand, dass jemand im Bereich der System-Software-Entwicklung tätig ist, nach der Rechtsprechung des BFH nicht aus, die Ähnlichkeit mit dem Beruf eines Ingenieurs oder Informatikers zu begründen (BFH-Beschluss vom 8. November 2002, IV B 120/01, BFHNV 2003, 170). Vielmehr kann ein "Autodidakt", zu denen der Kl. zählt, den Nachweis seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, die die Ähnlichkeit begründen, durch eigene praktische Arbeiten auf diesem Gebiet erbringen (BFH-Urteil vom 7. November 1991, IV R 17/90, BStBl. II 1993, 324, 325 f.). Im Zweifel ist hierfür ein Sachverständiger einzuschalten, der diese Arbeiten begutachtet. Im Streitfall sieht der Senat aber den Nachweis entsprechender Kenntnisse und Fähigkeiten auch ohne Einschaltung eines Sachverständigen als erbracht an. Es steht fest, dass der Kl. sich spätestens seit seinem Abschluss im Jahre 1972 als staatlich geprüfter Betriebswirt-EDV auf diesem Bereich ständig fortgebildet hat. Anders ist zur Überzeugung des Senates nicht erklärbar, dass er zunächst nicht nur im Bereich der Systemanalysen und Systemberatung tätig war, sondern auch im Bereich der Systemprogrammierung bei Firmen, die Betriebssysteme entwickeln. Nicht zuletzt wird das auch dadurch bestätigt, dass er im Jahre 1991 für die Fa. J die Prüfung, Analyse und Weiterentwicklung von Systemsoftwareprogrammen übertragen erhalten hat. Die Abwicklung eines derartigen Auftrages in selbständiger, leitender Position erfordert zur Überzeugung des Senates derartige Kenntnisse und Fähigkeiten. Der Senat geht daher davon aus, dass der Kl. trotz fehlenden Fachhochschul- und Hochschulabschlusses bereits in den Streitjahren 1991 und 1992 über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Diplom-Informatikers verfügte, so dass er insoweit einem Ingenieur im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gleichgestellt werden kann.

Dieser Umstand führt jedoch noch nicht dazu, die gesamten Einkünfte des Kl. als Einkünfte aus § 18 EStG anzusehen. Vielmehr erfordert diese steuerliche Behandlung der Erträge, dass auch die vom Kl. tatsächlich ausgeübte Tätigkeit insgesamt, zumindest aber in ihrem überwiegenden Teil als ingenieurähnliche Tätigkeit anzusehen ist. Soweit Einzelaufträge abgrenzbar sind, erfolgt die Beurteilung und Einordnung als ingenieurähnliche bzw. nichtingenieurähnliche Tätigkeit für diese Einzelaufträge.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), der der Senat folgt, ist im EDV-Bereich lediglich die Tätigkeit als Systemsoftwareentwickler als freiberufliche Tätigkeit anzusehen. Zur Systemsoftwareentwicklung gehört insbesondere die Entwicklung von Betriebssystemen und die Entwicklung von Hilfs- und Dienstprogrammen, Compiler und Übersetzer oder Datenbanksystemen. Derartige Systeme werden in Pflichtenheften fixiert und detailliert. Die Pflichtenhefte sind wiederum Grundlage dafür, beim Anwender die Systeme zu installieren und auf der Grundlage der installierten Systeme Anwenderprogramme zu entwickeln. Dagegen gehört die Entwicklung von Anwendersoftware, entgegen der Auffassung des Kl., nicht zu einer ingenieurähnlichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. BFH-Urteile vom 7. Dezember 1989, IV R 115/87, BFHE 159, 171, BStBl. II 1990, 337, vom 7. November 1991, IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl. II 1993, 324, vom 24. August 1995, IV R 60-61/94, BFHE 178, 364, BStBl. II 1995, 888 sowie BFH-Beschlüsse vom 21. Mai 1992, IV B 89/91, BFHNV 1993, 292, vom 8. September 1994, IV B 130/93, BFHNV 1995, 209, vom 14. Mai 1997, IV B 92/96, BFHNV 1997, 751 und vom 23. Januar 2001, IV B 68/00, BFHNV 2001, 893).

Der Auffassung einiger Finanzgerichte, auch die Entwicklung von Anwendersoftware als freiberufliche Tätigkeit anzusehen, folgt der Senat nicht (vgl. insoweit z. B. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Juli 2001, 2 K 187/99, EFG 2001, 1449, Finanzgericht Köln, Urteil vom 11. Dezember 2002, 4 K 6906/94, EFG 2003, 536, Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 6. November 2002, V 191/2000, DStRE 2003, 280, Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 13. September 2002, VI 170/00, EFG 2003, 230 und Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Mai 2002, 4 K 1375/01, EFG 2002, 1046 - anderer Ansicht für derartige Tätigkeiten bis in das Jahr 1994 hinein Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Mai 1999, 12 K 410/95, Finanzrundschau 1999, 1373). Letztlich kommt es für die Entscheidung des Streitfalles aber nicht auf die Frage an, ob ein Anwendersoftwareentwickler einem Systemsoftwareentwickler gleichgesetzt werden kann, denn der Anteil der Tätigkeit des Kl. auf dem Gebiet der Anwendersoftware ist nach eigenen Angaben von untergeordneter Bedeutung. Auch lässt er sich bei den einzelnen Aufträgen, soweit sie beide Tätigkeitsbereiche betreffen, nicht von der übrigen Tätigkeit des Kl. abgrenzen. Aus diesem Grunde war auch dem Antrag der Beteiligten, das Verfahren ruhen zu lassen, nicht zu folgen.

