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Gericht: Finanzgericht Münster
Beschluss verkündet am 22.02.2008
Aktenzeichen: 9 K 5096/07 K
Rechtsgebiete: KAGG, GG, KStG, EStG
Vorschriften:
KAGG § 40a Abs. 1 S. 2 | |
KAGG § 43 Abs. 18 | |
GG Art. 2 Abs. 1 | |
GG Art. 20 Abs. 3 | |
KStG § 8b Abs. 2 | |
KStG § 8b Abs. 3 | |
KStG § 8b Abs. 4 | |
EStG § 3c Abs. 1 |
Finanzgericht Münster
Tenor:
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Es wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob der durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I 2003, 2840) angefügte § 43 Abs. 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) insoweit gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes) verstößt, als darin die rückwirkende Anwendung des gleichzeitig angefügten § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen angeordnet worden ist, und dies zur Folge hat, dass Teilwertabschreibungen auf Anteile an Aktienfonds den steuerlichen Gewinn auch des Veranlagungszeitraums 2002 nicht mehr mindern durften.
Gründe:
A. Sachverhalt und Verfahrensstand
Streitig ist, ob ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -) darin zu sehen ist, dass durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (Korb-II-Gesetz) vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I 2003, 2840) in § 43 Abs. 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) die rückwirkende Anwendung des ebenfalls durch das Korb-II-Gesetz angefügten § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen angeordnet worden ist. Die gesetzliche Neuregelung hatte u.a. zur Folge, dass Teilwertabschreibungen auf Anteile an Aktienfonds den steuerlichen Gewinn nicht mehr mindern durften.
Die Klägerin, eine eingetragene Genossenschaft, ist zum 1. Januar 2003 durch Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin der X-Bank (Bank) geworden. Die Bank hielt in ihrem Umlaufvermögen als Liquiditätsreserve Anteile an den Investmentfonds X-Fonds (Fonds I) und Y-Fonds (Fonds II). Zum Wertpapier-Sondervermögen dieser Investmentfonds gehörten vor allem Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften. Zum 31. Dezember des Streitjahres 2002 waren die Börsenkurse der Anteilscheine unter die jeweiligen Buchwerte gesunken, so dass die Bank in ihrer Handelsbilanz Abschreibungen wie folgt vornahm:
Zahl der Anteile | Börsenkurs 31.12.2002 | Kurswert 31.12.2002 | bisheriger Buchwert | Abschreibung Handelsbilanz |
Fonds I | 8.157 33,38 EUR | 272.280,66 EUR | 502.471,20 EUR | 230.190,54 EUR |
Fonds II | 22.274,146 40,19 EUR | 895.197,93 EUR | 1.057.650,92 EUR | 162.452,99 EUR |
Summe | 392.643,53 EUR |
Die Höhe dieser Beträge und die Berechtigung zur Vornahme einer Abschreibung in der Handelsbilanz ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Unstreitig ist ferner, dass diese Abschreibungen nur teilweise in die Steuerbilanz zu übernehmen sind, weil die Kurswerte bis zum Tag der Aufstellung der Steuerbilanz wieder geringfügig angestiegen waren und die Wertminderung daher insoweit nicht als "voraussichtlich dauernd" i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehen ist:
steuerlich maßgebender Börsenkurs | steuerlich maßgebender Kurswert | Mehrbetrag gegenüber Handelsbilanz | Abschreibung Steuerbilanz | |
Fonds I | 35,45 EUR | 289.165,65 EUR | 16.884,99 EUR | 213.305,55 EUR |
Fonds II | 41,01 EUR | 913.462,73 EUR | 18.264,80 EUR | 144.188,18 EUR |
Summe | 357.493,73 EUR |
Die Bank stellte ihren handelsrechtlichen Jahresabschluss für das Jahr 2002 am 14. Januar 2003 und ihre Steuerbilanz am 10. Juli 2003 auf. Sie reichte ihre Körperschaftsteuererklärung am 12. August 2003 beim Beklagten (dem Finanzamt - FA -) ein. Darin hatte sie die Teilwertabschreibung in dem oben dargestellten Umfang auch bei der Ermittlung ihres steuerlichen Gewinns berücksichtigt. Das FA folgte den Angaben in der Steuererklärung und setzte die Körperschaftsteuer 2002 mit Bescheid vom 22. Oktober 2003 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 95.509 EUR fest.
Nach der Verabschiedung des Korb-II-Gesetzes reichte die - mittlerweile zur Gesamtrechtsnachfolgerin der Bank gewordene - Klägerin für die Bank am 1. März 2004 eine geänderte Körperschaftsteuererklärung für 2002 ein. Darin erhöhte sie den von der Bank erklärten Gewinn um die in den Jahren 2001 und 2002 vorgenommenen Teilwertabschreibungen (674.592,95 EUR abzüglich des zusätzlichen Gewerbesteueraufwands), kündigte aber zugleich einen Einspruch gegen die zu erwartenden Änderungsbescheide an. Das FA erließ am 27. April 2004 einen entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheid, den es auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) stützte und in dem die Steuer auf 228.016 EUR festgesetzt wurde.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 14. Mai 2004 Einspruch ein. Sie machte geltend, die Rückwirkung sei verfassungswidrig.
Während des Einspruchsverfahrens fand bei der Bank eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer vertrat unter Hinweis auf das Korb-II-Gesetz die Auffassung, die steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung sei ausgeschlossen, soweit sie auf negativen Aktiengewinnen beruhe. Er ordnete die Abschreibungskorrekturen den jeweiligen Veranlagungszeiträumen zu und minderte dadurch den von der Klägerin für das Jahr 2002 ermittelten Korrekturposten von 674.592,95 EUR auf 282.019 EUR. Diesen Betrag ermittelte der Prüfer - was unter den Beteiligten rechnerisch unstreitig ist - wie folgt (Bl. 129 FG-Akte 9 K 5051/05):
TABELLE_3
Das FA folgte dem und erließ am 13. April 2005 einen weiteren Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid für 2002, den es verfahrensrechtlich auf § 164 Abs. 2 AO 1977 stützte und in dem es zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Die Steuer wurde nunmehr auf 140.570 EUR festgesetzt.
In diesem Bescheid ist angegeben, die Gewinnerhöhung beruhe auf einer "nicht zu berücksichtigenden Gewinnminderung nach § 8b Abs. 1 Satz 3 KStG". Zwischen den Beteiligten ist jedoch unstreitig, dass diese Angabe auf einem Versehen des FA beruht und die - aus Sicht des FA - zutreffende Rechtsgrundlage in § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu sehen ist.
Das FA entschied zunächst über den - gleichzeitig und mit identischer Begründung eingelegten - Einspruch für das Vorjahr 2001. Hiergegen hat die Klägerin - unter Vorlage einer ausführlichen Begründung - am 19. Dezember 2005 Klage erhoben (FG Münster, 9 K 5051/05). Weil dieses Verfahren, in dem am 10. Oktober 2007 ein umfangreicher Erörterungstermin zu den verfassungsrechtlichen Fragen stattgefunden hat, aus verschiedenen Gründen noch nicht entscheidungsreif ist, wies das FA am 7. November 2007 auch den Einspruch wegen des Streitjahres 2002 zurück. Zur Begründung führte es aus, die Gesetzesänderung habe sich auf eine Klarstellung der schon zuvor bestehenden Rechtslage beschränkt. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber zwar Veräußerungsgewinne habe steuerfrei stellen wollen, Verluste aber zum steuerlichen Abzug habe zulassen wollen.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. Dezember 2007 Klage erhoben.
Im Hinblick auf Bedenken des Senats gegen die inhaltlich hinreichende Bestimmtheit des angefochtenen Bescheids hat das FA am 13. Februar 2008 einen Bescheid erlassen, der hinsichtlich der Steuerfestsetzung mit dem Bescheid vom 13. April 2005 übereinstimmt, aber nunmehr an die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Bank - statt wie bisher "als Empfangsbevollmächtigte" der Bank - gerichtet ist.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 13. Februar 2008 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um 282.019,50 EUR herabgesetzt werde.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Senat nimmt Bezug auf den gesamten Inhalt der Akten des Parallelverfahrens 9 K 5051/05, die dem Vorlagebeschluss beigefügt sind. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
B. Einfachgesetzlicher Rahmen
(Rechtsentwicklung und Systematik des KAGG)
I. Grundstruktur des KAGG
Das - ab dem Jahr 2004 durch das Investmentmodernisierungsgesetz (InvModG vom 15. Dezember 2003, BGBl. I 2003, 2676) abgelöste - KAGG enthielt aufsichts- und steuerrechtliche Sondervorschriften für inländische Kapitalanlagegesellschaften. Solche Gesellschaften sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbereich darauf gerichtet ist, bei ihnen eingelegtes Geld im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Einleger (Anteilinhaber) nach dem Grundsatz der Risikomischung in den nach dem KAGG zugelassenen Vermögensgegenständen gesondert vom eigenen Vermögen in Form bestimmter Sondervermögen anzulegen und über die hieraus sich ergebenden Rechte der Anteilinhaber Urkunden (Anteilscheine) auszustellen (§ 1 Abs. 1 KAGG). Das bei der Kapitalanlagegesellschaft gegen Ausgabe von Anteilscheinen eingelegte Geld und die damit angeschafften Vermögensgegenstände bilden ein Sondervermögen, das von dem eigenen Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft getrennt zu halten ist (§ 6 Abs. 1 KAGG).
