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Gericht: Finanzgericht Münster
Gerichtsbescheid verkündet am 06.12.2006
Aktenzeichen: 8 K 4463/02 E
Rechtsgebiete: EStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 11
EStG § 3 Nr. 44
EStG § 11
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1
BGB §§ 611 ff
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

8 K 4463/02 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 1997, ob der Beklagte (das Finanzamt -FA-) zu Recht Zahlungen aus dem Initiativprogramm "Förderung der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin" als laufenden Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit erfasst hat.

Der Kläger (Kl.) war in der 2. Jahreshälfte 1997 als angestellter Arzt in einer Gemeinschaftspraxis zum Zwecke der Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin tätig und wurde alleine zur Einkommensteuer veranlagt. Er schloss am 20./27.05.1997 mit der Kassenärztlichen Vereinigung X (KV X) einen Darlehensvertrag über ein öffentliches Darlehen. Ihm wurde als Darlehensnehmer auf der Basis des von der Vertreterversammlung der KV X am 04.12.1996 beschlossenen Statuts zur Förderung der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin sowie aufgrund des Bewilligungsbescheides der KV X vom 20.05.1997 ein zinsloses öffentliches Förderdarlehen in Höhe von 15.000 DM zur Verfügung gestellt. Die Auszahlung des Darlehens erfolgte in 6 Monatsteilbeträgen beginnend mit dem 01. Juli 1997 in Höhe von jeweils 2.500 DM.

Gemäß I 5. des Darlehensvertrages erfolgte die Anweisung der Monats- Teilbeträge ab dem 2. Tätigkeitsmonat auf der Basis eines vom Darlehensnehmer sowie des zur Weiterbildung durch die BÄK befugten Praxisinhabers unterschriebenen Beschäftigungsnachweises (Vordruck W 5), welcher bis spätestens zum 05. des Folgemonats der KV X vorliegen musste. Die Vorlage der Beschäftigungsnachweise sollte eine vertragliche Hauptpflicht darstellen. Voraussetzung für die Darlehensgewährung war u. a., dass sich der Kl. zu Weiterbildungsabschnitten mit verschiedenen Aufgabenschwerpunkten verpflichtete und den Nachweis für den erfolgreichen Abschluss der allgemeinmedizinischen Weiterbildung (belegt durch die Facharztanerkennung "Allgemeinmedizin") innerhalb von 4 Jahren nach Beginn der Darlehensgewährung gegenüber der KV X zu führen hatte.

In II. des Darlehensvertrages waren u. a. die Fälle geregelt, bei deren Vorliegen die KV X zur außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrages berechtigt war. Für den Fall der außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrages war der von der KV X ausbezahlte Darlehensbetrag vom Darlehensnehmer an die KV X zurückzuzahlen.

Unter III. des Darlehensvertrages war unter der Überschrift "Erreichen des Förderzieles" geregelt, dass mit der Vorlage der Allgemeinarzt-Anerkennung innerhalb von 4 Jahren nach Beginn der Zuschussgewährung das Förderdarlehen als getilgt anzusehen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Darlehensvertrages (Blatt 58 bis 61 der Einkommensteuerakte) verwiesen.

Der Kl. schloss dementsprechend mit den Ärzten Dr. L und Dr. N in O einen Vertrag über die Einstellung als Assistent in der ärztlichen Gemeinschaftspraxis. Hierbei handelt es sich um ein Angestelltenverhältnis, das ab 01.07.1997 bis zum 31.12.1997 fest abgeschlossen wurde. Laut § 1 der Begründung des Assistentenverhältnisses erfolgte die Einstellung zum Zwecke der Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin. In § 1 Abs. 2 war ausgeführt, dass die erforderliche Weiterbildungsermächtigung der Ärztekammer vorliege. Die zuständige Kassenärztliche Vereinigung habe der Beschäftigung zugestimmt. Die Approbationsurkunde bzw. die Erlaubnis gemäß § 10 BuÄO habe der Assistent vorgelegt.

In § 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrages war geregelt, dass auf das Anstellungsverhältnis die arbeitsrechtlichen Vorschriften gemäß §§ 611 ff BGB Anwendung finden würden. Das Angestelltenverhältnis würde auf Zeit, nämlich bis zum 31.12.1997, fest abgeschlossen. Die ersten drei Monate der Beschäftigung galten als Probezeit.

