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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 23.01.2009
Aktenzeichen: 16 K 191/08
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 85
AO § 261
AO § 278 Abs. 1
AO § 278 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Klägerin ist verheiratet und wurde für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 2000 mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2001 wurde mit Bescheid vom 20.11.2000 festgesetzt. Die Bescheide sind bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 22. März 2001 beantragte die Klägerin, die Steuerschulden rückwirkend seit 1993 aufzuteilen. Daraufhin erließ der Beklagte am 25.04.2001 Aufteilungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1998 und 2000 sowie für die Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2001. Die Aufteilungsbescheide sind bestandskräftig. Für den Veranlagungszeitraum 1999 wurde kein Aufteilungsbescheid erlassen, weil zum Zeitpunkt des Antrags am 22.03.2001 noch kein Jahressteuerbescheid erlassen worden war und die Rückstände aus dem Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 1999 zum Zeitpunkt der Antragstellung am 22.03.2001 bereits vollständig getilgt waren. Für das Jahr 1998 wurde am 7.3.2008 ein berichtigter Aufteilungsbescheid erlassen.

Am 01.10.2001 wurde über das Vermögen des Ehemannes der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 30.10.2006 wurde es gemäß § 200 InsO aufgehoben. Eine Restschuldbefreiung wurde nicht gewährt. Mit Schreiben vom 6.4.2006 teilte der Beklagte der die Klägerin und ihren Ehemann vertretenden Steuerberatungsgesellschaft hinsichtlich der auf den Ehemann entfallenden Forderungen mit, "dass diese aufgrund des Insolvenzverfahrens vollständig niedergeschlagen" seien. In Bezug auf die Klägerin wurde ausgeführt, dass sie ohne Säumniszuschläge nur Steuern einschließlich Annexsteuern in Höhe von 6.644 EUR schulde.

Am 05.12.2006 hatte der Ehemann der Klägerin von seiner Stiefmutter Inhaber-Schuldverschreibungen sowie Forderungen aus Guthaben bei der Nord/LB geerbt. Die Inhaber-Schuldverschreibungen veräußerte er und zahlte den Veräußerungserlös in Höhe von 170.051,06 EUR auf das Konto der Klägerin ein. Nachdem der Beklagte davon Kenntnis erhalten hatte, erließ er gemäß § 278 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - am 23.07.2007 einen Ergänzungsbescheid gegen die Klägerin. Der dagegen eingelegte Einspruch der Klägerin war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin macht geltend, der Ergänzungsbescheid vom 23.07.2007 sei rechtswidrig, weil ihr Ehemann den Betrag von 170.051,06 EUR nicht i.S.d. § 278 Abs. 2 AO auf sie übertragen habe. Eine Vermögensübertragung im Sinne dieser Regelung setze die Verschaffung von Eigentum voraus. Eigentum an dem Geld sei ihr von ihrem Ehemann nicht verschafft worden. Sie sei auch nicht berechtigt, über das Geld zu verfügen. Das Geld sei nur deshalb auf ihr Konto eingezahlt worden, weil ihr Ehemann aufgrund des Insolvenzverfahrens kein eigenes Konto gehabt habe. Die Verschaffung von Eigentum sei damit nicht gegeben. Unabhängig davon könne der Beklagte keine Ansprüche mehr geltend machen, weil er offiziell mitgeteilt gehabt habe, dass die Steueransprüche ihres Ehemannes niedergeschlagen und Vollstreckungsmaßnahmen nicht mehr beabsichtigt seien. Sie dürften daher nach Treu und Glauben nicht mehr erhoben werden. Das gelte unabhängig davon, dass nach dem Ergebnis der Abrechnungsverhandlungen der letzen Monate mit dem Beklagten sie unter Berücksichtigung der Berichtigungsbescheide für 1998 und ohne Berücksichtigung von Säumniszuschlägen, der Niederschlagung und sonstiger Rechtfragen noch Einkommen- und Annexsteuern in Höhe von 11.917,69 EUR und ihr Ehemann in Höhe von 23.039,72 EUR schulde. Außerdem sei Zahlungsverjährung eingetreten. Der Geltendmachung der Steueransprüche stünde ferner entgegen, dass in der in dem Ergänzungsbescheid ausgewiesenen Forderung von 145.807,29 EUR auch Steuerschulden von ihr enthalten seien. § 278 Abs. 2 AO erhöhe ihre Steuerschuld nicht, selbst wenn der Betrag auf sie übertragen worden wäre. Trotz der für die Jahre 1993 bis 2001 ergangenen Aufteilungsbescheide habe der Beklagte zu keiner Zeit getrennte Konten oder Rückstandsanzeigen für sie als Eheleute geführt. Säumniszuschläge könnten schon deshalb nicht geltend gemacht werden, weil ihr Ehemann während des Insolvenzverfahrens keinen Einfluss auf Zahlungen gehabt habe. Im Übrigen lasse der Ergänzungsbescheid nicht erkennen, dass Steuerschulden ihres Ehemannes verfolgt würden. Insofern sei der Ergänzungsbescheid bereits aus formellen Gründen rechtswidrig.