Steuerrechtlich gelten Wertpapier-Sondervermögen als Zweckvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG; sie sind damit unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Allerdings sind sie von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit (§ 38 Abs. 1 KAGG), so dass die Kapitalanlagegesellschaft auf die Erträge des Wertpapier-Sondervermögens keinerlei Ertragsteuern zu zahlen hat. Im Gegenzug unterliegen die Ausschüttungen beim Anteilinhaber als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) oder Betriebseinnahmen grundsätzlich der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer (§ 39 Abs. 1 KAGG). Gleiches gilt für bestimmte vom Wertpapier-Sondervermögen zurückbehaltene Einnahmen (§ 39 Abs. 1 KAGG) sowie für sog. Zwischengewinne (§ 39 Abs. 2 KAGG). Die Ausschüttungen (und die sonstigen auf der Ebene des Anteilinhabers steuerpflichtigen Einnahmen, die im Folgenden nicht mehr gesondert erwähnt werden) enthalten im Allgemeinen sowohl Bestandteile, die auf laufende Erträge des Sondervermögens (z.B. Dividenden- oder Zinseinnahmen aus den gehaltenen Wertpapieren) zurückzuführen sind, als auch Bestandteile, die auf Gewinnen aus der Veräußerung von Wertpapieren des Sondervermögens beruhen.
In Abhängigkeit von der Rechtsform des Anteilinhabers, der Zugehörigkeit der Anteilscheine zum Privat- oder Betriebsvermögen und der Rechtsnatur der Fondseinnahmen, die den Ausschüttungen zugrunde liegen, gewähren die §§ 40, 40a KAGG dem Anteilinhaber zahlreiche Steuerbefreiungen. Rechtstechnisch sind diese zumeist durch Verweise auf entsprechende Normen des EStG, des KStG oder der Doppelbesteuerungsabkommen verwirklicht. Insgesamt enthält der mit "Steuerrechtliche Vorschriften" überschriebene Neunte Abschnitt des Ersten Kapitels des KAGG (§§ 37n - 50d KAGG) 57 Verweise auf Vorschriften des EStG und 16 Verweise auf Vorschriften des KStG. Außerdem enthalten die genannten Normen 111 Verweise auf andere Vorschriften des Neunten Abschnitts des Ersten Kapitels des KAGG.
Dieses komplexe Normengeflecht beruht darauf, dass der Gesetzgeber bei der Regelung der Besteuerung von Kapitalanlagen, die vermittels Investmentfonds getätigt werden, vor dem Problem stand, die Besteuerung auf vier verschiedenen Ebenen sachgerecht aufeinander abstimmen zu müssen: Insoweit sind zu unterscheiden die Ebene des Anteilinhabers, des Sondervermögens, der Kapitalanlagegesellschaft und - sofern es um Anlagen in Anteilen an Kapitalgesellschaften geht (z.B. bei Aktienfonds) - der Zielgesellschaft, an der die Kapitalanlagegesellschaft eine Beteiligung erwirbt. Auf allen vier Ebenen besteht jeweils eine subjektive Steuerpflicht im Sinne der ertragsteuerrechtlichen Vorschriften.
Der Gesetzgeber hat sich bei der Investmentbesteuerung vom Transparenzprinzip leiten lassen (vgl. - auch zum früheren Recht - Gesetzentwurf der Bundesregierung zum InvModG vom 19. September 2003, BT-Drucks. 15/1553, 120). Danach soll der Investmentanleger grundsätzlich mit dem Direktanleger gleichgestellt werden. Grundlegend für das Transparenzprinzip ist zum einen die Steuerbefreiung des Sondervermögens und zum anderen die Besteuerung des Anteilinhabers nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 37n ff. KAGG, die wiederum auf bestimmte Vorschriften des EStG und KStG verweisen. Steuerrechtlich führt dies dazu, dass einerseits die Zielgesellschaft nach den für sie geltenden allgemeinen Vorschriften besteuert wird, und andererseits der Anteilinhaber weitgehend so gestellt wird, als sei er - wie ein Direktanleger - unmittelbar an der Zielgesellschaft beteiligt. Für das Sondervermögen und die Kapitalanlagegesellschaft werden aus der Beteiligung an der Zielgesellschaft aufgrund der umfassenden Steuerbefreiung des Sondervermögens hingegen keine ertragsteuerrechtlichen Konsequenzen gezogen; das Sondervermögen wird ertragsteuerrechtlich hinweg gedacht bzw. als "transparent" behandelt.
Allerdings ist das Transparenzprinzip im KAGG nicht uneingeschränkt verwirklicht worden. Die gesetzlichen Regelungen enthalten vielmehr Abweichungen, die sich für den Fondsanleger im Vergleich zu einem Direktanleger steuerlich teils vorteilhaft, teils aber auch nachteilig auswirken (umfassend zu diesen Abweichungen z.B. Altfelder, FR 2000, 299 ff.; Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, Auslandsinvestment-Gesetz, Kommentar, 2003, vor § 37n ff. KAGG Rn. 13 ff.). Die Bundesregierung spricht in BT-Drucks. 15/1553, 120 sogar von "gewichtigen Abweichungen". Aus dieser nur lückenhaften Umsetzung des Transparenzprinzips folgert der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung, dass die steuerrechtlichen Vorschriften des KAGG nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer vollständigen Durchsetzung des Transparenzprinzips ergänzt werden dürfen (BFH-Urteile vom 4. März 1980 VIII R 48/76, BFHE 130, 287, BStBl. II 1980, 453;vom 7. April 1992 VIII R 79/88, BFHE 168, 111, BStBl. II 1992, 786, unter 1.a, undvom 11. Oktober 2000 I R 99/96, BFHE 193, 330, BStBl. II 2001, 22, unter II.1.e; ähnlich zur Grunderwerbsteuer auch BFH-Urteil vom 29. September 2004 II R 14/02, BFHE 207, 59, BStBl. II 2005, 148, unter II.1.b).
Darüber hinaus vertritt der BFH die Auffassung, dass die Sondervorschriften des KAGG in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften verdrängen (BFH-Urteil vom 11. Oktober 2000 I R 99/96, BFHE 193, 330, BStBl. II 2001, 22, unter II.1.e, betr. Verdrängung des § 20 EStG durch die §§ 17, 18 Auslandsinvestmentgesetz, die eine für ausländische Investmentfonds geltende Parallelregelung zu §§ 38 ff. KAGG enthalten; BFH-Urteil vom 27. März 2001 I R 120/98, BFH/NV 2001, 1539, unter II.2.b, betr. Verdrängung des § 20 EStG durch §§ 38 ff. KAGG).
Neben der systemgerechten Abgrenzung der verschiedenen Besteuerungsebenen zueinander diente das KAGG jedenfalls in seinen früheren Fassungen auch als Anreiz zur Förderung des Investmentsparens (vgl. BFH-Urteil vom 7. April 1992 VIII R 79/88, BFHE 168, 111, BStBl. II 1992, 786, unter 1.b, mit weiteren Nachweisen; Altfelder, FR 2000, 299, 302).
II. Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht durch das Steuersenkungsgesetz und gesetzgeberische Folgeänderungen im KAGG
Mit dem Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I 2000, 1433) wurde im Körperschaftsteuerrecht hinsichtlich der Behandlung von Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinnen ein grundlegender Systemwechsel vollzogen. Gewinnausschüttungen, die eine Körperschaft bezieht, sind nunmehr von der Körperschaftsteuer befreit (§ 8b Abs. 1 KStG). Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer anderen Körperschaft sind ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreit (§ 8b Abs. 2 KStG). Im Gegenzug sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen (§ 8b Abs. 3 KStG)
Die Vorschriften des § 8b Abs. 2, 3 KStG in der für das Streitjahr 2002 maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG vom 20. Dezember 2001, BGBl. I 2001, 3858) lauten:
"(2) Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne der §§ 14, 17 oder 18, aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes bezeichneten Werts sowie Gewinne im Sinne des § 21 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes außer Ansatz. Das gilt nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. Veräußerung im vorstehenden Sinne ist auch die verdeckte Einlage.
(3) Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, sind bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen."
Gleichzeitig passte der Gesetzgeber die steuerrechtlichen Vorschriften des KAGG an den Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht an. So wurde § 40 KAGG dahingehend umgestaltet, dass auf Ausschüttungen auf Anteilscheine die Steuerbefreiungsvorschrift des § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden ist, wenn Anteilinhaber eine Körperschaft ist und soweit in den Ausschüttungen Veräußerungsgewinne i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG enthalten sind. Für die steuerrechtliche Behandlung von Einnahmen des Anteilinhabers, die nicht auf Ausschüttungen, sondern auf der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen beruhen, wurde die neue Vorschrift des § 40a KAGG eingefügt. Deren Absatz 1 lautete in der - im Streitjahr 2002 zunächst noch maßgebenden - Fassung des StSenkG:
"(1) Auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, sind § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anteilscheininhaber noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören."
Im Bericht des Finanzausschusses zum StSenkG vom 16. Mai 2000, auf den die Einfügung des § 40a KAGG zurück geht, heißt es hierzu (BT-Drucks. 14/3366, 126):
"Gewinne aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen, die zum Betriebsvermögen gehören, sind bei Kapitalgesellschaften nach § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes steuerfrei und bei anderen Unternehmen nach § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes nur zur Hälfte steuerpflichtig. Dies ist nach dem neuen System nur gerechtfertigt, soweit die Gewinne auf Dividenden und die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften entfallen. § 40a KAGG beschränkt die Steuerfreiheit und die hälftige Besteuerung auf die betreffenden Bestandteile des Veräußerungsgewinns."
