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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 13.04.2007
Aktenzeichen: 10 S 28/06
Rechtsgebiete: EStG, ZPO
Vorschriften:
EStG § 31 S. 3 | |
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 2a | |
EStG § 70 Abs. 2 | |
ZPO § 114 |
Finanzgericht Niedersachsen
Aufhebung des Kindergeldes ab Januar 1996 und Rückforderung - Einspruchsentscheidung vom 26.06.2006
Gründe:
I.
Der Antragsteller lebt mit seiner Ehefrau mindestens seit dem Jahr 2000 dauerhaft in Polen. Die im Juli 1987 geborene Tochter der Ehefrau und Stieftochter des Antragstellers lebt seit Mitte 1995 in Polen.
Unter dem 19. November 1990 hatte der Antragsteller die Festsetzung und Auszahlung von Kindergeld für seine damals in seinem Haushalt lebende Stieftochter beantragt. Das Kindergeld wurde mit Bescheid vom 17. Januar 1991 festgesetzt und auf das vom Antragsteller benannte Konto überwiesen.
Im Juni 2005 kam ein anlässlich von Ermittlungen zur Kindergeldfortzahlung nach Erreichen des 18. Lebensjahres der Stieftochter an die nach Auskunft des Einwohnermeldeamtes aktuelle deutsche Anschrift des Antragstellers übersandtes Schreiben als unzustellbar zurück. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen teilte der Antragsteller mit, dass er bis Ende März 2000 mit seiner Frau in N. gewohnt habe und seitdem in Polen lebe. Seine Stieftochter besuche seit September 1995 die Schule in Polen, zur Zeit gehe sie auf das Gymnasium.
Nach Anhörung des Antragstellers hob die beklagte Familienkasse der Agentur für Arbeit (im folgenden: Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung ab Januar 1996 auf und forderte das bis einschließlich Mai 2005 überzahlte Kindergeld in Höhe von 15.087,68 DM zurück. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die Familienkasse unter dem 26. Juni 2006 zurück. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 25. April 2006 und den Einspruchsbescheid vom 26. Juni 2006 verwiesen.
Der Antragsteller hat gegen den Einspruchsbescheid Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Wegen der Begründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 20. Februar 2007 Bezug genommen. Unter dem 19. Januar 2007 hat der Antragteller die Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse und verschiedene Belege vorgelegt.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts W. für das Verfahren 10 K 241/06 ist nur soweit begründet, wie mit der Klage die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 1996 bis Dezember 2000 und hieraus folgend die Rückforderung von Kindergeld in Höhe von 7.117,68 EUR angegriffen wird und im Übrigen unbegründet, weil die Klage nur im vorgenannten Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. In dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist das Streitverhältnis darzustellen. Soweit Vordrucke für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen ( § 117 ZPO).
Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für seinen Eintritt eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Für die Gewährung der Prozesskostenhilfe kommt es wesentlich darauf an, ob bei summarischer Prüfung und Würdigung der wichtigsten Tatumstände der vom Antragsteller begehrte Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat, eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist insoweit jedoch nicht erlaubt (BFH-Beschluss vom 23. Januar 1991 II S 15/90, BStBl II 1991, 366 m.w.N.).
2. Bei summarischer Prüfung bestehen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 25. April 2006 im Umfang der Aufhebung für den Zeitraum Januar 1996 bis Dezember 2000 und damit auch gegen die auf § 37 Abs. 2 AO gestützte Rückforderung, weil nicht auszuschließen ist, dass im Zeitpunkt der Aufhebung wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist eine Aufhebung insoweit nicht mehr zulässig war.
Das Kindergeld wird nach § 31 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) als Steuervergütung gezahlt. Nach § 155 Abs. 4 Abgabenordnung (AO) sind die Vorschriften über die Steuerfestsetzung ( §§ 155 bis 178 AO) sinngemäß auf die Festsetzung einer Steuervergütung anzuwenden. Voraussetzung für die Rückforderung von Kindergeld nach § 37 Abs. 2 AO ist, dass dieses ohne rechtlichen Grund gezahlt wurde. Der Rechtsgrund entfällt, wenn der Festsetzungsbescheid der Familienkasse zu Lasten des Anspruchsberechtigten aufgehoben oder geändert wird. In der monatlichen Auszahlung des Kindergelds liegt die konkludente Festsetzung des Kindergelds, die nur unter den im EStG und in der AO geregelten Voraussetzungen geändert oder aufgehoben werden darf (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2006 III R 80/04, BFH/NV 2006, 2323).
