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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 11.11.2005
Aktenzeichen: 9 K 6277/03 K,F
Rechtsgebiete: EStG, KStG, EStG 1989, KStG a.F.


Vorschriften:

EStG § 4 Abs 1 Satz 1
EStG § 5
KStG a.F. § 47 Abs 1
KStG § 8 Abs 1
EStG 1989 § 36 Abs 2 Nr 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 11. November 2005, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...

Richterin am Finanzgericht ...

Richter am Finanzgericht ...

Ehrenamtliche Richterin ...

Ehrenamtliche Richterin ...

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die (damalige) A GmbH (A GmbH, vormals B GmbH, vormals C GmbH) bereits im Streitjahr 1989 Dividendenansprüche aufgrund einer Gewinnausschüttung ihrer damaligen Tochtergesellschaft D GmbH - der späteren Rechtsnachfolgerin der A GmbH und jetzigen Klägerin (Klin.) - für das Streitjahr 1989 aktivieren durfte.

Die C GmbH mit Sitz in J betrieb den Handel mit ...stoffen. Alleiniger Gesellschafter war seit Ende 1982 F. Mit Vertrag vom 17. 3. 1988 veräußerte dieser mit Wirkung vom 2. 1. 1988 seine Geschäftsanteile i.H.v. nominal insgesamt 100.000 DM an G i. H. v. 80.000 DM, an H i. H. v. 10.000 DM und an I i. H. v. 10.000 DM zum Kaufpreis von insgesamt 225.000 DM.

Durch Gesellschafterbeschlüsse vom 31.5.1988 und 14.6.1988 wurden die Firma und der Gegenstand des Unternehmens der C GmbH geändert. Unter dem Namen B GmbH sollte diese nunmehr gastronomische Einrichtungen und andere Anstalten der Kommunikation betreiben. Die Gesellschafterversammlung berief außerdem den bisherigen Geschäftsführer ab und bestellte zwei neue Geschäftsführer (Handelsregister-Eintragung vom 19. 8. 1988). Ausweislich der Handelsregister-Eintragung vom 12. 4. 1989 wurde der Sitz der B GmbH von J nach K verlegt.

Mit Urkunde Nr. .../1989 des Notars L vom 13.11.1989 übertrug G Teile seiner Beteiligung an der B GmbH (vormals C GmbH) i. H. v. jeweils 10.000 DM auf M, N und O zum Preis von jeweils 1 DM. Unter demselben Datum beschlossen die Gesellschafter nachfolgend eine Kapitalerhöhung auf 150.000 DM (Urkunde Nr. .../1989 des Notars L), so dass sich nunmehr folgende Beteiligungsverhältnisse ergaben:

 G50 TDM zzgl. 25 TDM Kapitalerhöhung = 75 TDM
M (Ehefrau)10 TDM zzgl. 5 TDM Kapitalerhöhung = 15 TDM
I10 TDM zzgl. 5 TDM Kapitalerhöhung = 15 TDM
H10 TDM zzgl. 5 TDM Kapitalerhöhung = 15 TDM
N (Sohn)10 TDM zzgl. 5 TDM Kapitalerhöhung = 15 TDM
O (Sohn)10 TDM zzgl. 5 TDM Kapitalerhöhung = 15 TDM

Nach dem Gesellschafterbeschluss waren die neuen Stammeinlagen nicht in bar, sondern dadurch zu erbringen, dass die P GmbH & Co Kommanditgesellschaft in K auf Veranlassung ihrer sämtlichen Kommanditisten (G, M, I, H, N und O) ihre 100 %-ige Beteiligung an der D GmbH in Gestalt eines Geschäftsanteils im Nennbetrag von 50.000 DM auf die Gesellschaft übertragen sollte. Der Wert der einzubringenden Beteiligung wurde entsprechend ihrem Buchwert mit 50.000 DM festgelegt.

Außerdem wurde die Firma der B GmbH in A GmbH (A GmbH) geändert und als Unternehmensgegenstand die umfassende Beratung und Betreuung Dritter im Bereich ... festgelegt.

Ausweislich der Handelsregister-Eintragung vom 5. 3. 1990 bestellte die Gesellschafterversammlung am 13.11.1989 des Weiteren die Herren Q und R als neue Geschäftsführer.

Die A GmbH wies in ihrem Jahresabschluss zum 31.12.1987 Aktivvermögen i. H. v. rd. 100 TDM und Umsätze i. H. v. rd. 1.032 TDM aus (vgl. Angaben zum Jahresabschluss 1988). Ausweislich des Lageberichts 1988 übte die A GmbH eine aktive Tätigkeit lediglich in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres aus. Im Jahresabschluss 1988 erklärte die Gesellschaft u.a. sonstige betriebliche Erträge i. H. v. 10.800 DM, sonstige betriebl. Aufwendungen (incl. Zinsen) i. H. v. 49.229,50 DM sowie einen Verlust aus der die Verwertung des Aktivvermögens i. H. v. 90.791,96 DM. Zum 31.12.1988 wurden auf der Aktivseite Vermögensgegenstände i.H.v. 19.904,95 DM erfasst und auf der Passivseite Verbindlichkeiten und Rückstellungen i.H.v. 49.126,41 DM. Der nicht durch das Eigenkapital (i. H. v. 100.000 DM) gedeckte Fehlbetrag betrug 29.221,46 DM.

In ihrem Jahresabschluss zum 31.12.1989 - festgestellt durch Gesellschafterbeschluss vom 20. 1. 1991 - wies die A GmbH u.a. Erträge aus Beteiligungen i. H. v. 4.142.360 DM aus. In ihrer Körperschaftsteuer (KSt)-Erklärung 1989 (eingegangen beim Beklagten - dem Finanzamt, FA - am 14. 1.1991) erklärte sie unter Vorlage einer Steuerbescheinigung der D GmbH über eine Gewinnausschüttung am 27. 10. 1990 für 1989 i.H.v. 2.651.750 DM zzgl. anrechenbarer KSt i. H. v. 1.491.609 DM ein Einkommen i. S. des § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i. H. v. 4.158.748 DM, einen Verlustvortrag aus den Jahren 1984 bis 1988 i. H. v. insgesamt 1.787.692 DM und ein Einkommen i. H. v. 2.371.056 DM.

Zu der vorgenannten Gewinnausschüttung liegen das Protokoll einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der D GmbH vor (in Kopie), welches als Datum den "22. Dezember 1989" ausweist und das Protokoll einer ordentlichen Gesellschafterversammlung mit der Datumsangabe "26. November 1990". Beide Protokolle sind von Q und R als zur gemeinsamen Vertretung berechtigte Geschäftsführer der A GmbH, der alleinigen Gesellschafterin der D GmbH, unterzeichnet.

Die vorgenannten Protokolle haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der D GmbH .... Die Gesellschafterin faßte folgenden Beschluss: Der sich zum 31. Dezember 1989 ergebende Bilanzgewinn wird an dem auf die Bilanzfeststellung folgenden Tag ausgeschüttet, und zwar in der Höhe, in der die Ausschüttung aus dem körperschaftsteuerlichen Eigenkapitalanteil gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz möglich ist. Ein etwa darüber hinausgehender Teilbetrag des Bilanzgewinns soll auf neue Rechnung vorgetragen werden. K, 22. Dezember 1989 ..."