III. Rückwirkende Anfügung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG
In der Folgezeit - beginnend mit der im Januar 2003 erschienenen Kommentierung von Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, § 40a KAGG Rn. 19 - wurde in der steuerrechtlichen Fachliteratur die Frage diskutiert, ob auf Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen sowie auf Teilwertabschreibungen auf Anteilscheine auch die Vorschrift des § 8b Abs. 3 KStG anzuwenden sei. Überwiegend wurde diese Frage mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut verneint (neben Lübbehüsen, a.a.O., auch Fock, BB 2003, 1589, 1591; Lübbehüsen/Schmitt, DB 2003, 1696, 1700 und DB 2004, 268, 270; Sradj/Mertes, DStR 2003, 1681, 1685 und DStR 2004, 201, 206; Rödder/Schumacher, DStR 2003, 1725, 1728; Lindemann, FR 2003, 890, 901; Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, Jahresband 2004, KAGG Anm. J 03-2; Bacmeister, BB 2004, 2787, 2791; Schultz/Halbig, DStR 2005, 1669, 1670; ausführlich Stoschek/Peter/Bittner, FR 2003, 941 ff.; a.A. Gosch, KStG, 2005, § 8b Rn. 52; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG Rn. 25b, 51a, Stand Juli 2006, sowie - in einem Zahlenbespiel ohne Begründung - Hammer, DStR 2002, 519 ; unentschieden Bonin, BB 2003, 1545, 1548; Dötsch/Pung, DB 2004, 151, 156; Kayser/Steinmüller, FR 2004, 137, 141; HHR/Watermeyer, § 8b KStG Anm. 23, Stand Juli 2004; unentschieden, aber wohl eher zur Gegenauffassung tendierend Dötsch/Pung, DB 2003, 1016, 1019 ; unklar Höreth/Schiegl, DStZ 2003, 553, 554).
Die Finanzverwaltung hat zu dieser Frage - soweit ersichtlich - keine Stellungnahme veröffentlicht.
Der Gesetzgeber hat die Streitfrage mit dem am 27. Dezember 2003 im Bundesgesetzblatt verkündeten Korb-II-Gesetz durch Anfügung eines Satzes 2 an den bisherigen Text des § 40a Abs. 1 KAGG dahingehend entschieden, dass auf Gewinnminderungen auch § 8b Abs. 3 KStG anzuwenden ist. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG lautet:
"Auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, sind § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit die Gewinnminderungen auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören."
Die zugehörige Anwendungsvorschrift in § 43 Abs. 18 KAGG lautet:
"§ 40a Abs. 1 in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2840) ist für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind."
In den Gesetzesmaterialien heißt es hierzu (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15. August 2003, BR-Drucks. 560/03, 20; gleichlautend BT-Drucks. 15/1518, 17):
"Redaktionelle Klarstellung, dass § 8b Abs. 3 KStG auch bei Investmentanteilen gilt, wenn Verluste aus der Veräußerung der Anteilsscheine oder Teilwertminderungen auf Wertminderungen der in dem Wertpapier-Sondervermögen befindlichen Beteiligungen beruhen."
Zu der angeordneten Rückwirkung enthalten die Gesetzesmaterialien keine Aussagen.
Parallel zum Gesetzgebungsverfahren für das Korb-II-Gesetz wurde das InvModG beraten, das das KAGG zum 1. Januar 2004 abgelöst hat. Dort ist die Problematik in der Weise gelöst worden, dass die Anwendung des "§ 8b KStG" - ohne Benennung einzelner Absätze - angeordnet worden ist (§ 8 Investmentsteuergesetz; vgl. dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 19. September 2003, BT-Drucks. 15/1553, 59, 128; Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 5. November 2003, BT-Drucks. 15/1896, 113 f.; Bericht des Finanzausschusses vom 5. November 2003, BT-Drucks. 15/1944, 18). Dieser Verweis schließt nach allgemeiner Auffassung auch die Anwendung der Regelung des § 8b Abs. 3 KStG mit ein.
Zwischen dem Erlass des StSenkG und dem des Korb-II-Gesetzes ist das KAGG insgesamt acht Mal geändert worden:
Änderung zahlreicher aufsichtsrechtlicher Vorschriften des KAGG durch Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I 2000, 1857);
Änderung zahlreicher steuerrechtlicher Vorschriften des KAGG durch Art. 17 des Altersvermögensgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I 2001, 1310);
Änderung des § 19 KAGG durch Art. 25 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts vom 13. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1542);
Änderung zahlreicher steuerrechtlicher Vorschriften des KAGG durch Art. 33 des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3794);
Änderung des § 10 KAGG durch Art. 3 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3822);
Änderung der §§ 40, 41, 43 KAGG durch Art. 6 des UntStFG vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3858);
Änderung der §§ 2, 68 KAGG durch Art. 12 des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. April 2002 (BGBl. I 2002, 1310);
Änderung zahlreicher aufsichtsrechtlicher Vorschriften des KAGG durch Art. 3 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I 2002, 2010).
IV. Parallelvorschriften für ausländische Investmentfonds
Das KAGG gilt nur für Kapitalanlagegesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung in Deutschland haben (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KAGG). Entsprechende Regelungen für ausländische Gesellschaften sind im Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AuslInvestmG vom 28. Juli 1969, BGBl. I 1969, 986, mit nachfolgenden Änderungen) enthalten. Auch das AuslInvestmG folgt weitgehend dem Transparenzprinzip. Jedoch ordnen § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 2b, § 18 Abs. 4 AuslInvestmG an, dass die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 KStG auf Ausschüttungen bzw. Gewinne aus der Veräußerung oder Rückgabe von Anteilscheinen an ausländischen Investmentfonds auch insoweit nicht anzuwenden ist, als die Ausschüttungen bzw. Gewinne auf Wertsteigerungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften beruhen, die im Fondsvermögen enthalten sind. Insoweit kommt es daher zu einer Durchbrechung des Transparenzprinzips.
C. Rechtsprechung des BVerfG zur Zulässigkeit von Rückwirkungen
I. Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung
Während Art. 103 Abs. 2 GG für das Strafrecht ein ausdrückliches Rückwirkungsverbot enthält, fehlt es für alle anderen Rechtsmaterien an einer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Regelung über die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze. Für die danach erforderliche Abwägung zwischen den widerstreitenden Rechtsgütern und Interessen unterscheidet das BVerfG in ständiger Rechtsprechung zwischen sog. echten Rückwirkungen (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) und unechten Rückwirkungen (tatbestandliche Rückanknüpfung).
Eine echte Rückwirkung ist gegeben, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf einen Zeitpunkt festgelegt wird, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent geworden ist (BVerfG-Beschlüsse vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 241, unter C.I.1.a, b, undvom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78 f., unter C.I.1.a). Hingegen handelt es sich lediglich um eine unechte Rückwirkung, wenn die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach der Verkündung der Norm eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung ins Werk gesetzt worden sind (BVerfG-Beschlüsse vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 79, unter C.I.1.a, undvom 5. Februar 2002 2 BvR 305, 348/93, BVerfGE 105, 17, 37 f., unter C.II.3.b aa). Dies ist der Fall, wenn eine Vorschrift auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffenen Rechtsgüter nachträglich entwertet (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1971 2 BvL 6/70, BVerfGE 31, 222, 226, unter C.I.1., undvom 15. Oktober 1996 1 BvL 44, 48/92, BVerfGE 95, 64, 86, unter C.III.2.a).
II. Prüfungsmaßstäbe bei echten Rückwirkungen
Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der Zulässigkeit echter Rückwirkungen sind die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. In Verbindung mit diesen Grundsätzen sind aber auch diejenigen Grundrechte zu berücksichtigen, deren Schutzbereich von der nachträglich geänderten Rechtsfolge in belastender Weise betroffen ist (BVerfG-Beschlüsse vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 242, unter C.I.1.c aa, undvom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 78 f., unter C.I.1.a).
Belastende Gesetze, die in schon abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen, sind in aller Regel verfassungswidrig (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1971 2 BvL 6/70, BVerfGE 31, 222, 225, unter C.I.1., undvom 15. Oktober 1996 1 BvL 44, 48/92, BVerfGE 95, 64, 86 f., unter C.III.2.a). In bestimmten Fallgruppen hat die Rechtsprechung jedoch Ausnahmen zugelassen (dazu sogleich unter III.). Selbst wenn das grundsätzliche Rückwirkungsverbot ausnahmsweise zulässig durchbrochen ist, darf eine solche Durchbrechung aber nicht zu Ergebnissen führen, die den grundrechtlichen Schutz des Lebensbereichs verletzen, der von dem Eingriff durch die nachträgliche Änderung der Rechtsfolgen betroffen ist (BVerfG-Beschluss vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 83, unter C.II.2.b).
III. Fallgruppen, in denen eine echte Rückwirkung ausnahmsweise zulässig sein kann
Die in der Rechtsprechung des BVerfG bisher anerkannten Ausnahmefallgruppen lassen sich in drei Bereiche einteilen (dazu BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 258, unter C.II.3.b aa): Die überwiegende Zahl der bisher ergangenen Entscheidungen betrifft die Frage, ob eine echte Rückwirkung zulässig ist, wenn auf Seiten des Bürgers kein schutzwürdiges Vertrauen in die bisherige Rechtslage bestanden hat (dazu unten 1.). Darüber hinaus können echte Rückwirkungen durch zwingende Gründe des gemeinen Wohls gerechtfertigt werden (dazu unten 2.). Schließlich hat das BVerfG noch einen Bagatellvorbehalt entwickelt (dazu unten 3.).
1. Fehlendes schutzwürdiges Vertrauen
Eine echte Rückwirkung kann nach der Rechtsprechung des BVerfG vor allem dann zulässig sein, wenn in dem Zeitpunkt, auf den die Regelung zurückwirkt, kein schutzwürdiges Vertrauen des Bürgers auf die damalige "objektive Rechtslage" bestand. Denn der Grundsatz des Vertrauensschutzes begründet nicht allein das grundsätzliche Verbot echter Rückwirkungen, vielmehr begrenzt er dieses Verbot zugleich (BVerfG-Beschluss vom 25. Mai 1993 1 BvR 1509, 1648/91, BVerfGE 88, 384, unter B.II.2.a).