Die Kindergeldfestsetzung ist nach § 70 Abs. 2 EStG aufzuheben oder zu ändern, wenn in den für den Anspruch auf Kindergeld erheblichen Verhältnissen eine Änderung eintritt. Die Änderung oder Aufhebung der Festsetzung hat rückwirkend mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu erfolgen, § 70 Abs. 2 EStG erfasst somit Änderungen, die nach Ergehen des ursprünglichen Bescheides eintreten (Weber-Grellet in Schmidt, Kommentar EStG, 25. Aufl. 2006 § 70 Rz. 5).
Die Kindergeldbewilligung erfolgte erstmals mit Bescheid vom 17. Januar 1991 unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger mit seiner Ehefrau und seiner Stieftochter in Deutschland lebte. Nach Ergehen dieses Bescheides haben sich die für den Anspruch auf Kindergeld erheblichen Verhältnisse dadurch geändert, dass die Tochter ihren dauernden Aufenthaltsort nach Polen verlegt hat. Wie die beklagte Familienkasse in der Einspruchsentscheidung zutreffend ausführt, war die Stieftochter im hier streitigen Zeitraum gemäß § 63 Abs. 1 EStG nicht als Kind zu berücksichtigen, weil sie seit dem Umzug nach Polen im Jahr 1995 ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Polen hatte, Polen zu dieser Zeit jedoch kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union und der Antragsteller kein Berechtigter im Sinne des § 62 Abs. 1 Nr. 2a EStG war. Damit war die Berücksichtigung der Stieftochter als kindergeldberechtigtes Kind nach dem Einkommensteuergesetz ausgeschlossen.
Die Familienkasse war somit grundsätzlich berechtigt, die Kindergeldfestsetzung ab diesem Zeitpunkt aufzuheben. Eine rückwirkende Änderung oder Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist aber nur in den Grenzen der Festsetzungsfrist zulässig (Weber-Grellet in Schmidt, EStG 25. Aufl. 2006 § 70 Rz. 5m.w.N.), weil nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO nach Ablauf der Festsetzungsfrist ein Bescheid nicht mehr aufgehoben oder geändert werden darf.
Die Festsetzungsfrist für Steuervergütungen beträgt in Anwendung der Regelungen für Steuerfestsetzungen nach § 169 Abs. 2 AO vier Jahre, bei Steuerhinterziehung ( § 370 AO) zehn Jahre und bei leichtfertiger Steuerverkürzung ( § 378 AO) fünf Jahre. Die Festsetzungsfrist für das in den einzelnen Monaten des jeweiligen Kalenderjahres gezahlte Kindergeld beginnt mit Ablauf dieses Kalenderjahres (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2006 III R 80/04, BFH/NV 2006, 2323).
aa) Die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist für das in den Kalenderjahren 2002 bis 2005 gezahlte Kindergeld war bei Erlass des Aufhebungsbescheides im Jahr 2006 nicht abgelaufen, so dass der Aufhebung der Kindergeldfestsetzungen für diese Jahre nichts entgegen stand.
Der Antragsteller kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass er zu einer Rückzahlung nicht in der Lage sei, weil die Frage der persönlichen Unbilligkeit der Rückforderung ausschließlich im Erhebungsverfahren und nicht im Festsetzungsverfahren zu prüfen ist.
bb) Demgegenüber war die reguläre Festsetzungsfrist für das in den Kalenderjahren 1996 bis 2001 gezahlte Kindergeld bei Erlass des Aufhebungsbescheides im Jahr 2006 bereits abgelaufen, so dass die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für diesen Zeitraum nicht mehr ohne weiteres zulässig war. Die Familienkasse konnte die Kindergeldfestsetzung für diesen Zeitraum vielmehr nur aufheben, wenn in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die leichtfertige Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung ( §§ 378, 370 AO) die Voraussetzungen für die Annahme einer die Festsetzungsfrist verlängernden, vom Antragsteller durch leichtfertiges oder vorsätzliches Handeln bewirkten unrechtmäßigen Kindergeldfestsetzung vorgelegen haben.
cc) Begründete Anhaltspunkte für eine dahingehende Annahme vermag das Gericht bei der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nur insoweit zu sehen, als wegen der Annahme einer leichtfertigen Verkürzung die Verlängerung der Festsetzungsfrist auf fünf Jahre und somit eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2001 erfolgt ist.
