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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 24.03.2009
Aktenzeichen: 15 K 11642/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 6 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Baumschulkulturen der Klägerin als sonstige Ziergehölze oder als Heckenpflanzen im Sinne des sog. Baumschulenerlasses (BMF, Erlass vom 21. März 1997, BStBl. I 1997, 369) zu bewerten sind.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der oHG eine Baumschule. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Den Gewinnermittlungen liegt ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis 30. Juni zugrunde.

Im Februar 1999 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung O. statt, die das Jahr 1996 umfasste. Dabei stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin seinerzeit eine Fläche von 59,44 ha selbst bewirtschaftete. Die Bewertung des Pflanzbestandes zum 30. Juni 1997 wurde wie folgt korrigiert:

 Fläche (ha)Hektaransatz (DM)Bilanzansatz bisher (DM)Bilanzansatz nach Prüfung (DM)
Rhododendren    
Bisher2,727.80075.060 
Laut Ap.5,293027.800 147.145
Ziergehölze    
Bisher22,254120.200449.533 
Laut Ap.21,502320.200 434.346
Davon bisher Container (+ 20 v. H.)0,27254.0401.100 
Laut Ap.3,11434.040 12.582
Heckenpflanzen    
Bisher14.55559.100132.455 
Laut Ap.21.18339.100 192.768
Davon bisher Container (+ 20 v. H.)0,81751.8201.487 
Laut Ap.0,58641.820 1.067
Summe47,9786 659.635787.909

Über die im Bericht vom ... 1999 dokumentierten Feststellungen wurde Übereinstimmung erzielt. Der geänderte Bescheid über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung 1996 vom ... 1999 wurde bestandskräftig.

In den folgenden Jahren 1997 bis 2001 führte der Beklagte die gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungen zunächst antragsgemäß durch und erließ entsprechende Feststellungsbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit von Juli bis Oktober 2003 fand für diese Jahre erneut eine Außenprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung O. statt. Dabei wurde eine von der Klägerin selbst bewirtschaftete Fläche von etwa 60 ha ermittelt. Der Prüfer stellte dabei u.a. fest, dass die Klägerin in großem Umfang Pflanzen kultiviere wie z.B. Thuja, Taxus und Scheinzypressen in verschiedenen Größen bis 350 cm, die von den Endabnehmern auch zur Anpflanzung von Hecken zwecks Grundstücksabgrenzung verwendet würden. Der Verkauf erfolge nach zwei- bis dreimaliger Verpflanzung mit Ballen. Diese Kulturen seien von der Klägerin zu unrecht als Heckenpflanzen im Sinne des Baumschulenerlasses eingestuft und mit einem Hektarsatz von 11.800 DM bzw. 5.900 EUR bewertet worden. Tatsächlich handele es sich um sonstige Ziergehölze, so dass ein ha-Richtsatz von 26.300 DM/13.150 EUR anzusetzen sei. Wegen der Einzelheiten der Ermittlung der anzusetzenden Buchwerte für diese Kulturen für die Bilanzstichtage vom 30. Juni 1998 bis zum 30. Juni 2002 wird auf Textziffer 24 des Berichts vom ... 2004 hingewiesen.

Der Beklagte folgte den Ausführungen des Außenprüfers und erließ für die Jahre 1997 bis 2001 am ... 2004 geänderte Gewinnfeststellungsbescheide. Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass die vom Außenprüfer der Bewertung zugrunde gelegte Auffassung über die Abgrenzung von Heckenpflanzen einerseits und sonstigen Ziergehölzen andererseits keine Grundlage im Baumschulenerlass finde. Des Weiteren sei in der Zusammensetzung der Pflanzenkulturen gegenüber vor zwölf Jahren keine Veränderung eingetreten. Schon damals seien die Richtsätze der Finanzverwaltung angewendet worden. Aus welchen Gründen diese Bewertung nun in Zweifel gezogen werde, sei nicht nachvollziehbar. Es sei Vertrauensschutz eingetreten.