In der Einkommensteuererklärung für 1997 erklärte der Kl. die Zahlungen der KV X nicht. Der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 15.02.1999 erging ohne eine Besteuerung der Zahlungen durch die KV X.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung der Lohnsteuer-Außenprüfung beim FA CN erhielt das FA Kenntnis über die ausgezahlten Förderbeträge der KV X. Nach vorheriger Anhörung des Kl. beurteilte es die Zahlungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn von dritter Seite und erließ einen nach § 173 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 18.06.2001, der zu einer Nachzahlung von 4.732 DM Einkommensteuer führte.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs trug der Kl. vor, die Förderbeträge der KV X in Höhe von insgesamt 15.000 DM seien als Darlehen gewährt worden. Dementsprechend habe weder er noch sein Arbeitgeber dieses Darlehen als steuerpflichtigen Arbeitslohn angesehen. Das Arbeitsverhältnis des Darlehensnehmers mit dem beschäftigenden Arzt (Weiterbildungsarzt) bestehe rechtlich völlig unabhängig von dem Darlehensvertrag zwischen dem beschäftigten Arzt (Assistenzarzt) und der KV X. Der Weiterbildungsarzt sei in keinem Fall in irgendeine Verpflichtung mit der Kassenärztlichen Vereinigung oder in den Darlehensvertrag eingebunden. Eine nachträgliche Versteuerung der Beträge würde dem Sinn des Darlehens, die Facharztausbildung finanziell zu unterstützen, entgegenwirken.

Sollten die Beträge aus dem Darlehen tatsächlich als Einkommen gewertet werden, so müssten sie gemäß § 3 Nr. 11 Einkommensteuergesetz (EStG) bzw. § 3 Nr. 44 EStG als steuerfrei angesehen werden.

Außerdem trug der Kl. vor, dass eine Versteuerung allenfalls im Zeitpunkt der Tilgung hätte vorgenommen werden müssen, da im Zeitpunkt der Darlehensgewährung mit der Zahlung gleichzeitig eine Forderung begründet worden sei, so dass die Darlehensgewährung in jedem Fall zuflussneutral erfolgt sei. Eine Versteuerung könne deshalb allenfalls im Zeitpunkt der Tilgung, d. h. im Zeitpunkt der "Allgemeinarzt-Anerkennung" erfolgen. Dies sei am 09.07.1998 der Fall gewesen.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung -EE- vom 29.07.2002).

Es meinte, es habe zu Recht die Zahlungen aus dem Initiativprogramm "Förderung der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin" als laufenden Arbeitslohn bei den Einkünften aus § 19 EStG besteuert.

Entgegen der Rechtsauffassung des Kl. würden die Zahlungen der KV X laufenden Arbeitslohn aus dem jeweiligen Dienstverhältnis mit dem Weiterbildungsarzt darstellen. Es handele sich um Arbeitslohn von dritter Seite, der direkt von der KV X an den Kl. gezahlt würde (abgekürzter Zahlungsweg). Die ausbildenden Ärzte hätten ihre Arbeitgeberpflichten laufend zu erfüllen. Dies gelte nach Abschnitt 106 der Lohnsteuerrichtlinien 1996 auch, soweit die Zuschüsse als Arbeitslohn von dritter Seite, nämlich von der KV X, ausbezahlt würden. Daher würde zwischen den ausbildenden Ärzten und der KV X eine enge Beziehung bestehen. Diese Beziehung ergebe sich insbesondere daraus, dass die Vertragsärzte für die Beschäftigung der Weiterbildungsassistenten einer Genehmigung der KV X bedürften.

Die Auszahlung des Förderzuschusses sei entgegen der Ansicht des Kl. nicht als Darlehen anzusehen. Denn der Regelungsinhalt eines Darlehensvertrags in Form einer Rückzahlungsverpflichtung werde hier typischerweise nicht angestrebt. Eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe nur für den Fall, dass die Allgemeinarztanerkennung nicht innerhalb von vier Jahren nachgewiesen oder die Weiterbildung vorzeitig abgebrochen würde. Der Darlehensbetrag stehe unter einer aufschiebenden Bedingung. Eine Verzinsung des sogenannten Darlehensbetrages sei nicht vorgesehen. Allein aus der Bezeichnung "Darlehensvertrag" könne nicht geschlossen werden, dass auch tatsächlich die Voraussetzungen für ein Darlehen vorliegen würden.

Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG scheitere daran, dass die Zahlungen durch die Kassenärztliche Vereinigung nicht aus öffentlichen Mitteln stammen würden. Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach dieser Vorschrift sei außerdem, dass der Empfänger mit den Bezügen nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet werde. Eine solche Arbeitnehmertätigkeit liege hier aber gerade vor.

Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 44 EStG scheitere bereits daran, dass kein Stipendium gezahlt werde und auch hier eine Arbeitnehmertätigkeit des Kl. vorliege.