"Protokoll der ordentlichen Gesellschafterversammlung der D GmbH .... Es wurden folgende Beschlüsse gefasst:

1. Der Jahresabschluss 1989 ... wird festgestellt.

2. In der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 22. 12.1989 wurde eine Gewinnausschüttung für das Geschäftsjahr 1989 in der Höhe beschlossen, in der sie aus dem körperschaftsteuerlichen Eigenkapitalanteil gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz möglich ist. In Höhe des Ausschüttungsbetrages, der sich auf DM 2.651.750 DM beläuft, wurde der Bilanzgewinn verwendet; der danach verbliebene, zum 31. Dezember 1989 ausgewiesene Bilanzgewinn von DM 23,78 wird auf neue Rechnung vorgetragen. ... K, 26. November 1990 ..."

Das FA erließ mit Datum vom 12. 3. 1991 einen KSt-Bescheid 1989, in dem es das Einkommen gem. § 47 Abs. 2 KStG und die KSt 1989 erklärungsgemäß feststellte bzw. festsetzte. Unter Berücksichtigung der anzurechnenden KSt und der Kapitalertragsteuer ergab sich danach ein Erstattungsbetrag i.H.v. 826.746 DM. Mit dem "gemäß § 164 II AO" geänderten KSt-Bescheid 1989 vom 17. 6. 1991, der weiter unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, setzte das FA die KSt 1989 unverändert mit 1.327.791 DM fest, änderte die anzurechnenden Beträge jedoch geringfügig, so dass sich nunmehr ein Erstattungsbetrag i.H.v. 826.755 DM ergab.

Aufgrund des notariellen Verschmelzungsvertrags vom 15. 1. 1993 übertrug die A GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapErhG auf die D GmbH gegen Gewährung von Geschäftsanteilen dieser Gesellschaft (Verschmelzung durch Aufnahme). Die Übernahme des Vermögens der A GmbH erfolgte im Innenverhältnis mit Wirkung zum 1.1.1993. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgenannten Vertrag, das Protokoll der Gesellschafterversammlung der D GmbH vom 15. 1. 1993 verwiesen.

Das Finanzamt für Konzernbetriebsprüfung S (KonzBp) führte Ende 1993 bei der D GmbH (Klin.) als Rechsnachfolgerin der A GmbH eine Außenprüfung durch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, der Dividendenanspruch aufgrund der Gewinnausschüttung für 1989 dürfe bei der A GmbH nicht bereits in 1989, sondern erst in 1990 aktiviert werden. Der Dividendenanspruch sei in der Regel dann zu bilanzieren, wenn ein Gewinnverteilungsbeschluss vorliege und hierdurch ein verfügbarer Rechtsanspruch des Gesellschafters in bestimmter Höhe endgültig begründet worden sei. Ein Gewinnverteilungsbeschluss setze eine zuvor erfolgte Feststellung des Jahresabschlusses mit einem zu verteilenden Gewinn voraus. Deshalb scheide der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. 12.1989 (Absichtserklärung, den noch festzustellenden Gewinn auszuschütten) als Gewinnverteilungsbeschluss aus. In Ausnahmefällen könne der Dividendenanspruch zwar bereits zeitkongruent erfasst werden, doch setze dies u.a. voraus, dass die Obergesellschaft bei deckungsgleichen Geschäftsjahren während des gesamten Wirtschaftsjahres mehrheitlich an der den Gewinn ausschüttenden Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen sei (Hinweis auf die Entscheidungen des BGH v. 3.11.1975 II ZR 67/73, BB 1976, 9; BFH, BStBl II 1986, 794 und 815, BFH, BStBl II 1991, 440). Daran fehle es im Streitfall. Auswirkungen habe die Erfassung des Dividendenanspruchs erst im Jahr 1990 insbesondere für den Verlustabzug, da ab dem Veranlagungszeitraum 1990 Mantelkauf-Verluste nicht mehr abzugsfähig seien (§ 8 Abs. 4, 5 i. V. m. § 54 Abs. 6 KStG).

Selbst wenn eine zeitkongruente Erfassung der Beteiligungserträge zulässig sein sollte, bliebe zu prüfen, ob die Gewinnausschüttung unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO überhaupt bei der A GmbH zu erfassen sei. Die im Jahr 1985 gegründete D GmbH sei als Dienstleistungsgesellschaft für ihre damalige Alleingesellschafterin und ab Ende 1989 ihrer Schwestergesellschaft, der Firma P GmbH & Co KG (P KG) tätig. Die Gewinnausschüttungen der D GmbH seien vor der Einbringung in die A GmbH an die P KG und damit mittelbar an die Kommanditisten der KG erfolgt. Dieser wirtschaftlich vernünftige direkte Ausschüttungsweg werde durch die Sacheinlage der D GmbH-Beteiligung in die A GmbH verkompliziert. Nun seien die Ausschüttungen aus dem Bilanzgewinn 1989 durch Beschluss vom 26. 11.1990 und aus dem Bilanzgewinn 1991 durch Beschluss vom 18. 1. 1993 zunächst an die A GmbH erfolgt. Diese habe dann nach Verlustverrechnung in 1989 aus dem Bilanzgewinn 1991 germäß Beschluss vom 26. 1. 1993 weiter an die Kommanditisten der P KG (die A GmbH-Anteile zählten dort zum Sonderbetriebsvermögen) ausgeschüttet. Dieser ungewöhnliche Ausschüttungsweg habe ausschließlich der Steuerminderung gedient. Die gekauften Verlustvorträge sowie das bei der A GmbH (vormals C GmbH) vorhandene EK 04-Kapital (im Zeitpunkt der Anteilsübertragung i.H.v. 1.628.946 DM) seien auf diese Weise steuerlich nutzbar gemacht worden. Noch vor dem Ausschüttungsbeschluss vom 26. 1. 1993 habe die A GmbH mit Vertrag vom 15. 1. 1993 ihr Vermögen als Ganzes unter Ausschluss der Abwicklung gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KapErhG auf ihre Tochtergesellschaft D GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen übertragen. Damit sei der alte Zustand vor Einbringung wieder hergestellt, wenn man davon absehe, dass sich die D GmbH-Anteile nun nicht mehr im Gesellschaftsvermögen der P KG, sondern im Sonderbetriebsvermögen der Kommanditisten befänden. Eine solche strukturelle Veränderung, falls diese denn gewollt gewesen wäre, hätte durch schlichte Übertragung vom Gesellschaftsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen vorgenommen werden können. Der hier vollzogene umständliche Weg über Einbringung und Verschmelzung sei jedenfalls ungewöhnlich. Sonstige wirtschaftliche oder außersteuerliche Gründe, die die gewählte Gestaltung rechtfertigten, seien nicht ersichtlich und nicht vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 22.11.1995 verwiesen.

Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 25. 1. 1996 - unter Berücksichtigung eines weiteren, hier nicht streitigen Punktes - (u.a.) einen gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten KSt-Bescheid 1989 gegenüber der D GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin der A GmbH, in dem es das Einkommen auf ./. 19.012 DM feststellte und die KSt mit 0 DM festsetzte. Da es in der Abrechnung zur KSt 1989 keine Steueranrechnung mehr vornahm, forderte es den aufgrund der vorgehenden Veranlagungen erstatteten Betrag i.H.v. 826.755 DM zurück. Außerdem erließ das FA ebenfalls mit Datum vom 25. 1. 1996 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid über die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1989, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.