Auf Vertrauensschutz kann sich der Bürger gegenüber einer rückwirkenden Regelung beispielsweise nicht berufen, wenn die fachgerichtliche Rechtsprechung eine untergesetzliche Norm für unwirksam hält und der Gesetzgeber rückwirkend eine identische formell-gesetzliche Regelung schafft (BVerfG-Beschluss vom 24. Juli 1957 1 BvL 23/52, BVerfGE 7, 89, 93 f., unter B.II.), oder der Gesetzgeber nach einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung rückwirkend die Fortführung der bisherigen Handhabung festschreibt (BVerfG-Beschlüsse vom 12. Juni 1986 2 BvL 5/80 u.a., BVerfGE 72, 302, undvom 23. Januar 1990 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228, unter B.II.1.a; BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 1/04, BFHE 213, 38, BStBl. II 2006, 549, unter II.4., Verfassungsbeschwerde unter 1 BvR 1416/06 anhängig).
Eine unklare Rechtslage besteht auch dann, wenn die ursprüngliche gesetzliche Regelung kaum praktikabel war und der Betroffene mit einer Handhabung in einem bestimmten Sinne nicht rechnen konnte (BVerfG-Beschluss vom 4. Mai 1960 1 BvL 17/57, BVerfGE 11, 64, 73, unter C.II.3.a, allerdings zur damals völlig neu geschaffenen Materie des Lastenausgleichsrechts). Ferner kann es in Fällen, in denen bereits in einem früheren Gesetz eine Grundentscheidung zur Regelung eines bestimmten Sachbereichs getroffen worden war, zulässig sein, diese Grundentscheidung durch ein ergänzendes rückwirkendes Gesetz auszufüllen (BVerfG-Beschluss vom 24. April 1953 1 BvR 102/51, BVerfGE 2, 237, 266, unter III.5.). Insbesondere dürfen bei Leistungsgesetzen solche Einzelregelungen, die in der Gesamtkonzeption des Gesetzes von vornherein angelegt, zunächst aber übersehen worden waren, auch zu Lasten des Bürgers rückwirkend nachgeholt werden (BVerfG-Beschluss vom 16. Oktober 1957 1 BvL 13, 46/56, BVerfGE 7, 129, 151, unter B.II.d aa).
Im Übrigen rechtfertigt die Berichtigung eines dem Gesetzgeber unterlaufenen Versehens eine echte Rückwirkung nur dann, wenn das Versehen zu erheblichen Unklarheiten oder objektiven Lücken geführt hat, die zu einer willkürlichen Ungleichbehandlung der Bürger und damit zur Verfassungswidrigkeit der bisherigen Regelung geführt hätten. Hingegen ist eine echte Rückwirkung nicht zulässig, wenn die frühere Regelung trotz des gesetzgeberischen Versehens als sinnvoll und vom Gesetzgeber gewollt erscheinen konnte (zum Ganzen BVerfG-Urteil vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 273, unter B.IV.2.). Insbesondere wird eine erst rückwirkend auf eine gesetzliche Grundlage gestellte Steuer nicht dadurch legitimiert, dass sie zuvor bereits laufend durch die Finanzverwaltung erhoben worden war (BVerfG-Beschluss vom 14. November 1961 2 BvL 15/59, BVerfGE 13, 206, 214, unter B.II.3.) oder die Einnahmen bereits in den Haushaltsplänen ausgewiesen waren (BVerfG-Beschluss vom 14. November 1961 2 BvL 15/59, BVerfGE 13, 206, 214, unter B.II.2.).
Auch ohne Beachtung der genannten Einschränkungen ist eine echte Rückwirkung jedoch zulässig, wenn die gesetzliche Regelung lediglich klarstellenden Charakter hat, bei sachgerechter - erforderlichenfalls verfassungskonformer - Auslegung des Gesetzes also auch zuvor nichts anderes galt (dazu BFH-Urteile vom 18. Mai 2006 III R 21/03, BFHE 213, 183, BStBl. II 2006, 776, unter II.2., undvom 20. November 2006 VIII R 43/05, BFHE 216, 97, BStBl. II 2007, 560, unter II.2.b). Bei genauerer Betrachtung handelt es sich in diesen Fällen gar nicht um eine "Rückwirkung", weil das Gesetz die bereits bestehende Rechtslage nicht ändert.
Auch der rückwirkenden Anpassung nationaler Regelungen an bindende völkerrechtliche Verpflichtungen kann schutzwürdiges Vertrauen nicht entgegen gehalten werden (BVerfG-Beschluss vom 25. Mai 1993 1 BvR 1509, 1648/91, BVerfGE 88, 384, unter B.II.2.a, betr. rückwirkende Anpassung früheren DDR-Rechts an den zwischen den beiden deutschen Staaten geschlossenen Staatsvertrag). Gleiches gilt für die Verpflichtung zur Anpassung nationalen Rechts an EU-Recht (offen gelassen im BVerfG-Beschluss vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 84, unter C.II.4.; Vertrauensschutz verneint in den BFH-Urteilenvom 21. April 2005 III R 10/03, BFHE 210, 94, BStBl. II 2005, 718, unter II.2.;vom 7. Juli 2005 V R 32/04, BFHE 211, 74, BStBl. II 2005, 907, unter II.2., undvom 15. September 2005 III R 28/03, BFHE 210, 568, BStBl. II 2006, 89, unter II.4.).
2. Zwingende Gründe des gemeinen Wohls
Zwingende Gründe des gemeinen Wohls, die eine - begrenzte - echte Rückwirkung rechtfertigen können, sind bisher vor allem im Zusammenhang mit der Vermeidung sogenannter "Ankündigungseffekte" während des Zeitraums der parlamentarischen Beratungen eines Änderungsgesetzes anerkannt worden. In derartigen Fällen können Rückwirkungen unter Umständen bis auf den Zeitpunkt des Bekanntwerdens einer Gesetzesinitiative zulässig sein (BVerfG-Beschluss vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 81 f., unter C.II.2.a).
Hingegen stellen begrenzte fiskalische Interessen (dazu BVerfG-Urteil vom 1. Juli 1953 1 BvL 23/51, BVerfGE 7, 380, 405, unter B.III.3.) oder das Bedürfnis, nachträglich eine einheitliche Handhabung des Gesetzes herbeizuführen (dazu BVerfG-Entscheidungen vom 1. Juli 1953 1 BvL 23/51, BVerfGE 7, 380, 405, unter B.III.3., undvom 14. November 1961 2 BvL 15/59, BVerfGE 13, 206, 214, unter B.II.4.) keine zwingenden Gründe des gemeinen Wohls im vorbezeichneten Sinne dar.
3. Bagatellvorbehalt
Darüber hinaus hat es das BVerfG für möglich gehalten, dass eine echte Rückwirkung auch dann zulässig sein kann, wenn dadurch nur ein ganz unerheblicher Schaden verursacht würde (BVerfG-Entscheidung vom 23. März 1971 2 BvL 2/66 u.a., BVerfGE 30, 367, 389, unter B.II.2.b bb (C); offen gelassen im BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 258, unter C.II.3.b aa; erneut erwähnt im BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 1996 1 BvL 44, 48/92, BVerfGE 95, 64, 86 f., unter C.III.2.a). In der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist dieser sog. "Bagatellvorbehalt" jedoch noch nicht entscheidungserheblich geworden.
D. Auffassung des vorlegenden Senats
Der erkennende Senat hält § 43 Abs. 18 KAGG jedenfalls insoweit wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG für verfassungswidrig, als in der erstgenannten Norm die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen auch insoweit angeordnet wird, als es um die gewinnmindernde Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Anteilscheine an Wertpapier-Sondervermögen geht.
Die Neuregelung ist nicht lediglich klarstellend (dazu unten I.); es handelt sich um eine sog. "echte Rückwirkung" (dazu unten II.); keine der Ausnahmefallgruppen, in denen eine echte Rückwirkung zulässig sein kann, ist vorliegend eröffnet (dazu unten III.).
I. Konstitutiver Charakter des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG
Die Anfügung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG durch das Korb-II-Gesetz ist nicht lediglich als klarstellend anzusehen, weil § 8b Abs. 3 KStG auf Anteilscheine bis zu dieser Gesetzesänderung nicht anwendbar war.
Rein deklaratorisch ist eine gesetzliche Regelung nur dann, wenn sich das nunmehr ausdrücklich Geregelte auch schon bisher unter Anwendung der herkömmlichen Auslegungsregeln aus dem Gesetz hat ableiten lassen (BFH-Urteil vom 20. Juni 2000 VIII R 5/99, BFHE 191, 571, BStBl. II 2001, 35, unter 3.c). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall: Weder war § 8b Abs. 3 KStG unmittelbar auf Anteilscheine anwendbar (dazu unten 1.) noch ordnete § 40a Abs. 1 KAGG die sinngemäße Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG an (dazu unten 2.) noch folgt die steuerrechtliche Unbeachtlichkeit von Teilwertabschreibungen aus § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 3c Abs. 1 EStG (dazu unten 3.).
1. Keine unmittelbare Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG auf Anteilscheine
§ 8b Abs. 3 KStG war nicht bereits unmittelbar auf Anteilscheine anwendbar. Nach dieser Vorschrift sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang "mit dem in Abs. 2 genannten Anteil" entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen. In § 8b Abs. 2 KStG sind die folgenden Anteile genannt:
Anteile an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören; Anteile an einer Organgesellschaft i.S.d. §§ 14, 17, 18 KStG.
Dass das Sondervermögen keine Organgesellschaft darstellt, liegt auf der Hand. Es kann aber auch nicht als "Körperschaft oder Personenvereinigung" angesehen werden (ebenso im Ergebnis Stoschek/Peter/Bittner, FR 2003, 941, 944; Schultz/Halbig, DStR 2005, 1669, 1670; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 8b KStG Rn. 38a, Stand August 2004; Gröbl/Adrian in Erle/Sauter, KStG, 2. Auflage 2006, § 8b Rn. 106). Dies folgt bereits aus dem fachspezifischen Verständnis dieser Begriffe und damit aus dem Wortlaut der Norm: Körperschaften sind rechtsfähige Gebilde; das Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft ist aber gerade nicht rechtsfähig, sondern lediglich vom eigenen Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft getrennt zu halten (§ 6 Abs. 1 KAGG). Das Sondervermögen stellt auch keine Personenvereinigung dar, da es an einer Beteiligung mehrerer Personen fehlt. Vielmehr ist das Vermögen allein der Kapitalanlagegesellschaft zuzurechnen.