(1) Der objektive Tatbestand ist unzweifelhaft erfüllt, da die Tochter ab September 1995 nicht mehr als Kind zu berücksichtigen und die Kindergeldfestsetzung nach den eindeutigen kindergeldrechtlichen Regelungen ab diesem Zeitpunkt aufzuheben war.
(2) Der Antragsteller hat zumindest leichtfertig die ungerechtfertigte Fortzahlung des Kindergeldes bewirkt. Leichtfertigkeit bedeutet einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, abstellend auf die persönlichen Fähigkeiten des Klägers. Leichtfertig handelt, wer die Sorgfalt außer acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Falles und seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, obwohl sich ihm hätte aufdrängen müssen, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten oder unrechtmäßige Auszahlung begründet wird (vgl. Gaast-deHaan in Klein, Kommentar AO 9. Aufl., § 378 Rz 12).
Der Antragsteller hatte nicht nur im Kindergeldantrag erklärt, vom Inhalt des "Merkblatts über Kindergeld" Kenntnis genommen zu haben, sondern auch im Jahr 1991 auf dem Vordruck "Veränderungsmitteilung", auf dem neben Veränderungen zur Kindergeldauszahlung auch Anschriftenveränderungen aufgeführt sind, eine Veränderung der Kontoverbindung mitgeteilt. Er ist der deutschen Sprache mächtig und musste, da die Mitteilung einer Anschriftenänderung keine besonderen Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordert, wissen, dass er verpflichtet war, jegliche Wohnsitzveränderungen der Familie im Allgemeinen und des Kindes im Besonderen der Kindergeldkasse anzuzeigen. Die Unterlassung der Mitteilung ist pflichtwidrig und sie ist auch kausal für die (unberechtigte) Fortzahlung des Kindergeldes, weil bei Kenntnis der Familienkasse von der Wohnsitzveränderung die Zahlungen eingestellt worden wären.
Die Leichtfertigkeit des Antragstellers hat zur Folge, dass sich die Festsetzungsfrist auf fünf Jahre verlängert und somit im Jahr 2006 auch die Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2001 noch geändert werden konnte.
(3) Ob der Antragsteller allerdings auch mit einem die Leichtfertigkeit überschreitenden bedingtem Vorsatz gehandelt hat, kann vom Gericht anhand der Aktenlage nicht festgestellt werden, weil die Familienkasse keine tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen eines den Tatbestand der Hinterziehung im Sinne des § 370 AO erfüllenden (bedingten) Vorsatzes getroffen hat. Allein eine pflichtwidrige Handlung begründet keinen bedingten Vorsatz. Hierfür ist vielmehr die Feststellung erforderlich, dass der Täter die Verwirklichung des Tatbestandes für möglich gehalten und diese billigend in Kauf genommen hat, also in dem Bewusstsein eines unehrlichen Verhaltens unter Inkaufnahme der aus diesem Verhalten resultierenden Konsequenzen gehandelt hat (vgl Gaast-deHaan in Klein, Kommentar AO 9. Aufl., § 378 Rz 12, § 370 Rz. 91). Hierzu fehlen allerdings Ausführungen seitens der Familienkasse.
Der Familienkasse obliegt insoweit die Feststellungslast. Wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat, kann auch eine der Hinterziehung vergleichbare Handlung nicht festgestellt werden mit der Folge, dass sich die Frist innerhalb derer eine Änderung oder Aufhebung der Kindergeldfestsetzung erfolgen kann, nicht auf 10 Jahre verlängert. Inwieweit die Fristverlängerung begründende Feststellungen noch getroffen werden können, wird das Klageverfahren zeigen.
3. Zusammenfassend ist nach summarischer Prüfung festzustellen, dass die Rechtsverfolgung des Antragstellers, soweit sie Aufhebung für die Jahre 2001 bis 2005 betrifft, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, während die Klage erfolgversprechend ist, soweit mit dieser die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Jahre 1996 bis 2000 angegriffen wird.
