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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 22.04.2008
Aktenzeichen: 12 K 60/04
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 |
Finanzgericht Niedersachsen
Hinweis: Verbundenes Verfahren
Verbundverfahren:
FG Niedersachsen - 22.04.2008 - AZ: 12 K 61/04
Tatbestand:
Streitig ist der Ansatz eines Privatanteils nach der sogenannten 1%-Regelung für die Privatnutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Personenkraftwagens.
Die Kläger sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 1996 bis 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 1996 gewerbliche Einkünfte aus einem Einzelunternehmen für Werkstatteinrichtungen. Ab dem Streitjahr 1997 war er als selbstständiger Handelsvertreter tätig und vertrieb Sonnen- und Designerbrillen. Die in den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre angesetzten gewerbliche Gewinne übernahm der Beklagte für die Veranlagungen unverändert. Der Kläger ermittelte dabei den gewerblichen Gewinn durch Einnahme/Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Nach den Angaben in der Gewinnermittlung für das Streitjahr 1997 erfolgte zum 1. Januar 1997 die Einlage eines PKW des Typs SAAB 9000 in das Betriebsvermögen. Hierbei handelte es sich um den einzigen betrieblichen PKW. Eine private Kfz-Nutzung berücksichtigte der Kläger in den Gewinnermittlungen der Streitjahre nicht.
In der Zeit vom 22. Juli bis zum 27. August 2002 führte der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung durch. Hierbei wurde festgestellt, dass der PKW bereits seit dem Erwerb am 30. Oktober 1996 dem notwendigen Betriebsvermögen des Klägers zugeordnet werden musste. Außerdem wurde bei den geänderten Ermittlungen der Gewinne für die Streitjahre die private Nutzung des PKW nach der Pauschalregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG berücksichtigt. Die anzusetzende Nutzungsentnahme lag in den Streitjahren jeweils unterhalb der in den Gewinnermittlungen ausgewiesenen Kfz-Kosten. Der Kläger konnte für die Streitjahre 1996 bis 1999 kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorlegen. Er hatte zwar über seine Außendiensttätigkeit Aufzeichnungen geführt. Aus den wöchentlich geführten Aufzeichnungen, die als Reisekostenabrechnungen bezeichnet wurden, waren das Datum des jeweiligen Reisetages, die gefahrenen Kilometer, der Beginn und das Ende der Reisetätigkeit, der Standort bei Beginn der Reise, das Reiseziel und die Angaben zu den Tagesspesen sowie zu den sonstigen Reisekosten ersichtlich. Die Reisekostenabrechnungen enthielten aber weder Angaben über den Zweck der Reise noch über die aufgesuchten Geschäftspartner.
Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1997 bis 1999 vom 11. Oktober 2002 und die entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1999 legten die Kläger bzw. der Kläger mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 Einsprüche ein, die jedoch keinen Erfolg hatten.
Mit den vorliegenden Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren aus den Einspruchsverfahren weiter. Zur Begründung wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Ein pauschaler Nutzungswert nach der 1%-Regelung sei nicht anzusetzen, da es sich um ein ausschließlich betrieblich genutztes Kraftfahrzeug handele. Der Nachweis der fehlenden Privatnutzung könne dabei durch jedes zulässige Beweismittel einschließlich des Zeugenbeweises geführt werden. Vorliegend spreche der maßgebliche Beweis des ersten Anscheins gegen eine private Nutzung des betrieblichen PKW. Dem Kläger hätten für die private Nutzung ein eigener PKW (Opel Rekord, Oldtimer) und ein Motorrad (Harley) zur Verfügung gestanden. Auch die Klägerin habe über ein eigenes Fahrzeuge (Audi 80 Cabrio) verfügt. Diese Fahrzeuge seien für die Erledigung sämtlicher Privatfahrten genutzt worden. Der betriebliche PKW sei für die private Nutzung, beispielsweise für Urlaubsfahrten, nicht geeignet, da er vorwiegend dem Transport diene und regelmäßig unsauber sei. Außerdem habe der Kläger die ausschließlich betriebliche Nutzung durch Aufzeichnungen nachgewiesen. Der Ansatz eines Privatanteils verstoße im Übrigen gegen das Prinzip der Übermaßbesteuerung. Für die