Bei Zugrundelegung der körperschaftsteuerrechtlichen Dogmatik handelt es sich bei dem Sondervermögen um eine "Vermögensmasse" (zutreffend Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, vor §§ 37n ff. KAGG Rn. 3; § 38 KAGG Rn. 3, § 40a KAGG Rn. 3; vgl. zu den Begriffen "Vermögensmasse" und "Sondervermögen" auch BFH-Urteil vom 5. November 1992 I R 39/92, BFHE 170, 62, BStBl. II 1993, 388, unter II.2.). Davon geht auch der Gesetzgeber aus, wenn er das Sondervermögen in § 38 Abs. 1 Satz 1 KAGG den "Zweckvermögen" i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG zuordnet. Vermögensmassen sind zwar - neben Körperschaften und Personenvereinigungen - in § 1 Abs. 1 KStG (und auch in § 40a Abs. 1 KAGG sowie § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG) erwähnt. Die hier entscheidende Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG benennt aber ausschließlich Körperschaften und Personenvereinigungen, nicht hingegen Vermögensmassen. Daraus muss auch aus systematischen Gründen der Schluss gezogen werden, dass "Anteile an Vermögensmassen", insbesondere Anteilscheine an Wertpapier-Sondervermögen, nicht unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 8b Abs. 2 KStG fallen. Daher wäre ohne die Regelung des § 40a Abs. 1 KAGG der gewinnbringende Verkauf von Anteilscheinen nicht von § 8b Abs. 2 KStG erfasst worden (so zutreffend zum Entwurf des StSenkG in der Fassung vor Einfügung des § 40a KAGG durch den Finanzausschuss Fock/Stoschek, FR 2000, 591, 597; a.A. - ohne nähere Begründung - offenbar der Finanzausschuss des Bundestages, Bericht zum StSenkG vom 16. Mai 2000, BT-Drucks. 14/3366, 126).
Wenn die Anteilscheine aber nicht unter § 8b Abs. 2 KStG fallen, sind auch die Voraussetzungen der unmittelbar an § 8b Abs. 2 KStG anknüpfenden Vorschrift des § 8b Abs. 3 KStG nicht erfüllt (Lübbehüsen/Schmitt, DB 2003, 1696, 1700) .
Im Übrigen ist § 8b Abs. 3 KStG auch deshalb nicht unmittelbar auf Anteilscheine anwendbar, weil nach der - vom vorlegenden Senat für zutreffend erachteten - Rechtsprechung des BFH die Sondervorschriften des KAGG (und des parallel ausgestalteten AuslInvestmG) in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften verdrängen (BFH-Urteile vom 11. Oktober 2000 I R 99/96, BFHE 193, 330, BStBl. II 2001, 22, unter II.1.e, undvom 27. März 2001 I R 120/98, BFH/NV 2001, 1539, unter II.2.b).
2. Kein Verweis des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. auf § 8b Abs. 3 KStG
Bei Anwendung der herkömmlichen Auslegungsregeln zeigt sich, dass § 40a Abs. 1 KAGG in seiner bis zu der Änderung durch das Korb-II-Gesetz geltenden Fassung nicht dahin ausgelegt werden konnte, dass in dieser Vorschrift auch ein Verweis auf § 8b Abs. 3 KStG enthalten war.
a) Wortlaut
Nach seinem Wortlaut ordnet § 40a Abs. 1 KAGG a.F. - unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - lediglich die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an. Die Vorschrift des § 8b Abs. 3 KStG ist hingegen nicht erwähnt.
Sie war auch nicht mittelbar dadurch in Bezug genommen, dass § 8b Abs. 3 KStG auf alle "in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteile" anzuwenden ist. Denn nach seinem eindeutigen Wortlaut fingiert § 40a Abs. 1 KAGG a.F. nicht etwa die Anteilscheine als "Anteile i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG", sondern ordnet lediglich die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf solche Anteilscheine an. Dadurch werden die Anteilscheine aber nicht selbst zu Anteilen i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG.
b) Historische Auslegung
Die Entstehungsgeschichte lässt keinen sicheren Schluss darauf zu, dass die Nichterwähnung des § 8b Abs. 3 KStG in der ursprünglichen Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG lediglich ein redaktionelles Versehen darstellen könnte.
In den Gesetzesmaterialien wird hierzu nur festgestellt, dass § 40a KAGG die Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 2 KStG beschränke (Bericht des Finanzausschusses vom 16. Mai 2000, BT-Drucks. 14/3366, 126). Weitere Erläuterungen enthalten die Gesetzesmaterialien zu § 40a KAGG nicht. Dies ist um so bemerkenswerter, als nach dem damaligen Stand des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 14/3366, 60) § 8b Abs. 2 KStG ausschließlich auf Gewinne im engeren Sinne (d.h. auf positive Ergebnisse) Anwendung finden sollte, während in § 8b Abs. 3 KStG - anders als in der im Streitjahr 2002 geltenden Fassung - sowohl Teilwertabschreibungen als auch Verluste aus der Veräußerung von Anteilen ausdrücklich erwähnt waren.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Finanzausschuss - zu der für laufende Dividendenerträge geltenden Vorschrift des § 40 Abs. 2 KAGG - ausgeführt hat, durch die Ergänzung würden ausländische Aktienerträge wie beim Direktanleger "in das Halbeinkünfteverfahren einbezogen" (BT-Drucks. 14/3366, S. 126). Denn diese Bemerkung bezieht sich nicht auf die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen bzw. Teilwertabschreibungen, sondern allein auf die Behandlung laufender Dividenden. Hier besteht aber schon deshalb eine mit § 8b Abs. 2, 3 KStG nicht zu vergleichende Rechtslage, weil die insoweit durch § 3c Abs. 2 EStG angeordnete Einschränkung des Abzugs von Aufwendungen aufgrund des in § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG enthaltenen Verweises auf § 3 Nr. 40 EStG und der sowohl in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG als auch in § 39 Abs. 1 Satz 1 KAGG enthaltenen Verweise auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch auf die Besteuerung des Fondsanlegers anzuwenden ist. Die genannte beiläufige Bemerkung des Finanzausschusses lässt aber nicht mit dem erforderlichen Grad an Sicherheit den Schluss zu, dass in den Fällen des § 40a KAGG auch die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG - über den Gesetzeswortlaut hinaus - vom Willen des Gesetzgebers umfasst war.
c) Systematische Auslegung
Auch systematische Gründe sprechen nicht dagegen, in § 40a Abs. 1 KAGG a.F. entsprechend dem Wortlaut dieser Vorschrift keinen Verweis auf § 8b Abs. 3 KStG zu sehen. Insbesondere führt die steuerliche Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Anteilscheine nicht zu sinnwidrigen Ergebnissen.
aa) Diejenigen Gründe, die den Gesetzgeber veranlassen, einen bestimmten Gewinn steuerlich nicht zu erfassen, sprechen nicht notwendigerweise dafür, auch einen Verlust unberücksichtigt zu lassen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni 2000 VIII R 5/99, BStBl. II 2001, 35, unter 3.b, zu § 18 Abs. 2 UmwStG). Ein allgemeiner Grundsatz, wonach die Steuerfreiheit von Gewinnen zugleich die fehlende Abziehbarkeit von Verlusten nach sich zöge, existiert nicht (ausführlich Stoschek/Peter/Bittner, FR 2003, 941, 948).
Dies wird auch durch die Betrachtung der gegenteiligen Fallgestaltung bestätigt: Denn der Gesetzgeber sieht sich durch die Steuerpflicht von Gewinnen nicht in jedem Fall dazu gezwungen, auch Verluste zu berücksichtigen. Dies zeigen die zahlreichen Verlustausgleichsbeschränkungen des EStG (z.B. § 2a Abs. 1, § 2b, § 15 Abs. 4, § 15a, § 15b, § 17 Abs. 2 Satz 6, § 22 Nr. 3 Satz 3, § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG).
bb) Jedenfalls bei einer Beschränkung der Betrachtung auf Teilwertabschreibungen - nur darum geht es im vorliegenden Klageverfahren, nicht hingegen auch um Verluste aus der Veräußerung oder Rückgabe von Anteilen - stellt sich die vor der Anfügung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG bestehende Regelung durchaus als sachgerecht dar. Insbesondere fügt sie sich in die gesetzliche Behandlung von Erträgen und Aufwendungen in anderen von § 8b KStG erfassten Fallgestaltungen ein.
(1) Die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen trotz Steuerfreiheit der Erträge entspricht der unbestrittenen Rechtslage beim Parallelproblem der Behandlung von Aufwendungen auf Beteiligungen, aus denen steuerfreie Erträge i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG fließen: Nach übereinstimmender Auffassung von Rechtsprechung und Finanzverwaltung ist § 3c Abs. 1 EStG dahingehend auszulegen, dass derartige Aufwendungen trotz der generellen Steuerfreiheit der Erträge abgezogen werden können, wenn im selben Veranlagungszeitraum keine steuerfreie Ausschüttung vereinnahmt wird oder soweit ein Aufwendungsüberhang über eine solche Ausschüttung besteht (BFH-Urteile vom 29. Mai 1996 I R 167/94, BFHE 180, 415, BStBl. II 1997, 60, unter II.5.-7.; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 20. Januar 1997, BStBl. I 1997, 99). Schon dies zeigt, dass die Steuerbefreiungen des § 8b KStG dem Abzug entsprechender Aufwendungen bzw. Gewinnminderungen nicht von vornherein entgegen stehen können.