Die D GmbH als Rechtsnachfolgerin der A GmbH legte (u.a.) gegen die beiden vorgenannten Bescheide Einspruch ein. Zur Begründung machte sie geltend, eine zeitkongruente Aktivierung des Dividendenanspruchs sei zulässig. Auch liege kein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor, weil keine Gesetzesnormen bestanden hätten, die sich gegen eine Verlustverrechnung anführen ließen.

Entsprechend einer Anregung der D GmbH ruhte das Einspruchsverfahren bis zur Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 7. 8. 2000 (BStBl II 2000, 632). Das FA nahm nachfolgend das Einspruchsverfahren wieder auf und wies mit Schreiben vom 24. 1. 2003 darauf hin, dass seiner Ansicht nach auch nach der neueren BFH-Rechtsprechung im Streitfall keine phasengleiche Aktivierung des Dividendenanspruchs zulässig sei und auch die Übergangsregelung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 1. 11. 2000, BStBl I 2000, 510) keine Anwendung finden dürfte, weil die Mehrheitsbeteiligung nicht während des gesamten Geschäftsjahres bestanden habe.

Mit Schriftsatz vom 11. 2. 2003 machte die D GmbH als Rechtnachfolgerin der A GmbH geltend, die Übergangsregelung sei anzuwenden; eine Mehrheitsbeteiligung während des gesamten Geschäftsjahres könne nicht gefordert werden.

Das FA wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidung vom 28.10.2003 als unbegründet zurück. Ausgehend von dem Beschluss des Großen Senats vom 7. 8. 2000 (BStBl II 2000, 632) lägen im Streitfall die Voraussetzungen für eine sog. phasengleiche Aktivierung von Dividendenansprüchen nicht vor. Zwar seien die Gesellschafter ausweilich des Protokolls der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 22.12.1989 endgültig entschlossen gewesen, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Der mindestens ausschüttungsfähige Bilanzgewinn sei am Bilanzstichtag aber noch unbestimmt und den Gesellschaftern daher nicht bekannt gewesen. Die Ausschüttungsabsicht des beherrschenden Gesellschafters müsse sich aber auf einen genau festgelegten Betrag beziehen. Insbesondere reiche es dafür nicht aus, dass die Höhe des auszuschüttenden Betrages nur ungefähr feststehe und seine exakte Bezifferung von erst in der Zukunft erkennbaren Umständen abhängig sei. Die Übergangsregelung der Finanzverwaltung, nach der zeitweilig noch eine phasengleiche Aktivierung nach "bisherigen Grundsätzen" gestattet werde (BMF-Schreiben vom 1. 11. 2000, BStBl I 2000, 510) führe zu keinem anderen Ergebnis. Denn nach der alten BFH-Rechtsprechung (BFH, BStBl II 1986, 794 und 815) habe eine phasengleiche Aktivierung des Dividendenanspruchs vorausgesetzt, dass die Mehrheitsbeteiligung während des gesamten Geschäftsjahres bestanden habe. Daran fehle es im Streitfall. Im Übrigen liege aus den im Betriebsprüfungsbericht dargelegten Gründen auch ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i. S. des § 42 AO vor.

Die Klin. (D GmbH) als Rechtsnachfolgerin der A GmbH hat hiergegen Klage erhoben (9 K 6277/03) und diese u.a. mit der Übergangsregelung der Finanzverwaltung begründet. Im Erörterungstermin vom 1. 2. 2005 hat die Berichterstatterin u.a. darauf hingewiesen, dass die Frage der Anwendung der Übergangsregelung der Finanzverwaltung eine Billigkeitsmaßnahme i.S. des § 163 AO betreffe, es sich bei derartigen Billigkeitsmaßnahmen und der Steuerfestsetzung um zwei verschiedene Verfahren handele und fraglich erscheine, ob das Finanzamt vorliegend erstmals in der Einspruchsentscheidung eine derartige Billigkeitsmaßnahme abgelehnt habe. Um die damit verbundenen verfahrensrechtlichen Unsicherheiten zu beseitigen hat die Klin. mit Schriftsatz vom 17. 10. 2005 beim FA (nochmals) eine derartige Billigkeitsmaßnahme beantragt und gegen den nachfolgenden ablehnenden Bescheid des FA vom 20. 10. 2005 Einspruch eingelegt. Diesen wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 27. 10. 2005 als unbegründet zurück. Die Klin. hat hiergegen Klage erhoben (9 K 4409/05) und auf die Einhaltung der gesetzlichen Ladungsfrist verzichtet. Auch das FA hat - wie bereits zuvor angekündigt - in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die Einhaltung der gesetzlichen Ladungsfrist verzichtet.

Zur Begründung ihrer Klagen macht die Klin. Folgendes geltend:

1. Ausgehend von der geänderten BFH-Rechtsprechung (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 7. 8. 2000, BStBl II 2000, 632) sei die sog. phasengleiche Aktivierung im Streitfall zulässig. Durch den Gesellschafterbeschluss vom 22. 12. 1989 sei die feste Ausschüttungsabsicht dokumentiert worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Gesellschafterin A GmbH der mindestens ausschüttbare Bilanzgewinn der D GmbH auch (zumindest weitestgehend) bekannt gewesen. Der Jahresabschluss 1988 mit ausschüttbaren Gewinnvorträgen aus 1988 und Vorjahren von 1.234.138,16 DM habe bereits seit dem 6. 12. 1989 (Unterzeichnungsdatum) vorgelegen. Außerdem habe die zusammenfassende Kontenauflistung Januar bis September 1989 der Buchhaltung der D GmbH einen Überschuss vor Ertragsteuern i.H.v. 1.806.556,41 DM ausgewiesen. Zwar sei ein EDV-Zugriff auf die damaligen Buchhaltungsdaten wegen des zwischenzeitlichen mehrfachen Systemwechsels nicht mehr möglich. Die Gesellschaft habe aber noch Abfilmungen (Microfiches) der damaligen Buchhaltungsstände - wenngleich nur noch für die jeweiligen Quartale -, denen die vorgenannten Zahlen bis September 1989 entnommen worden seien. Dass diese Zahlen auch im Dezember, also zweieinhalb Monate später den Gesellschaftern, die ja fast in allen Gruppenunternehmen tätig gewesen seien und überdies in engster Familienbeziehung zueinander stünden, durch das monatliche Berichtswesen in der Gruppe bekannt gewesen sei, stehe außer Zweifel. Zudem hätten keine Ansatz- oder Bewertungsspielräume bestanden, weil die Bilanzposten reine Geldwertposten beinhalteten (Forderungen bzw. Verbindlichkeiten aus dem Leistungsverkehr der D GmbH mit anderen Gesellschaften der G, H, I, M, N und O-Gruppe). Aufgrund der vorgenannten Unterlagen ergebe sich somit, dass zum Zeitpunkt des Gewinnausschüttungsbeschlusses vom 22. 12. 1989 bekannt gewesen sei, dass der ausschüttbare Gewinn (überschlägig gerechnet) betragen würde:

 Handelsrechtliche Gewinnvorträge zum 1.1.1989 gemäß 
Jahresabschluss 1988 vom 6. 12.19891.234 TDM
zzgl. KSt-Minderung bei Ausschüttung 20/44561 TDM
Überschuss 1989 vor Ertragsteuern1.806 TDM
abzügl. Gewerbesteuer 1989 (Hebesatz 400 %)./. 301 TDM
abzügl. KSt-Ausschüttungsbelastung 36 v.H../. 542 TDM
zu erwartende Bardividende2.758 TDM
spätere tatsächliche Bardividende2.658 TDM

2. § 8 Abs. 4 KStG finde im Streitfall auf das Streitjahr 1989 gemäß § 54 Abs. 6 KStG noch keine Anwendung, weil die Familienmitglieder G, H, I, M, N und O die Anteile schon am 17. 3. 1988 erworben hätten.

3. Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i. S. des § 42 AO liege nicht vor. Mit der Sacheinlage der an der D GmbH Anteile in die A GmbH sei das bis dahin bestehende Unterordnungsverhältnis P/D in ein Nebenordnungsverhältnis umstrukturiert worden, womit zwei unterschiedliche Geschäftsbereiche, nämlich der ... (P KG) und der ... (D GmbH) wirtschaftlich und rechtlich voneinander getrennt worden seien. Ein solcher wirtschaftlicher Vorgang sei nicht auf seine Angemessenheit hin zu beurteilen. Entgegen der Annahme des FA sei auch nicht der "direkte Ausschüttungsweg" verlassen worden. Anstelle des Ausschüttungswegs D GmbH - P KG - Kommanditisten der P KG sei lediglich der Ausschüttungsweg D GmbH - A GmbH - Kommanditisten der P KG getreten. Die Verlustnutzung als Folge der wirtschaftlichen und rechtlichen Trennung der beiden Unternehmen P und D begründe ebenfalls keine missbräuchliche Gestaltung, denn zum damaligen Zeitpunkt habe es keine Gesetzesnormen gegeben, die gegen eine Verlustverrechnung gesprochen hätten. Schließlich habe die Verschmelzung der A GmbH auf die D GmbH erst drei Jahre später stattgefunden, also ohne sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Umstrukturierung in 1989. Die Verschmelzung habe auch nicht den alten Zustand vor der Einbringung wieder hergestellt, denn die wirtschaftliche und rechtliche Trennung der Bereiche P und D sei erhalten geblieben. Die damit verbundenen mannigfachen zivilrechtlichen Konsequenzen dürften nicht als nebensächlich abgetan werden. Dass die Gewinne der betreffenden Gesellschaften letztlich weiterhin immer zu den Beteiligten der letzten Stufe (der Familie G, H, I, M, N und O) gelangten, sei in einer geschlossenen Unternehmensgruppe stets der Fall.

4. Die sog. phasengleiche Aktivierung müsse im Streitfall zumindest im Hinblick auf die Übergangsregelung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 1.11.2000, BStBl I 2000, 1510) zugelassen werden. Entgegen der Ansicht des FA setzte dies nicht voraus, dass die Mehrheitsbeteiligung während des ganzen Wirtschaftsjahres bestanden habe. Soweit sich das FA auf die BFH-Entscheidungen in BStBl II 1986, 794 und in BFH/NV 1991, 440 stütze, habe sich der BFH dort "unglücklich geäußert". Denn in den dortigen Streitfällen hätten die jeweiligen späteren Gesellschafter einen Gewinnanspruch bereits zu einem Bilanzstichtag aktivieren wollen, zu dem sie überhaupt noch keine Gesellschafter gewesen seien. Die weitere vom FA angesprochene BFH-Entscheidung in BStBl II 1986, 815 betreffe die Anwendung des § 9 KStG i.d. vor 1977 gültigen Fassung, der ausdrücklich eine Beteiligung während des ganzen Wirtschaftsjahres verlangt habe. Bereits die damalige Literatur habe sich einhellig ablehnend zu der unglücklichen Formulierung des BFH geäußert (vgl. Köster, DB 1993, 696 f.; Knobbe-Keuk, Bilanz und Unternehmens-Steuerrecht, 9. Aufl., S. 83; Wassermeyer, Festschrift für Döllerer 1988, S. 705 f.). Schließlich habe auch der I. Senat selbst seine missverständlichen früheren Ausführungen im Beschluss vom 16. 12.1998 (BStBl II 1999, 551) korrigiert. Da diese Korrektur bereits vor dem BMF-Schreiben vom 1. 11. 2000 erfolgt sei, müsse auch bei der Auslegung des Begriffs "bisherige Grundsätze" berücksichtigt werden. Gegenteiliges folge auch nicht aus den Verfügungen der OFD Hannover vom 28. 9. 1999 und der OFD Kiel vom 1. 1. 2003. Die OFD Hannover habe die Korrektur durch den BFH-Beschluss vom 16. 12. 1998 nicht beachtet und wohl auch nicht beachten können, weil dieser Beschluss allenfalls äußerst knapp zuvor im BStBl veröffentlicht worden sei. Soweit die OFD Kiel zur "alten Rechtsauslegung" noch auf das Erfordernis der ganzjährigen Beteiligung eingehe, könne es sich dabei nur um eine "historische" Darstellung handeln, denn dieses Erfordernis sei - wie dargelegt - ja bereits aufgrund des Beschlusses vom 16. 12.1998 überholt gewesen. Soweit dort formuliert werde "Für die Jahre, für die das alte Recht zur Anwendung kommt (Anrechnungsverfahren) wird es nicht beanstandet, wenn Gewinnausschüttungsansprüche phasengleich aktiviert werden" beziehe sich die Wendung "alt" nur auf das inzwischen abgeschaffte "Recht des Anrechnungsverfahrens". Ein Festhaltenwollen an dem von der Rechtsprechung nicht mehr gedeckten Kriterium ganzjähriger Beteiligung sei deshalb aus dieser Verfügung nicht abzuleiten.

Die Klin. beantragt,

1. unter Änderung des KSt-Bescheides 1989 und des Feststellungsbescheides gem. § 47 Abs. 1 KStG a. F., jeweils vom 25. 1. 1996 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. 10. 2003, die KSt 1989 und die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1989 dahingehend festzusetzen bzw. festzustellen, dass Dividenden- und Steueranrechnungsansprüche aufgrund der Gewinnausschüttung der D GmbH für 1989 bereits zum 31.12.1989 i. H. v. 4.143.360 DM aktiviert und als Beteiligungsertrag des Jahres 1989 erfasst und gleichzeitig die Verlustvorträge i. H. v. 1.787.692 DM berücksichtigt werden;

2. unter Aufhebung des Ablehungsbescheids betreffend eine Billigkeitsmaßnahme vom 20. 10. 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 27. 10. 2005 das Finanzamt zu verpflichten, eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO dahingehend vorzunehmen, dass die Dividenden- und Steueranrechnungsansprüche aufgrund der Gewinnausschüttung der D GmbH für 1989 bereits zum 31.12.1989 i. H. v. 4.143.360 DM aktiviert und als Beteiligungsertrag des Jahres 1989 erfasst werden.

Das FA beantragt,

de Klagen abzuweisen.

