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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 15.03.2007
Aktenzeichen: 10 K 560/00
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

10 K 560/00

Einkommensteuer 1989

Tatbestand:

Streitig ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Kläger im Streitjahr 1989 einen bei der Einkommensteuer als zusätzliche Einkünfte zu erfassenden ungeklärten Vermögenszuwachs erzielt hat.

Der 1966 geborene Kläger ist ...... Er ist im Kalenderjahr 1979 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und inzwischen eingebürgert. Am .....08.1988 hat er nach ............... Brauch geheiratet; die Ehefrau ist am .....05.1988 nach Deutschland eingereist. Er hat mit dieser vier Kinder, A, geb. ....11.1989, B, geb. ....05.1993, C, geb. .....11.1995 und D, geb. .....06.1998. Nach deutschem Recht ist er seit dem .....05.1993 verheiratet. Er gehört zu einer Großfamilie E., von der zahlreiche Mitglieder ebenfalls in ....... ansässig sind.

Nachdem durch Auswertung von Unterlagen des Katasteramts ...... im Herbst 199.... festgestellt worden war, dass bis zu diesem Zeitpunkt über dreihundert Immobilien von ......... erworben worden waren, wurden von den Behörden Ermittlungen zur Überprüfung der Herkunft des Kapitals für die Immobilienkäufe durchgeführt. Die Überprüfung führte schließlich auch zu einer Steuerfahndungsprüfung beim Kläger und zwei Brüdern des Klägers.

Die Fahndung erstellte aus beim Kläger beschlagnahmten Bankunterlagen und, soweit diese nicht vollständig waren, aus weiteren von den Banken erhaltenen Kontenausdrucken eine hierauf beschränkte Vermögenszuwachsrechnung für den Zeitraum 1987 bis 1995.

Durch Gegenüberstellung des Finanzierungsbedarfs für die festgestellten Vermögenszuwächse und die Lebenshaltung einerseits und der bekannten Einnahmen/Einkünfte andererseits in Form einer Einnahme-/Ausgabedeckungsrechnung ergaben sich Verwendungsüberhänge (die Einnahmen übersteigender Finanzierungsbedarf = Ausgabenüberhänge) für die Jahre 1987 bis 1995 von insgesamt rund 310.000 DM, für das Streitjahr 1989 von 69.714,88 DM.

Im angesetzten Finanzierungsbedarf sind enthalten die Vermögenszuwächse auf den Bankkonten des Klägers, seiner Ehefrau und seiner Kinder, der Lebensunterhalt für den Kläger, der Lebensunterhalt für die Ehefrau ab der Heirat nach deutschem Recht, also ab Mitte 1993, der Lebensunterhalt für die Kinder jeweils ab deren Geburt, die Kraftfahrzeugkosten seit Vorhandensein eines Kraftfahrzeugs, Kosten für die Wohnung einschließlich Strom und Heizung ab der Selbstnutzung des im Jahr 1993 erworbenen Wohnhauses in V, festgestellte Einzelausgaben (Erwerb von Möbeln, größerem Hausrat, u.a. Fernseher (1990 = 2.799 DM und 1995 = 1.798 DM) sowie eine Barabhebung von 50.000 DM am 28.01.1992, deren Zweckbestimmung nicht festgestellt werden konnte.

Nach Angaben des Klägers hat er die Wohnung in dem im Jahr 1991 erworbenen Mehrfamilienhaus am 01.10.1993 mit seiner Familie bezogen; in der am 29.07.1993 eingegangenen Einkommensteuererklärung 1992 ist als Wohnanschrift noch die Wohnung in Y angegeben.

Als bekannte Einnahmen wurden berücksichtigt der Arbeitslohn des Klägers abzüglich Lohnsteuer und Versicherungsleistungen, Lohnersatzleistungen, steuerfreie Einnahmen (Kindergeld/Erziehungsgeld C), Erziehungsgeld B, Zinseinnahmen in der aus den Bankunterlagen tatsächlich festgestellten Höhe, und ab Erwerb des Wohnhauses die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzüglich Absetzungen für Abnutzung (AfA).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen 1 bis 7 zur Einspruchsentscheidung vom ........ Bezug genommen.