4. Hat die Rechtsverfolgung nur teilweise Aussicht auf Erfolg, ist PKH auch nur anteilig zu bewilligen und im Übrigen zu versagen (vgl. Zöller-Philippi ZPO 26. Aufl. § 114 Rz. 20, Olbertz in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO 13. EL § 166 Rn. 65).
Entsprechend der in § 114 ZPO dargestellten Zielsetzung soll die PKH unbemittelten Personen die Anrufung des Gerichts ermöglichen, wenn die Rechtsverfolgung u.a. hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dadurch soll zum Einen verhindert werden, dass unbemittelte Parteien nur aus wirtschaftlichen Gründen an der Wahrnehmung ihrer Rechte vor Gericht gehindert werden, andererseits soll aber auch durch die Prüfung der Erfolgsaussichten verhindert werden, dass auf Staatskosten aussichtslose Prozesse geführt werden. Der finanziell Unbemittelte braucht nur solchen Bemittelten gleichgestellt werden, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägen, dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigen und vernünftigerweise nur aussichtsreiche und nicht mutwillige Prozesse führen (Zöller-Herget/Philippi ZPO Vor § 114 Rz. 1).
Im Streitfall ist bei der Prüfung der Erfolgsaussichten mit zu berücksichtigen, dass die Kindergeldfestsetzung ein zeitlich teilbarer Verwaltungsakt ist und die Familienkasse deshalb befugt ist, eine vermeintlich unrichtige oder unrichtig gewordene Kindergeldfestsetzung in der Weise zu ändern, dass sie entweder für verschiedene Zeitabschnitte gesonderte Änderungsbescheide erlässt (BFH-Urteile vom 26. Juli 2001, VI R 102/99 BFH/NV 2002 178; VI R 163/00, BFH/NV 2002, 248) oder Zeitabschnitte wie im Streitfall in einem Aufhebungs- oder Änderungsbescheid zusammenfasst. Die Anspruchsvoraussetzungen sind jedoch nach § 66 Abs. 2 EStG für jeden Monat zu prüfen, der Erfolg der Klage hängt somit davon ab, ob die Anspruchsvoraussetzungen in dem jeweiligen Monat/Jahr vorliegen. So wie die Klage auf Bewilligung von Kindergeld für einen bestimmten Zeitraum für jeden Bewilligungsmonat einen Streitgegenstand umfasst (FG Saarland Urteil vom 23. August 1996, 1 K 139/96 EFG 1997, 34) umfasst auch die Klage wegen Rückforderung von Kindergeld für jeden Monat, in dem die Kindergeldfestsetzung aufgehoben oder geändert worden ist, einen eigenständigen Streitgegenstand.
Da die Entscheidung über die Zusammenfassung oder Trennung der Streitgegenstände beim Erlass von Aufhebungs- und Änderungsbescheiden allein im Belieben des Beklagten steht, kann die Bewilligung der PKH nicht davon abhängen, ob die Familienkasse gesondert anfechtbare Bescheide oder einen zusammenfassenden einheitlichen Bescheid erlässt und ist die Bewilligung abzulehnen, wenn die Klage nicht überwiegend hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht. Andererseits ist es mit der mit der PKH bezweckten Zielsetzung aber auch nicht vereinbar, bei Klagen, in denen Streitgegenstände zusammengefasst sind, vollumfänglich Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, das die Klage, einen Teil der Streitgegenstände betreffend, mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der hilfsbedürftigen Partei ausgehen wird.
Bei einer teilweisen Erfolgsaussicht ist die Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen geringeren Streitwert als die Hauptsache nicht geboten (Zöller/Philippi ZPO § 114, Rn. 16), jedoch sind die streitgegenständlichen Zeitabschnitte auch keine unselbständigen Verfahrensabschnitte, weshalb es gerechtfertigt ist, Prozesskostenhilfe soweit zu gewähren, als die Klage hinsichtlich der konkret abgrenzbaren Streitgegenstände hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
5. Dem Antrag steht nicht entgegen, dass der Antragsteller seinen Wohnsitz in Polen hat, weil § 114 ZPO die Bewilligung der PKH nach allgemeiner Ansicht nicht an einen inländischen Wohnsitz des Antragstellers knüpft (BFH-Beschluss vom 19. März 1996 VIII S 1/96, BFH/NV 1996, 781 mit umfangreichen Nachweisen zum Schrifttum).