Entkräftung des für eine Privatnutzung sprechenden Beweises des ersten Anscheins sei nicht erforderlich, dass ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werde. Es genüge vielmehr, dass die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufes dargelegt werde. Entscheidend sei, dass im vorliegenden Fall dem Kläger zu jedem Zeitpunkt ein mindestens gleichwertiges privates Kraftfahrzeug sowie ein Motorrad zur Verfügung gestanden hätten. Darüber hinaus sei für private Zwecke auch das Kraftfahrzeug der Klägerin genutzt worden. Urlaubsreisen seien mit dem Flugzeug angetreten worden. Aus den vorgelegten Reisekostenabrechnungen gehe die ausschließlich betriebliche Nutzung des Kraftfahrzeugs hervor. Auch der BFH weise in seinem Urteil vom 7. November 2006 (VI R 19/05, BFH/NV 2007, 136) darauf hin, dass der Steuerpflichtige zur Entkräftung des ersten Anscheinsbeweises nicht das Gegenteil beweisen müsse. Es genüge vielmehr, dass ein Sachverhalt dargelegt werde, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufes ergebe. Es müssten lediglich Umstände vorliegen, die das Fehlen von Privatfahrten plausibel erschienen ließen. Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf den in der mündlichen Verhandlung nachgereichten Schriftsatz vom 22. April 2008 Bezug genommen. Zur Darlegung der ausschließlichen betrieblichen Nutzung hat der Kläger Bilder über die Beladung des heute genutzten Betriebsfahrzeugs und die vom Finanzamt anerkannten Fahrtenbücher für die Jahre 2000 bis 2007 vorgelegt.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Einkommen- und Umsatzsteuer-Änderungsbescheide vom 11. Oktober 2002 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsbescheide vom 8. und 16. Januar 2004 die Einkommensteuer 1997 bis 1999 sowie die Umsatzsteuer 1996 bis 1999 in der Weise herabzusetzen, die sich ergibt, wenn die 1%-Regelung über die privater (Mit-)Benutzung des betrieblichen Kfz "Saab 9000" rückgängig gemacht wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Zunächst verweist der Beklagte auf seine Einspruchsbescheide. Darüber hinaus begründet der Beklagte seinen Abweisungsantrag wie folgt:
Die bloße Behauptung, ein betrieblicher PKW werde nicht für private Fahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, reiche nicht aus, um von der Anwendung der 1%-Regelung abzusehen. Vielmehr treffe die Kläger die objektive Beweislast, wenn ein nach der Lebenserfahrung untypischer Sachverhalt, wie z.B. die ausschließlich betriebliche Nutzung des einzigen betrieblichen PKW eines Unternehmens, der Besteuerung zugrunde gelegt werden solle. Den Ausführungen der Kläger, dass mit den Reisekostenabrechnungen der Kalenderjahre 1996 bis 1999 die ausschließlich betriebliche Nutzung des PKW nachgewiesen werden könne, könne nicht gefolgt werden. Da mit den vorgelegten Unterlagen Lebensvorgänge dokumentiert würden, die sich allein in der Sphäre des Klägers abgespielt hätten und die zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr oder nur in sehr eingeschränktem Umfange und nur mit erheblichem Ermittlungsaufwand auf ihre richtige Darstellung hin überprüft werden könnten, müssten die Unterlagen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit sie als Beweismittel anerkannt werden könnten. So sei es notwendig, dass die erforderlichen Angaben in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form festgehalten würden, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließe oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lasse. Der Kläger habe die Reisekostenabrechnungen lediglich in loser Form geführt. Des Weiteren müsse der Beklagte die Möglichkeit haben, die Angaben in der Reisekostenabrechnung zu überprüfen. Deshalb seien neben dem Datum der einzelnen betrieblichen Fahrten genaue Angaben über Reiseziel, Reisezweck und aufgesuchte Personen erforderlich, damit eine private Veranlassung der jeweiligen Fahrten ausgeschlossen werden könne. Außerdem sei es nicht ausreichend, nur die am jeweiligen Arbeitstag insgesamt zurückgelegten Kilometer in den Aufzeichnungen zu vermerken. Vielmehr müsse für den Beklagten erkennbar sein, ob zwischen den betrieblich veranlassten Fahrten tatsächlich keine weiteren Fahrten stattgefunden hätten.