Schon während der Fahndungsprüfung wandte der Kläger gegen diese Rechnung ein (Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom ........), der angesetzte Pauschalbetrag von monatlich 1.000 DM für Lebensunterhalt sei erheblich zu hoch gegriffen. Er habe von 1988 bis 1993 mit teilweise bis zu 10 Personen in einer Drei-Zimmer-Wohnung gelebt. Der Mietzins sei anteilig von den Bewohnern getragen worden. Ebenso sei der für seine Ehefrau und die Kinder für Lebenshaltung angesetzte Betrag zu hoch. Man lebe sparsam, habe keine Urlaubsreisen unternommen, besuche keine Gaststätten, rauche nicht, trinke keinen Alkohol und habe sich durch Gemeinschaftsverpflegung kostengünstig versorgt.

Er habe bereits 1988 nach ........Recht geheiratet. Zur Hochzeit habe er von den Verwandten 15.500 DM an Geldgeschenken erhalten.

Eine Stellungnahme des Bearbeiters der SK ..... zum Kreditantrag des Klägers für die Restfinanzierung des Hauskaufs enthält folgenden Satz: "Das vorhandene Guthaben (außer dem Depotkontobestand) hat er ausschließlich allein angespart, z.T. auch aus Nebenverdiensten".

Hierzu trug der Kläger in dem o.g. Schreiben vom ...... vor, ihm "seien derzeit außer den zugeflossenen Kapitalerträgen sowie in den Folgejahren zugeflossenen Mieteinkünften keine weiteren Nebeneinkünfte erinnerlich".

Aufgrund der Feststellungen der Fahndungsprüfung erließ der Beklagte (das beklagte Finanzamt - FA - ) schließlich nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1987 bis 1995, in denen es die festgestellten Einkünfte aus Kapitalvermögen und die sich aus der Vermögenszuwachsrechnung und Geldverwendungskontrolle ergebenen Verwendungsüberhänge als sonstige Einkünfte erfasste.

In der Anlage zu den Änderungsbescheiden führte das FA zu den Einwendungen des Klägers aus, nähere Angaben zu den tatsächlichen Lebenshaltungskosten seien nicht gemacht worden, zudem seien Lebenshaltungskosten für die Ehefrau ab der Heirat nach ........ Recht bis zu der nach deutschem Recht fälschlich noch nicht einmal angesetzt worden. Einer möglichen Kürzung der ermittelten Beträge aufgrund der behaupteten Bargeldgeschenke anlässlich der ........... Hochzeit stünden für die Jahre 1988 bis 1993 erheblich höhere Lebenshaltungskosten gegenüber.

Der Kläger und seine mit ihm seit 1993 zusammenveranlagte Ehefrau - ab 1993 Zusammenveranlagung - legten durch ihren Prozessbevollmächtigten gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide Einspruch ein.

Ergänzend trugen sie nunmehr noch vor, es sei unberücksichtigt geblieben, dass sie bis einschließlich 1993 bei den Eltern des Klägers gewohnt hätten und dort keine Miet- oder Nebenkostenanteile hätten zahlen müssen. Man habe, was bei ......... Familien üblich sei, auf engstem Raum zusammengelebt und so die jeweiligen Lebenshaltungskosten auf ein Minimum reduziert. Das Familieneinkommen sei aufgrund der vielen Kinder bei ......... zudem durch Kindergeld und Erziehungsgeld "drastisch" erhöht. Außerdem würden sich ........ untereinander sehr unterstützen, auch finanziell durch Hingabe von Darlehen. Dabei gelte das Wort, schriftliche Verträge würden üblicherweise nicht geschlossen.

Weiter reichten sie eine handschriftliche Aufstellung über die im Fahndungsprüfungszeitraum bewohnten Wohnungen in W, X (dort auch umgezogen) und Z mit Angabe der ungefähren Miete (500 DM, 600 DM, 600 DM, 600 DM, 550 DM) und der Mitbewohner (jeweils 10, 10, 6, 7, 7 Bewohner) nach.

Der Einspruch für das Streitjahr 1989 hatte keinen Erfolg. Soweit der Einspruch die anderen Jahre 1987, 1988, 1990 bis 1995 betrifft, ist hierüber noch nicht entschieden.

