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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 16 K 334/07
Rechtsgebiete: UStG, AO


Vorschriften:

UStG § 12 Abs. 1
UStG § 12 Abs. 2
AO § 14
AO § 64 Abs. 2
AO § 65
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Der Kläger ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein. Vereinszweck ist gem. § 2 der Satzung die Förderung und Ausbildung der Mitglieder auf dem Gebiete des Reit- und Fahrsports, der Errichtung und Unterhaltung von Sportanlagen, Förderung sportlicher Übungen und Veranstaltungen. Der Kläger ist nach der Satzung selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigene wirtschaftliche Zwecke.

Der Verein verfügt neben zwei Reithallen auch über einen Pferdestall mit 24 Boxen. Die Anlage befindet sich rund 2,5 km vom Ortskern von W entfernt. In den Boxen werden die vier vereinseigenen Pferde untergebracht. Die weiteren Boxen werden an Vereinsmitglieder vermietet, die dort ihre Pferde einstellen können. Für Unterbringung und Fütterung ist ein Entgelt in Höhe von monatlich 140,- EUR für Pferde und von 100,- EUR für Ponys zu entrichten.

Der Kläger erzielt daneben unstreitig dem Regelsteuersatz der Umsatzsteuer unterliegende Werbeeinnahmen.

In seiner Umsatzsteuererklärung für 2006 unterwarf der Kläger die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung in Höhe von netto 24.974,- EUR dem ermäßigten Steuersatz von 7 v.H.. Dem stimmte der Beklagte zunächst zu. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung für 2005, bei der sich der Prüfer auf den Standpunkt stellte, dass die Pensionsumsätze dem Regelsteuersatz unterliegen würden, änderte der Beklagte auch den Umsatzsteuerbescheid 2006 mit Datum vom 16. Juli 2007 und erhöhte in diesem Bescheid die Umsätze zu 16 v.H. gegenüber der Steuererklärung um 24.974,- EUR.

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Der Kläger vertritt im Klageverfahren die Auffassung, dass die Pensionspferdehaltung einen Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO darstelle. Die entsprechenden Umsätze würden nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sei unerlässlich, um die steuerbegünstigten Zwecke zu erfüllen. Ohne den Stall wäre es vielen Mitgliedern nicht möglich, den Reitsport zu betreiben, weil ihnen keine geeignete Unterstellmöglichkeit für ihr Pferd zur Verfügung stehen würde. Insbesondere jugendliche Reiter könnten sonst nicht ohne Unterstützung Erwachsener am Reitunterricht teilnehmen, weil sie für den Transport des Pferdes zur Reithalle auf einen Transporter und einen Fahrer, der über eine Fahrerlaubnis verfüge, angewiesen wären. Da die Reithalle außerhalb einer Ortschaft liege, sei es den Kindern und Jugendlichen auch nicht zumutbar, entlang der Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen zur Reithalle zu reiten.

Der Preis für die Unterstellung der Pferde sei so niedrig bemessen, dass er gerade die damit verbundenen Kosten decke. Sei der Stall nicht zu 80 v.H. ausgelastet, könne durch die Einstellung der Pferde ein Deckungsbeitrag nicht erreicht werden. Durch diese preisliche Gestaltung sei gewährleistet, dass der Verein zu gleichen oder gleichartigen Betrieben nicht in Konkurrenz stehe. Ein wirtschaftlicher Betrieb sei bei dieser Preisgestaltung nicht lebensfähig. In dem Preis sei auch berücksichtigt, dass die Mitglieder durch eigene Leistungen wie Ausmisten und Instandhaltung ihre Arbeitskraft einbrächten.

Zum Zeitpunkt, als der Stall errichtet worden sei, hätte es in weitem Umkreis keine Möglichkeit gegeben, Pferde gegen Entgelt einzustellen. Inzwischen würden diverse Landwirte Stallungen für Pferdehalter anbieten. Die Zahl liege bei ca. 40-50. Dies zeige, dass sich trotz der Stallung des Klägers ein Wettbewerb habe entwickeln können und der Kläger mit seinem Angebot den Wettbewerb nicht erheblich einschränke.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer 2006 auf 2.786,03 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung dem Regelsteuersatz der Umsatzsteuer unterliegen würden. Der BFH habe entschieden, dass das Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, nicht dem Begriff "Halten von Vieh" im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG unterfallen.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG könnten die Umsätze einer gemeinnützigen Körperschaft nur dann begünstigt sein, wenn die Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebes erbracht würden. Die Annahme eines Zweckbetriebes scheitere im Streitfall aber daran, dass die Pensionspferdehaltung kein unentbehrliches Mittel zur Verwirklichung des satzungsmäßigen Zweckes darstelle. Die Förderung des Reitsportes sei auch mit Pferden möglich, die nicht in Reitställen des Vereins untergebracht seien. Weiterhin stehe die Pensionspferdehaltung zu nicht begünstigten Betrieben im Wettbewerb. Auch der Kläger habe eingeräumt, dass in seinem Einzugsbereich Landwirte Pensionsställe anbieten.