Die Klägerin beantragt,

den Ergänzungsbescheid vom 23.07.2007 zu den Aufteilungsbescheiden vom 25.04.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.06.2008 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, der Ergänzungsbescheid sei sowohl hinsichtlich der Form wie des Inhalts her aus sich heraus klar und verständlich. Einwände gegen die Aufteilungsbescheide vom 25.04.2001 könnten nicht mehr geltend gemacht werden, da diese bestandskräftig seien. Deshalb seien die Aufteilungsbescheide dem Ergänzungsbescheid zugrunde zu legen. Der Ergänzungsbescheid sei rechtmäßig, da für die Annahme einer unentgeltlichen Zuwendung i.S.d. § 278 Abs. 2 Satz 1 AO genüge, dass diese ohne Rechtspflicht erfolgt sei und keine Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt sei. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Die Mitteilung über die Niederschlagung von Steuerschulden habe die Klägerin nicht als Verzicht auf die Steuererhebung verstehen können. Zahlungsverjährung sei nicht eingetreten. Dies könne auch nur im Rahmen eines Abrechnungsbescheides geklärt werden, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Den Einspruch gegen einen entsprechenden Abrechnungsbescheid habe die Klägerin zurückgenommen, sodass auch diese Frage abschließend geklärt sei.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Ergänzungsbescheid vom 23.07.2007 ist rechtmäßig.

I. Gemäß § 278 Abs. 1 AO darf die Vollstreckung nach der Aufteilung einer Gesamtschuld nur nach Maßgabe der auf die einzelnen Schuldner entfallenden Beträge durchgeführt werden. Werden jedoch einem Steuerschuldner von einer mit ihm zusammenveranlagten Person in oder nach dem Veranlagungszeitraum, für den noch Steuerrückstände bestehen, unentgeltlich Vermögensgegenstände zugewendet, so kann der Empfänger über den sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag hinaus bis zu Höhe des gemeinen Werts dieser Zuwendung für die Steuer in Anspruch genommen werden, § 278 Abs. 2 Satz 1 AO.

Mit dieser Regelung erfährt die Vollstreckungsbeschränkung in § 278 Abs. 1 AO, durch die eine Aufteilung der Gesamtschuld zusammenveranlagter Eheleute in der Weise vorgenommen wird, dass jeder Aufteilungsbeteiligte nur mehr den auf ihn entfallenden anteiligen Betrag an Einkommensteuer aus der Zusammenveranlagung schuldet und nur in Höhe dieser anteiligen Schuld gegen ihn vollstreckt werden darf, eine Durchbrechung. Auch wenn für die Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers ein besonderer Bescheid grundsätzlich nicht erforderlich ist, so ist ein auf § 278 Abs. 2 AO gestützter Bescheid, der Art und Umfang der Inanspruchnahme festlegt, zulässig (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.2001 VII R 56/99, BFHE 197, 19, BStBl II 2002, 214).