Zur Begründung verweist es zunächst auf seine Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen. Ergänzend/wiederholend trägt es vor, zwar komme Bilanzierungswahlrechten im Streitfall auch nach Auffassung des FA kein erhebliches Gewicht zu. Gleichwohl sei das FA - auch unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung - der Auffassung, dass im Dezember 1989 allenfalls eine ungefähre Vorstellung über die Höhe der für das Wirtschaftsjahr 1989 vorzunehmenden Gewinnausschüttung bestanden habe. Die Gewinnausschüttungsabsicht am Bilanzstichtag 31.12.1989 könne sich jedenfalls nicht - wie vom BFH in seinem Urteil vom 20. 12. 2000 I R 50/95 (BFHE 194, 185) gefordert - auf einen genau festgelegten Betrag bezogen haben. Nach dem Beschluss des BFH vom 7. 8. 2000 (GrS 2/99, BStBl II 2000, 633) trage derjenige die objektive Beweislast, der sich zu seinen Gunsten auf eine phasengleiche Aktivierung berufe. Damit liege im Streitfall die objektive Beweislast bei der Klin, und zwar auch für die Behauptung, dass die außerordentliche Gesellschafterversammlung tatsächlich wie im Protokoll angegeben am 22. 12. 1989 stattgefunden habe.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Q und R. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Gründe

II.

Die Klage ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich des Antrags auf Änderung des KSt-Bescheides 1989 und des Feststellungsbescheides gemäß § 47 Abs. 1 KStG a.F. zum 31.12.1989 begründet. Die Verpflichtungsklage auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO ist unbegründet.

1. Die Klage ist hinsichtlich beider Klageanträge zulässig.

Die Klin. begehrt mit ihrem ersten Klageantrag zwar eine höhere KSt-Festsetzung als bisher. Hierfür besteht im Streitfall jedoch ein Rechtsschutzbedürfnis i.S. des § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil die Anrechnung der anrechenbaren KSt die Erfassung der Dividendeneinnahmen voraussetzt (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.d. im Streitjahr gültigen Fassung; vgl. BFH-Urteil vom 15. 12. 1999 I R 29/97, BStBl II 2000, 527) und weil ohne die Aktivierung im Streitjahr 1989 die Dividendenerträge erst im Jahr 1990 gewinnerhöhend zu erfassen wären, ohne dass der Klin. im Jahr 1990 noch ein Verlustvortrag zustehen würde (zu Letzterem vgl. unter 2 b).

Auch für den zweiten Klageantrag, den die Klin. nach Erörterung der verfahrensrechtlichen Fragen in der mündlichen Verhandlung als weiteren Haupt- und nicht lediglich als Hilfsantrag gestellt hat, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Dieses würde allenfalls entfallen, falls dem ersten Klageantrag bereits aus materiell-rechtlichen Gründen rechtskräftig stattgegeben würde. Im Hinblick auf die Ungewissheit, ob die Entscheidung des erkennenden Senats hinsichtlich des ersten Klageantrags rechtskräftig wird, ist bis zum Wegfall dieser Ungewissheit ein Rechtsschutzinteresse auch hinsichtlich des Begehrens der Klin. anzuerkennen, das FA zum Erlass einer Billigkeitsmaßnahme zu verpflichten.

2. Unter Änderung des KSt-Bescheides 1989 und des Feststellungsbescheides gem. § 47 Abs. 1 KStG a.F., jeweils vom 25. 1. 1996 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. 10. 2003, werden die KSt 1989 und die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum 31.12.1989 dahingehend festgesetzt bzw. festgestellt, dass Dividenden- und Steueranrechnungsansprüche aufgrund der Gewinnausschüttung der D GmbH für 1989 bereits zum 31.12.1989 i. H. v. 4.143.360 DM aktiviert und als Beteiligungsertrag des Jahres 1989 erfasst und gleichzeitig die Verlustvorträge i. H. v. 1.787.692 DM berücksichtigt werden.

a) Die A GmbH durfte die Dividenden- und Steueranrechnungsansprüche aufgrund der Gewinnausschüttung der D GmbH für 1989 gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 5 EStG bereits zum 31.12.1989 aktivieren.

aa) Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 7. 8. 2000 GrS 2/99 (BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632) ist die Möglichkeit der Aktivierung einer Dividendenforderung vor Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses im Grundsatz zu verneinen. Die wirtschaftliche Abspaltung (Realisation) einer solchen Dividendenforderung von der ihr zugrunde liegenden Beteiligung kann zeitlich früher nur ausnahmsweise dann und insoweit angenommen werden, als zum Bilanzstichtag ein Bilanzgewinn der Gesellschaft auszuweisen ist, der mindestens ausschüttungsfähige Bilanzgewinn den Gesellschaftern bekannt ist und für diesen Zeitpunkt anhand objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen ist, dass die Gesellschafter endgültig entschlossen sind, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Unter diesen Voraussetzungen ist es denkbar, dass eine Dividendenforderung als Wirtschaftsgut (Vermögensgegenstand) nicht erst mit der Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses, sondern bereits am Bilanzstichtag entsteht. Es liegt im Interesse der Rechtssicherheit, dass diese Prüfung nur an Hand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretender Kriterien vorgenommen wird. Die Kriterien müssen sich sowohl auf den ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn als auch auf die feste Ausschüttungsabsicht der Gesellschafter beziehen. Sie müssen einen sicheren Schluss zulassen und können weder unterstellt noch vermutet werden. Können sie nicht nachgewiesen werden, trägt die objektive Beweislast derjenige, der sich zu seinen Gunsten auf eine phasengleiche Aktivierung beruft. Dies gilt selbst dann, wenn ein Gesellschafter zu 100 v.H. an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist. In diesem Fall kann der mindestens ausschüttungsfähige Bilanzgewinn als Folge der nach dem Bilanzstichtag noch auszuübenden Bilanzierungswahlrechte Änderungen erfahren und deshalb am Bilanzstichtag unbestimmt sein. Vielfach wird unsicher sein, ob der Gesellschafter noch am Bilanzstichtag von der Höhe des mindestens ausschüttungsfähigen Bilanzgewinns Kenntnis erlangte. Die Frage, ob der Gesellschafter bei unterstellter Kenntnis schon am Bilanzstichtag zu einem bestimmten Beschluss über die Gewinnverwendung entschlossen war, ist eine innere Tatsache, die praktisch nicht bewiesen werden kann und die ihn vor allem nicht daran hindert, nach dem Bilanzstichtag seine Absichten zu ändern. Es darf auch einem Alleingesellschafter nicht das Recht abgesprochen werden, erst nach dem Bilanzstichtag abschließend über eine künftig zu beschließende Gewinnverwendung zu entscheiden. Aus dem Gesagten folgt, dass von äußerst seltenen Ausnahmefällen abgesehen die wirtschaftliche Realisation einer Dividendenforderung schon zum Bilanzstichtag noch nicht angenommen werden kann. Denn selbst wenn der mindestens ausschüttungsfähige Bilanzgewinn zum Bilanzstichtag bekannt sein sollte, so fehlt regelmäßig noch die Meinungsbildung der Gesellschafter darüber, ob der Bilanzgewinn (teilweise) ausgeschüttet werden soll. Diese Meinungsbildung ist so wesentlicher Bestandteil der wirtschaftlichen Entstehung einer Dividendenforderung, dass sie nicht nur als werterhellend, sondern als wertbegründend behandelt werden muss. Auch das Gebot, wertaufhellende Tatsachen zu berücksichtigen, die erst nach dem Bilanzstichtag bekannt werden (Stichtagsprinzip), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Entscheidungen, die erforderlich sind, um aus dem Jahresüberschuss den Bilanzgewinn zu entwickeln, fallen regelmäßig erst nach dem Bilanzstichtag. Selbst wenn man diese wertaufhellend auf den Bilanzstichtag zurückbezieht, folgt aus dem Bilanzgewinn noch keine entsprechende Gewinnverwendung. Vielmehr setzt die Gewinnverwendung die zusätzliche Entscheidung der Gesellschafter voraus, den Bilanzgewinn (teilweise) ausschütten zu wollen. Selbst wenn im Einzelfall eine eine phasengleiche Aktivierung zu einer Verlustausnutzung führen würde, genügt allein dieser Umstand nicht, um auf die Entstehung eines Wirtschaftsguts "Dividendenforderung" zurückzuschließen.