Der Kl. habe die Zuschüsse in dem Zeitpunkt des Zuflusses (§ 11 EStG) zu versteuern. Der Arbeitslohn sei dem Kl. in dem Zeitpunkt zugeflossen, in dem er wirtschaftlich darüber habe verfügen können. Das sei unstrittig im Kalenderjahr 1997 mit der Auszahlung von 15.000 DM der Fall gewesen.

Der Kl. irre, wenn er eine Versteuerung der Zuschüsse erst im Zeitpunkt der Tilgung des sogenannten Darlehens, also im Zeitpunkt der "Allgemeinarzt-Anerkennung" am 09.07.1998 begehre. Sein mit der KV X geschlossener Vertrag enthalte eine aufschiebende Bedingung hinsichtlich der Zuschussrückzahlung, d. h. grundsätzlich würde davon ausgegangen, dass keine Rückzahlung zu erfolgen habe. Sofern die aufschiebende Bedingung eintrete und der bereits gezahlte Zuschuss wieder zurückgefordert werde, sei diese Tatsache erst im Zeitpunkt der Rückzahlung steuermindernd zu berücksichtigen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kl. sein Begehren weiterverfolgt.

Ergänzend trägt er vor, Ziel des Darlehens sei die Förderung der Facharztausbildung auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin gewesen. Eine Voraussetzung sei, dass der Darlehensnehmer einen Beschäftigungsnachweis erbringe für die Beschäftigung bei einem entsprechend qualifizierten und zugelassenen Praxisinhaber.

Das FA sei der Meinung, es handele sich bei den Zahlungen nicht um ein Darlehen sondern um Entgelt. Das FA stütze sich im Wesentlichen darauf, dass er, der Kl., eine Arbeitnehmertätigkeit bei seinem Weiterbildungsarzt ausüben müsse. Hierauf stütze sich die weitere Argumentation.

Kernpunkt sei schon der, dass kein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe, sondern ein Beschäftigungsverhältnis. Zum Einen sei ein Beschäftigungsverhältnis zwingend notwendig, da eine praktische Ausbildung ansonsten keinen Sinn mache. Dass es sich nur um ein Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnis gehandelt habe, könne man auch an der Höhe des Lohnes erkennen, der nicht dem Lohn eines approbierten Arztes entspreche und somit sittenwidrig sei. Um ein Arbeitsverhältnis in diesem Sinne könne es sich schon aus diesem Grunde nicht gehandelt haben. In diesem Zusammenhang müsse auch beachtet werden, dass die Ausbildung den Ausbilder selbstverständlich Zeit und damit auch Geld koste und dies zu einer entsprechenden Ausbildungsvergütung führe.

Der Darlehensvertrag sei auch nicht unter irgendeiner Bedingung abgeschlossen worden. Mit der Vorlage der Allgemeinarzt-Anerkennung innerhalb von vier Jahren nach Beginn der Darlehensgewährung sei das Förderdarlehen als getilgt anzusehen und zwar nur unter dieser Voraussetzung, ansonsten sei das Darlehen nach vier Jahren bzw. nach der Kündigung zurückzuzahlen.

Das bedeute, es handele sich deshalb schon um keinen Arbeitslohn, auch nicht von einem Dritten, da gegenüber dem Dritten, hier der KV, keine Arbeitsleistung erbracht werde und gegenüber dem ausbildenden Arzt ebenfalls keine Verpflichtung eingegangen werde. Auch der Praxisinhaber erhalte für den Betrag keine Gegenleistung. Somit sei weder in den Einzelverhältnissen noch in der Gesamtschau ein Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu erkennen.

Der Darlehensnehmer verpflichte sich lediglich zur Ausbildung als Facharzt für Allgemeinmedizin. Das Darlehen werde dann gewährt und ggfl. zurückgefordert. In jedem Falle entstehe mit der Auszahlung des Betrages eine Gegenforderung, so dass der Betrag im Zeitpunkt der Auszahlung als neutral anzusehen sei. Auch das FA müsse den Darlehensvertrag zivilrechtlich als Darlehensvertrag würdigen. Das heiße natürlich auch, dass die Frage des Zuflusses zunächst nach dem Darlehensvertrag zu beurteilen sei. Danach seien die 15.000 DM in 1997 entsprechend dem Darlehensvertrag ausgezahlt worden. Gleichzeitig sei die Rückzahlungsverpflichtung begründet worden, so dass der Zufluss tatsächlich in 1997 neutral verlaufen sei.

Wenn man dennoch der Meinung sein sollte, dass es sich um Einnahmen handeln würde, so trete Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11 EStG bzw. § 3 Nr. 44 EStG ein.