Insoweit sei es unverzichtbar, dass der Kilometerstand zu Beginn und Ende der einzelnen betrieblich veranlassten Fahrten festgehalten werde. Da die Reisekostenabrechnungen die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllten, könnten sie nicht als Beweismittel für die ausschließlich betriebliche Nutzung des zum Betriebsvermögen gehörenden PKW anerkannt werden. Auch die Fahrtenbücher für die Folgejahr könnten den Anscheinsbeweis für eine Privatnutzung nicht erschüttern, denn sie beträfen nicht streitbefangene Jahre. Die Beladung mit Musterkoffern stehe einer Privatnutzung ebenfalls nicht entgegen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 2. April 2008 und 14. April 2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klagen sind unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte in den geänderten Einkommensteuerbescheiden 1997 bis 1999 und den geänderten Umsatzsteuerbescheiden 1996 bis 1999 einen Privatanteil für die Nutzung des zum Betriebsvermögen gehörenden PKW auf Grundlage der 1%-Regelung angesetzt ( § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Im Streitfall konnten die Kläger den für eine Privatnutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden normalen PKW sprechenden Beweis des ersten Anscheins nicht entkräften.
a. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1 v.H. des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Davon abweichend kann die private Nutzung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG mit den auf die Privatfahrten entfallenden (tatsächlichen) Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
Die Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG sind durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 in das Einkommensteuergesetz eingefügt worden. Sie bezwecken die vereinfachte Bewertung der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge und enthalten deshalb mit der in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG geregelten so genannten 1%-Methode eine grundsätzlich zwingende, grob typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung. Deren Anwendung kann der Steuerpflichtige nur durch substantiierten Nachweis der privat veranlassten Kraftfahrzeugkosten, d.h. grundsätzlich nur durch Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG vermeiden.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG lediglich eine Regelung über die Bewertung der Privatnutzung enthält, die die tatsächliche Nutzung des betreffenden Wirtschaftsguts zu privaten Zwecken voraussetzt. Diese ist deshalb in jedem einzelnen Fall vor Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG konkret festzustellen. Insofern gelten allerdings die Grundsätze über den Anscheinsbeweis (Beweis des ersten Anscheins oder Prima-facie-Beweis; vgl. BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2005 - VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292 sowie vom 11. Juli 2005 - X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801). Denn die Vorschrift beruht auf dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Pkw auch tatsächlich privat mit benutzt wird, wenn eine derartige Mitbenutzung möglich ist (vgl. BFH-Urteil vom 13. Februar 2002 - X R 23/01, BStBl II 2003, 472 sowie BFH-Beschluss vom 11. Juli 2005 - X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801). Wie der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, reicht daher die bloße Behauptung, der betriebliche Pkw werde nicht für Privatfahrten genutzt, nicht aus, um die Anwendung der 1 v.H. - Regelung auszuschließen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 - III R 59/98, BStBl. II 2000, 273). Auch der Umstand, dass dem Steuerpflichtigen neben dem betrieblichen Pkw weitere Fahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung standen, ist für die grundsätzliche Anwendbarkeit der 1%-Regelung ohne Bedeutung (so der BFH im Urteil vom 13. Februar 2003 - X R 23/01, BStBl. II 2003, 472). Wegen der Möglichkeit der jederzeitigen Reinigung fallen auch verschmutzte, zum Transport verwendete Fahrzeuge nicht aus dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG heraus (BFH-Urteil vom 13. Februar 2003, a.a.O.).
b. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur dann nicht anzuwenden ist, wenn eine Privatnutzung ausscheidet. Der für eine auch private Kfz-Nutzung sprechende Anscheinsbeweis kann entkräftet oder erschüttert werden, ohne dass es hierzu des Beweises des Gegenteils bedarf. Es genügt vielmehr, einen Sachverhalt darzulegen, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt (vgl. BFH-Urteile vom 7. November 2006 - VI R 19/05, BStBl II 2007, 116; vom 15. März 2007 - VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302, jeweils m.w.N.).