Die vom Großen Senat des BFH angesprochenen äußerst seltenen Ausnahmefälle, in denen eine phasengleiche Aktivierung geboten ist, setzen nach der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH voraus, dass am Bilanzstichtag entweder bereits eine Verpflichtung zu einer bestimmten Gewinnausschüttung besteht (z.B. infolge eines Ausschüttungsgebotes nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag, eines Vorabausschüttungsbeschlusses, einer Ausschüttungsvereinbarung etc.) oder doch zumindest die Meinungsbildung der Gesellschafter über die Höhe der späteren Ausschüttung am Bilanzstichtag bereits endgültig abgeschlossen ist (BFH-Urteile vom 31.10. 2000 VIII R 19/94, BFH/NV 2001, 447 und VIII R 17/94, HFR 2001, 582).

Der erkennende Senat folgt der vorgenannten BFH-Rechtsprechung und versteht diese zunächst dahingehend, dass es für die Frage einer phasengleichen Aktivierung nicht (mehr) darauf ankommt, ob die die Ausschüttung beschließenden Gesellschafter bereits während des ganzen Wirtschaftsjahres, dessen Ergebnis ausgeschüttet wird, an der ausschüttenden Gesellschaft beteiligt waren (vgl. auch BFH-Urteil vom 20.12.2000 I R 50/95, BFHE 194, 185, BStBl II 2001, 409; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 24. Aufl., § 5 Rz. 270 "Dividendenansprüche").

Des Weiteren kommt eine phasengleiche Aktivierung nach den Grundsätzen des Großen Senats des BFH nur dann in Betracht, wenn bei der ausschüttenden Gesellschaft überhaupt ein entsprechender Gewinn besteht und anhand objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen wird, dass die Gesellschafter bereits am Bilanzstichtag endgültig entschlossen sind, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen. Derartige objektive Anhaltspunkte liegen nach Auffassung des erkennenden Senats vor, wenn die Gesellschafter ausdrücklich beschließen, eine bestimmte Gewinnverwendung nach Aufstellung des Jahresabschlusses beschließen zu wollen (vgl. auch BFH, BFH/NV 2001, 447 und HFR 2001, 582, wonach "Ausschüttungsvereinbarungen" ausreichen können). Allein die Tatsache, dass die Gesellschafter (bzw. ein Alleingesellschafter) einen derartigen Entschluss/Beschluss noch ändern oder modifizieren können, genügt nicht, um auch in derartigen Fällen eine phasengleiche Aktivierung zu verneinen (a.A. insoweit aber wohl der I. Senat des BFH in BFHE 194, 185, BStBl II 2001, 854). Denn derartige Änderungen sind nicht nur bei einer Festlegung des späteren Gewinnverwendungsbeschlusses möglich, sondern gleichermaßen - jedenfalls vor dem Vollzug der Ausschüttung - bei einem Gewinnverwendungsbeschluss. Wollte man auf die Änderungsmöglichkeit des Beschlusses über die künftige Gewinnverwendung abstellen, gäbe es die vom Großen Senat des BFH angesprochenen Ausnahmefälle, in denen eine phasengleiche Aktivierung zulässig sein soll, letztlich nicht, weil eine (einstimmige) Änderung der getroffenen Entscheidung durch die Gesellschafter immer möglich ist. Zu verlangen ist allerdings, dass den Gesellschaftern im Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung über die vorgesehene spätere Gewinnverwendung und im Zeitpunkt des Bilanzstichtags die Verhältnisse soweit bekannt sind, dass von der "Ernstlichkeit" dieser Beschlussfassung und deren Fortgeltung bis zum Bilanzstichtag auszugehen ist. Wird ein fester Betrag als spätere Gewinnausschüttung vorgesehen, muss ausgehend von der Kenntnis der Gesellschafter sicher sein, dass ein derartiger Gewinn auch - nach der späteren Ausübung von Bilanzierungswahlrechten - zur Verfügung steht (vgl. auch Groh, DB 2000, 2444). Des Weiteren müssen die Gesellschafter zu einer "bestimmten" Gewinnverwendung fest entschlossen sein. Dazu bedarf es nach Ansicht des erkennenden Senats aber nicht stets zwingend der Festlegung eines bezifferten Betrages, sondern ausreichend ist die Festlegung eines bestimmten Berechnungsschemas, wenn anhand dessen am Bilanzstichtag die Höhe der beabsichtigten Gewinnausschüttung weitestgehend genau bestimmt werden kann (a. A. allerdings eventuell BFH, BFHE 194, 185, BStBl II 2001, 409, der einen "genau festgelegten Betrag" verlangt; kritisch zu dieser BFH-Rechtsprechung Blümich/Schreiber, EStG/KStG/GewStG, § 5 EStG Rz. 492). An einer derartigen hinreichenden Genauigkeit kann es etwa fehlen, wenn Bilanzierungswahlrechten bezogen auf die Verhältnisse des Einzelfalls eine nicht unerhebliche Bedeutung beizumessen ist. Andererseits können nur völlig geringfügige Unsicherheiten nicht dazu führen, dass eine fest beschlossene künftige Gewinnverwendung dem Grunde nach, d.h. in vollem Umfang unberücksichtigt bleiben muss. Der vom GrS zitierte "fremde Kaufmann" würde bei nur geringfügigen Unsicherheiten durchaus für die Dividendenforderung etwas bezahlen und die Unsicherheiten nur bei der Bewertung/Kaufpreisbemessung berücksichtigen (wohl ähnlich Blümich/Schreiber, EStG/KStG/GewStG § 5 EStG Rz. 492). Letztlich entscheidend erscheint, dass den Gesellschaftern im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die künftige Gewinnverwendung der für die Ausschüttung zur Verfügung stehende Gewinn weitestgehend bekannt war, sie sich auf eine bestimmte (bezifferte oder am Bilanzstichtag ermittelbare) Gewinnverwendung festgelegt haben und damit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von ihrem "festen" Entschluss doch noch abrücken könnten. Sofern ein derartiger fester Gesellschafterentschluss objektiv dokumentiert vorliegt, wäre das Verbot einer phasengleichen Aktivierung unter Hinweis auf Bilanzierungswahlrechte auch deshalb nicht überzeugend, weil die Aktivierung anderweitiger gewinnabhängiger Vergütungen (Tantiemen, Rückvergütungen, Zinsen auf Genussrechte) auch dann verlangt wird, wenn Bilanzierungswahlrechte bestehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18.12.2002 I R 11/02, BFHE 201, 228, BStBl II 2003, 700).

bb) Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen hat die A GmbH als Gesellschafterin der D GmbH mit dem Gesellschafterbeschluss vom 22. 12.1989 hinreichend ihre feste Ausschüttungsabsicht und den Inhalt/Umfang der beabsichtigten Gewinnausschüttung festgelegt.