6. Weiterhin begründet auch die nur anteilige Bewilligung der Prozesskostenhilfe den Anspruch des Antragstellers darauf, dass ihm insoweit ein Rechtsanwalt beigeordnet wird und dessen Kosten aus der Staatskasse gezahlt werden (vgl. OVG Lüneburg Beschluss vom 6. Juni1997 4 O 6513/96 NVwZ-RR 1998, 144). Das Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten im Antragsverfahren versteht der Senat auch ohne ausdrücklichen Antrag des Antragstellers dahingehend, dass der Antragsteller sein Wahlrecht zugunsten des bereits bevollmächtigten Prozessvertreters ausgeübt hat und deshalb auch die Beiordnung des Prozessbevollmächtigten gemäß § 142 FGO I.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO begehrt.
7. Der Antragsteller hat die eigenhändig unterschriebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit einigen Nachweisen eingereicht und damit die formellen Bewilligungsvoraussetzungen in ausreichendem Umfang dargetan, da die anderen Unterlagen der Kindergeldakte entnommen werden können. Der Antrag rechtfertigt aber lediglich die Gewährung der PHK mit Ratenzahlung.
Die Anerkennung der Bewilligung von PKH dem Grunde nach auch für Rechtsstreitigkeiten, die im Ausland wohnende Personen vor deutschen Gerichten führen, besagt nichts hinsichtlich der weiteren Frage, nach welchen Maßstäben die Bedürftigkeit dieses Personenkreises festzustellen ist (BFH-Beschluss vom 19. März 1996 VIII S 1/96, BFH/NV 1996, 781).
Der Senat teilt nicht die in der Literatur vertretene Auffassung, dass im Ausland wohnende Kläger wie im Inland wohnende Kläger behandelt werden und die nach § 115 ZPO zu berücksichtigenden Freibeträge unabhängig von den tatsächlichen Wohnsitzverhältnisses zur Anwendung gelangen sollten (so Zöller/Philippi, ZPO 24. Aufl. § 115 Rz. 43; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO., § 114 Rz.10; Wax in MünchKomm ZPO § 114 Rz. 57), sondern ist vielmehr der Ansicht, dass bei Anhaltspunkten, die auf eine erhebliche Abweichung der Wirtschafts- und Lebensverhältnisse von Wohnsitzstaat und Bewilligungsstaat schließen lassen, eine Anpassung dieser Beträge zu erfolgen hat, weil anderenfalls die uneingeschränkte Anwendung zu nicht mehr sachgerechten Ergebnissen führte (so auch OLG Düsseldorf Beschluss vom 15. November 1993 20 W 67/93, MDR 1994, 301; Musielak/Fischer ZPO 5. Aufl. § 114 Rn 2). Gemäß § 115 ZPO hat eine Partei für den Prozess die Geld- und Vermögenswerte einzusetzen, die nicht durch Aufwendungen zum Lebensunterhalt oder durch andere unabdingbare, in § 115 ZPO näher bezeichnete Belastungen gebunden sind. Die Beträge in § 115 ZPO orientieren sich an den Lebenshaltungskosten und dem durchschnittlichen Existenzminimum in Deutschland. Wenn die Kosten der Lebenshaltung im Ausland erkennbar niedriger sind, würden durch die uneingeschränkte Anwendung der Beträge unangemessen hohe, tatsächlich nicht bestehende Lebenshaltungskosten berücksichtigt, die zu einer ungerechtfertigten Besserstellung dieser Antragsteller im Vergleich zu den in Deutschland wohnhaften Antragstellern führte.
In diesem Sinne hat auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es eine vernünftige, mit dem Gleichheitssatz vereinbare Überlegung ist, Beträge, die mit Bezug zu den Lebenshaltungskosten und insbesondere zum durchschnittlichen Existenzminimum in der Bundesrepublik Deutschland festgelegt werden, für Leistungen an solche Personen, die in Ländern mit einem wesentlich niedrigeren Lebenshaltungsniveau wohnen, entsprechend zu kürzen, da sonst unter Umständen ausländischen Unterhaltsberechtigten die steuerbegünstigte Lebensführung auf überdurchschnittlichem Standard, ja selbst eine gewisse Vermögensbildung ermöglicht würde (BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83 NJW 1989, 666).