Das FA begründete seine Entscheidung damit, der Kläger hätte zur Aufklärung der ermittelten Differenzen von rd. 310.000 DM weder Nachweise vorgelegt noch konkrete Angaben gemacht. Die behaupteten Bargeschenke in Höhe von 15.500 DM anlässlich der ........ Hochzeit im Jahr 1988 könnten nur die Differenz von rd. 9.400 DM dieses Jahres klären. Setze man diesen Betrag hinzu, seien im Jahr 1988 rd. 6.100 DM höhere Einnahmen als Ausgaben zu verzeichnen, was darauf hindeute, dass die im Finanzierungsbedarf angesetzten Lebenshaltungskosten zu gering geschätzt seien. Weiter hätten für den Zeitraum ab der ........ Hochzeit bis zur Hochzeit nach deutschem Recht eigentlich auch noch Lebenshaltungskosten für die Ehefrau angesetzt werden müssen, sodass schon aus diesem Grunde ab März 1988 ein um monatlich 500 DM höherer Finanzierungsbedarf bestanden habe.

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung sich der Kläger zunächst auf den gesamten bisherigen Vortrag im Verwaltungsverfahren bezieht, da dieser nach seiner Auffassung vom FA in dessen Entscheidung unberücksichtigt geblieben sei.

Weiter trägt er vor:

Nachweise über die Lebenshaltungskosten, wie sie das FA verlange, könnten nicht erbracht werden, da hierüber niemand Belege aufhebe. Er habe sich jetzt aber die Mühe gemacht, seine laufenden Kosten durch Sammeln aller Belege zu ermitteln. Hierbei habe sich ergeben, dass die gesamte Familie monatlich für Lebenshaltung zwischen 600 DM und 850 DM benötige.

Er habe in den überprüften Jahren mehrere größere Geldbeträge von Verwandten erhalten.

So habe ihm sein Bruder F am 04.08.1989 20.000 DM bar übergeben als Ausgleich dafür, dass dieser vorher jahrelang mit in seiner Wohnung gewohnt habe und von ihm auch beköstigt worden sei. Diesen Betrag habe er noch am selben Tag auf das Sparbuch VB ....... Nr. .......... eingezahlt.

Ende Dezember 1989 habe er von seiner Tante G bei einer Familienfeier bar 36.000 DM erhalten, die er für diese habe anlegen sollen. Diesen Betrag habe er am 27.12.1989 auf das Sparbuch KSK ...... Nr. ....... eingezahlt. Im Jahr 1990 habe er von dieser nochmals bar 14.000 DM erhalten, die am 18.10.1990 demselben Sparbuch gutgeschrieben worden seien. Der Gesamtbetrag von 50.000 DM sei von ihm in Effekten angelegt worden. Nach Rückfluss des angelegten Betrags habe er sich am 23.01.1992 4.000 DM und am 28.01.1992 50.000 DM auszahlen lassen und den Gesamtbetrag (Kapital zzgl. Erträge) von 54.000 DM bar an die Tante zurückgegeben. Soweit das FA einwende, das zur Verfügung gestellte Kapital hätte mindestens 6.400 DM Zinsertrag erbringen müssen, sei dem entgegenzuhalten, die Tante sei mit 4.000 DM zufrieden gewesen, die Differenz habe nach dem Willen der Beteiligten dem Kläger zustehen sollen.

Die Zahlungen seines Bruders F und die Zahlungsvorgänge im Zusammenhang mit der Kapitalanlage der Tante könnten durch Zeugen bestätigt werden.

Soweit im Kreditantrag gegenüber der SK ........ von Nebeneinkünften die Rede sei, handele es sich um aus der Vermietung des zu finanzierenden Objekts erwartete Mieteinnahmen, also ausdrücklich um erwartete Nebeneinkünfte, nicht bereits erzielte.

Sicherlich sei die Entwicklung seiner Vermögenslage durch die Vielzahl der unterhaltenen Bank- und Sparkonten und Geldverschiebungen von einem zum anderen Konto in identischen Beträgen schwer durchschaubar, doch könne ihm das nicht vorgeworfen werden. Er habe einen erheblichen Reiz in der Vermehrung von Geldbeträgen durch Zinsen gesehen und deshalb sowohl für sich als auch andere verschiedenartige Verfügungen vorgenommen, immer orientiert am jeweiligen Zinssatz.

