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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: 11 K 427/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4a
EStG § 7g Abs. 3 S. 3 Nr. 3
EStG § 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

11 K 427/05

Einkommensteuer 1999

Gewerbesteuermessbetrag 1999

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung von Schuldzinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten und die Berücksichtigung einer Ansparabschreibung.

Die Klägerin betreibt seit 1998 eine Apotheke. Der Einkommensteuererklärung 1999 und der Gewerbesteuererklärung 1999 fügte die Klägerin den Jahresabschluss 1999 bei. Ausweislich der Bilanzen 1998 und 1999 hat die Klägerin Anlagevermögen i.H.v. 250.691 DM angeschafft. Die 1999 passivierten Darlehen betragen 478.800 DM. In der Gewinn- und Verlustrechnung wurden 1999 Schuldzinsen i.H.v. 24.542,21 DM als Aufwand erfasst. Die Schuldzinsen standen im Zusammenhang mit Krediten, mit denen im Rahmen der Existenzgründung angeschaffte Wirtschaftsgüter finanziert worden sind.

Weiterhin wurde in der Bilanz zum 31. Dezember 1999 eine Ansparabschreibung i.H.v. 300.000 DM ausgewiesen. In der Bilanz und in der Buchführung befinden sich keine Erläuterungen zu dieser Position.

Nach Rückfrage des Beklagten erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Mai 2001, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre folgende Anschaffungen geplant seien:

 PC-Anlage50.000 DM
PKW100.000 DM
Betriebs- und Geschäftsausstattung200.000 DM
Ladeneinrichtung250.000 DM

Bei den beiden zuletzt genannten Positionen handele es sich um die beabsichtigte Anschaffung eines EDV-gesteuerten automatischen Systems der Warenverwaltung und -bereitstellung, vergleichbar mit einer automatisierten Lagerhaltung. Diese Anlage solle es ermöglichen, über das Internet eingehende Bestellungen ohne direkten Personaleinsatz abwickeln zu können. Der Beklagte kürzte zunächst die Ansparabschreibung auf 75.000 DM (für PC-Anlage und Pkw) und erhöhte den erklärten Gewinn i.H.v. 153.560 DM um 225.000 DM.

Die Privatentnahmen des Jahres 1999 betrugen 479.186,48 DM, die Einlagen 7.873,83 DM. Der Beklagte erhöhte wegen der vorliegenden Überentnahmen den Gewinn 1999 um 15.065 DM. Damit ergab sich ein vom Beklagten angesetzter Gewinn i.H.v. 393.625 DM. Diesen Gewinn berücksichtigte er ebenfalls bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags. Die erklärten Dauerschuldzinsen betrugen 19.063 DM.

Der Beklagte erließ am 21. Juni 2001 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid 1999 und einen Gewerbesteuermessbescheid 1999. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.

Durch Einspruchsbescheid vom 23. Juni 2005 verböserte der Beklagte die Steuerfestsetzung und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Möglichkeit der Verböserung wurde vorher hingewiesen. Der Beklagte berücksichtigte die gebildete Ansparabschreibung im vollen Umfang gewinnerhöhend, so dass sich ein Gewinn von 402.730 DM ergab (Gewinn laut Bilanz 153.560 DM, + Ansparabschreibung 300.000 DM, - zusätzlich zu berücksichtigender Gewerbesteuerrückstellung 50.830 DM).

Die dem Gewinn hinzuzuschlagenden Schuldzinsen berechnete er mit 4.114 DM neu. Dem lag folgende Berechnung zugrunde:

 Privatennahmen479.186 DM 
abzüglich Gewinn./. 402.730 DM 
abzüglich Einlagen./. 7.874 DM 
Überentnahmen 199968.582 DM 
x 6 v.H.4.114 DM  
   
Höchstbetragsberechnung  
Schuldzinsen lt G+V-Rechnung 24.542 DM
davon abzugsfähig 52,36 v.H. Zinsen Investitionsdarlehen (250.691/478.800) 12.851 DM
verbleiben 11.691 DM
abzüglich Freibetrag 4.000 DM
hinzuzurechnender Höchstbetrag 7.691 DM
   