Eine doppelte Begünstigung (einerseits Steuerwirksamkeit der Teilwertabschreibung, andererseits Steuerfreiheit eines späteren Buchgewinns aus der Veräußerung oder Rückgabe der Anteile) ist durch die gesetzliche Regelung ausgeschlossen. Denn § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG - der bereits nach der ursprünglichen Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG auch auf Fondsanteile anzuwenden war - schließt die spätere Steuerbefreiung aus, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben worden ist.
Im Ergebnis war daher nach der hier vertretenen Auslegung für Veräußerungsgewinne und Teilwertabschreibungen bei Fondsanteilen vor Anfügung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG der folgende Rechtszustand festzustellen:
Ergab sich bei der Veräußerung von Fondsanteilen ein (auf Aktiengewinnen beruhender) Gewinn, blieb dieser steuerfrei (§ 40a Abs. 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG).
Eine Teilwertabschreibung auf Fondsanteile war auch steuerrechtlich gewinnmindernd zu berücksichtigen (keine Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG mangels Verweises im KAGG).
Ein Gewinn aus der Veräußerung von Fondsanteilen war jedoch steuerpflichtig, soweit für diesen Anteil zuvor eine steuerwirksame Teilwertabschreibung vorgenommen worden war (§ 40a Abs. 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG).
Der Senat vermag aber ein Ergebnis der Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F., das einerseits systematisch der Behandlung von Beteiligungsaufwendungen im Rahmen der § 8b Abs. 1 KStG / § 3c Abs. 1 EStG entspricht und andererseits Doppelbegünstigungen vermeidet, nicht als sinnwidrig anzusehen.
(2) Dass es insbesondere im Anwendungsbereich des § 8b KStG durchaus zum Regelungskonzept des Gesetzgebers gehören kann, einerseits Gewinne steuerfrei zu stellen, andererseits aber Verluste zum Abzug zuzulassen, zeigt sich darüber hinaus vor allem an der von 1994 bis 2001 geltenden Fassung dieser Vorschrift (eingefügt durch das Standortsicherungsgesetz - StandOG - vom 13. September 1993, BGBl. I 1993, 1569): Danach waren Veräußerungsgewinne steuerfrei (§ 8b Abs. 2 Satz 1 KStG i.d.F. StandOG), obwohl bis einschließlich 1998 Verluste (gemeint waren sowohl Veräußerungsverluste als auch Teilwertabschreibungen) gemäß § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG i.d.F. StandOG ausdrücklich zum Abzug zugelassen wurden. Nach der durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I 1999, 402) geänderten, von 1999 bis 2001 geltenden Fassung des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG waren zwar Veräußerungsverluste vom Abzug ausgeschlossen; Teilwertabschreibungen waren nach allgemeiner Meinung aber weiterhin mit auch steuerrechtlich gewinnmindernder Wirkung zulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 4. April 2007 I R 57/06, BFHE nn, BStBl. II 2007, 945, unter II.1.).
(3) Eine unterschiedliche Behandlung von (positiven) Gewinnen einerseits und Gewinnminderungen andererseits ergibt sich auch im Anwendungsbereich des § 8b Abs. 4 KStG. So ordnet § 8b Abs. 4 Satz 3 KStG in seiner durch das Korb-II-Gesetz geänderten, ab 2004 geltenden Fassung an, dass § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2004 (= § 8b Abs. 3 KStG 2002: Nichtberücksichtigung von Gewinnminderungen, die in Zusammenhang mit dem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil stehen) auch in den Fällen des § 8b Abs. 4 KStG anzuwenden ist. § 8b Abs. 4 KStG ist aber dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne in den dort genannten Fällen nicht anzuwenden ist. Hier bleiben also - gerade spiegelbildlich zu den Fällen des § 40a Abs. 1 KAGG bzw. des § 8b Abs. 1 KStG / § 3c Abs. 1 EStG - Aufwendungen außer Ansatz, obwohl Erträge steuerpflichtig sind. Die Finanzverwaltung hat diese Auffassung zu § 8b Abs. 4 KStG bereits vor Anfügung des § 8b Abs. 4 Satz 3 KStG vertreten (vgl. BMF-Schreiben vom 28. April 2003, BStBl. I 2003, 292, Tz. 27).
d) Teleologische Auslegung
Der Zweck der Regelungen des KAGG gebietet ebenfalls nicht die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG auf Anteilscheine. Insbesondere folgt dies nicht aus dem Transparenzprinzip in der Ausgestaltung, die es durch den Gesetzgeber gefunden hat.
Der Umfang der Umsetzung des Transparenzprinzips, insbesondere die Anwendung der für den Direktanleger geltenden steuerlichen Vorschriften auf den Anteilinhaber, ist durch den Gesetzgeber im Einzelnen geregelt worden. Es ist daher nach ständiger höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung nicht zulässig, die Vorschriften des KAGG als lückenhaft im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit anzusehen und dahingehend zu ergänzen, dass das Transparenzprinzip vollständig durchgesetzt werde (vgl. insbesondere BFH-Urteile vom 4. März 1980 VIII R 48/76, BFHE 130, 287, BStBl. II 1980, 453, undvom 7. April 1992 VIII R 79/88, BFHE 168, 111, BStBl. II 1992, 786, unter 1.a; weitere Nachweise siehe oben B.I.). Dies gilt auch für § 40a Abs. 1 KAGG a.F. (Stoschek/Peter/Bittner, FR 2003, 941, 949).
Im Übrigen enthalten die Regelungen des KAGG zahlreiche gewichtige Abweichungen vom Transparenzprinzip, von denen hier nur die wichtigsten aufgezählt sind:
Schüttet das Sondervermögen Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 3 EStG aus, bleiben diese beim Anteilinhaber auch dann steuerfrei, wenn er sie als Direktanleger hätte versteuern müssen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 KAGG; vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 27. März 2001 I R 120/98, BFH/NV 2001, 1539, unter II.2.b aa).
Im Vergleich zu einer Direktanlage schont eine Anlage in Anteilscheinen den Werbungskosten-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nr. 2 EStG) des Anteilinhabers. Denn bereits auf der Fondsebene werden die Aufwendungen mit Erträgen verrechnet; dem Anteilinhaber werden nur die Netto erträge als Einnahmen zugerechnet. Der Werbungskosten-Pauschbetrag, der bei einer Direktanlage bereits durch entsprechende Aufwendungen aufgezehrt worden wäre, steht dem Fondsanleger damit noch ungeschmälert zur Verfügung (dazu Altfelder, FR 2000, 299, 303).
Die für private Veräußerungsgeschäfte geltende Verlustausgleichsbeschränkung des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG ist auf Fondsebene nicht anwendbar, so dass im Sondervermögen eine Verrechnung von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Erträgen aus Dividenden oder Zinsen möglich ist. Der Anteilinhaber versteuert auch hier nur die Nettoerträge, während ein Direktanleger einen solchen Verlustausgleich nicht vornehmen könnte (vgl. auch dazu Altfelder, FR 2000, 299, 303).
Wird ein Anteilschein innerhalb von einem Jahr nach seinem Erwerb veräußert oder zurückgegeben, ist ein dabei entstehender Gewinn steuerpflichtig (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Soweit der Gewinn auf im Fondsvermögen enthaltene Anteile an Kapitalgesellschaften entfällt, käme einem Direktanleger in diesem Fall die hälftige Steuerbefreiung des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. j EStG zugute. Zugunsten des Fondsanlegers ist diese Steuerbefreiung hingegen nicht anwendbar (§ 40a Abs. 2 KAGG; vgl. dazu HHR/Harenberg, Band Steuerreform II, Lieferung Rf. 3, Stand April 2001, KAGG Anm. R 27).
Eine derartige Vielzahl von Abweichungen, die auch von der Bundesregierung als "gewichtig" bezeichnet werden (BT-Drucks. 15/1553, 120), schließt es aus, gegen den Wortlaut des KAGG Folgerungen aus einem Transparenzprinzip zu ziehen.
Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, das Transparenzprinzp lasse im Fall des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. eine korrigierende Auslegung zu, weil diese Vorschrift eine Rechtsfolgenverweisung, nicht aber eine Rechtsgrundverweisung auf § 8b Abs. 2 KStG enthalte (so Gosch, KStG, 2005, § 8b Rn. 52), folgt der Senat dem nicht. Zum einen steht das Ergebnis dieser Auffassung zur ständigen Rechtsprechung des BFH in Widerspruch. Zum anderen folgt gerade aus der Deutung als Rechtsfolgenverweisung, dass § 40a Abs. 1 KAGG a.F. lediglich einen beschränkten Verweis auf § 8b Abs. 2 KStG, nicht aber auch auf § 8b Abs. 3 KStG enthielt. Nur bei einer Deutung als Rechtsgrundverweisung - die von dieser Literaturauffassung aber gerade abgelehnt wird - könnte eine Einbeziehung des § 8b Abs. 3 KStG für zulässig erachtet werden.
Nach Auffassung des Senats stellt der fehlende Verweis auf § 8b Abs. 3 KStG in § 40a Abs. 1 KAGG a.F. trotz der Abweichung vom Ergebnis einer Direktanlage lediglich eine weitere von zahlreichen Durchbrechungen des Transparenzprinzips, nicht aber einen Systemmangel dar, der zwingend behoben werden müsste. Denn die Anwendung des § 40a Abs. 1 KAGG setzt stets Einnahmen des Fondsanlegers voraus, die dann in einem zweiten Schritt durch den Verweis auf § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gestellt werden. Erleidet das Fondsvermögen aber Verluste, kommt es nicht zu Einnahmen beim Anteilinhaber; wegen der nicht vollständigen Durchführung des Transparenzprinzips werden die Verluste auch nicht unmittelbar dem Anteilinhaber zugerechnet (ebenso Fock, BB 2003, 1589, 1591). Im Falle von Teilwertabschreibungen fehlt es daher auch in systematischer Hinsicht von vornherein an der Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 40a Abs. 1 KAGG a.F., der nach seinem Wortlaut "Einnahmen" des Anteilinhabers voraussetzt.