Er und seine Frau hätten anlässlich der .......... Hochzeit im Jahr 1988 Geldgeschenke von den rd. 300 Gästen in Höhe von etwa 50.000 DM erhalten. Einen Teilbetrag von 15.000 DM habe er auf das Sparbuch VB ..... Nr. ...... eingezahlt (Einzahlungen vom 4.09.88 = 5.000 DM und 13.12.88 = 10.000 DM).

Einen weiteren Betrag von 35.000 DM habe er in zwei Teilbeträgen (bar) in den Jahren 1990 und 1991 an seien Bruder H verliehen und 4 bis 5 Jahre später von diesem wieder zurückerhalten. Bis zur Weitergabe an den Bruder sei das Geld von seiner Mutter in der Wohnung verwahrt gewesen.

Der Kläger beantragt,

die mit Bescheid vom ........ festgesetzte Einkommensteuer 1989 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom ......... auf 0 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält an seiner Begründung im Einspruchsbescheid fest. Ergänzend trägt es vor, das Vorbringen, anlässlich der ............. Hochzeit im Jahr 1988 Geldgeschenke von zusammen 50.000 DM erhalten zu haben, sei nicht glaubhaft, da dieses erstmalig Mitte 2001 vorgetragen worden sei, bis dahin aber immer Geldgeschenke von 15.500 DM behauptet worden seien. Zudem fehle es an Nachweisen hierüber.

Auch für die Zahlungen an den Bruder H fehle es an solchen. Mit Schriftsatz vom ....... sei darum gebeten worden, zum Nachweis der Zahlung des Bruders F (20.000 DM) Belege über die Abhebung eines solch hohen Betrags durch diesen oder über eine entsprechende Überweisung vorzulegen, und zum Nachweis der Zahlungen der Tante G ebenfalls Kontoauszüge über die Abhebung entsprechender Beträge durch diese von deren Konten, insbesondere einen Bankbeleg über die Überweisung der 14.000 DM (dieser Betrag sei nämlich durch Überweisung auf das Sparbuch des Klägers gelangt) und außerdem eine Bestätigung der Tante über die behaupteten Vorgänge vorzulegen. Dies alles sei nicht geschehen. Die Beschaffung solcher Nachweise sei - zumindest damals noch - möglich gewesen. Nach alledem erschienen die gesamten Behauptungen nicht glaubhaft.

In der mündlichen Verhandlung am 15.03.2007 sind die Brüder des Klägers H und F als Zeugen insbesondere zu den Zahlungsvorgängen und F auch zu den Wohnverhältnissen als Zeugen vernommen worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.

Das FA hat den Verwendungsüberhang (Ausgabenüberhang), der sich aus der von dem Fahndungsprüfer durchgeführten kombinierten Vermögenszuwachs- und Einnahmen-/Ausgabendeckungsrechnung ergeben hat, dem Grunde nach zu Recht als zusätzliche steuerpflichtige Einkünfte beurteilt; der Höhe nach sind indes einige Positionen mit der Folge geringerer Einkünfte zu korrigieren.

Der Vermögenszuwachsrechnung liegt die Überlegung zu Grunde, dass niemand mehr Geld ausgeben kann, als ihm aus seinen steuerpflichtigen und sonstigen Quellen zur Verfügung steht. Wird auf diese Weise ein ungeklärter Vermögenszuwachs dargelegt, kann angenommen werden, dass der Steuerpflichtige mehr Einnahmen erzielt hat als er erklärt hat. Damit sind ein eigenständiger Schätzungsgrund und ein ausreichend sicherer Anhalt für die Höhe der erforderlichen Schätzung gegeben. Dasselbe gilt für einen ungeklärten Ausgabenüberschuss aus einer Geldverkehrsrechnung (auch Einnahme-/Ausgabedeckungsrechnung genannt), und zwar sowohl aus einer Gesamtgeldverkehrsrechnung als auch aus einer Geldverkehrsrechnung nur für den privaten Bereich - Privatgeldverkehrsrechnung -.