Gewinn ohne Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG  402.730 DM
hinzuzurechnen ist der niedrigere Betrag 4.114 DM
Anzusetzender Gewinn 406.844 DM

Für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages rechnete der Beklagte die Hälfte von 16.877 DM (=12.851 DM Zinsen für Investitionsdarlehen + 4.026 DM sonstige Dauerschuldzinsen) dem Gewinn als Dauerschuldzinsen hinzu. Die bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages abzuziehenden Dauerschuldzinsen berechnete der Beklagte wie folgt.

 Dauerschuldzinsen laut Erklärung19.063 DM
Schuldzinsen laut G+V-Rechnung24.542 DM
abzgl. Zinsen Investitionsdarlehen./. 12.851 DM
verbleiben11.691 DM
hinzuzurechnende Dauerschuldzinsen (11.691 ./. 4.114) / 11.691 x 6.212= 4.0264.026 DM
zzgl. Zinsen Investitionsdarlehen12.851 DM
Summe16.877 DM

Dagegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt hinsichtlich der Ansparabschreibung vor, die vom Beklagten geforderten Dokumentationspflichten ergäben sich nicht aus dem Gesetz. Für die Bildung der Rücklage würde es ausreichen, wenn für die verschiedenen Wirtschaftsgüter ein Betrag in der Buchführung erfasst werde und sich aus ergänzenden Angaben außerhalb der Buchführung entnehmen lasse, aus welchen Einzelbeträgen sich die Rücklage zusammensetze. Ob Verwaltungsvorschriften etwas anderes vorsehen würden, sei unerheblich. Darüber hinaus ergäben sich die geforderten Erläuterungen aus handschriftlichen Aufzeichnungen der Mitarbeiterin, die den Jahresabschluss erstellt habe.

Die Benennung des Investitionszeitpunktes sei nach einer Entscheidung des FG Köln nicht erforderlich (FG Köln Urt. v. 1. Juni 2005 7 K 3186/04, EFG 2005, 1413). Eine Änderung der Angaben zur gebildeten Ansparrücklage durch die Einspruchsbegründung habe es nicht gegeben. Sie wäre auch unschädlich, da dies als Ausübung des Wahlrechts im Sinne einer Bilanzänderung gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG zulässig sei.

Die Hinzurechnung von Schuldzinsen sei nur in Höhe von 3.868 DM an Stelle von 4.114 DM zulässig. Als Bemessungsgrundlage für die Überentnahmen sei ein Gewinn von 64.468 DM anzusetzen. Zu einer Klarstellung durch das Steueränderungsgesetz 2001 sei es nicht gekommen. Die Ergänzung des Gesetzestextes sei insoweit rechtsbegründend.

Überdies seien bei der Berechnung die aufgrund von Privatentnahmen veranlasste Erhöhung eines negativen Banksaldos nicht betrieblich veranlasst. Die Schuldzinsen seien insoweit privat. Diese Schuldzinsen müßten daher bei der Ermittlung der Überentnahmen außer Ansatz bleiben.

Maßgeblich sei die Höhe der vom Beklagten angesetzten Entnahmen durch eine Entnahme eines Termingeldes in Höhe von 360.653 DM bedingt. Soweit darauf die Schuldzinsen entfallen, müssten diese als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 20 EStG berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1999 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 1999 vom 21, Juni 2001 in Form der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 dergestalt zu ändern, dass der Gewinn um eine Ansprarücklage in Höhe von 300.000 DM und um 246 DM hinzugerechnete Zinsen gemindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, die erforderliche Dokumentation zu der gebildeten Rücklage sei bis heute nicht vorgelegt worden. Eine entsprechende Verwaltungsanweisung habe es bereits im Streitjahr gegeben (BMF-Schreiben v. 12. Dezember 1996, BStBl I 1996, 1441). Die Entscheidung des BFH vom 16. August 2005 widerspreche nicht diesem Standpunkt, wonach sich Art und Umfang der Investition aus der Buchführung bzw. aus Anlagen zur Buchführung ergeben müssen. Die im Einspruchsverfahren gegebenen Erläuterungen würden nicht den von der Rechtsprechung geforderten zeitnah zur Einbuchung erstellten detaillierten Aufzeichnungen entsprechen, die ebenfalls Bestandteil der Buchführung seien (BFH-Urt. v. 13. Dezember 2005 XI R 52/04, BStBl II 2006, 462).

Bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen sei nach § 4 Abs. 4a Satz 3 2. Halbsatz EStG vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe des Absatzes 4a nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. Dieser 2. Halbsatz sei zur Klarstellung durch das Steueränderungsgesetz 2001 eingefügt worden.

Im Klageverfahren legte die Klägerin einen handschriftlichen Vermerk vor, der zu den Unterlagen des Jahresabschlusses 1999 gehören soll. Der Vermerk hat folgenden Inhalt:

"A - Apotheke-

für Jahresabschluß 1999

geplante Anschaffungen lt. Rücksprache

neuer PKW 100.000 DM

PC-Anlage 50.000 DM

Betriebsausstattung 200.000 DM*

Ladenausstattung 250.000 DM*

*Inhaberin plant Kommissionierungsanlage für Versand"

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid 1999 sowie der Gewerbesteuermessbescheid 1999 vom 21. Juni 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Juni 2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Weder konnte eine Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 7 EStG gebildet werden. Ein geringerer Betrag war nicht als abzugsfähige Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG hinzuzurechnen. Auch waren keine weiteren Werbungskosten bei den Einnahmen aus § 20 EStG anzusetzen.

1. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG lagen nicht vor.

a. Nach § 7g Abs. 7, 3 und 6 des EStG in der für das Streitjahr 1999 geltenden Fassung können Existenzgründer, die den Gewinn durch Bestandsvergleich oder durch Überschussrechnung ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden bzw. Betriebsausgaben in der entsprechenden Höhe berücksichtigen. Die Ansparrücklage darf dabei 50 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das voraussichtlich bis zum Ende des fünften auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres angeschafft oder hergestellt wird. Eine Ansparrücklage kann auch gebildet werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht. Die am maßgeblichen Stichtag (Bilanzstichtag, Ende des Wirtschaftsjahres) insgesamt gebildeten Ansparrücklagen dürfen einen Betrag von 600 000 DM nicht übersteigen.

Spätestens am Ende des fünften auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres ist eine Ansparrücklage für Existenzgründer gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7g Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 EStG).

Wie der BFH bereitsim Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00 (BStBl II 2002, 385, unter II.1.a der Gründe) auch für den Bereich der Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG klargestellt hat, ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung des § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EStG, dass für jedes einzelne Wirtschaftsgut, das voraussichtlich angeschafft oder hergestellt wird, eine gesonderte Rücklage zu bilden ist. Dementsprechend sind bei mehreren künftigen Investitionen die einzelnen Rücklagen in der Buchführung jeweils getrennt zu behandeln. Dies folgt aus dem für den Fall des Unterbleibens der Investition angeordneten Gewinnzuschlag. Die Investition, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet wurde, kann nicht durch eine andere Investition ersetzt werden (BFH-Urt. v. 12. Dezember 2001 XI R 13/00 BStBl II 2002, 385; vgl. auch BFH-Beschl. v. 25. September 2002 IV B 55/02, BFH/NV 2003, 159, rechte Spalte; BFH Beschl. v. 16. Juni 2004 X B 172/03, BFH/NV 2004, 1528; Niedersächsisches FG Urt. v. 13. April 2005 2 K 25/04, EFG 2006, 35; BMF-Schreiben vom 25. Februar 2004 BStBl I 2004, 337 Tz. 15; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG - Loseblatt -, § 7g Rz. 112; BFH-Beschl. v. 25. September 2002 IV B 55/02, BFH/NV 2003, 159; Kulosa in Schmidt, EStG 26. Aufl. 2007, § 7g Rz. 35; a.A. BFH-Beschl. v. 16. August 2005 X B 80/05, nv;Urt. v. 13. Dezember 2005 XI R 52/04, BStBl II 2006, 462; FG Bremen Urt. v. 18. Mai 2006 1 K 174/05 (6), EFG 2006, 1241).