Der Beklagte befragte zunächst den Außenprüfer der Vorprüfung. Dieser erklärte, bei der Vorprüfung seien lediglich 10 ha von der Klägerin seinerzeit als Heckenpflanzen eingestufte Bestände umbewertet worden, weil er auf Grund einer damals getroffenen mündlichen Vereinbarung davon ausgegangen sei, dass die Klägerin die weitere erforderliche Umbewertung in den Folgejahren vornehmen werde. Hieran habe sich die Klägerin aber nicht gehalten sondern im Gegenteil zum 30. Juni 1998 die vorgenommene Umbewertung im Umfang von etwa 5 ha wieder zurückgenommen.

Der vom Außenprüfer seinerzeit eingeschaltete amtliche gärtnerische Sachverständige H. teilte am ... 2003 mit, dass der Erlass als Heckenpflanzen solche bezeichne, die üblicherweise als Massenartikel gezogen werden, nicht jedoch Solitärsträucher und Heckenpflanzen, die im extra weiten Stand kultiviert werden. Nach den Gütebestimmungen für Baumschulpflanzen der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. werden Heckenpflanzen als baum- bis strauchartig wachsende Gehölze definiert, die durch ihre Wuchsform und Schnittverträglichkeit für geschnittene Hecken geeignet sind. Dabei würden zwei Gruppen unterschieden: zum einen die einmal verpflanzten, die nach dem Verpflanzen höchstens zwei Vegetationsperioden Standzeit aufweisen dürfen; zum anderen die drei- oder mehrmals verpflanzten aus extra weitem Stand, die mit Ballen oder im Container geliefert werden.

In der Regel würden nach Auffassung des Gutachters im Ammerland Heckenpflanzen angebaut (insbesondere Thuja und Scheinzypressen), die mehr als einmal verpflanzt würden, daher größer seien und mit größerem Abstand kultiviert und als Ballen- oder Containerware veräußert würden. Dennoch sei im Einzelfall zu prüfen, ob ggf. nur einmal verpflanzte Massenartikel gezogen würden, die üblicherweise ohne Ballen veräußert würden. Diese seien dann mit dem geringeren Wert anzusetzen. Alle übrigen, insbesondere größere Ballen- oder Containerpflanzen über 125 cm, seien als sonstige Ziergehölze zu bewerten.

Die weiteren Nachprüfungen des Beklagten ergaben, dass die Klägerin regelmäßig in der Wochenzeitung T. inserierte und "Solitärpflanzen in großem Sortiment" u.a. Thuja anbot. Auf der webside der Klägerin warb sie für Herbst bis Frühjahr 2005 mit größeren Solitärpflanzen. Einen Hinweis auf kleinere, in Massen gezogene Heckenpflanzen gab es auch dort nicht.