In der Praxis werden die einzelnen Rechnungen - wie auch im Streitfall - häufig miteinander verbunden, auch die Terminologie ist nicht einheitlich. Entscheidend ist aber der gemeinsame Grundgedanke, dass niemand mehr Geld für Vermögensbildung und Verbrauch ausgeben kann, als ihm aus seinen steuerpflichtigen und sonstigen Quellen zur Verfügung steht (vgl. zu allen Formen und Mischformen derartiger Rechnungen u.a. BFH-Urteile vom 28.05.1986 I R 265/83, BFHE 147,105, BStBl II 1986, 732;vom 08.11.1989 X R 178/87, BFHE 159, 20, BStBl II 1990, 17;vom 25.07.1991 XI R 27/89, BFH/NV 1991, 796; BFH-Beschluss vom 02.07.1999 V B 83/99, BFH/NV 1999, 1450).

Nach diesen Grundsätzen ist das FA systematisch richtig verfahren, indem es zunächst den Bedarf an Geldmitteln zur Finanzierung des Vermögenszuwachses auf allen bekannten Bankkonten und für den sonstigen Lebensbedarf des Klägers und seiner damals schon mit ihm seit der Hochzeit nach ........... Brauch am .... August 1988 zusammenlebenden Ehefrau und des am ....11.1989 geborenen Sohnes A ermittelt und diesem die bekannten steuerfreien und steuerpflichtigen Einnahmen gegenübergestellt hat.

Der vom FA nach dieser Rechnung festgestellte und als zusätzliche Einkünfte behandelte Verwendungsüberhang (Ausgabenüberhang) in Höhe von 69.714,88 DM ist jedoch aufgrund der Einwendungen des Klägers und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auf 25.000 DM zu vermindern.

Der Senat hat insoweit nach Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens und der weiteren Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie unter Würdigung der Zeugenaussagen nicht die Überzeugung gewinnen können, dass dem Kläger im Streitjahr 1989 aus einer Ausgleichszahlung seines als Zeuge vernommenen Bruders F Barmittel in Höhe von 20.000 DM zusätzlich zur Verfügung gestanden haben; im Übrigen ist er überzeugt, dass der Kläger sehr wohl Aufwendungen für Verpflegung und Wohnen einschließlich Wohnungsnebenkosten hat tragen müssen.

So hat der Kläger zunächst schriftsätzlich vortragen lassen, der Lebensunterhalt sei vom FA zu hoch angesetzt worden, weil er sich in der Großfamilie durch Gemeinschaftsverpflegung günstig habe versorgen können und nur anteilig Miete gezahlt habe. Aus dieser Einlassung ist zu entnehmen, dass er sowohl für Miete als auch - anteilig - für seinen Lebensunterhalt hat aufkommen müssen. Im Gegensatz hierzu hat er später schriftsätzlich vortragen lassen, er habe bei seinen Eltern gewohnt und keine Miet- und Nebenkostenanteile getragen, was der ersten Einlassung bezüglich der Wohnkosten entgegensteht.

Zu den angeblich vom Bruder F bar erhaltenen 20.000 DM hat er ausgeführt, dieser Betrag stelle einen Ausgleich dafür dar, dass dieser zuvor jahrelang mit in der Wohnung des Klägers gewohnt habe und von diesem beköstigt worden sei.

Der Kläger hat zwar in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Miete für diese Wohnung habe allein sein Bruder bezahlt, er habe auch keinen Anteil davon getragen, von 1987 bis 1989 habe er sich auch nicht an den Kosten des Haushalts (d.h. der Großfamilie) beteiligt, was F dagegen schon immer getan habe. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge F aber nur bestätigt, dass er allein die Wohnung bezahlt habe, während Heizung und Strom auch vom Kläger zum Teil bezahlt worden sei. Die Einkäufe seien entweder von ihm, der Mutter oder dem Kläger bezahlt worden, von letzterem allerdings selten.

Diese Einlassungen des Klägers und Aussagen des Zeugen F sind in sich widersprüchlich. Überhaupt nicht nachvollziehbar und deshalb nicht glaubhaft ist, dass der Kläger einerseits weder Lebensunterhalt noch Wohnung anteilig für sich getragen haben, er aber zugleich für seinen Bruder F Lebensunterhalt und Wohnung gestellt haben will. Sowohl der Kläger als auch der Bruder haben damals schon eigene Einkünfte gehabt, die es ihnen erlaubten, für sich selbst und ihre eigene (Klein-)Familie zu sorgen. Gerade weil noch in der Großfamilie nicht arbeitstätige Geschwister lebten und versorgt wurden, der Vater sich schon von der Familie getrennt hatte und die Mutter lediglich Sozialhilfe bezog, ist bei dem immer wieder betonten Zusammenhalt ........... Familien - nicht anders als in deutschen Familien - nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kläger und sein Bruder zum eigenen Leben in der Großfamilie und Wohnen (gemeinsame Wohnung mit Familie des Bruders) finanziell beigetragen haben und mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar zusätzlich zu dem Lebensbedarf der übrigen Großfamilienmitglieder, die gar keine oder erheblich geringere Einkünfte/Einnahmen hatten, zumal hierfür offenbar nur Sozialhilfeleistungen zur Verfügung standen, beigetragen haben.