Ist überdies eine wesentliche Erweiterung des Betriebs beabsichtigt, so ist zudem erforderlich, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter verbindlich bestellt worden sind (BFH-Urt. v. 19. September 2002 X R 51/00, BStBl II 2004, 184;Urt. v. 14. Februar 2007 XI R 24/06, BFH/NV 2007, 1110;Urt. v. 11. Juli 2007 I R 104/05, DB 2007, 2067; BMF-Schreiben v. 16. November 2004, BStBl I 2004, 1063)

b. Nach diesen Grundsätzen ist die Nichtberücksichtigung der von der Klägerin gebildeten Ansparabschreibung durch den Beklagten rechtmäßig. Die Klägerin muss bei mehreren geplanten Investitionen in einem voraussichtlichen Gesamtvolumen von 600.000 DM die von ihr beanspruchte Gesamtsumme der Ansparabschreibungen in Höhe von 300.000 DM (= 50 v.H. des Höchstbetrages) zwecks der gebotenen eindeutigen Zuordenbarkeit der jeweiligen Ansparabschreibungen zu dem einzelnen Investitionsvorhaben auf die einzelnen Wirtschaftsgüter verteilen. Eine Sammelrücklage reicht nicht aus (BFH-Beschl. v. 25. September 2002 IV B 55/02, BFH/NV 2003, 159; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG - Loseblatt -, § 7g Rz. 112; Vogelgesang BB 2004, 642).

Ebenso reicht nicht der Eigenbeleg aus, der in Kopie erstmals im Klageverfahren eingereicht wurde und zu den Buchführungsunterlagen des Streitjahres gehören soll. In Übereinstimmung mit dem Gesetzeswortlaut ist die Bildung in der Buchführung selbst für jedes Wirtschaftsgut vorzunehmen. Dies setzt bei mehreren beabsichtigten Investitionen eine Aufschlüsselung der Wirtschaftsgüter auf Einzelkonten oder zumindest auf einem Sammelkonto voraus (ebenso Niedersächsisches FG Urt. v. 13. April 2005 2 K 25/04, EFG 2006, 35).

Zudem war die Ansparabschreibung für Betriebs- und Ladenausstattung in Höhe von 225.000 DM auch aus einem anderen Grund außer Ansatz zu lassen. Es handelte sich nach den Aussagen der Klägerin insoweit um geplante Investitionen in eine elektronisch gesteuerte Kommissionierungsanlage, die für den geplanten Internethandel erforderlich war. Damit beabsichtigte die Klägerin eine wesentliche Erweiterung ihrer Apotheke, so dass nach der Rechtsauffassung des BFH, dem sich der Senat anschließt, eine Rücklage nur gebildet werden kann, wenn bereits die Investitionsgüter verbindlich bestellt worden sind (BFH-Urt. v. 11. Juli 2007 I R 104/05, DB 2007, 2067 m.w.Nachw.). Eine verbindliche Bestellung lag aber im Steitfall nicht vor.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob bei der geplanten Anschaffung der Wirtschaftsgüter die Bezeichnung mit einem Sammelbegriff genügt (verneinend Kulosa in Schmidt, EStG, 26. Aufl. 2007, § 7g Tz. 35 m.w.Nachw.; vgl. auch BFH Beschl. v. IX B 55/02, BFH/NV 2003, 159).

Auch kann der Senat dahingestellt lassen, ob eine detaillierte Bezeichnung der geplanten einzelnen Investitionsvorhaben in einer Anlage oder in den Erläuterungen zum Jahresabschluss ausreicht (so FG Brandenburg Urt. v. 2. Juni 2004 2 K 753/03, EFG 2004, 1441). Solche Erläuterungen wurden dem Jahresabschluss im Streitfall nicht beigelegt.