Da die Tätigkeit des Kl. im Bereich der Systemsoftware deutlich überwiegt und bestimmend ist, entscheiden allein die dazu vom BFH aufgestellten Rechtsprechungsgrundsätze darüber, ob diese Tätigkeit insgesamt oder - bei abgrenzbaren Aufträgen oder Auftragsteilen - teilweise gewerblich oder ingenieurähnlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist. Nach diesen Grundsätzen zählt aber nur die Entwicklung von Systemsoftware zur ingenieurähnlichen Tätigkeit. Allein die Tätigkeit im Bereich der Systemsoftware und damit insbesondere auch die Installation und Betreuung von Systemsoftware reicht nicht aus, eine ingenieurähnliche, freiberufliche Tätigkeit anzunehmen (BFH-Urteile vom 7. Dezember 1989, IV R 115/87, BStBl. II 1990, 337 und vom 7. November 1991, IV R 17/90, BStBl. II 1993, 324, 326 sowie vom 24. August 1995, IV R 60-61/94, BStBl. II 1995, 888). Die Einordnung der Tätigkeit als Systemsoftwareentwicklung oder als EDV-Betreuer bzw. Anwendersoftwareentwickler hat dabei anhand des jeweils konkreten Auftrages zu erfolgen. Überwiegt bei einem Auftrag eine dieser Tätigkeiten, so ist die Gesamttätigkeit im Rahmen dieses Auftrages diesem Bereich zuzuordnen (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1991, IV R 17/90, BStBl. II 1993, 324 und BFH-Beschluss vom 5. Mai 1999, IV B 35/98, BFH/NV 1999, 1328).

Nach diesen Grundsätzen kann im Streitfall lediglich die Tätigkeit des Kl. für die J im Jahre 1991 als Systemsoftwareentwicklung angesehen werden. Die Tätigkeit bestand erkennbar darin, eine bereits entwickelte Systemsoftware grundlegend weiter zu entwickeln, um diese weiterentwickelte Systemsoftware interessierten Kunden in Konkurrenz zur Systemsoftware der Fa. O anbieten zu können. Die weiteren Tätigkeiten des Kl. stellen demgegenüber keine Systemsoftwareentwicklung im Sinne der genannten Rechtsprechungsgrundsätze dar. Aufgrund der Tätigkeitsbeschreibungen durch den Kl. und insbesondere aufgrund seiner Erläuterungen im Erörterungstermin vom 13.10.2003 steht fest, dass die Haupttätigkeit des Kl. im Rahmen der weiteren Aufträge darin bestand, die von fremden Herstellern entwickelte Systemsoftware - in der Regel Systemsoftware der Firmen O und J - beim Kunden zu installieren und, soweit erforderlich, den dortigen Erfordernissen anzupassen. Die Installation und Programmierung beim Kunden erfolgte aufgrund der von den Herstellern der Systemsoftware vorgegebenen Anleitungen (Leistungsbeschreibungen und Spezifikationen in entsprechenden Pflichtenheften). Unerheblich ist, dass der Kl. diese Systeme in Großrechneranlagen installierte, denn auch hierfür waren nach seinen Angaben die entsprechenden Pflichtenhefte anzuwenden. Soweit einzelne Programmteile verändert werden mussten, kann diese Tätigkeit lediglich als untergeordnete Tätigkeit angesehen werden, die es nicht rechtfertigt, den gesamten Auftrag als Systemsoftwareentwicklungsauftrag einzuordnen. Das gilt auch für Betreuungsarbeiten, das Aufspüren und die teilweise auch selbständige Fehlerkorrekturen im Rahmen der Systemsoftwarebetreuung und die Installation und Einrichtung von Datenfernübertragungssytemen. Gleiches gilt auch für die bei einzelnen Kunden erfolgte Umstellung von Systemen der Fa. O auf Systeme der Fa. J, denn auch hierfür war zuvor die zur Anwendung und Umschreibung notwendige Entwicklungsarbeit von den Herstellerfirmen geleistet worden. Unerheblich ist, dass der Kl. bei der Entwicklung der dafür erforderlichen geänderten Systemsoftware im Rahmen eines Sonderauftrages für die Fa. J tätig gewesen ist, denn die in diesem Rahmen durchgeführte Systemsoftwareentwicklung war durch diesen gesonderten Auftrag abgeschlossen. Soweit es um eine besondere Systemsoftwareentwicklung im Rahmen des Auftrages bei der Fa. OXE geht, gibt der Kl. selbst an, dass diese Entwicklungstätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist. Sie kann daher nicht dazu führen, den Gesamtauftrag und die daraus erzielten Einkünfte als freiberufliche Tätigkeit bzw. Einkünfte aus selbständiger Arbeit anzusehen.

Dementsprechend ist allein der Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 1991 zu vermindern. Der maßgebende Gewerbeertrag als Ausgangswert für die Berechnung des Gewerbesteuermessbetrages für dieses Jahr vermindert sich von bisher 169.347,00 DM um die Erträge aus dem Auftrag für die J in Höhe von 32.063,00 DM auf 137.234,00 DM. Unter Berücksichtigung des Freibetrages von 36.000,00 DM verbleibt dabei zur Berechnung des Messbetrages ein auf volle 100,00 DM abgerundeter Betrag in Höhe von 101.200,00 DM, so dass der Gewerbesteuermessbetrag sich von bisher 6.665,00 DM auf 5.060,00 DM vermindert. Im Übrigen ist aber die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für 1991 und darüber hinaus die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für das Jahr 1992 (6.040,00 DM) nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Vollstreckbarkeitserklärung hinsichtlich der Kostenentscheidung folgt aus § 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11 ZPO und 711 ZPO.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ergibt sich aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da der Senat der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH folgt. Die im Streitfall maßgebende Frage, was unter Systemsoftwareentwicklung zu verstehen ist, ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt.

Ende der Entscheidung

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