Der Senat vermag trotz der Aussage des Zeugen F, die Miete habe er allein gezahlt, was mit der insoweit geänderten späteren Einlassung des Klägers hierzu übereinstimmt, nicht zu der Überzeugung gelangen, dass dieses tatsächlich so gewesen ist. Zum Einen, weil der Kläger es zunächst anders vorgetragen hat, zum Anderen, weil dieses wiederum nicht zur Begründung für die Ausgleichszahlung von 20.000 DM passt, die ja gerade voraussetzt, dass der Bruder F eigentlich nichts, allenfalls wenig gezahlt hat. Nach dessen Aussage sollte der Ausgleich aus Anlass seines Auszugs, und der war wohl Ende 1989, erfolgen, umfasste damit inhaltlich auch das Streitjahr 1989.

Gerade zu dieser Zahlung hat der Bruder F als Zeuge bei den entscheidenden Nachfragen doch eher ausweichend geantwortet und im Ergebnis nur bekundet, es sei jedenfalls etwas auszugleichen gewesen, wofür könne er aber nicht mehr sagen; jedenfalls habe man in den zurückliegenden Jahren in einer Wohnung gewohnt und habe mal der eine oder andere eingekauft und bezahlt.

In der Gesamtschau ist der Senat deshalb zu der Überzeugung gelangt, dass - wie es auch nach der Lebenserfahrung üblich ist - jeder sehr wohl die Kosten für Lebensunterhalt und Wohnen mehr oder weniger, das heißt, es muss nicht auf den Pfennig genau aufgeteilt worden sein, getragen hat.

Damit ist für die streitige Vermögensrechnung davon auszugehen, dass der Kläger die auf seine Familie entfallenden Lebenshaltungs- und Wohnungskosten getragen, also bezahlt hat.

Weiter hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der behauptete Grund für die vorgebliche Barzahlung von 20.000 DM tatsächlich nicht gegeben ist und konnte er bei dieser Sachlage hinsichtlich der Barzahlung von 20.000 DM jedenfalls nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Bruder dem Kläger 20.000 DM zum Ausgleich von Kosten hat zukommen lassen.

Der Kläger und sein Bruder haben auch nicht zu erklären vermocht, warum der Bruder den Lebensunterhalt für zwei Familien bezahlt haben sollte, obwohl auch dem Kläger eigene Einkünfte zur Verfügung standen und der Bruder im Vergleich zum Kläger keine außergewöhnlichen Einnahmen hatte, aber im Streitjahr und in den Vorjahren im Gegensatz zum Kläger bereits zwei Kinder zu versorgen hatte.

Die Aussagen als richtig unterstellt würde im Ergebnis bedeuten, dass der Bruder sein Einkommen für zwei Familien verwandt hätte, während dem Kläger sein Einkommen ausschließlich zur Vermögensbildung gedient hätte. Soviel Altruismus hält der Senat selbst bei ............ Familien für lebensfremd.

Den Nachteil der Nichterweislichkeit dieser Barzahlung hat insoweit der Kläger zu tragen (BFH-Urteil vom 28.05.1986 I R 265/83, BStBl II 1986, 732 unter II 2 b).

Die kombinierte Vermögenszuwachs- und Einnahmen-/Ausgabendeckungsrechnung ist unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses auf der Ausgabenseite (Finanzierungsbedarf) im Bereich Lebenshaltungs- und Wohnkosten zu korrigieren:

Hier ist zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die glaubhaft vorgetragene äußerst sparsame Lebenshaltung der vom FA schon nur für den Kläger angesetzte Betrag von monatlich 1000 DM für Lebenshaltung - das FA meint sogar, für die insoweit vergessene Ehefrau hätten ebenfalls noch Lebenshaltungskosten zusätzlich erfasst werden müssen - schon zusammen für den Kläger und seine Ehefrau überhöht waren.

