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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: 13 K 330/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 35a Abs. 2 S. 5
Nachweiserfordernisse nach § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG.
Finanzgericht Niedersachsen

13 K 330/07

Tatbestand:

Die Klägerin ließ im Streitjahr 2006 die Fenster und Haustürflächen streichen. Hierfür erhielt sie eine Rechnung über 913,20 EUR. Nach Abzug eines Skontobetrags in Höhe von 13,20 EUR zahlte sie am 12. Oktober 2006 dem Handwerker in bar einen Betrag in Höhe von 900 EUR aus. Der Handwerker zahlte am 13. Oktober 2006 einen Betrag in Höhe von 900 EUR auf sein Geschäftskonto bei der Volksbank O Nr. xxxxxxx ein.

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 erging am 15. März 2007. Am 29. März 2007 legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte, haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 913 EUR zu berücksichtigen. Die Klägerin legte eine Bestätigung des Handwerkers und einen Kontoauszug des Geschäftskontos des Handwerkers vor, der für den 13. Oktober 2006 eine Einzahlung in Höhe von 900 EUR auswies. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass es Sinn und Zweck des § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG sei, "Schwarzgeldzahlungen" zu vermeiden. Eine Schwarzgeldzahlung sei hier nicht gegeben, weil der Malermeister noch am selben Tag den Betrag auf sein Geschäftskonto eingezahlt habe. Die Klägerin habe auf das Konto des Handwerkers gezahlt, wenngleich die Zahlung über die Person des Handwerkers erfolgt sei. Der Sinn und Zweck des § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG sei damit erfüllt.

Mit Einspruchsbescheid vom 18. Juni 2007 wurde der Einspruch zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 35a Abs. 2 EStG seien nicht erfüllt. Die vorgelegte Rechnung enthalte keine Aufteilung zwischen Materialkosten und Arbeitsstunden. Materialaufwendungen seien nicht begünstigt. Die Barzahlung sei nach dem Wortlaut des § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG nicht begünstigt. Sie würde auch nicht dem Gesetzeszweck entsprechen, weil Barzahlungen von der Steuervergünstigung ausgeschlossen werden sollten. Der Nachweis der Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers sei materiell-rechtliche Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung der Aufwendungen. Dementsprechend habe der Bundesminister der Finanzen in dem Anwendungsschreiben vom 3. November 2006 klargestellt, dass Barzahlungen nicht anerkannt werden könnten.

Mit am 17. Juli 2007 erhobener Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Die Klägerin reichte eine Zweitausfertigung der Rechnung ein, in der nunmehr zwischen Lohn und Material unterschieden wurde. Der Lohnanteil wurde mit 766,77 EUR brutto angegeben.

Die Klägerin trägt vor, dass das Geld nachweislich auf das Geschäftskonto des beauftragten Handwerksunternehmens geflossen sei. Die Steuerermäßigung setze den Nachweis der Aufwendungen durch Vorlage der Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der haushaltsnahen Dienstleistungen voraus. Die Voraussetzungen seien erfüllt.

Die Klägerin beantragt,

die mit Bescheid vom 15. März 2007 festgesetzte Einkommensteuer 2006 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2007 aufzuheben und den Betrag in Höhe von 153,35 EUR als haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35a Abs. 2 EStG in Abzug zu bringen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG sei Voraussetzung für die Steuerermäßigung, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage der Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der haushaltsnahen Dienstleistungen durch Beleg des Kreditinstituts nachweise. Die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers sei materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerermäßigung. Hiermit könne nur die direkte Einzahlung auf das Konto des Leistungserbringers durch den Leistungsempfänger gemeint sein. Denn anderenfalls stände es im Ermessen des Leistungserbringers, ob er die in bar geleistete Zahlung ordnungsgemäß verbuche oder aber "schwarz" vereinnahme. Genau diese Möglichkeit habe der Gesetzgeber durch § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG vermeiden wollen.

Die Zahlung der Klägerin sei unstreitig in bar erfolgt. Ob der Betrag anschließend vom Leistungserbringer auf sein Konto eingezahlt worden sei oder nicht, sei nicht mehr von Belang.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Nach § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG ist Voraussetzung für die Steuerermäßigung nach § 35a EStG, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Handwerkerleistung durch Beleg des Kreditinstituts nachweist.

Für den verlangten Nachweis reicht es nicht aus, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Handwerkerleistung bar bezahlt worden ist und außerdem durch einen Kontoauszug vom Geschäftskonto des Handwerker belegt wird, dass der Betrag zeitnah auf dem Konto des Handwerkers eingezahlt worden ist.