Der Einspruch blieb erfolglos. Zur Begründung wies der Beklagte im Einspruchsbescheid darauf hin, dass durch den Erlass des BMF vom 9. Januar 1991 (BStBl. I 133) klargestellt worden sei, dass nur Heckenpflanzen, die üblicherweise als Massenartikel gezogen werden, nicht jedoch Solitärsträucher und Heckenpflanzen, die im extra weiten Stand kultiviert würden, mit dem geringen Wert von 9.100 DM/ha bewertet werden dürften. Hierdurch werde klargestellt, dass die genannten Pflanzen, die in extra weitem Stand kultiviert würden, auch dann nicht derart bewertet werden dürften, wenn es sich um Heckenpflanzen handele, die üblicherweise als Massenartikel gezogen würden. Aus dem im Vergleich zu den übrigen Hektarsätzen ergebe sich, dass es sich dabei um Kulturen handeln müsse, die mit deutlich geringerem Aufwand bearbeitet wurden und die Pflanzen dementsprechend einen erheblich niedrigeren Wert hätten. Dabei könne es sich daher nur um einmal verpflanzte Jungpflanzen handeln, die nach dem Verpflanzen allenfalls zwei Vegetationsperioden Standzeit aufwiesen. Nur diese würden in sehr engem Stand kultiviert und regelmäßig gebündelt und wurzelnackt, eben als Massenartikel, verkauft. Derartige Pflanzen würden aber nach den Ermittlungen des Beklagten von der Klägerin nicht vertrieben. Vertrauensschutzgesichtspunkte könne die Klägerin wegen der Vorprüfung nicht geltend machen.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, die vom Beklagten vertretene Auffassung, Massenartikel lägen nur bei Jungpflanzen vor, die nach dem Verpflanzen allenfalls zwei Vegetationsperioden Standzeit aufwiesen und daher in sehr engem Stand kultiviert und regelmäßig gebündelt und wurzelnackt verkauft würden, sei durch den Erlass nicht gedeckt. Dem für den Streitfall einschlägigen Erlass seien Vorgängerregelungen vorangegangen, wonach zwischen Heckenpflanzen und sonstigen Ziergehölzen aller Art differenziert worden sei. Grundvoraussetzung für die Einordnung als sonstige Ziergehölze sei gewesen, dass es sich nicht um Heckenpflanzen gehandelt habe. Dem übereinstimmend habe die Klägerin ihre Bestände schon immer den Heckenpflanzen, die üblicherweise als Massenartikel gezogen werden, zugeordnet, was vom Beklagten auch immer unbeanstandet geblieben sei. Im Übrigen seien Ziergehölze aller Art, Solitärpflanzen und im extra weiten Stand kultivierte Heckenpflanzen nur Einzelexemplare, die besonders charakteristisch und ausdrucksvoll gewachsen und voll garniert seien. Für sie seien daher besonders kostenintensive Kultivierungsmaßnahmen erforderlich, nämlich die intensive Anwendung von Veredelungstechniken in der Aufzucht, häufige Beschneidungen, die Ausnutzung der vorhandenen optimalsten Boden- und Lichtverhältnisse des Baumschulbetriebs und weitläufige Verpflanzungen, welche die Entwicklung der für die Pflanzen charakteristischen Eigenschaften nach allen Seiten förderten und gewährleisteten. Im Gegensatz dazu sollten Heckenpflanzen im Verbund wirken. Ihre Aufzucht sei erheblich kostengünstiger, weil die Aufzucht durch Aussaat und Stecklingen erfolge und weitläufige Verpflanzungen nicht erforderlich seien.

Auf die gerichtliche Verfügung vom ... 2008 erklärte die Klägerin zu ihren Anpflanzungen Folgendes:

Die Klägerin bewirtschafte zurzeit etwa 58 Hektar. Rund 46 Hektar seien mit Heckenpflanzen bepflanzt. Auf rund 29 Hektar würden zurzeit Heckenpflanzen, die üblicherweise als Massenartikel gezogen würden, ausgenommen Solitärsträucher und Heckenpflanzen in einem extra weiten Stand - gezüchtet. Heckenpflanzen, die lediglich bislang nur einmal verpflanzt worden seien, seien in diesem Bestand nicht enthalten. Diese Verhältnisse seien grundsätzlich annähernd auf die Verhältnisse in den Streitjahren übertragbar.

In der mündlichen Verhandlung führte die Klägerin ergänzend aus, dass sie auf einer Fläche von etwa 1/2 bis 1 Hektar selbst kleine Heckenpflanzensetzlinge durch Aussaat bzw. Aufpflanzung von Stecklingen heranzüchte. Dieser Bestand reiche, um etwa 40 bis 50 v.H. der benötigten Setzlinge zu erzeugen, der Rest werde von Betrieben in Schleswig-Holstein zugekauft. Die Setzlinge würden dann in einem Abstand gepflanzt bzw. umgepflanzt, der so bemessen sei, dass die Pflanzen bei einer Pflanzperiode von zwei bis drei Jahren sich am Ende der Periode entweder berührten oder teilweise auch ineinander wüchsen. Auch die Aussaat bzw. das Setzen der Stecklinge würde in einem solchen Abstand erfolgen; dies sei auch in den Betrieben in Schleswig-Holstein so. Am Ende der Pflanzperiode würden die dann aneinander bzw. ineinander gewachsenen Pflanzen in der Weise ausgedünnt, dass jede zweite Pflanze entfernt würde, um sie entweder zu verkaufen oder umzusetzen. Bezogen auf die Gesamtfläche der mit Heckenpflanzen bepflanzten Flächen könne man im Schätzwege davon ausgehen , dass etwa 1/3 des Pflanzbestands zu jedem Bewertungsstichtag bereits aneinander- bzw. ineinander gewachsen sei. Eine genaue Planung des Zyklus der Pflanzungen und Umpflanzungen sei allerdings nicht möglich, weil das künftige Wuchsverhalten der Pflanzen von den Witterungsumständen abhängig sei.