Der erkennende Senat geht - unter Berücksichtigung einer Beweiserleichterung zugunsten der Klin. - davon aus, dass der vorgenannte Beschluss tatsächlich am 22.12.1989 gefasst worden ist. Zwar konnte die Klin. das Originaldokument nicht mehr vorlegen und die Zeugen sahen sich zu einer konkreten Angabe zu dieser Beschlussfassung angesichts des zwischenzeitlichen Zeitablaufs von fast 16 Jahren nicht mehr in der Lage. Für das Vorliegen eines derartigen Beschlusses bereits zum angegebenen Datum spricht jedoch, dass die Klin. eine Kopie dieses Beschlusses dem FA bereits im Juli 1990 eingereicht hatte, im späteren Gewinnverwendungsbeschluss vom 26.11.1990 (der seinerseits dem Gericht in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegt wurde und dessen Echtheit auch vom FA nicht bestritten wird) auf den Beschluss vom 22.12.1989 verwiesen wird und die Zeugen sich zwar nicht konkret an die damaligen Beschlüsse und deren Richtigkeit erinnern konnten, jedoch nach dem Gesamtzusammenhang ihrer Aussagen glaubhaft bekundet haben, dass der Inhalt der jeweils gefassten Beschlüsse grundsätzlich zutreffend gewesen sei. Ist aber der Inhalt des im Original vorgelegten Beschlusses vom 26.11.1990 richtig, so wurde auch der Beschluss vom 22.12.1989 an dem bezeichneten Tag gefasst. Bei seiner Beweiswürdigung hat der erkennende Senat auch berücksichtigt, dass zwar nicht von einem Verfahrensverstoß i. S. einer Verfahrensverzögerung durch das FA oder durch das Finanzgericht ausgegangen werden kann (vgl. zu Beweiserleichterungen bei Versäumnissen des Gerichts BFH-Urteil vom 23. 02.1999 IX R 19/98, BFHE 188, 264, BStBl II 1999, 407), die jetzige Beweisnot der Klin. aber maßgeblich auch dadurch verursacht ist, dass der Betriebsprüfungsbericht von einem "Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 22. 12. 1989" ausgeht und das FA noch in der Einspruchsentscheidung ausgeführt hatte, "... so führt das nach Meinung des FA zu dem Ergebnis, daß ausweislich des Protokolls der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 22.12.1989 die Gesellschafter endgültig entschlossen waren, eine bestimmte Gewinnverwendung zu beschließen. ...". Streitig geworden ist der tatsächliche Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses mit Datum vom "22.12.1989" erst im Klageverfahren und damit zu einem Zeitpunkt, in dem wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufs von 16 Jahren eine Beweisführung durch die Klin. deutlich erschwert ist. Unter diesen Umständen hält es der erkennende Senat für ausreichend, dass nach seiner Überzeugung der Gesellschafterbeschluss vom 22.12.1989 mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem angegebenen Inhalt auch an dem bezeichneten Tage gefasst worden ist.

Ausgehend von dem Beschluss vom 22.12.1989 und der Annahme, das dieser auch umgesetzt werden würde, stand am 31.12.1989 objektiv fest, in welcher Höhe eine Gewinnausschüttung für 1989 erfolgen würde. Denn im Streitfall bestanden nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten keine bzw. allenfalls unwesentliche Bilanzierungswahlrechte, welche die Höhe des Gewinns der D GmbH (und damit die Höhe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals und der daran anknüpfenden Gewinnausschüttung) hätten beeinflussen können. Bei den Aktiva und Passiva handelte es sich im Wesentlichen um werthaltige Forderungen/Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen.

Die Klin. hat überzeugend vorgetragen und durch Auszüge aus dem nur teilweise noch vorhandenen Datenmaterial zur damaligen unterjährigen Rechnungslegung hinreichend belegt, dass aufgrund der zeitnahen Buchführung und des Berichtswesens in der Unternehmensgruppe die jeweiligen Entscheidungsträger im Konzern aktuell über die Gewinnsituation informiert waren. Nach Aktenlage und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist - trotz der Erinnerungslücken der Zeugen - zumindest davon auszugehen, dass die Zeugen als Geschäftsführer der A GmbH und für diese als Gesellschafterin der D GmbH handelnd, im Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Gesellschafterbeschlusses vom 22.12.1989 über den Inhalt des Jahresabschlusses der D GmbH für 1988 informiert waren, den sie selbst ausweislich der Akten am 06.12.1989 unterzeichnet hatten. Außerdem gingen sie ausweislich des Lageberichts zum Jahresabschluss 1988 von einer fortbestehenden sehr guten Gewinnsituation aus. Im Übrigen orientierten sie sich offensichtlich entscheidend an Vorschlägen (bzw. Vorgaben) der Konzernleitung. Nach Auffassung des erkennenden Senats waren damit sowohl die unmittelbar handelnden Geschäftsführer der Gesellschafterin A GmbH wie die Konzernleitung so detailliert über die Gewinnsituation der D GmbH informiert, dass an der festen Entschlossenheit der Gesellschafterin der D GmbH, die im Beschluss vom 22.12.1989 vorgesehene Gewinnverwendung nach Aufstellung des Jahresabschlusses 1989 auch tatsächlich so zu beschließen, kein Zweifel besteht. Hinzu kommt - wenngleich diese Überlegung wie unter aa) ausgeführt, allein den Nachweis für den festen Gewinnausschüttungsentschluss nicht zu erbringen vermag -, dass für die Klin. bereits Ende 1989 erkennbar eine phasengleiche Aktivierung der Gewinnausschüttung erforderlich war, um den Verlustvortrag noch nutzen zu können. Sie hatte deshalb keinerlei Veranlassung, von dem am 22.12.1989 gefassten Beschluss abzurücken. Wie bereits darlegt, genügt der dokumentierte feste Entschluss, eine bestimmte, d.h. bereits zum 31.12.1989 feststehende (weil rein rechnerisch ermittelbare) Gewinnverwendung vorzunehmen, um die entsprechenden Dividenden phasengleich zu aktivieren.

Selbst wenn man der Auffassung des erkennenden Senats nicht folgen und verlangen wollte, dass bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 22.12.1989 die Gesellschafterin Kenntnis von der Höhe der späteren Gewinnausschüttung gehabt haben müsse, wäre nach Überzeugung des erkennenden Senats davon auszugehen, dass die Geschäftsführer der Gesellschafterin davon sichere Kenntnis hatte, dass der zum 31.12.1989 ausschüttungsfähige Gewinn sich auf den Gewinnvortrag und den Jahresüberschuss zum 31.12.1988 und zumindest auf die Hälfte des späteren tatsächlichen Jahresüberschusses 1989 belaufen würde und zumindest in dieser Höhe von einer festen und dokumentierten Mindest-Gewinnausschüttungsabsicht auszugehen wäre.

b) Bei der Besteuerung der A GmbH für das Streitjahr 1989 sind die bestehenden Verlustvorträge zu berücksichtigen.

Die A GmbH war zivilrechtlich durchgehend rechtlich existent. Selbst wenn man dafür verlangen wollte, dass sie nicht vermögenslos war (offen gelassen im BFH-Urteil vom 29.10.1986 I R 318-319/83, BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310), wäre diese Voraussetzung erfüllt. Ausgehend von ihren Jahresabschlüssen verfügte sie stets zumindest über geringfügige Vermögenswerte.