Die 1%-Regelung ist nur dann nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige das Kfz ausschließlich für berufliche Fahrten genutzt hat. Diese Frage ist aufgrund einer umfassenden Beweiswürdigung zu beantworten. Auch die damit im Zusammenhang stehende Frage, ob der erwähnte Anscheinsbeweis als erschüttert bzw. entkräftet angesehen werden kann, ist dem Bereich der Beweiswürdigung zuzuordnen (BFH-Beschlüsse vom 4. Juni 2004 - VI B 256/01, BFH/NV 2004, 1416; vom 13. April 2005 - VI B 59/04, BFH/NV 2005, 1300; vom 11. Juli 2005 - X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801; BFH-Urteil in BStBl II 2007, 116, zuletzt bestätigt durch BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2007 - VIII B 212/06, n.v.).
c. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Kläger den für eine Privatnutzung sprechenden Beweis des ersten Anscheins nicht entkräftet oder erschüttet haben. Die vorgebrachten Argumente (Vorhandensein weiterer Fahrzeuge für alle Familienangehörigen, Beladung) und die vorgelegten Reisekostenaufzeichnungen für die Streitjahre und Fahrtenbücher für die Folgejahre stellen keinen Sachverhalt dar, der die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehensablaufs ergibt.
aa. Zunächst handelt es sich bei dem streitbefangenen Pkw Modell SAAB 9000 um einen normalen Pkw, der typischerweise auch privat genutzt wird, und damit nicht um einen Lkw oder eine Zugmaschine, also Fahrzeuge, für die der Erfahrungssatz der privaten Nutzung von vornherein nicht gilt. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Sachverhalt, der dem Urteil des FG Berlin vom 14. August 2006 zugrunde lag (8 K 8004/04, n.v.; betr. Mercedes Vito; bestätigt durch BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2007 - VIII B 212/06, BFH/NV 2008, 210). Das FG kam hier zu der Überzeugung, dass es sich der Funktion nach um einen Lastkraftwagen handelt, für den angesichts weiterer vorhandener Privatfahrzeuge von einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung ausgegangen werden kann.
bb. Die Beladung mit Musterkoffern führt ähnlich wie die Verschmutzung nicht dazu, dass zum Transport verwendete Fahrzeuge aus dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ausscheiden. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung erläuterte, ist eine vollständige Entladung zwar körperlich anstrengend, aber erforderlichenfalls in einer halben Stunde möglich. Allein wegen dieser Möglichkeit der jederzeitigen Entladung steht die nahezu vollständige Beladung mit Musterkoffern dem für eine Privatnutzung sprechenden Anscheinsbeweis nicht entgegen.
cc. Allein die bloße Behauptung der ausschließlichen betrieblich Nutzung ist nicht ausreichend (BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 - III R 59/98, BStBl. II 2000, 273). Auch die Darstellung, Privatfahrten seien mit anderen Fahrzeugen gemacht worden und zu den Urlaubsorten sei man mit dem Flugzeug gelangt, schließen nach ständiger Rechtsprechung die Anwendung der 1%-Regelung nicht aus (so der BFH im Urteil vom 13. Februar 2003 - X R 23/01, BStBl. II 2003, 472). Dies gilt nach Überzeugung des Senats umso mehr, als im Streitfall der Kläger über weitere Fahrzeuge verfügt (Oldtimer, Audi 80 Cabrio, Motorrad), die nicht für alle Anlässe von Privatfahrten gleich gut geeignet sind (z.B. Privatumzug, Familienurlaub, private Transporte, Fahrten im Winter).