2. Die Klägerin kann auch keine höheren Schuldzinsenbetrag als Betriebsausgaben abziehen.

Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Danach können die Schuldzinsen eines gemischt genutzten Kontos nur insoweit als Betriebsausgaben abgezogen werden, als sie betrieblich veranlasst sind. Nach den vom BFH entwickelten Grundsätzen sind Schuldzinsen anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks der Erwerbs- oder der Privatsphäre zuzuordnen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BStBl II 1990, 817). Daneben kann aufgrund der Einführung des § 4 Abs. 4a EStG durch das StBereinG 1999 der Schuldzinsenabzug eingeschränkt sein. Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Schuldzinsen nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Der BFH ist nun der Auffassung, dass nach der Einführung dieser Vorschrift der Schuldzinsenabzug zweistufig zu prüfen sei (BFH-Urt. v. 21. September 2005 X R 46/04, BFH/NV 2006, 184;Urt. v. 21. Juni 2006 XI R 14/05, BFH/NV 2006, 1832). Zunächst ist zu klären, ob der betreffende Kredit nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen eine betriebliche oder private Schuld ist. Sodann ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 abziehbar sind.

Der erkennende Senat folgt diesen vom BFH aufgestellten Grundsätzen. Danach ist auf der ersten Stufe festzustellen, dass die streitigen Schuldzinsen betrieblich veranlasst waren. Die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten wurden für den Erwerb von Wirtschaftsgütern im Rahmen der Existenzgründung begründet.

Auf der zweiten Stufe, auf der zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG abziehbar sind, hat der Beklagte die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen in Höhe von 4.114 DM korrekt ermittelt. Die Einwendungen der Klägerin gegen die Berechnung sind nicht berechtigt.

So ist eine Kürzung der Summe der Entnahmen nicht vorzunehmen. Es sind alle Entnahmen bei der Ermittlung der Überentnahmen zu berücksichtigen außer denjenigen, die auf der ersten Stufe bereits ausgeschrieben sind. Da im Streitfall alle Verbindlichkeiten, wofür Schuldzinsen im Streitzeitraum entstanden sind, betrieblich veranlasst sind, bleibt es bei der Berücksichtigung der gesamten Privatentnahmen in Höhe von 479.186 DM.

Es mag zwar der Vortrag der Klägerin zutreffend sein, dass allein wegen der Neugründung der Apotheke im Jahr 1998 mittel- und langfristige Kredite im Umfang über insgesamt 600.000 DM für die Anschaffung von Umlauf- und Anlagevermögen aufgenommen werden sollten und wegen der positiven Geschäftsentwicklung in den Jahren 1998 und 1999 das Termingeld entnommen werden konnte; jedoch führt diese betriebswirtschaftlich nachvollziehbare Vorgehensweise nicht zu einer anderen steuerrechtlichen Beurteilung. Der Gesetzgeber hat mit Einführung des beschränkten Schuldzinsenabzugs in § 4 Abs. 4a EStG auf die Rechtsprechung des Großen Senats des BFH zum Zwei- oder Mehrkontenmodell reagiert (BFH-Beschl. v. 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BStBl II 1998, 193; vgl. auch Nacke in Littmann/Bitz/Pust, EStG - Loseblatt -, § 4 Rz. 1655ff). Diese Gestaltung sollte steuerrechtlich eingeschränkt werden. Das Verhalten der Klägerin entspricht aber im Ergebnis dem Zweikontenmodell, so dass die Besteuerung der Überentnahmen im Streitfall gerechtfertigt ist.

Die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG sind auch nicht aus einem anderen Grund zu reduzieren. Soweit die Klägerin der Ansicht ist, dass die zunächst ermittelten nicht abzugsfähigen Schuldzinsen ihrerseits die Höhe der Überentnahme wiederum beeinflusst, da der Gewinn und damit auch das Entnahmevolumen sich erhöht, folgt der Senat nicht dieser Auffassung. Bei den nicht abzugsfähigen Schuldzinsen handelt es sich um nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, die die Gewinnermittlung nicht beeinflussen, sondern außerhalb der Gewinnermittlung dem Gewinn hinzugerechnet werden, so dass der In-sich-Effekt bei der Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG nicht eintritt.