Schon die grammatikalische Auslegung spricht gegen das von der Klägerin vertretene Ergebnis. Denn nach dem Gesetzeswortlaut muss der Steuerpflichtige "die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Handwerkerleistung" nachweisen. Hierbei kann es sich - wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat - nur um die Zahlung des Steuerpflichtigen auf das Konto des Erbringers handeln. Das Gesetz geht ersichtlich von der Verknüpfung des Begriffs "Steuerpflichtiger" mit dem Begriff "Zahlung" aus. Auch die statuierte Nachweispflicht durch einen Beleg des Kreditinstituts spricht für dieses Verständnis. Denn regelmäßig wird es so sein, dass der Steuerpflichtige nur einen Bankbeleg für die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers wird vorlegen können, wenn er die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers (z.B. durch Überweisung) vorgenommen hat. Die im vorliegenden Fall gegebene Situation, dass der Handwerker dem Kunden seinen Kontoauszug zur Verfügung stellt, wird sich auf seltene Ausnahmefälle beschränken. Bei der Formulierung des Gesetzestextes dürfte der Gesetzgeber von einem solchen Ausnahmefall kaum geleitet worden sein. Vielmehr erschließt sich aus der Formulierung des Gesetzes, dass der Gesetzgeber als maßgeblichen Lebenssachverhalt die Zahlung von einem Konto des Steuerpflichtigen auf ein Konto des Leistungserbringers vor Augen hatte. Diesen Vorgang wollte er zur Voraussetzung für die Steuerermäßigung nach § 35a EStG machen.

Aus dem Gesetzeswortlaut ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, auch Fälle einer Barzahlung mit anschließender Einzahlung des bar erhaltenen Betrags durch den Handwerker in den Begünstigungstatbestand einzubeziehen. Die Formulierung "Zahlung auf das Konto des Erbringers" spricht nach Auffassung des Senat deutlich dafür, dass der Gesetzgeber Barzahlungen bewußt aus dem Anwendungsbereich der Steuervergünstigung ausnehmen wollte. Dies gilt unabhängig davon, wie der Handwerker den Barbetrag anschließend verwendet. Hätte der Gesetzgeber auch Fallgestaltungen der vorliegenden Art begünstigen wollen, wäre eine andere Gesetzesformulierung erforderlich gewesen, die eine Barzahlung zumindest in den Fällen zulässt, in denen nachgewiesen wird, dass die Beträge auf das betriebliche Konto des Handwerkers gelangt sind. Mit der Formulierung "Zahlung auf das Konto des Erbringers" werden solche Vorgehensweisen aus dem Anwendungsbereich des § 35a Abs. 2 EStG generell herausgenommen. Eine "Zahlung auf das Konto des Erbringers" hat die Klägerin nicht erbracht. Deshalb sind die Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG nicht erfüllt.

Mit den Nachweisanforderungen in § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG wollte der Gesetzgeber vereinfacht ausgedrückt ein "Erfordernis der unbaren Bezahlung" in das Gesetz einführen. Nur wenn dieses Verständnis des Gesetzes zugrunde gelegt wird, ist die weitere Voraussetzung, dass die Zahlung durch einen Beleg des Kreditinstituts nachgewiesen werden muss, nachvollziehbar. Ein Beleg des Kreditinstituts macht als Nachweis für die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers nur Sinn, wenn auf dem Beleg ein Hinweis auf das Konto des Leistungserbringers verzeichnet ist. Dies ist regelmäßig nur bei unbarer Zahlung gegeben. Bei der Abhebung eines Barbetrags wird auf dem Kontoauszug die weitere Verwendung des Geldes nicht dokumentiert, so dass der von dem Gesetzgeber geforderte Verwendungsnachweis nicht beigebracht werden kann.

Angesichts dieser Gesetzeslage wollte der Gesetzgeber die baren Zahlungen an den Handwerker nicht ausreichen lassen. Diese Ansicht ist in Rechtsprechung und Literatur unstreitig (Urteil des FG Münster vom 18. Januar 2006 1 K 4132/04 E, EFG 2006, 895; Lehr, Die Information 2006, 460 (463); Plenker, Der Betrieb 2004, 564 (565); Ehrhard in Blümich, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer - Kommentar, § 35a Rz. 62; Frotscher in Frotscher, Einkommensteuergesetz - Kommentar, § 35a Rz. 24; Nagler in Korn, Einkommensteuergesetz - Kommentar, § 35a, Rz. 27; Eversloh in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 35a Rz. 89; Gosch in Kirchhof, EStG KompaktKommentar, 7. Auflage, § 35a Rz. 10; vgl. auch Tz. 36 des BMF-Schreibens vom 26. Oktober 2007, Der Betrieb 2007, 2450).

Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen ebenfalls für diese Auslegung. Die Klägerin hat zutreffend ausgeführt, dass die Vorschrift des § 35a Abs. 2 EStG dazu dient, die Schwarzarbeit in diesem Bereich zu bekämpfen (vgl. BT-Drucks. 15/91 Seite 19). Zur Erreichung dieses Zwecks hat der Gesetzgeber formalisiert die Einhaltung eines unbaren Zahlungsvorgangs vorausgesetzt. Nach der Lebenserfahrung erfolgt die Entlohnung für Schwarzarbeit regelmäßig in Form der Barzahlung. Deshalb durfte der Gesetzgeber zur Eindämmung der Schwarzarbeit typisierend einen unbaren Zahlungsvorgang verlangen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Geltendmachung der haushaltsbezogenen Handwerkerleistungen ein Massenphänomen ist, und dass die Festlegung von eindeutigen, leicht nachprüfbaren Nachweisvoraussetzungen die Nachvollziehbarkeit der Zahlungvorgänge erleichtert und dem Gesetzeszweck dient (Urteil des FG Münster vom 18. Januar 2006 1 K 4132/04 E, EFG 2006, 895). Daher wird nicht schon jede Zahlungsweise, mit der die steuerliche Nichterfassung beim Handwerker vermieden wird, anerkannt, sondern nur die unbare Zahlung.

Es mag durchaus sein, dass auch bei der Vorgehensweise der Klägerin die steuerliche Erfassung der Zahlung beim Handwerker im konkreten Fall wahrscheinlich war. Eine solche Erfassung ist aber ebenso wahrscheinlich, wenn die Bezahlung in bar gegen Quittung erfolgt und nach Geltendmachung beim Wohnsitz-Finanzamt des Steuerpflichtigen eine entsprechende Kontrollmitteilung gefertigt wird. Die bloße Vermeidung von "schwarz" vereinnahmten Beträgen hat noch nicht automatisch die Anerkennung der Beträge im Rahmen des § 35a EStG zur Folge. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Steuerpflichtige den vom Gesetzgeber vorgesehenen Zahlungsweg eingehalten hat. Das ist bei der Klägerin nicht gegeben.

Hinzu kommt, dass bei der Vorgehensweise der Klägerin auch nicht sichergestellt ist, dass die Zahlung ordnungsgemäß beim Empfänger erfasst wird. Während bei einer Überweisung auf das Konto des Handwerkers durch den Text der Überweisung und den Hinweis auf das Konto des Auftraggebers für die Finanzverwaltung nachprüfbar ist, ob es sich bei dem überwiesenen Betrag um einen Geschäftsvorfall gehandelt hat, steht der Finanzverwaltung diese Möglichkeit bei der Vorgehensweise der Klägerin nicht zur Verfügung. Denn auf dem Geschäftskonto des Handwerkers erscheint in diesem Fall nur die nichtssagende Aussage "Einzahlung". Eine Rückverfolgung des eingezahlten Betrags ist unmöglich. Die Finanzverwaltung ist in diesem Fall darauf angewiesen, dass der Handwerker den Betrag ordnungsgemäß als betriebliche Einnahme und nicht als Einlage aus seinem Privatvermögen erfasst. Würde man die von der Klägerin praktizierte Vorgehensweise akzeptieren, so stände es - wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat - im Belieben des Leistungserbringers, ob er die in bar geleistete Zahlung ordnungsgemäß verbucht oder aber "schwarz" vereinnahmt.

Es ist noch nicht einmal sichergestellt, ob die am 13. Oktober 2006 auf das Geschäftskonto eingezahlten 900 EUR tatsächlich von der Klägerin stammen. Für die Finanzverwaltung und das Gericht ist es nicht nachprüfbar, ob der Handwerker im zeitlichen Zusammenhang mit der Zahlung der Klägerin noch weitere Beträge bar vereinnahmt hat und ob die 900 EUR ggf. aus diesen anderweitigen Beträgen stammen. Auch deshalb ist die von der Klägerin vorgenommene Barzahlung schädlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Es existiert keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Nachweisanforderungen des § 35a Abs. 2 Satz 5 EStG. Dem Senat ist aus anderen Verfahren bekannt, dass vielfach unterschiedliche Auffassungen über den Bedeutungsgehalt der Vorschrift bestehen.

Ende der Entscheidung

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