Die Regelung dieses Bescheides liegt darin, dass der Betrag bestimmt wird, bis zu dessen Höhe der Zuwendungsempfänger wegen des auf den Übergeber entfallenden Steueranspruchs die Vollstreckung zu dulden hat, und zugleich darin, dass die Behörde mit dem Bescheid zu erkennen gibt, dass sie die betreffenden Vermögensübertragungen nicht gelten lassen, das heißt für Zwecke der Vollstreckung "anfechten" will (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001, VIII R 56/99, BStBl II 2002, 214 ; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. April 2005, 6 K 1174/02, EFG 2005, 1511). Letztlich soll auf diese Weise eine Beeinträchtigung der Vollstreckungsmöglichkeiten durch eine Vermögensverschiebung zwischen Gesamtschuldnern i.S. des § 268 AO 1977 in Fällen einer Vollstreckungsbeschränkung nach § 278 Abs.1 AO vermieden werden. Der Zuwendungsempfänger soll nur in dem Maße über die Beschränkung des § 278 Abs.1 AO hinaus in Anspruch genommen werden können, in dem er etwas aus dem Vermögen des Zuwendenden erhalten hat, der Zugriffswert dieses Vermögens also durch Übertragung eines Gegenstandes auf den Zuwendungsempfänger zum Nachteil des Vollstreckungsgläubigers und zugunsten des Zuwendungsempfängers vermindert worden ist (vgl. BFH, Urteil vom 29.11.1983 VII R 22/83, BStBl II 1984, 287). Dabei ist zu beachten, dass eine Inanspruchnahme nach § 278 Abs. 1 AO eine Ermessensentscheidung des Beklagten darstellt, deren tatsächliche Voraussetzungen der vollen Überprüfung durch das FG unterliegen.

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin liegen vor.

Der angefochtene Ergänzungsbescheid des Beklagten wurde zeitlich nach erfolgter Aufteilung der Einkommensteuer mit Aufteilungsbescheiden vom 25.04.2001 für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1998 und 2000 sowie für die Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2001 und zeitlich nach den genannten Veranlagungszeiträumen, für die noch Steuerrückstände bestanden , am 23.07.2007 erlassen. Die Klägerin als Zuwendungsempfängerin und ihr Ehemann als Zuwendender wurden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

Zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung am 13.06.2008 bestanden auch Steuerrückstände des Ehemannes der Klägerin im Sinne des § 278 Abs. 2 Satz 1 AO. Unerheblich ist, dass diese niedergeschlagen waren, da es auf die Vollstreckbarkeit der Rückstände nicht ankommt. Der Begriff der Steuerrückstände ist in der AO zwar nicht definiert. Nach allgemeinem Sprachverständnis handelt es sich dabei aber um Abgaben, die aufgrund eines Leistungsgebotes vom Steuerpflichtigen geschuldet werden, jedoch zum Fälligkeitszeitpunkt nicht gezahlt worden sind und der Steuerpflichtige daher mit seinen Zahlungen auf die Abgabeschuld im Rückstand ist. Rückstände sind daher auch solche Abgabenforderungen, die zeitweise nicht zwangsweise beigetrieben werden können. Dies entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung, der anders nicht zu erreichen wäre, die Beeinträchtigung des Vollstreckungsgläubigers auszugleichen, die dadurch eingetreten ist, dass das Vermögen der mit dem Steuerschuldner i. S. des § 278 Abs. 2 AO zusammenveranlagten Person durch die unentgeltliche Zuwendung von Vermögensgegenständen gemindert worden ist (vgl. FG Köln, Urteil vom 11.12.2007 15 K 6857/02, EFG 2008, 512).

Dem steht das Schreiben des Finanzamts vom 6.04.2006 über die Mitteilung der Niederschlagung der auf den Ehemann der Klägerin entfallenden Steuerforderungen nicht entgegen.