Einer Kapitalgesellschaft durften vor Geltung des § 8 Abs. 4 KStG Verlustabzüge aus der Zeit vor einem grundlegenden Gesellschafterwechsel auch dann nicht versagt werden, wenn sie ihre bisherigen Vermögenswerte im Wesentlichen verloren hatte und durch Zuführung von Mitteln der Hauptgesellschafter wiederbelebt wurde (BFH, BFHE 148, 158; BStBl II 1987, 310; vgl. auch BFH-Urteil vom 29.10.1986 I R 202/82, BFHE 148, 153). Eine wirtschaftliche Identität konnte nicht verlangt werden.

Im Streitfall fand § 8 Abs. 4 KStG a.F. für das Streitjahr 1989 - wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist - noch keine Anwendung.

Nach § 54 Abs. 6 KStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung ist § 8 Abs. 4 KStG a.F. auch für vor dem 1.1.1990 beginnende Veranlagungszeiträume anzuwenden, wenn die Rechtsgeschäfte, die zum Verlust der wirtschaftlichen Identität geführt haben, nach dem 23. 6. 1988 abgeschlossen worden sind. Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt der Anteilsübertragung (Streck, KStG, 4. Aufl., § 8 Rz. 151; Hörger/Kemper, DStR 1990, 539; Ernst & Young, KStG, § 8 Rz. 1302; Hessisches FG, EFG 1996, 833 - dort war die Betriebsvermögenszuführung wie hier erst nach dem 23. 6. 1988 erfolgt -). Die Anteile der damaligen C GmbH sind bereits im März 1988 auf die Familie G, H, I, M, N und O übergegangen. Die späteren Anteilsverschiebungen innerhalb der Familie G, H, I, M, N und O erreichen nicht die von § 8 Abs. 4 KStG a.F. verlangte Übertragung von mehr als Ÿ der Anteile.

c) Eine anderweitige Besteuerung folgt auch nicht aus § 42 AO.

Nach der vorgenannten Norm kann das Steuergesetz nicht durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Im Streitfall lässt sich ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten jedoch nicht feststellen.

Wie unter b) dargelegt, war vor dem zeitlichen Anwendungsbereich des § 8 Abs. 4 KStG keine wirtschaftliche Identität für einen Verlustabzug erforderlich. Gestaltungen zur Ausnutzung eines zulässigen Verlustvortrags sind jedoch nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 19.08.1999 I R 77/96, BFHE 189,342, BStBl II 2001, 43 zum inkongruenten Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren; BFH-Urteil vom 17.10.2001 I R 97/00, BFHE 197, 63, BFH/NV 2002, 240 zur Verlagerung von Zinserträgen; BFH-Urteil vom 07.08.2002 I R 64/01, BFH/NV 2003, 205 zur Geschäftschancenverlagerung auf Schwestergesellschaften).

d) Die Ermittlung der nach Maßgabe der obigen Ausführungen festzusetzenden KSt 1989 und der festzustellenden Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 Abs. 1 KStG a.F. wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

3. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin beantragt, das FA zu einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO zu verpflichten.

Nach § 163 Abs. 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuern mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden. Sofern - wie im Streitfall (vgl. 1.) - ein Steuerpflichtiger ausnahmsweise auch durch eine zu niedrige Steuerfestsetzung beschwert sein kann, ist auch eine abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO in Form einer höheren Steuerfestsetzung nicht ausgeschlossen. Eine abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO kann insbesondere aufgrund einer von den Finanzbehörden erlassenen Übergangsregelung in Fällen einer geänderten Rechtsprechung geboten sein. Zu beachten ist jedoch, dass für die Auslegung derartiger Verwaltungsanweisungen nicht maßgebend ist, wie das Gericht eine solche Anweisung verstünde, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte und wie sie dementsprechend verfahren ist (vgl. BFH-Urteil vom 21.10.1999 I R 68/98, BFH/NV 2000, 891).

Im Streitfall beruft die Klin. sich für die begehrte abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen zu Unrecht auf das BMF-Schreiben vom 01. 11. 2000 (BStBl I 2000, 1510). Nach dessen Wortlaut dürfen zur Anwendung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 7. 8. 2000 zwar im zeitlichen Anwendungsbereich des Anrechnungsverfahrens "die bisherigen Grundsätze zur phasengleichen Aktivierung von Dividendenansprüchen weiterhin angewendet werden." Das FA hat die Anwendung dieser Übergangsregelung zugunsten der A GmbH jedoch ermessensfehlerfrei mit der Begründung abgelehnt, nach den "bisherigen" Grundsätzen sei eine phasengleiche Aktivierung nur bei einer einjährigen Mindestbesitzzeit der Anteile in Betracht gekommen und daran fehle es im Streitfall.

Der BFH ist in seiner Rechtsprechung vor dem Vorlagebeschluss des I. Senats an den Großen Senat - entgegen der Ansicht der Klin. - davon ausgegangen, dass eine phasengleiche Aktivierung nur bei einer ganzjährigen Beteiligung in Betracht kommt. Davon geht der I. Senat in seinem Vorlagebeschluss vom 16. 12.1998 I R 50/95 (BStBl II 1999, 551) selbst aus. Soweit die Klin. diese Rechtsprechung kritisiert oder eine unglückliche Wortwahl annimmt, ändert dies nichts an dem Bestand der damaligen Rechtsprechung. Von dieser Rechtsprechung ging auch die Verwaltung aus (vgl. OFD Hannover v. 28. 09. 1999, Juris-Dokument). Diese "alte" Rechtsprechung ist durch den Vorlagebeschluss des I. Senats auch (noch) nicht geändert worden, sondern der I. Senat hat lediglich seine Überlegungen und die Zweifelsfragen dargelegt, aufgrund dessen er den Großen Senat angerufen hat. Erst und nur dieser sollte nunmehr die anstehenden Fragen entscheiden. An diese "alte" Rechtsprechung (d.h. an die Rechtsprechung vor dem Vorlagebeschluss und vor der Entscheidung des Großen Senats) knüpft somit die Übergangsregelung der Verwaltung an. Für eine weitergehende Billigkeitsregelung bestand auch keine Veranlassung. Für diese Interpretation des BMF-Schreibens spricht des Weiteren die Verfügung der OFD Kiel vom 01.01.2003 (Juris-Dokument). Zwar weist die Klin. zutreffend darauf hin, dass dort zum einen die "alte" Rechtslage zur phasengleichen Aktivierung dargestellt wird und zum anderen unter dem "alten Recht" das Anrechnungsverfahren verstanden wird. Gleichwohl enthält auch diese Verwaltungsanweisung keinen Hinweis darauf, dass die phasengleiche Aktivierung übergangsweise nicht nur nach der "alten" Rechtslage, sondern nach einer modifizierten "alten" Rechtslage zugelassen werden sollte. Dafür, dass die vom FA vorgetragene Auslegung der Übergangsregelung einer allgemeinen Verwaltungspraxis widerspricht, hat die Klin. nichts vorgetragen. Vielmehr hat ein Finanzamt im Verfahren vor dem FG München (Urteil vom 26. 2. 2002 6 K 80/01, Juris-Dokument) zur Frage der Übergangsregelung ebenfalls geltend gemacht, die Beteiligung müsse mindestens ein Jahr bestanden haben.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO; die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 155, 151 Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 768, 711 der Zivilprozessordnung.

5. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Klärungsbedürftig erscheint, in welchen Fällen Ansprüche auf Gewinnausschüttungen ausnahmsweise noch phasengleich aktiviert werden dürfen.

Ende der Entscheidung

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