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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 29.03.2006
Aktenzeichen: 12 K 591/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

12 K 591/02

Tatbestand:

Die Kläger sind Gesellschafter einer GbR. Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung ermittelte der Beklagte abweichend von der Erklärung den privaten Nutzungsanteil für das Kraftfahrzeug eines Klägers der Marke Porsche gemäß § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit 15.132 DM. Das hierzu in Kopie vorgelegte und mit Schreibmaschine erstellte Fahrtenbuch wurde nicht zur abweichenden Ermittlung des privaten Nutzungsanteils herangezogen, weil es nicht ordnungsgemäß geführt worden sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Die Kläger tragen vor, dass die Kilometerangaben in den Werkstattrechnungen nicht exakt seien. Bei der Anmeldung werde der Kilometerstand nicht abgelesen, sondern aus dem Gedächtnis angegeben. Dies erkläre die abweichenden Kilometerangaben im Fahrtenbuch. Das Aufsuchen der Tankstelle sei teilweise nicht eingetragen worden. Es sei aber zu berücksichtigen, dass sich die Tankstelle in einer Entfernung von etwa einem Kilometer von der Garage befinde. Bei geringfügigen Mängeln müsse das Fahrtenbuch anerkannt werden. Das Original-Fahrtenbuch für das Streitjahr liege nicht mehr vor. Man sei aber ebenso verfahren wie im Jahre 1997, für das das Original-Fahrtenbuch vorgelegt worden sei. Hierbei handele es sich um eine Heftung loser DIN-A-4-Seiten. Auf der Grundlage dieser Angaben sei, wie auch für das Streitjahr, eine Reinschrift erstellt worden.

Die Kläger beantragen,

die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns für 1999 erklärungsgemäß vorzunehmen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die private Nutzung des Kraftfahrzeugs zutreffend nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG ermittelt. Ein davon abweichender Nutzungsanteil ist nicht durch die Vorlage eines ordnungsmäßigen Fahrtenbuchs nachgewiesen worden.

1. Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt allerdings, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils (Privatfahrten einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen.

Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und dass es die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergibt.

Die genannten Anforderungen lassen sich in ihren wesentlichen Zügen bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes herleiten.

Danach erfüllt ein "Fahrten"-Buch als Eigenbeleg des Fahrzeugführers begrifflich die Aufgabe, über die mit einem Fahrzeug unternommenen Fahrten Rechenschaft abzulegen. Da die dabei zu führenden Aufzeichnungen eine "buch"-förmige äußere Gestalt aufweisen sollen, verlangt der allgemeine Sprachgebrauch des Weiteren, dass die erforderlichen Angaben in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form festgehalten werden müssen, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt. Lose Notizzettel können daher schon in begrifflicher Hinsicht kein "Fahrtenbuch" sein.

Daraus, dass die erfassten Daten untereinander "ordnungsgemäß" in der vorgenannten Buchform zu verbinden sind, lässt sich zudem entnehmen, dass das Fahrtenbuch die Fahrten geordnet und in ihrem fortlaufenden zeitlichen Zusammenhang wiedergeben muss. Außerdem müssen die geführten Aufzeichnungen eine ordentliche und damit im Wesentlichen eine übersichtliche äußere Form aufweisen.

Aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ergibt sich ferner, dass ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht nur fortlaufend in einer geordneten und geschlossenen äußeren Form, sondern vor allem auch zeitnah zu führen ist.

Ziel ordnungsgemäßer Aufzeichnungen muss es sein, die unzutreffende Zuordnung einzelner Privatfahrten zum beruflichen Nutzungsanteil wie auch deren gänzliche Nichtberücksichtigung im Fahrtenbuch möglichst auszuschließen. Dieser Anforderung wird nur die fortlaufende und zeitnahe Erfassung der Fahrten in einem geschlossenen Verzeichnis gerecht, das aufgrund seiner äußeren Gestaltung geeignet ist, jedenfalls im Regelfall nachträgliche Abänderungen, Streichungen und Ergänzungen als solche kenntlich werden zu lassen.

Eine zeitnahe und geschlossene Dokumentation der Fahrten erlegt dem Steuerpflichtigen nach Lage der Dinge keine unangemessenen Belastungen auf. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der zu führende Belegnachweis sich auf Vorgänge bezieht, die sich allein in der Sphäre des Steuerpflichtigen zugetragen haben und die zu einem späteren Zeitpunkt nur in sehr eingeschränktem Umfang und nur mit erheblichem Ermittlungsaufwand auf ihre richtige Darstellung hin überprüft werden können (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 2005 VI R 27/05, DStR 2006, 409).

2. Die vorgelegten Aufzeichnungen stellen begrifflich kein Fahrtenbuch dar. Sie bieten keine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit.

Die - wie behauptet - aufgrund von Originalaufzeichnungen erstellte Reinschrift ist kein geschlossenes Verzeichnis. Sie wird lediglich durch einen Heftstreifen zusammengehalten. Der Austausch von Seiten, nachträgliche Änderungen, Streichungen und Ergänzungen sind möglich, ohne dass dies erkennbar wird. Wegen Fehlens der Originalaufzeichnungen kann ohnehin nicht sichergestellt werden, dass die Reinschrift dem Original entspricht und die Eintragungen zeitnah erfolgt sind. Sofern die Originalaufzeichnungen wie im Jahr 1997 in Form loser DIN-A-4-Seiten geführt worden sind, schließt dies bereits begrifflich die Beurteilung als Fahrtenbuch aus.

3. Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob die vom Beklagten festgestellten Abweichungen der Kilometerangaben in den Aufzeichnungen von den Angaben in den Werkstattrechnungen, die unterlassene Eintragung von Tankfahrten und die Aufzeichnung lediglich von Fahrtstrecken anstelle von Einzelfahrten der Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs entgegensteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

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