Zudem ist diese Auslegung zwingend, weil sich andernfalls die vom Gesetzgeber beabsichtigte Rechtsfolge zum Teil wieder aufhebt. Eine vernünftige Auslegung des Gewinnbegriffs hat von der Widerspruchsfreiheit des Gesetzes auszugehen (glA Wendt FR 2000, 424; Paus FR 2000, 962; Kanzler INF 2000, 516; Heinicke in Schmidt, EStG 20. Aufl., § 4 Rz. 523 unter cc; a.A. Wacker in Blümich, EStG (Loseblatt) § 4 Rn. 168i - jetzt Wied Rn 629). Dieser Ansicht dürfte auch der Gesetzgeber gewesen sein. Nach der Begründung der im Steueränderungsgesetz 2001 (BGBl. I 2001, 3794) eingefügten Ergänzung von Satz 3 Halbsatz 2 in § 4 Abs. 4a EStG, wonach bei der Ermittlung der Überentnahmen vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht abziehbaren Schuldzinsen ausgegangen werden soll, ist diese Vorschrift nur "klarstellend" (s. BT-Drucks. 14/6788, 24f).

3. Die Klägerin kann auch nicht die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus § 20 EStG abziehen. Die Klägerin verkennt, dass es sich bei den nicht abzugsfähigen Schuldzinsen um durch den Betrieb veranlasste Aufwendungen (Betriebsausgaben) handelt. Eine Berücksichtigung außerhalb der betrieblichen Sphäre ist nicht möglich.

4. Soweit der Beklagte bei der Ermittlung des gewerbesteuerlichen Gewinns einen Betrag von 4.026 DM zusammen mit den Zinsen für Investitionsdarlehen als Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) zur Hälfte hinzugerechnet hat, ist dies rechtmäßig erfolgt.

a. Der Beklagte hat den Hinzurechnungsbetrag korrekt ermittelt. Nach § 8 GewStG werden bei der Ermittlung des Gewerbeertrags generell nur solche Beträge dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet, die bei der Ermittlung des Gewinns einkommensteuerlich abgezogen worden sind. Soweit Zinsaufwendungen nach § 4 Abs. 4a EStG bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen werden dürfen, kommt eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG nicht in Betracht. Dabei sind jedoch nur die nicht abzugsfähigen Zinsaufwendungen aus der Hinzurechnung auszuscheiden, die den dem Grund nach als Dauerschuldzinsen i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG zu qualifizierenden Zinsaufwendungen zuzuordnen sind. Bei der Berechnung bleiben die Zinsen für Investitionsdarlehen unberücksichtigt, da sie nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG uneingeschränkt abzugsfähig sind. Diese Zuordnung der hinzuzurechnenden Schuldzinsen hat der Beklagte mit einem Betrag von 4.026 DM korrekt ermittelt (vgl. auch Hinweise zu Abschn. 46 GewStR 1998; OFD Hannover, GewSt-Kartei ND § 8 GewStG Fach 2 Karte 2).

b. Soweit infolge der Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG die Gewerbesteuer-Rückstellung neu berechnet werden müßte, ist der Senat auch hier der Ansicht, dass der In-sich-Effekt nicht beachtet werden muss. Entsprechend § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 2 EStG nF ist § 4 Abs. 4a EStG auch für Zwecke der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages unberücksichtigt zu lassen (ebenso Seiler in Kirchhof/Söhn, EStG und KStG - Loseblatt -, § 4 Rz. Ea154 a.E.; BMF-Schreiben v. 17. November 2005 BStBl I 2005, 1019, Rz. 21, wonach eine Neuberechnung der Gewerbesteuer-Rückstellung nicht erforderlich, aber auch nicht zu beanstanden ist) .

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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