Eine Niederschlagung begründet kein subjektives Recht des Vollstreckungsschuldners auf zeitweiliges oder dauerhaftes Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen. Aus dem verwaltungsinternen Charakter der Niederschlagung folgt, daß die Vollstreckung bis zur Verjährung des Steueranspruchs wieder aufgenommen werden kann, sobald die für die Niederschlagung maßgebenden Voraussetzungen (erfolglose Vollstreckungsversuche, voraussichtliche Aussichtslosigkeit weiterer Vollstreckungsmaßnahmen) weggefallen sind. Zwar kann die einem Steuerpflichtigen mitgeteilte "Niederschlagung", anders als eine intern gebliebene Verfügung gemäß § 261 AO 1977 Rechtswirkungen entfalten, die über ein unverbindliches Verwaltungsinternum hinausgehen. Ob eine derartige Mitteilung im einen oder im anderen Sinne zu verstehen ist, ist aber eine Frage der Auslegung, die sich nur auf den Einzelfall beziehen kann (vgl. BFH, Beschluss vom 05.08.1998 IV B 129/97, BFH/NV 1999, 285). Unabhängig davon käme einer Auskunft nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Bindungswirkung nur dann zu, wenn sie von dem für die spätere Entscheidung im Verwaltungsverfahren zuständigen Beamten oder vom Vorsteher der Finanzbehörde abgegeben worden wäre, wobei als zuständiger Beamte nicht der Sachbearbeiter, sondern in der Regel der Sachgebietsleiter anzusehen ist (vgl. BFH, Beschluss vom 09.12.2004 VII B 129/04, BFH/NV 2005, 663).

Bereits der Wortlaut des Schreibens vom 06.04.2006 ließ für die Klägerin erkennbar nicht den Schluss zu, dass das Finanzamt damit endgültig auf die Steuerschulden ihres Ehemannes verzichten würde. Dagegen sprach auch der allen Beteiligten bekannte Kontext, wonach das Insolvenzverfahren gegen den Ehemann der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet war, und während des laufenden Insolvenzverfahrens Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger gem. § 89 Abs. 1 und 2 InsO nicht zulässig waren. Unabhängig davon lagen die Voraussetzungen für die von der Klägerin angenommene Bindungswirkung des Beklagten nach Treu und Glauben nicht vor, weil keine Zusicherung von dem zeichnungsberichtigten Sachgebietsleiter abgegeben worden war und Vermögensdispositionen des Ehemannes der Klägerin aufgrund des Schreiben vom 6.4.2006 nicht geltend gemacht wurden oder sonst ersichtlich wären.

Zahlungsverjährung war ebenfalls nicht eingetreten, da die Klägerin diese Frage zutreffend im Rahmen eines Verfahrens über den Erlass eines Abrechnungsbescheides klärte, das durch Rücknahme des Einspruchs gegen den Abrechnungsbescheid bestandskräftig wurde und in den eine Zahlungsverjährung nicht festgestellt worden war.

Durch die unstreitige Einzahlung von 170.051,06 EUR auf das Konto bei der Postbank Giro der Klägerin hat der Ehemann der Klägerin ihr unentgeltlich einen Vermögensgegenstand in dieser Höhe zugewendet. Denn als Inhaberin des Kontos war die Klägerin hinsichtlich dieses Betrages verfügungsberechtigt. Sie konnte als Inhaberin des Kontos frei über das Geld verfügen. Die Verfügungsbefugnis bestand nach Einzahlung auf das Konto der Klägerin unabhängig vom Willen ihres Ehemannes auf Übereignung, da die Klägerin im Verhältnis zur Postbank keinen Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich dieses Betrages unterworfen war. Auf die subjektiven Motive der Eheleute kommt es daher ebenso wenig an (vgl. BFH, Urteil vom 20.09.1994 VII R 40/93, BFH/NV 1995, 485) wie auf interne Vereinbarungen zwischen den Eheleuten. Das Gericht brauchte daher dem Beweisantrag der Klägerin, den Ehemann zur Frage der Eigentumsübertragung des Geldes zu vernehmen, nicht nachzugehen. Die Voraussetzungen für eine unentgeltliche Zuwendung von Vermögensgegenstände i.S.d. § 278 Abs. 2 Satz 1 AO lagen vor, weil für die Annahme einer unentgeltlichen Zuwendung i.S.v. § 278 Abs. 2 Satz 1 AO ausreichend ist, dass diese ohne Rechtspflicht erfolgte und keine Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangte. Entgegenstehende Hinweise, dass der Ehemann der Klägerin den Geldbetrag aus einem Rechtsgrund heraus oder unter Übertragung einer Gegenleistung zugewendet hat, liegen nicht vor und werden von ihr selbst nicht behauptet.