Auch aufgrund der vorgelegten Reisekostenunterlagen konnte der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger den SAAB 9000 in den Streitjahren ausschließlich betrieblich genutzt hat. Um auf eine ausschließliche betrieblichen Nutzung schließen zu können, müsste sich aus den Reisekostenunterlagen nahezu lückenlos eine durchgehende betriebliche Nutzung ergeben. Dieses ist gerade nicht der Fall. Aus den gemachten Aufzeichnungen ist nicht einmal klar erkennbar und schon gar nicht nachprüfbar, dass die jeweilige Fahrt überhaupt einen betrieblichen Zweck hatte. Angaben hierzu fehlen gänzlich. Da auch der jeweilige Kilometerstand bei Beginn und Ende einer betrieblichen Fahrt nicht festgehalten wurde, kann selbst bei unterstelltem betrieblichen Anlass jeder einzelnen Fahrt nicht ausgeschlossen werden, dass zwischen den betrieblichen Fahrten auch mindestens vereinzelte Privatfahrten stattgefunden haben. Zwar müssen die Aufzeichnungen nicht die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuches erfüllen (anders FG Nürnberg, Urteil vom 26. April 2007 - IV 299/2006, n.v.; Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 54/07) mit der Folge, dass ggf. über die lose Heftung der Blätter hinweggesehen werden könnte. Nicht entbehrlich zur Erschütterung des Anscheinsbeweises sind jedoch die Angaben zum betrieblichen Zweck jeder Fahrt und zum Kilometerstand. Da diese Angaben fehlen, kann das Gericht nicht von einem atypischen Geschehensablauf ausgehen.
dd.
Schließlich führen auch die für die Folgejahre geführten und vom Beklagten steuerlich anerkannten Fahrtenbücher nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar dokumentieren diese Fahrtenbücher auf den ersten Blick eine ausschließliche betriebliche Nutzung des zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw. Abgesehen davon, dass diese Fahrtenbücher jedoch nicht die Streitjahre betreffen und die Verhältnisse dieser Folgejahre nicht notwendigerweise mit denen der Streitjahre überstimmen müssen, hat der Senat im Gegensatz zum Beklagten auch Zweifel an der zeitnahen Erstellung der Fahrtenbücher und der inhaltlichen Richtigkeit der hier gemachten Angaben. So erweckt das Schriftbild den Anschein, als habe der Kläger die Eintragungen für mehrere Tage und Wochen in einem Zuge nachgeholt, ggf. anhand der Anschreibungen in seinem Kalender. Eine stichprobenweise Überprüfung der Kilometerangaben hat zudem ergeben, dass in einzelnen Fällen die Kilometerangabe weit überhöht und in anderen deutlich zu niedrig ist im Vergleich zu den Entfernungen laut Routenplaner.
Beispielhaft angeführt werden insoweit aus dem "Fahrtenbuch 2001":
Datum | Ort | gefahrene km | km/Routenplaner |
15. Januar | Rahden | 345 | 200 |
18. Januar | Hildesheim | 225 | 120 |
5. Februar | Herford | 214 | 180 |
6. Februar | Bielefeld | 208 | 210 |
9. März | (Stift) Quernheim | 120 | 180 |
19. April | Braunschweig | 128 | 160 |
24. April | Peine | 101 | 110 |
26. April | Köln | 358 | 290 |
30. April | Köln | 361 | 290 |
(Fahrten in Köln zusätzlich angegeben) | |||
12. Juni | Hildesheim | 171 | 120 |
29. Juni | Hildesheim | 196 | 120 |
25. Juli | Chemnitz | 487 | 400 |
27. Juli | Chemnitz | 488 | 400 |
(Fahrten in Chemnitz zusätzlich angegeben) |
Die sich hieraus ergebenden Zweifel konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht ausräumen. Eine Erschütterung des Anscheinsbeweises für die Streitjahre konnte sich insoweit deshalb ebenfalls nicht ergeben.
Im Ergebnis bleibt es auch bei der vom Gericht unterstellten sehr hohen betrieblichen Nutzung des Betriebs-Pkw, die typischerweise bei einem Handelsvertreter anfällt, bei der für den Kläger ungünstigen Anwendung der 1%-Regelung. Dies führt jedoch nicht zu einer Übermaßbesteuerung, denn die gesetzliche Regelung bietet das Führen eines Fahrtenbuches an, um ungünstige Folgen der Pauschalregelung zu vermeiden. Da der Kläger für die Streitjahre von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, muss er die Folgen der groben Typisierung tragen.
Nach alledem konnten die Klagen keinen Erfolg haben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Ende der Entscheidung
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