Der Ansatz der Lebenshaltungskosten ist der unsicherste Posten in derartigen Rechnungen; mangels konkreter Anhaltspunkte ist insoweit auf die Lebenserfahrung und statistische Daten zurückzugreifen (BFH-Urteil vom 25.07.1991 XI R 27/89, BFH/NV 1991, 796).

Der Senat geht bei seiner Schätzung des Lebensunterhalts zu Gunsten des Klägers zunächst von dessen Angaben zum Jahr 2000 aus, wonach dieser für Lebensmittel (Essen), Getränke und Körperpflege monatlich zwischen 600 und 850 DM aufgewendet haben will, wobei die Familie in diesem Anschreibungszeitraum aus zwei Erwachsenen und vier Kindern bestanden hat. Da die genannten Beträge durch Sammeln von Belegen ermittelt worden sein sollen, nach der Lebenserfahrung derartige Sammlungen nie vollständig sind und bei vielen Kleinausgaben (Markt, Bäcker usw.) Quittungen gar nicht erst ausgestellt werden, geht der Senat von einem um 50 DM über dem mitgeteilten Höchstbetrag liegenden Betrag von 900 DM monatlich aus, den er nach dem Verbraucherpreiskostenindex auf das Streitjahr 1989 herunterrechnet. Da allerdings im Streitjahr zunächst nur der Kläger und seine Ehefrau und ab November der Sohn A zur Familie des Klägers zählten, war vor der Rückrechnung der auf die Erwachsenen und jedes Kind entfallende Betrag zu ermitteln. Ausgehend von Erfahrungen in anderen Streitfällen, bei denen immer eine extrem sparsame Haushaltsführung in Großfamilien geltend gemacht worden ist, hat der Senat bisher für die 90iger Jahre regelmäßig als Untergrenze 200 DM je Erwachsenen zu Grunde gelegt, ein Betrag, der deutlich unter den statistischen Werten für den so genannten Haushaltstyp 1 (2-Personen-Haushalt von Rentnern und Sozialhilfeempfängern), also aufgrund ihrer Einkünftesituation äußerst sparsam lebenden Personen, liegt. Es besteht keine Veranlassung, für das Referenzjahr 2000 hiervon nach unten abzuweichen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Betrag von 900 DM mit 400 DM auf den Kläger und dessen Ehefrau und mit 4 x 125 DM auf die vier Kinder entfällt.

Die Rückrechnung nach Verbraucherpreiskostenindex (vgl. Statistisches Jahrbuch 2002 S. 609 zu 23.9.2: 1995 = 100; 2000 = 106,9; 1989 = 83,6) führt damit zu einem jährlichen Aufwand für die beiden Eltern von 3.754 DM (400 DM x 12 x 83,6 : 106,9) und für den Sohn von 196 DM (125 DM x 2 x 83,6 : 106,9), zusammen 3.950 DM.

Der hiermit zum Ansatz kommende Betrag von monatlich 313 DM für den Kläger und seine Ehefrau, der auch Aufwendungen für Körperpflege enthält, kann keinesfalls unterschritten werden und trägt den Einwendungen des Klägers, er rauche nicht und trinke keinen Alkohol, ausreichend Rechnung, wie ein Vergleich mit den statistischen Werten für 1989 betreffend den Haushaltstyp 1 ergibt. Danach wären schon allein für Nahrungsmittel ein höherer Betrag von 341 DM und zusätzlich für Getränke 68 DM und für Körperpflege 19 DM, zusammen 428 DM anzunehmen. Zwar enthält der Posten Getränke sowohl alkoholische als auch nicht alkoholische Getränke, doch würde er sich nicht wesentlich mindern, wenn kein Alkohol getrunken wird, da dann regelmäßig an diese Stelle zusätzlich nichtalkoholische Getränke treten.

Ferner sind Aufwendungen für das Wohnen in die Rechnung einzustellen.