Bei der KV X handele es sich um eine auch öffentliche Mittel verwaltende Stelle. Das Darlehen habe dem Zweck der Ausbildung gedient und der Kl. sei zu keiner bestimmten Gegenleistung - außer dem Ausbildungsnachweis - oder zu einer Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet gewesen. Das FA gehe rechtswidrig davon aus, dass er, der Kl., Arbeitnehmer des Praxisinhabers bzgl. der gezahlten Darlehensbeträge gewesen sei. Dies sei aus dem oben Gesagten bereits nicht der Fall.

Der Kl. beantragt sinngemäß,

unter Änderung des Einkommensteuer-Änderungsbescheides 1997 vom 18.06.2001 und unter Aufhebung der EE vom 29.07.2002 die Einkommensteuer 1997 dahingehend geändert festzusetzen, dass die 15.000 DM nicht bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erfasst werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält unter Hinweis auf seine EE an seiner Rechtsauffassung fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einkommensteuerakte und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat in dem Einkommensteueränderungsbescheid 1997 vom 18.06.2001 den von der KV X aufgrund des Darlehensvertrages vom 20./27.05.1997 an den Kl. (Darlehensnehmer) im Zeitraum vom 01.07. bis 31.12.1997 in sechs gleichen Teilbeträgen ausgezahlten Betrag in Höhe von insgesamt 15.000 DM zu Recht gemäß § 19 EStG als Einnahme bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Kl. erfasst und ihn zusätzlich zu den bereits bisher für den Zeitraum vom 01.07. bis 31.12.1997 berücksichtigten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Kl. in Höhe von (brutto) 23.694,90 DM berücksichtigt.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Arbeitslohn sind grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch ein Dienstverhältnis veranlasst sind. Für die Lohnbesteuerung ist es nicht entscheidend, dass die Leistung des Arbeitgebers für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers erbracht wird. Denn auch Zuwendungen des Arbeitgebers, die nicht im Hinblick auf eine konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers gewährt werden, erweisen sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft (vgl. Schmidt, EStG-Kommentar, 25. Aufl., 2006, § 19 Rdn. 26; BFH-Urteil vom 07.12.1984 VI R 164/79, BStBl. II 1985, 164).

Auch Zahlungen durch Dritte an den Arbeitnehmer können Lohnzahlungen sein. Es muss der Zusammenhang zwischen Leistung und Dienstleistung gewahrt sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer den erlangten Vorteil wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung für den Arbeitgeber betrachten kann (BFH-Urteil vom 19.07.1974 VI R 114/71 BStBl. II 1975, 181; BFH-Urteil vom 17.07.1981 VI R 205/78 BStBl. II 1981, 773).

Ein solcher Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung und Zuwendung fehlt, wenn die Zuwendung auf eigenen, unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten beruht, so z. B. wenn der Arbeitnehmer von der Berufsgenossenschaft eine Belohnung für seine Dienste bei der Unfallverhütung erhält oder bei Streik- und Aussperrungsunterstützungen durch die Gewerkschaft (BFH-Urteil vom 24.10.1990 X R 161/88 BStBl. II 1991, 337).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze, denen der Senat folgt, handelt es sich bei den von der KV X an den Kl. gezahlten Beträge um Arbeitslohn von dritter Seite.

Die Zahlungen durch die KV X an den Kl. sind gerade nicht (nur) aufgrund eigener, unmittelbarer rechtlicher oder wirtschaftlicher Beziehungen zwischen dem Kl. und der KV X erfolgt. Zwar beruhen sie auf dem Darlehensvertrag vom 20./27.05.1997 zwischen der KV X und dem Kl.. Dieser Darlehensvertrag steht aber in engem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Kl. und dem Weiterbildungsarzt als Arbeitgeber.

Entgegen der Auffassung des Kl. bestand im Streitjahr 1997 eindeutig ein Arbeitsvertrag in Form eines Angestelltenverhältnisses gemäß §§ 611 ff BGB zwischen dem Kl. und dem Weiterbildungsarzt. Dies ergibt sich aus dem geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag.

Ob ein derartiger Vertrag aufgrund der Bestimmungen des Darlehensvertrages erforderlich gewesen wäre, oder ob insoweit auch ein unbezahltes Praktikumsverhältnis zwischen dem Kl. und dem Weiterbildungsarzt als Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Darlehensvertrages ausgereicht hätte, kann hier dahinstehen. Denn bei der steuerrechtlichen Beurteilung ist von dem verwirklichten Sachverhalt auszugehen. Der Weiterbildungsarzt hat entsprechend der Vereinbarung des Angestelltenverhältnisses an den Kl. in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.1997 insgesamt (brutto) ein Gehalt in Höhe von 23.694,90 DM gezahlt.