Bei ausländischen Fonds, die nach dem AuslInvestmG grundsätzlich ebenfalls als transparent behandelt werden, ist das Transparenzprinzip zusätzlich insoweit durchbrochen, als § 8b Abs. 2 KStG auf der Ebene des Anteilinhabers in keinem Fall anzuwenden ist (vgl. oben B.IV.). Dies zeigt, dass der Gesetzgeber im Bereich der Besteuerung von Anteilinhabern, insbesondere auch hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Veräußerungsgewinnen und entsprechenden Gewinnminderungen, das Transparenzprinzip nicht rein verwirklicht, sondern in größerem Umfang Durchbrechungen anordnet. Diese Durchbrechungen schließen es aber aus, in § 40a Abs. 1 KAGG a.F. eine vermeintliche Lücke zu sehen und diese im Sinne einer - vom Gesetzgeber im Bereich der Besteuerung von Anteilinhabern insgesamt nicht gewollten - reinen Verwirklichung des Transparenzprinzips zu schließen.
Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass die Steuerbefreiungen des § 8b KStG in der von 1994 bis 2001 geltenden Fassung mangels einer entsprechenden Verweisungsvorschrift im KAGG nicht zugunsten von Fondsanlegern angewendet wurden, obwohl das Transparenzprinzip eine Anwendung nahegelegt hätte.
Das Transparenzprinzip ist auch deshalb für die Auslegung der einfachgesetzlichen Vorschriften nicht von wortlautdurchbrechender Bedeutung, weil es keinen besonderen, insbesondere keinen verfassungsrechtlichen Rang hat (Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, vor § 37n ff. KAGG Rn. 13). Denn es wäre ebenso zulässig, den Fondsanleger wie einen Aktionär des Fondsvermögens zu behandeln; auch die vom Gesetzgeber gewählte Mischform ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (zutreffend Altfelder, FR 2000, 299, 313).
e) Besondere vom Gesetzgeber gewählte Regelungstechnik
Der Senat ist der Auffassung, dass die Auslegung eines steuerrechtlichen Spezialgesetzes, das sich rechtstechnisch sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen weitgehend einer Fülle von Verweisungen auf bestimmte allgemeine steuerrechtliche Regelungen bedient, in besonderer Weise durch den Wortlaut der jeweiligen Verweisungsnormen geprägt, aber auch begrenzt wird.
Dies gebietet bereits der Grundsatz der Normenklarheit (dazu BVerfG-Beschluss vom 13. Juni 2007 1 BvR 1550/03, 2357/04, 603/05, BVerfGE 118, 168, NJW 2007, 2464; BFH-Beschluss vom 6. September 2006 XI R 26/04, BFHE 214, 430, BStBl. II 2007, 167, Az. BVerfG 2 BvL 59/06): Eine Mischform aus einerseits einer Fülle präziser Verweisungen, andererseits aber deren Überlagerung durch - ihrerseits nicht ganz eindeutige - teleologische Überlegungen würde es dem Rechtsunterworfenen nicht mehr ermöglichen, den für ihn verbindlichen Inhalt des Normbefehls mit hinreichender Klarheit erfassen zu können.
Der Gesetzgeber selbst hat sich bei der Formulierung der steuerrechtlichen Regelungen des KAGG dafür entschieden, im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit auf die Verwendung von Generalklauseln (etwa die "Durchführung eines Transparenzprinzips" im Sinne einer vollständigen Gleichstellung des Anteilinhabers mit einem Direktanleger) zu verzichten. Nur derartige Generalklauseln würden die Fachgerichte aber möglicherweise zur Vornahme einer freieren - teleologische Gesichtspunkte stärker berücksichtigenden - Auslegung berechtigen. Die Grenze für die Anwendung der allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften auf die Besteuerung des Fondsanlegers ist daher der Wortlaut der Verweisungsvorschriften des KAGG (ebenso zum InvStG Lindemann, FR 2003, 890, 893).
Danach kommt es im Rahmen der steuerrechtlichen Vorschriften des KAGG, die durch eine Vielzahl von Verweisen geprägt sind (vgl. dazu oben B.I.: 57 Verweise auf das EStG, 16 Verweise auf das KStG, 111 Verweise auf andere steuerrechtliche Vorschriften des KAGG), nur in einem geringeren Umfang als bei der Auslegung sonstiger Gesetze auf historische, systematische und teleologische Überlegungen an. Indes führen auch diese Auslegungskriterien - wie dargestellt - nicht zu einem Ergebnis, das mit dem klaren Wortlaut des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. in Widerspruch stünde.
3. Keine Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG
Schließlich sind die Teilwertabschreibungen nicht in Anwendung des § 3c Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG steuerrechtlich vom Abzug ausgeschlossen.
Insoweit fehlt es bereits an dem erforderlichen Zusammenhang zu im selben Veranlagungszeitraum zufließenden steuerfreien Einnahmen (zu dieser Begrenzung des § 3c Abs. 1 EStG oben 2.c bb (1); ebenso Stoschek/Peter/Bittner, FR 2003, 941, 949).
II. Echte Rückwirkung durch § 43 Abs. 18 KAGG
Vorliegend bewirkt die Anwendungsvorschrift des § 43 Abs. 18 KAGG eine echte Rückwirkung, da sie die Wirkung des neu angefügten § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftige Festsetzungen erstreckt. Damit soll diese Norm für einen Zeitraum Wirkungen entfalten, dessen Beginn vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent geworden ist (vgl. zu dieser Definition echter Rückwirkungen oben C.I., mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG).
Im Streitfall geht es um die Bewertung des Umlaufvermögens der Bank zum 31. Dezember 2002, die für die Ermittlung der steuerlichen Leistungsfähigkeit im abgelaufenen Veranlagungszeitraum 2002 maßgebend ist. Die Handelsbilanz für 2002 wurde am 14. Januar 2003, die Steuerbilanz am 10. Juli 2003 aufgestellt. Die Körperschaftsteuererklärung wurde am 12. August 2003 beim FA eingereicht. Alle diese Zeitpunkte liegen vor dem Zeitpunkt des erstmaligen Bekanntwerdens der Gesetzesinitiative zur Anfügung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15. August 2003, BR-Drucks. 560/03, 20), erst recht aber vor dem Zeitpunkt des rechtlichen Entstehens der Norm (Verkündung im Bundesgesetzblatt vom 27. Dezember 2003).
Im Übrigen liegt bezogen auf das Streitjahr 2002 nach der zum Sachgebiet des Steuerrechts entwickelten Rechtsprechung des BVerfG schon deshalb eine echte Rückwirkung vor, weil dieser Veranlagungszeitraum bei Verkündung des Korb-II-Gesetzes am 27. Dezember 2003 bereits abgelaufen war (vgl. dazu BVerfG-Beschluss vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, 252 f., unter C.II.2.a). Auf die innerhalb der Finanzgerichtsbarkeit umstrittene Frage, ob diese "Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung" verschärft werden sollte oder aber weiterhin als sachgerecht anzusehen ist (vgl. einerseits BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl. II 2004, 284, unter B.III.2.e, Az. BVerfG 2 BvL 2/04, andererseits BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 I R 76/04, BFHE 211, 90, BStBl. II 2006, 274, unter II.2.), kommt es im Streitfall daher nicht an.
III. Keine Rechtfertigung der echten Rückwirkung
Eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot einer echten Rückwirkung belastender Steuergesetze (vgl. dazu oben C.II., mit Nachweisen auf die Rechtsprechung des BVerfG) kommt im Streitfall nicht in Betracht.
1. Insbesondere ist die Regelung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG nicht lediglich klarstellend; vielmehr hat sie die Rechtslage materiell umgestaltet (ausführlich oben D.I.).
2. Es ist auch kein Grund dafür ersichtlich, das spätestens mit der Aufstellung der Steuerbilanz für 2002 betätigte Vertrauen der Bank auf den Wortlaut der gesetzlichen Regelungen nicht als schutzwürdig anzusehen. Die Rechtslage vor Anfügung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG war nicht "unklar oder verworren" im Sinne der unter C.III.1. dargestellten Rechtsprechung des BVerfG. Weder hatte die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Norm verworfen noch hatte sie ihre bisherige Auslegung einer Norm geändert. Die durch das StSenkG geschaffene Rechtslage lässt sich auch nicht als "Grundentscheidung" ansehen, die durch das Korb-II-Gesetz nur noch im Sinne des BVerfG-Beschlussesvom 24. April 1953 1 BvR 102/51 (BVerfGE 2, 237, 266 , unter III.5.) ausgefüllt worden wäre. Denn die frühere Rechtslage stand durchaus mit den allgemeinen systematischen Grundsätzen, insbesondere im Regelungsbereich des § 8b KStG, in Einklang (vgl. ausführlich oben D.I.2.c). Erst recht war die frühere Rechtslage nicht verfassungswidrig (s. oben D.I.2.d). Vielmehr konnte diese Rechtslage durchaus - im Sinne des BVerfG-Urteils vom 19. Dezember 1961 2 BvL 6/59 (BVerfGE 13, 261, 273 , unter B.IV.2.) - als sinnvoll und vom Gesetzgeber gewollt erscheinen.