Die Auffassung des Beklagten, eine Umbewertung eines Pflanzbestandes, der ursprünglich in extra weitem Stand angepflanzt worden sei, mit dem günstigeren Wert für Heckenpflanzen wegen des zwischenzeitlichen Zusammenwachsens, sei nicht zulässig, weil dies auf eine Reduzierung der pauschal ermittelten zu aktivierenden Anschaffungs- und Herstellungskosten führe, sei nicht schlüssig, weil mit den Ansätzen eine Hektarbewertung erfolge und nach der Ausdünnung bezogen auf die Fläche weniger Pflanzen verbleiben würden. Auch der Erlassgeber ginge im Übrigen von einer solchen Umbewertung aus, wie sich dem Beispiel zur Bildung einer Rücklage nach Tz. 3 bei Änderung der Hektar-Werte im BMF-Schreiben vom 10. August 2006 IV C 2 - S 2163-3/06 ergebe.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung 1997 bis 1999 vom ... 2004 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom ... 2004 zu ändern und die festgestellten Gewinne um die Gewinnauswirkungen zu Textziffer 24 des Berichts des Finanzamts für Großbetriebsprüfung vom ... 2004 zu mindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest. Ergänzend weist er darauf hin, dass der Erlass deshalb zwischen sonstigen Ziergehölzen aller Art und Heckenpflanzen differenziere, weil die Pflanzenart und die Kulturmethode unterschiedlich sei. Heckenpflanzen im Sinne des Erlasses seien schnittverträgliche Pflanzen, die überwiegend ausgesät oder als Stecklinge gezogen bzw. Steckholz vermehrt würden. Sie würden in großen Stückzahlen als Massenartikel in Reihen aufgepflanzt und nach zwei bis drei Jahren wurzelnackt vermarktet. Die Marktpreise für diese jungen und relativ kleinen Pflanzen seien gering. Dies bedinge die Anzuchtmethode, die starke Mechanisierung und die Vermarktung in großen Stückzahlen, z.B. in Bünden mit fünfzig oder einhundert Pflanzen. Im Gegensatz zu den wurzelnackten Pflanzen, die mit vier bis sechs Pflanzen pro laufendem Meter gepflanzt würden, würden große Solitärsträucher sehr viel weiter gepflanzt, je nach Größe und Art mit einem Meter Abstand oder mehr. Sträucher und Pflanzen im extra weiten Stand würden nach dem BMF-Schreiben auch dann nicht als Heckenpflanzen bewertet, wenn es sich grundsätzlich um solche handele. Nach der Zielsetzung des Baumschulenerlasses solle die Pflanzenbewertung weitestgehend vereinfacht werden. Relevant seien deshalb nur die im Erlass für die Abgrenzung heranzuziehenden Faktoren, nämlich die Weite des Pflanzabstands und die angestrebte Vermarktungsform. Andere Faktoren - wie die von der Klägerin benannten - müssten bei der typisierenden Bewertung außer Betracht bleiben.

Das Gericht hat mit Verfügung vom ... 2008 die Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e. V. gebeten, zur Frage der Kultivierung von Pflanzen im extra weiten Stand Stellung zu nehmen, und hierzu auf ihre Gütebestimmungen Punkt 2.4.3.1 hingewiesen. Die FLL teilte mit, dass sie hierzu keine Auskünfte erteilen könne.

Mit Beschluss vom ... 2008 hat das Gericht beschlossen, über folgende Fragen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben:

(1) Welche Heckenpflanzen werden üblicherweise als Massenartikel gezogen?

(2) Wodurch unterscheidet sich die Aufzucht von Heckenpflanzen, die üblicherweise als Massenartikel gezogen werden, von der von Heckenpflanzen, die nicht als Massenartikel gezogen werden?

(3) Wann werden Heckenpflanzen als Massenartikel im extra weiten Stand kultiviert und wodurch zeichnet sich die Kultivierung im extra weiten Stand von einer solchen im weiten oder normalen Stand aus?

(4) Ist es möglich, Heckenpflanzen, die eigentlich im extra weiten Stand kultiviert werden müssten, in einem geringeren Stand zu kultivieren?

Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Gutachten zum Pflanzabstand und der Definition von Hecken als Massenware oder Solitär im Rahmen der pauschalierten Bewertung für das Finanzamt vom ... 2008, Seite 24 ff. verwiesen.

Der Beklagte hat zu den Ergebnissen im Gutachten Folgendes entgegnet:

Bei den im BMF-Schreiben vom 21. März 1997 mit einem Richtsatz von nur 11.800 DM aufgeführten Heckenpflanzen müsse es sich wegen des im Vergleich zu dem Hektarsatz von 26.300 DM deutlich niedrigeren Satz um solche Pflanzen handeln, die besonders rationell und kostengünstig herangezogen werden könnten. Das BMF-Schreiben habe dabei nur die Kulturform im Blick gehabt, die im Schleswig-Holstein weit verbreitet sei. Dort würden typische Pflanzenarten in großen Mengen - in der Regel viele zehntausend Pflanzen - angebaut. Die Pflanzen würden ausgesät oder durch Stecklinge vermehrt und sehr dicht in Reichen im Endabstand aufgepflanzt. nach zwei Vegetationsperioden würden die eng in den Reihen stehenden Pflanzen maschinell mit Rüttelroder oder Aushebepflug gerodet, nach Größen sortiert und gebündelt. Es handele sich somit um Pflanzen, die in engem Stand gezogen würden. Würden die gleichen Pflanzen dann an andere Betriebe weiterverkauft, die sie wieder aufpflanzten und mehrere Jahre weiter kultivierten, handele es sich zwangsläufig um sonstige Ziergehölze, da die weitere Aufpflanzung in extra weitem Stand erfolge. Diese Pflanzen würden dann im Container oder mit Ballen an den Endverbraucher veräußert.

Im Gutachten werde darauf verwiesen, dass neu aufgepflanzte Gehölze im Pflanzjahr in weiterem Abstand aufgepflanzt würden und sich dieser im lauf der Kulturzeit, also nach zwei oder drei Vegetationsperioden, durch das Pflanzenwachstum verringere. Aus Fotos im Gutachten sei zu erkennen, dass zu Beginn der Kultur ein extra weiter Stand vorliege, der in den folgenden Jahren zu weitem und später sogar zu engem Stand werde. Wäre der extra weite Stand alleiniges Abgrenzungsmerkmal, wären die Bestände zu Beginn der Kultur als sonstige Ziergehölze und im Folgejahr oder später als Heckenpflanzen zu bewerten. Eine derartige Umbewertung sei aber rechtlich ausgeschlossen, weil die durch den pauschalen Ansatz geschätzten Herstellungskosten sich im laufe der Jahre sogar erhöhen würden.

Die Formulierung extra weiter Stand sei in Anlehnung an die Gütebestimmung des Bundes deutscher Bauschulen e. V. in das BMF-Schreiben aufgenommen worden, da aufgrund der Verschiedenartigkeit der Gehölze und der damit verbundenen Kulturmaßnahmen und Pflanzabstände eine eindeutige Abstandsangabe nicht möglich sei. Dort würden folgende Anforderungen gestellt. Heckenpflanzen, die dreimal verpflanzt worden seien, müssten zweimal in extra weitem Stand verpflanzt worden sein. Sie seien mit Ballen oder im Container zu liefern. Um Qualitätspflanzen zu liefern, seien die Pflanzen daher bereits beim zweiten Verpflanzungsintervall in extra weitem Stand zu setzen. Im Betrieb der Klägerin sei ein Pflanzabstand von ca. 40 x 60 cm oder 60 x 80 cm für gängige Heckenpflanzen gebräuchlich. Rechnerisch ergäben sich somit Pflanzdichten von 31.666 bzw. 20.833 Pflanzen pro Hektar. Eine enge Kultur der Heckenpflanzen führe dagegen zu Beständen von 500.000 Pflanzen pro Hektar.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung 1997 bis 1999 vom ... 2004 und der Einspruchsbescheid vom ... 2004 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu recht bei der Bewertung der Pflanzbestände entsprechend den Ausführungen zu Textziffer 24 des Berichts vom ... 2004 entsprechend dem sog. Baumschulenerlass den ha-Richtsatz für sonstige Ziergehölzer zugrunde gelegt.