Die Verfahrensbeteiligten haben mit Schriftsätzen vom 17. Oktober 2007 (Kläger) und vom 2. April 2008 (Beklagter) auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend unbegründet.

Die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung unterliegen gem. § 12 Abs. 1 UStG dem Steuersatz von 16 v.H. Die Umsätze sind entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht begünstigt.

Begünstigt sind gem. § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG die Umsätze aus der Aufzucht und dem Halten von Vieh. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 22. Januar 2004 V R 41/02, BStBl.II 2004, 757), der sich der erkennende Senat anschließt, fällt das Einstellen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, nicht unter den Begriff "Halten von Vieh". Damit kommt die Vorschrift im Streitfall nicht zur Anwendung.

Ebensowenig ermäßigt sich die Steuer gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG auf 7 v.H.. Begünstigt sind danach die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Das gilt allerdings nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden.

Die Pensionspferdehaltung ist ein wirtschaftlicher Zweckbetrieb des Klägers. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nach § 14 AO eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Der Kläger hat mit der Pensionspferdehaltung über Jahre hinweg Einnahmen in nicht unbeträchtlicher Größenordnung erzielt; er übt mit dem Unterstellen und Füttern der Pferde eine aktive unternehmerische Tätigkeit aus, die keine Vermögensverwaltung darstellt.

Schließt das Gesetz die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird, so verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist (§ 64 Abs. 2 AO). Die Pensionspferdehaltung stellt jedoch keinen Zweckbetrieb dar.

Ein Zweckbetrieb ist nach § 65 AO gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (Nr. 1), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (Nr. 2) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (Nr. 3). Im Streitfall sind weder die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO, noch des § 65 Nr. 3 AO gegeben.

Der Kläger kann seine satzungsmäßigen Zwecke auch ohne die Pensionspferdehaltung erreichen. Die Förderung des Reitsports setzt nicht voraus, dass die Pferde der Mitglieder unmittelbar auf dem Gelände des Reitsportvereins untergebracht sind. Der Vereinszweck lässt sich ebenso erreichen, wenn die Mitglieder ihre Pferde in eigenen Ställen unterbringen oder diese bei Landwirten in der Region unterstellen. Es mag zwar sein, dass der Kläger dann einzelne Mitglieder, insbesondere Jugendliche, verlieren würde, weil es diesen unter solchen Bedingungen zu beschwerlich ist, den Reitsport auszuüben. § 65 Nr. 2 AO stellt aber nicht darauf ab, ob sich die Körperschaft ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in ihrer konkreten Gestalt verändern würde. Maßgebend ist allein die abstrakte Fähigkeit, die satzungsmäßigen Zwecke ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu erreichen. Diese Fähigkeit wäre aber auch ohne Pensionspferdehaltung gegeben.

Zudem steht der Kläger, was er auch selbst einräumt, mit seinem Leistungsangebot in Konkurrenz zu benachbarten Landwirten, die nicht steuerbegünstigt sind. Dabei ist es unerheblich, dass sich das konkurrierende Angebot an Pensionsplätzen in den letzten Jahren ausgedehnt hat. Schädlich ist nach § 65 Nr. 3 AO bereits das Bestehen einer Wettbewerbssituation; eine Schädigung des Wettbewerbs wird nicht vorausgesetzt. Die Konkurrenz zu anderen Anbietern von Pensionspferdeplätzen ist auch nicht unumgänglich, um die satzungsgemäßen Zwecke des Klägers zu erfüllen, da der Kläger, wie bereits ausgeführt, sich auch auf Mitglieder beschränken könnte, die nicht auf die Unterbringung ihres Pferdes auf dem Vereinsgelände angewiesen sind.

Die Klage hat jedoch teilweise Erfolg, weil der Beklagte im Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 16. Juli 2007 die Umsatzsteuer rechnerisch fehlerhaft festgesetzt hat. Der Beklagte hat den vom Kläger erklärten Umsätzen zu 16 v.H. die vom Kläger dem ermäßigten Steuersatz von 7 v.H. unterworfenen Entgelte hinzuaddiert. Dies ist unrichtig, weil sich das Entgelt nicht erhöht hat. Der Beklagte hätte vielmehr aus den Bruttobeträgen für die Pferdepension die Umsatzsteuer von 16 v.H. herausrechnen müssen. Zutreffend errechnet sich folgende Steuer:

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Ende der Entscheidung

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