Allein die Tatsache, dass noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage der Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. ergangen war und die Finanzverwaltung - im Gegensatz zur ganz überwiegenden Auffassung des Schrifttums (vgl. dazu oben B.III.) - eine Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG im Rahmen des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. wohl für zulässig hielt, begründet weder eine "unklare und verworrene Rechtslage" noch führt dies aus anderen Gründen zu einer Verneinung schutzwürdigen Vertrauens. Denn ansonsten wäre es dem Gesetzgeber möglich, die Auffassung der Finanzverwaltung zu Gesetzen, zu denen sich die Rechtsprechung noch nicht hat äußern können, selbst dann stets mit rückwirkender Kraft festzuschreiben, wenn im Schrifttum ganz überwiegend die Gegenauffassung vertreten wird und sich auch objektiv bei Anwendung der herkömmlichen Auslegungsregeln die Auffassung der Finanzverwaltung als unzutreffend darstellt. Das grundsätzliche verfassungsrechtliche Verbot einer echten Rückwirkung, das nur in seltenen Ausnahmefällen durchbrochen werden darf, wäre damit weitgehend ausgehöhlt (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BFH-Beschluss vom 19. April 2007 IV R 4/06, BFHE 217, 117, DStR 2007, 1299, unter B.III.2.c, Az. BVerfG 1 BvL 5/07). Auch nach der Rechtsprechung des BVerfG wird eine rückwirkende Steuerverschärfung nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Finanzverwaltung diese Steuer bereits zuvor - wenn auch objektiv ohne gesetzliche Grundlage - erhoben hatte (BVerfG-Beschluss vom 14. November 1961 2 BvL 15/59, BVerfGE 13, 206, 214, unter B.II.3.).
Ohnehin hatte die Finanzverwaltung im hier maßgebenden Zeitraum keine Verwaltungsanweisungen veröffentlicht, aus denen sich die von ihr gewünschte Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG auf Fondsanteile hätte entnehmen lassen. Die Rechtslage war auch deshalb nicht "unklar und verworren", weil die Frage der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG auf der Grundlage der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Reichweite des Transparenzprinzips und der Begrenzung der Auslegung des KAGG auf den Wortlaut der dort enthaltenen Verweisungen eindeutig zu beantworten war.
Aus dem vom FA angeführten BVerfG-Beschluss vom 17. Januar 1979 1 BvR 446, 1174/77 (BVerfGE 50, 177) folgt nichts anderes. Die Fallkonstellation, über die das BVerfG dort zu entscheiden hatte, ist mit dem Streitfall schon deshalb nicht vergleichbar, weil damals durch die Fachgerichte bereits lange vor Erlass des klarstellenden Gesetzes eine höchstrichterliche Klärung dahingehend eingetreten war, dass bereits die ursprüngliche Gesetzesfassung in der Weise auszulegen war, die der Gesetzgeber später ausdrücklich festgeschrieben hat (Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27. Oktober 1977, Klarstellungsgesetz vom 25. Juli 1978). Im vorliegenden Falle fehlt es aber gerade an einer derartigen fachgerichtlichen Klärung. Im Übrigen hatte die dort zu beurteilende Norm nach den Ausführungen des BVerfG Anlass zu Zahlreichen Auslegungsproblemen gegeben, weshalb das BVerfG die Rechtslage als "unklar und verworren" bezeichnete. Die Verweisungsregelung in § 40a KAGG a.F. ist hingegen klar; sie enthält mit der Frage, ob in sie auch ein Verweis auf § 8b Abs. 3 KStG hineinzulesen ist, lediglich ein einziges Auslegungsproblem.
3. Die Rückwirkung kann im Streitfall auch nicht durch zwingende Gründe des gemeinen Wohls gerechtfertigt werden (dazu ausführlich oben C.III.2.). Bezogen auf das Streitjahr 2002 kann von einer Beschränkung des Rückwirkungszwecks auf die Vermeidung eines Ankündigungseffekts (dazu BVerfG-Beschluss vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67, 81 f., unter C.II.2.a) nicht die Rede sein.
Fiskalische Interessen können eine echte Rückwirkung im Streitfall ebenfalls nicht rechtfertigen. Dies hat das BVerfG für sog. "begrenzte fiskalische Interessen" bereits entschieden (BVerfG-Urteil vom 1. Juli 1953 1 BvL 23/51, BVerfGE 7, 380, 405, unter B.III.3.). Vorliegend sind jedenfalls bei der hier vorzunehmenden Beschränkung der Vorlagefrage auf die Zulässigkeit von Teilwertabschreibungen lediglich begrenzte fiskalische Interessen betroffen. Denn im Falle späterer Wertsteigerungen der Fondsanteile hätte die Klägerin die Zuschreibungsbeträge (§ 40a Abs. 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG) oder die Buchgewinne im Falle einer Veräußerung oder Rückgabe der Anteile (§ 40a Abs. 1 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG) zu versteuern. Die zunächst steuermindernde Teilwertabschreibung würde damit im Ergebnis rückgängig gemacht, so dass für den Fiskus nur eine zeitliche Verschiebung des Eingangs der Steuereinnahmen einträte.
4. Auf der anderen Seite ist die Bedeutung der Regelung auch für Fälle der Teilwertabschreibungen aber nicht so gering, als dass der in der Rechtsprechung des BVerfG verschiedentlich erwähnte Bagatellvorbehalt (vgl. dazu oben C.III.3.) anwendbar wäre. Denn dazu wäre - sofern man diese Rechtsfigur überhaupt zugrunde legen wollte - erforderlich, dass durch die Rückwirkung nur ein ganz unerheblicher Schaden verursacht würde. Davon kann angesichts der Größenordnung des streitigen Abschreibungsbetrags, insbesondere im Verhältnis zu dem relativ geringen Jahresüberschuss und der geringen Bilanzsumme der Bank, auch unter Berücksichtigungen der vorstehenden Ausführungen unter 3. keine Rede sein.
5. Auch soweit sich in der Literatur Auseinandersetzungen mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der in § 43 Abs. 18 KAGG angeordneten Rückwirkung finden, sprechen sich die Autoren ausnahmslos für die Verfassungswidrigkeit aus (HHR/Intemann, Jahresband 2004, KAGG Anm. J 03-2; Rödder/Schumacher, DStR 2003, 1725, 1728; Stoschek/Peter/Bittner, FR 2003, 941, 954; Schultz/Halbig, DStR 2005, 1669, 1670; jedenfalls verfassungsrechtliche Zweifel bei Sradj/Mertes, DStR 2003, 1681, 1685 und DStR 2004, 201, 206, sowie Dötsch/Pung, DB 2004, 151, 156).
E. Zulässigkeit der Vorlage
I. Keine Verfassungskonforme Auslegung möglich
Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist eine Vorlage nur zulässig, wenn das vorlegende Gericht die Übereinstimmung mit der Verfassung nicht durch Auslegung herstellen kann. Auch eine verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze jedoch dort, wo sie dem Wortlaut und dem klar erkennbaren gesetzgeberischen Willen widersprechen würde (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 1996 1 BvL 44, 48/92, BVerfGE 95, 64, 93 ff., unter C.III.2.c; BFH-Urteil vom 14. Dezember 2006 III R 27/03, BFHE 215, 442, BStBl. II 2007, 332, unter II.4.a).
Vorliegend ist im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Übergangsvorschrift des § 43 Abs. 18 KAGG, wonach § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen anzuwenden ist, eine verfassungskonforme Auslegung ausgeschlossen (ebenso zu einer vergleichbaren Anwendungsregelung BFH-Beschluss vom 19. April 2007 IV R 4/06, BFHE 217, 117, DStR 2007, 1299, unter B.IV.2., Az. BVerfG 1 BvL 5/07). Der Gesetzgeber gibt mit der von ihm gewählten Formulierung vielmehr eindeutig zu erkennen, dass er die Rückwirkung bewusst und gewollt angeordnet hat.
II. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
Der Senat hat das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen, da es für die Entscheidung über die Klage auf die Gültigkeit des § 43 Abs. 18 KAGG ankommt. Ist diese Vorschrift wirksam und die in ihr angeordnete Rückwirkung daher zu beachten, erweist sich der angefochtene Steuerbescheid - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - als rechtmäßig; die Klage wäre unbegründet.
Ist § 43 Abs. 18 KAGG hingegen unwirksam, tritt an seine Stelle die allgemeine Anwendungsregelung des Art. 8 Abs. 2 Korb-II-Gesetz. Danach treten die Änderungen des KAGG zum 30. Dezember 2003 in Kraft. Da der Rechtsstreit den Veranlagungszeitraum 2002 und die Bilanz auf den 31. Dezember 2002 betrifft, wäre § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG im Streitfall noch nicht anzuwenden. Weil nach der Auffassung des Senats § 40a Abs. 1 KAGG in der vor der Änderung durch das Korb-II-Gesetz geltenden Fassung der gewinnmindernden Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen nicht entgegen stand (ausführlich oben D.I.), hätte das FA den Gewinn der Bank zu Unrecht erhöht; die Klage wäre begründet.
III. Ausgelaufenes Recht
Der Zulässigkeit der Vorlage steht auch nicht der Gesichtspunkt entgegen, dass bei ausgelaufenem Recht möglicherweise höhere Zulässigkeitsanforderungen gelten.
Zwar ist das KAGG - und mit ihm die streitgegenständliche Anwendungsregelung des § 43 Abs. 18 KAGG - nur noch auf Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2003 anwendbar. Gleichwohl ist die zu beurteilende verfassungsrechtliche Frage noch für mehrere finanzgerichtliche Verfahren (z.B. FG Mecklenburg-Vorpommern, Az. 1 K 479/04; FG des Landes Brandenburg, Az. 6 K 143/05; FG Düsseldorf, Az. 15 K 534/06) und zusätzlich für eine Vielzahl ruhender Einspruchsverfahren von Bedeutung. Die Beteiligten haben mitgeteilt, dass die Parallelverfahren zum Teil sehr hohe Streitwerte aufweisen.
Im Übrigen betreffen Rückwirkungsfragen denknotwendig auslaufendes Recht, weil sie nur dann aufgeworfen werden können, wenn eine frühere Regelung, deren weitere Anwendung der Bürger begehrt, geändert worden ist. Wäre eine Vorlage an das BVerfG in derartigen Fallgestaltungen ausgeschlossen oder auch nur erheblich erschwert, wäre eine verfassungsgerichtliche Klärung von Rückwirkungsfragen kaum mehr möglich.
Ende der Entscheidung
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