Zwar ist der Gegenmeinung zuzugestehen, dass es auch nicht im Sinn des PKH-Verfahrens ist, bei jedem im Ausland wohnhaften Antragsteller eine individuelle Prüfung der Lebensverhältnisse vorzunehmen. Der Senat sieht deshalb in der verfassungsgemäßen vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) durch Verwaltungsregelung vorgenommenen Ländergruppeneinteilung bei der Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs.1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an im Ausland lebende Personen (Schreiben des BMF vom 17. November 2003 1996 IV C 4 - S 2285 - 54/03, BStBl I 2003, 637; BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83 NJW 1989, 666) eine geeignete Grundlage für die Entscheidung, ob und inwieweit die Lebensverhältnisse des ausländischen Staates mit den Wirtschafts- und Lebensverhältnissen in Deutschland vergleichbar sind. Unter Berücksichtigung dieser Ländergruppeneinteilung ist der Senat der Auffassung, dass die Wirtschafts- und Lebensverhältnisse vom Wohnsitzstaat des Klägers (Polen) und der Bundesrepublik Deutschland als Bewilligungsstaat in so erheblichen Umfang von einander abweichen, dass die uneingeschränkte Anwendung der in § 115 ZPO genannten Sätze zu nicht sachgerechten Ergebnissen führt, da der Umstand, dass nach dieser Einteilung für Angehörige in Polen ab dem Veranlagungszeitraum 2004 die nach § 33a Abs.1 EStG maßgebenden Beträge nicht in voller Höhe, sondern nur zur Hälfte gelten zu schließen ist, dass auch das durchschnittliche Existenzminimum nur halb so hoch ist wie in Deutschland. Der Senat hält es deshalb für sachgerecht, die in § 115 ZPO genannten Beträge nur in Höhe von 50 v.H. anzusetzen.
Die Berechnung des einzusetzenden Einkommens und der abzusetzenden Beträge nach § 115 ZPO ergibt eine Bewilligung der PKH mit Ratenzahlung, die gemäß § 117 Abs. 2 ZPO nur für den Antragsteller in der Anlage dargestellt ist. Der Senat ist bei der Berechnung u.a. von folgenden Erwägungen ausgegangen:
aa) Soweit eine Umrechnung der Beträge in Euro erforderlich ist, ist diese anhand eines Durchschnittskurses geboten und stellt der Umrechnungskurs für die Umsatzsteuer einen geeigneten Bezug dar (vgl. BFH-Beschluss vom 19. März 1996 VIII S 1/96, BFH/NV 1996, 781). Danach ist ein durchschnittlicher Wert von 1 EUR/ 3,90 pln zugrunde zu legen (vgl. Gesamtübersicht für 2006, BMF vom 19. Januar 2007 -IV A 6-S 7329-1/07-, BStBl I 2007, 126).
bb) Zahlungen aus der Pflegeversicherung werden weder beim Antragsteller noch bei der Ehefrau berücksichtigt, weil sie beim Pflegebedürftigen nach § 13 Abs. 5 S. 1 SGB XI kein Einkommen darstellen und beim Pflegenden kein Einkommen, sondern materielle Anerkennung für Einsatz und Opferbereitschaft sind (Musielak/Fischer, ZPO 5. Aufl. § 114 Rn. 6 m.w.N.).
cc) Die Zahlungen für die Risikolebensversicherung des Antragstellers sind angemessen und nach § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO abzugsfähig, da diese der Versorgung des Antragstellers und seiner Familie dienen. Nicht angemessen und daher nicht abzugsfähig sind die Zahlungen, die der Antragsteller für die Kapitallebensversicherung seiner Ehefrau zahlt, da diese vornehmlich der Vermögensbildung dient. Dem Antragsteller ist insoweit zuzumuten, diese Beitragszahlungen ruhen zu lassen.
dd) Der Senat geht aufgrund der Erklärung des Antragstellers davon aus, dass dieser gegenwärtig über kein einsetzbares Vermögen verfügt, da der Verkehrswert der ausländischen Grundstücke gering und eine Verwertung in nächster Zeit nicht zu erwarten ist.
Ende der Entscheidung
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