Ermittelt ein Land- und Forstwirt - wie im Streitfall die Klägerin - seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich, so hat er nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) Wirtschaftsgüter seines Betriebsvermögens zu bilanzieren. Dies gilt im Grundsatz auch für selbsterzeugte Vorräte des Land- und Forstwirts. Für einjährige Kulturen wie etwa das Feldinventar hat die Finanzverwaltung allerdings mit Billigung des Bundesfinanzhofs (BFH) zugelassen, dass aus Vereinfachungsgründen auf eine Bilanzierung verzichtet werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 23. April 1998 IV R 25/97, BFH/NV 1998, 1470 m.w.N.). Die Vereinfachungsregelung gilt jedoch nicht für mehrjährige Kulturen, also solche Pflanzenbestände, die nach mehr als einjähriger Kulturzeit einmaligen Ertrag durch Verkauf erbringen sollen. Ein solcher Pflanzenbestand gehört zum Umlaufvermögen und ist zwingend zu aktivieren. Ob die Kulturzeit mehr als ein Jahr beträgt, hängt dabei nicht von der Aufzucht durch den Steuerpflichtigen, sondern von der gesamten üblichen Kulturzeit der jeweiligen Pflanze ab. Wollte man auf die Kulturzeit im Betrieb des Steuerpflichtigen abstellen, würde der mit dem Verzicht auf die Aktivierung einjähriger Kulturen verfolgte Vereinfachungszweck durch die entstehenden Abgrenzungs- und Nachweisfragen in sein Gegenteil verkehrt (BFH, Urteil vom 23. April 1998 IV R 25/97, a.a.O.). Nach diesen Grundsätzen musste die Klägerin in den Streitjahren ihre mehrjährigen Kulturen von Heckenpflanzen als Umlaufvermögen mit den Anschaffungskosten für die angepflanzten Kulturen zuzüglich weiterer Anschaffungsnebenkosten und den Herstellungskosten infolge der Pflege aktivieren.

Die Finanzverwaltung hat im sog. Baumschulenerlass schon seit langem zur Vereinfachung der Bewertung der mehrjährigen Pflanzbestände so genannte Hektarrichtsätze festgelegt. In dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. April 1986, Punkt 1.1 (BStBl. I 1991, 133) wurde hinsichtlich der im Streitfall relevanten Bewertung von Heckenpflanzen zwischen solchen unterschieden, die üblicherweise als Massenartikel gezogen werden (Hektarsatz 8.300 DM), und anderen Heckenpflanzen, die als sonstige Ziergehölze aller Art mit einem Hektarsatz von 18.400 DM bewertet wurden. Mit dem BMF-Schreiben vom 9. Januar 1991 (BStBl. I 1991, 133) erfolgte insoweit eine Verschiebung, als nur noch Heckenpflanzen, die üblicherweise als Massenartikel gezogen werde, nicht jedoch Solitärsträucher und Heckenpflanzen, die im extra weiten Stand kultiviert werden, mit dem günstigen Hektarsatz von 9.100 DM anstatt von 20.200 DM angesetzt werden konnten. Diese Differenzierung wurde im BMF-Schreiben vom 21. März 1997 (BStBl. I 369) beibehalten, wobei nur die Hektarsätze auf 11.800 DM bzw. 26.300 DM angehoben wurden. Bei der Bemessung der Hektarsätze berücksichtigte der Erlassgeber, dass nach seinem Schreiben vom 15. Dezember 1981 (BStBl. I 1981, 878) bei einer nach Wahl des Steuerpflichtigen auch möglichen Einzelbewertung die Aufwendungen für die Pflege der Kulturen aus Vereinfachungsgründen nicht zu aktivieren waren (vgl. BMF-Schreiben vom 21. März 1997 Punkt 1 a. E.). Zu den im Schätzweg zu berücksichtigenden Aufwendungen gehören somit nur insbesondere die für die Anschaffung der Jungpflanzen, für Baumpfähle und Bindematerial, für Umzäunungen oder Drahtschutz gegen Wildverbiss und für Veredelungsarbeiten (vgl. Bracke, INF 1997, S. 490, 491).

Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der sog. Baumschulenerlass eine Schätzung der gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG maßgeblichen Anschaffungs- und Herstellungskosten der Pflanzenbestände beinhaltet, gegen deren Anwendung im Hinblick auf die erheblichen Schwierigkeiten bei der Feststellung der tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten keine Bedenken bestehen. Auch gegen die im Streitfall relevante Neufassung der begünstigten Heckenpflanzen durch das BMF-Schreiben vom 9. Januar 1991 hat er keine ausdrücklichen Bedenken erhoben (vgl. BFH, Urteil vom 23. April 1998 IV R 25/97, BFH/NV 1998, 1470 m.w.N.).

Für den Streitfall entscheidend ist, wie die in Punkt 1.1 des BMF-Schreibens vom 31. März 1997 bei der Formulierung der Heckenpflanzen einschränkende Wendung "die im extra weiten Stand kultiviert werden" auszulegen ist. Nach den Feststellungen der Sachverständigen, die den Betrieb der Klägerin in Augenschein genommen hat, und den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung kauft diese von anderen Betrieben teilweise kleine Heckenpflanzen an, um sie dann in ihrem Betrieb weiter zu kultivieren und dann an Gärtnereien, Märkte und Einzelendverbraucher zu veräußern. Zu etwa 40 bis 50 v. H. werden die Setzlinge von der Klägerin auf einer Fläche von etwa 1 Hektar selbst gezüchtet. Die erworbenen Pflanzen werden immer in extra weitem Stand (= Die Gehölze haben einen deutlichen Abstand zueinander und werden allseitig gut belichtet) ausgepflanzt, im Laufe des Wachstums aber verringern sich die Abstände und aus dem extra weiten Stand wird am Ende der Verpflanzungsperiode ein weiter (= Gehölze berühren sich, Triebe überlappen sich teilweise) oder gar enger Stand (= Gehölze wachsen ineinander). Diese Abstände werden auch bei der Aussaat bzw. des Setzens der Stecklinge eingehalten. Die Klage hätte dann in vollem Umfang Erfolg, wenn man die Einschränkung "Kultivierung in extra weitem Stand" entsprechend der Gütebestimmung des FLL auf den Zeitpunkt des Verkaufs oder des Endes des Verpflanzungszyklus beziehen würde, weil dann die Pflanzbestände, bei denen regelmäßig zu erwarten ist, dass sich der Pflanzabstand in der Zukunft am Ende der Pflanzperiode infolge des Wuchses verengen wird, unabhängig von dem derzeitigen Pflanzabstand mit dem günstigeren Hektarsatz zu bewerten wären. Der Klage wäre in einem Umfang von 1/3 stattzugeben, wenn man hinsichtlich des erforderlichen Abstands auf die Verhältnisse zu jedem Bewertungsstichtag abstellen würde, weil dann die gerade aufgepflanzten Bestände mit dem erhöhten Hektarsatz für sonstige Ziergehölze, die älteren bereits aneinander oder ineinander gewachsenen Bestände aber mit dem günstigeren Hektarsatz zu bewerten wären. Stellt man sich dagegen mit dem Beklagten auf den Standpunkt, die Kultivierung im extra weiten Stand beziehe sich auf den Zeitpunkt der Anpflanzung, wäre die Klage abzuweisen. Das Gericht schließt sich bei dieser Frage der Auffassung des Beklagten an.

Der Wortlaut der Vorschrift ist allerdings nicht eindeutig. Unter einer Kultivierung wird im allgemeinen Sprachgebrauch die planmäßig durchgeführte Züchtung und Pflege von Kulturpflanzen oder die Urbarmachung des Bodens, seine Bearbeitung und Bewirtschaftung durch den Anbau von Kulturpflanzen verstanden (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl. 1975, Band 14, Stichwort: Kultivierung). Dieser allgemeine Sprachgebrauch deutet darauf hin, dass mit dem Tatbestandsmerkmal im Erlass nicht nur auf den Zeitpunkt der erstmaligen Verpflanzung, sondern auf die Verhältnisse während der gesamten Verpflanzungsperiode abgestellt wird. Die Gütebestimmungen sprechen von einer notwendigen zwei- oder dreimaligen Verpflanzung in extra weitem Stand (Bl. 87 der Gerichtsakte). Aus der in dem Erlass vorgenommenen Zweckbestimmung der geschätzten Hektarbeträge folgt allerdings, dass bei der Frage der Kultivierung im extra weiten Stand auf den Zeitpunkt der erstmaligen Anpflanzung abzustellen ist.