Der enge rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhang des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Weiterbildungsarzt und dem Kl. sowie dem Darlehensvertrag zwischen dem Kl. und der KV X ergibt sich daraus, dass der Kl. als Assistenzarzt seine Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin nicht bei jedem beliebigen Arzt machen konnte, sondern nur bei einem Arzt, der die erforderliche Weiterbildungsermächtigung der Ärztekammer hatte. Außerdem war erforderlich, dass die zuständige Kassenärztliche Vereinigung zugestimmt hatte. Der wirtschaftliche Zusammenhang besteht darin, dass die Kassenärztliche Vereinigung dieses Initiativprogramm zur Förderung der Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin offensichtlich beschlossen hat, um zukünftig mehr fachlich gut ausgebildete Ärzte für Allgemeinmedizin zu haben.

Der Kl. weist zu Recht darauf hin, dass ein Assistenzarzt zwangsläufig im Rahmen der Weiterbildung bei dem Weiterbildungsarzt gegenüber der normalen Tätigkeit als angestellter approbierter Arzt von dem ihn beschäftigenden Arzt weniger Gehalt erhält, weil der Weiterbildungsarzt bei der Gehaltsfestlegung den Arbeitsaufwand im Rahmen der Weiterbildung mitberücksichtigen muss. Im Übrigen sind zusätzliche Beträge in Höhe von 2.500 DM die - wie hier - von der KV X in monatlichen Abständen gezahlt worden sind, für approbierte Ärzte ein Anreiz, um sich als Assistenzarzt zum Facharzt für Allgemeinmedizin fortzubilden und die damit verbundenen Gehaltseinbußen in Kauf zu nehmen.

Dem Kl. sind entgegen seiner Auffassung die von der KV X an ihn gezahlten insgesamt 15.000 DM gemäß § 11 EStG im Streitjahr 1997 zugeflossen und nicht etwa erst am 09.07.1998, also in dem Zeitpunkt, in dem er die Anerkennung als Facharzt erhalten hat und demgemäß das Förderdarlehen gemäß der Regelung in III. des Darlehensvertrages als getilgt anzusehen war.

Der Kl. hat seine Rechtsauffassung damit begründet, die Frage des Zeitpunktes des Zuflusses sei zunächst nach dem Darlehensvertrag zu beurteilen. Danach seien die 15.000 DM in 1997 entsprechend dem Darlehensvertrag ausgezahlt worden. Gleichzeitig sei die Rückzahlungsverpflichtung begründet worden, so dass der Zufluss in 1997 neutral verlaufen sei. Wenn überhaupt, dann habe eine Versteuerung grundsätzlich nicht im Zeitpunkt der Darlehensgewährung sondern allenfalls im Zeitpunkt der Tilgung zu erfolgen.

Es kann hier dahinstehen, ob die Auffassung des Kl., dass es hier um die Gewährung von Darlehensbeträgen gehe, oder die Auffassung des FA, dass es hier nicht um Darlehensgewährung sondern um Zuschusszahlungen gehe, zutreffend ist. Die als steuerpflichtige Einnahmen zu wertenden Mittel der Kassenärztlichen Vereinigung sind nach § 11 EStG im Jahr des Zuflusses zu erfassen. Das ist das Jahr, in dem der Kl. die Mittel erhält, und zwar unabhängig davon, ob als sogenanntes leistungsfreies Darlehen oder als Zuschuss. Denn die KV X kann in beiden Fällen die Mittel nicht zurückfordern, wenn der Kl. entsprechend dem Förderungszweck des Darlehensvertrages die Facharzt-Anerkennung als Allgemeinmediziner erhält (vgl. dazu BFH-Urteil vom 14.10.2003 IX 60/02, BStBl. II 2004, 14, in dem der BFH entschieden hat, dass öffentliche Fördermittel (Zuschüsse oder nicht rückzahlbare Darlehen), die ein Bauherr zur Förderung von Mietwohnraum im Rahmen des sogenannten dritten Förderungswegs für Belegungs- und Mietpreisbindungen erhält, als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung im Kalenderjahr des Zuflusses zu versteuern sind).

Das FA ist zutreffend davon ausgegangen, dass diese Lohnzahlungen von dritter Seite nicht gemäß § 3 Nr. 11 EStG bzw. gemäß § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sind. Die Steuerfreiheit nach beiden Vorschriften liegt bereits deshalb nicht vor, weil beide Vorschriften zur Voraussetzung haben, dass der Kl. nicht zu einer Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet sein darf. Das ist hier jedoch der Fall (vgl. oben).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

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