Der Regelungsgehalt nach Ziffer 1 des ausschließlich an die Klägerin adressierten Ergänzungsbescheides ist hinreichend klar und in sich nicht widersprüchlich. Er nimmt Bezug auf die Aufteilungsbescheide vom 25.04.01 über Einkommensteuer und stellt fest, " dass außer den dort bezeichneten Beträgen von 110.331,47 EUR die Vollstreckung gegen die Klägerin wegen eines weiteren Betrages von 170.051,06 EUR zulässig ist." Der Betrag von 110.331,47 EUR ergibt sich aus den Aufteilungsbescheiden vom 25.04.2001, wonach Steuerschulden in Höhe von 110.331,47 EUR (215.789,59 DM) auf die Klägerin und 101.949,93 EUR (199.396,75 DM) auf ihren Ehemann entfielen. Damit war auch für die Klägerin erkennbar, dass sich die Erweiterung der Vollstreckungsmöglichkeit aufgrund der Vermögensübertragung auf Steuerschulden ihres Ehemannes bis zu einem Betrag von 170.051,06 EUR bezog. Es ist zwar zutreffend, dass der Bescheid die Formulierung "bis zu" nicht enthält. Da der Ergänzungsbescheid aber nur die Möglichkeit einer erweiterten Vollstreckung auf der Grundlage begründeter Steuerschulden eröffnet, umfasst der Regelungsgehalt per se nur die Vollstreckungsmöglichkeit "bis zu", ohne dass dies ausdrücklich so formuliert sein müsste.

Der Ergänzungsbescheid trifft keine Regelung darüber, in welcher Höhe tatsächlich Fordrungen des Finanzamts bestehen und in welcher Höhe das Finanzamt tatsächlich vollstrecken darf, sondern nur, bis zu welcher Höhe eine solche Möglichkeit bestünde, wenn entsprechende Forderungen begründet wären. Die Höhe der rückständigen Steuern, die das Finanzamt vollstrecken dürfte, ergibt sich aus den den Aufteilungsbescheiden zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheiden und den darauf geleisteten Zahlungen.

Ziffer 2 des Ergänzungsbescheides enthält lediglich eine Zahlungsaufforderung. Ob der genannte Betrag von 145.807,29 EUR begründet war, hat auf die Wirksamkeit des Ergänzungsbescheides, der allein die Erweiterung der Vollstreckungsmöglichkeit zum Gegenstand hat, keinen Einfluss.

Einwände gegen die Höhe der Steuerschulden oder deren Aufteilung sind wegen der Bestandskraft der Einkommensbescheide und der Aufteilungsbescheide vom 25.04.2001 im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsverjährung.

Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Ergänzungsbescheides sind nicht ersichtlich. Dieser ist sowohl hinsichtlich der Form wie vom Inhalt her aus sich heraus verständlich.

Auch die tatsächliche Inanspruchnahme des Klägers als Zuwendungsempfänger in Höhe der Rückstände der Ehefrau, die eine Ermessenentscheidung des Beklagten darstellt, ist nicht zu beanstanden. Ermessenfehler sind weder vom Kläger behauptet noch sonst ersichtlich. Die Inanspruchnahme des Klägers liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben § 85 Satz 1 AO. Es kann dahinstehen, ob es angesichts dessen überhaupt ein Entschließungsermessen des FA gibt, das diesem die Befugnis einräumt, auf die Inanspruchnahme eines Zuwendungsempfängers bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen zu verzichten, obwohl der Steueranspruch beim Steuerschuldner nicht zu realisieren ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 29.9.1987 VII R 54/84, BStBl II 1984, 176 zu Haftungsbescheiden ; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.4.2005 6 K 1174/02, EFG 2005,1511 zu einem Ergänzungsbescheid). Im Hinblick auf die dem Steuergläubiger im öffentlichen Interesse obliegende Aufgabe, die geschuldeten Abgaben nach Möglichkeit zu erheben, kann der Erlass eines Ergänzungsbescheides nach § 278 Abs. 2 Satz 1 AO nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen ermessensfehlerhaft sein (vgl. BFH, a.a.O.; FG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Dies wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn der Beklagte die Steuer mit gleicher Sicherheit, gleichem Aufwand und gleicher Schwierigkeit vom Zuwendenden oder anderweitig hätte erlangen können. Eine solche Ausnahme ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.

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