Wollte man unter Heranziehung der Gütebestimmungen des FLL den Zeitpunkt des Endes der Verpflanzungsperiode als entscheidend ansehen, müsste bei einer Bewertung eines Pflanzbestands zu einem vorherigen Stichtag eine Prognose vorgenommen werden, wie sich der Abstand zu dem voraussehbaren Ende der Verpflanzungsperiode darstellen wird. Die Heranziehung derartiger wegen der nicht planbaren Witterungsverhältnisse letztlich ungewisser zukünftiger Ereignisse widerspricht den steuerrechtlichen Bewertungsgrundsätzen (vgl. BFH, Urteil vom 10. März 1993 I R 70/91, BStBl. II 1993, 446, 447) und kann somit auch im Rahmen einer Schätzung nach § 162 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) nicht erfolgen.

Auch kann für das Merkmal der Kultivierung in extra weitem Stand nicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des jeweiligen Bewertungsstichtags abgestellt werden, weil dann der Steuerpflichtige durch geeignete Dokumentationen nachweisen müsste, inwieweit sich der Abstand zwischen den einzelnen Pflanzen durch das zwischenzeitliche Wachstum verändert hat. Der BFH hat zu der Möglichkeit der Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des einzelnen Baumschulenbetriebs aber ausgeführt, dass eine solche dem Vereinfachungszweck des Erlasses wegen der entstehenden Abgrenzungs- und Nachweisfragen entgegen stehe und deshalb nicht zulässig sei (vgl. BFH, Urteil vom 23. April 1998 IV R 25/97, BFH/NV 1998, 1470). Zudem wäre eine innerhalb der Verpflanzungsperiode erfolgende Reduzierung der geschätzten Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Pflanzbestandes offensichtlich fehlerhaft, weil die zu aktivierenden Aufwendungen sich im Laufe einer Verpflanzungsperiode tendenziell erhöhen, zumindest betragsmäßig bestehen bleiben, keinesfalls aber sinken.

Gegen diese Deutung der Regelung zu den Heckenpflanzen im Baumschulenerlass spricht entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht die angeblichen Verwerfungen, die wegen der Verpflanzungen zu dicht gewachsener Bestände bei der Hektarbewertung eintreten, denn solche treten nicht auf. Soweit im Zeitpunkt des Bewertungsstichtags eine Pflanzkultur sich noch in einem extra weiten Stand befindet, ist sie schon nach dem Wortlaut mit dem hektarwert für sonstige Ziergehölze zu bewerten. Ist sie dagegen bereits zu diesem Stichtag zusammengewachsen, befinden sich auf ihr noch alle Pflanzen, die zum letzten Bewertungsstichtag erfasst und wegen des damaligen extra weiten Stands mit diesem Hektarwert bewertet worden waren. Zu Verwerfungen kann es somit aus tatsächlichen Gründen nicht kommen.

Auch der Hinweis der Klägerin auf das Berechnungsbeispiel zur Bildung einer Rücklage in dem zitierten BMF-Schreiben kann ihre gegenteilige Auffassung nicht stützen, weil aus dem Beispiel nicht hervorgeht, warum sich die Bestände zu den jeweiligen Bewertungsstichtagen verändert haben.

Die Klägerin hat nach den Feststellungen der Gutachterin in ihrem Gutachten und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung sämtliche Heckenpflanzen in extra weitem Stand aufgepflanzt, sodass die Pflanzbestände zu den Stichtagen mit dem Hektarsatz für sonstige Ziergehölze zu bewerten war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, weil die Abgrenzung der Bewertung von Heckenpflanzbeständen als solche in nicht extra weitem Stand und als sonstige Ziergehölze bislang höchstrichterlich nicht geklärt worden ist. Dem Senat drängt sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung der Eindruck auf, dass der Anwendungsbereich der Regelung zur Bewertung von Heckenpflanzen nach den heutigen Gegebenheiten nur noch ein theoretischer ist, weil heute selbst die Aussaat bzw. das Setzen der Stecklinge immer bereits in extra weitem Stand erfolgt.

Ende der Entscheidung

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