Hierzu hat der Kläger vorgetragen, dass die Miete für die von ihm mit seiner Ehefrau und ab November des Streitjahres seinem Sohn A sowie der Familie seines Bruders F (2 Erwachsene, 2 Kinder) ca. 600 DM betragen habe. Bei der Größe der Wohnung von 65 qm ist im Hinblick auf das damalige Mietpreisniveau (1989) in einer kleinen Gemeinde wie F offenkundig davon auszugehen, dass hierin die Nebenkosten, insbesondere Heizung, Wasser und Warmwasser enthalten sind. Zu berücksichtigen sind deshalb zusätzlich nur noch Stromkosten, die der Senat nach seinen Erfahrungen auf 50 DM monatlich schätzt. Insgesamt sind damit monatlich 650 DM zu Grunde zu legen.

Da der Senat nach den obigen Ausführungen überzeugt ist, dass der Kläger die Wohnungsaufwendungen (Miete, Heizung, Verbrauchskosten, Stromkosten) jedenfalls anteilig getragen hat, ist nach der Lebenserfahrung, da ein besonderer Aufteilungsmaßstab nicht bekannt ist, davon auszugehen, dass jeder die Hälfte getragen hat (Aufteilung nach Familien).

Damit ist insoweit ein durch Finanzierungsmittel zu deckender Aufwand für Wohnen in Höhe von 3.900 DM (650 DM x 12 : 2) zu berücksichtigen.

Als weitere Aufwendungen sind, weil in den aus den Anschreibungen des Klägers abgeleiteten Lebenshaltungskosten noch nicht enthalten, noch Aufwendungen für Bekleidung/ Schuhe und die in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten weiteren Werbungskosten (367 DM) anzusetzen; im Hinblick auf die glaubhafte sparsamste Lebensführung schätzt der Senat den Bereich Bekleidung/Schuhe auf 500 DM und damit weit unterhalb des statistischen Werts für den Haushaltstyp 1 von 1.140 DM (95 DM x 12).

Diesem korrigierten Finanzierungsbedarf stehen auf der anderen Seite weitere Finanzierungsmittel gegenüber.

Zwar ist hier aus den oben unter 2. a) ausgeführten Gründen nicht der behauptete Geldzufluss in Höhe von 20.000 DM des Bruders F, wohl aber ein solcher in Höhe von 36.000 DM im Zusammenhang mit einer Geldanlage für die Tante G zu berücksichtigen. Weiterer Ausführungen hierzu bedarf es nicht, da sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hierüber im Tatsächlichen verständigt haben (zur Bindung einer so genannten tatsächlichen Verständigung vgl. z.B.: BFH-Urteil vom 31.07.1993 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1986, 625 m.w.N.).

Nach alledem errechnet sich ein abweichender Ausgabenüberhang (Verwendungsüberhang) wie folgt:

 Ausgaben- bzw. Verwendungsüberhang bisher 69.715 DM
Lebensunterhalt bisher-12.800 DM
Lebensunterhalt neu+3.950 DM
Wohnkosten+3.900 DM
Bekleidung/Schuhe+500 DM
Übrige Werbungskosten lt. Steuererklärung+367 DM
Anlagebetrag Tante-36.000 DM
Überhang neu 29.632 DM

Aufgrund des glaubhaften Vortrags in der mündlichen Verhandlung, wonach die Ehefrau des Klägers im Streitjahr als Alleinstehende (nach deutschem Recht nicht verheiratet) Sozialhilfe bezogen hat, standen zur Finanzierung dieses Überhangs noch weitere Mittel hieraus zur Verfügung. Im Hinblick auf den im Streitjahr gegebenen Regelsatz nach § 22 Bundessozialhilfegesetz in Höhe von monatlich 400 DM bis 30.06.1989 und 425 DM ab 01.07.1989, mithin für das ganze Jahr 4.950 DM hält der Senat im Ergebnis eine Zuschätzung von Einkünften in Höhe von 25.000 DM für zutreffend und geboten.

Es ergibt sich nach alledem folgendes zu versteuernde Einkommen:

 Zu versteuerndes Einkommen lt. Angefochtenem  
Einkommensteuerbescheid vom 22.03.1999  
Zuschätzung Einkünfte bisher- 
Zuschätzung lt. Urteil+25.000 DM
Zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil 

Die Ausrechnung der Steuer wird im Hinblick auf die erforderliche Anwendung des Progressionsvorbehalts (§ 32b EStG) dem Finanzamt gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) übertragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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