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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 16.03.2006
Aktenzeichen: 16 K 359/05
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 41
AO 1977 § 125 Abs. 5
Feststellungsklage wegen Nichtigkeit
Finanzgericht Niedersachsen

Tatbestand:

Der Kläger ist Konkursverwalter der ... GmbH & Co. KG. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens am 11.12.1995 setzte der Beklagte mit einem an den Kläger gerichteten Bescheid vom 12.02.1996 die Umsatzsteuervorauszahlung November 1995 auf ... DM fest. Dagegen legte der Kläger mit der Begründung Einspruch ein, dass Steuern für die Zeit vor Konkurseröffnung nicht mehr durch Bescheid festgesetzt werden können. Der Beklagte teilte daraufhin mit, dass es sich nicht um einen Bescheid, sondern lediglich um eine Mitteilung handele, in der der Vorsteuerrückforderungsanspruch geschätzt worden sei. Am 09.12.1997 teilte der Beklagte dem Kläger unter Hinweis auf die Auswertung eines Prüfberichtes einer Umsatzsteuersonderprüfung für November 1995 eine Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von ... DM unter der ausdrücklichen Feststellung mit, dass es sich nicht um eine Steuerfestsetzung, sondern um eine Berechnung zum Zwecke der Anmeldung zur Konkurstabelle handele und sich damit der Rechtsbehelf erledige. Ein nachfolgend am 20.05.1998 erlassener Umsatzsteuerjahresbescheid 1995 für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.11.1995 wurde nach vorangegangenem Klageverfahren beim Nds. Finanzgericht zu Az.: 11 K 388/00 mit Bescheid vom 27.01.2001 wegen Nichtigkeit aufgehoben.

Mit Telefax vom 15.08.2005 beantragte der Kläger durch Feststellungsklage die Nichtigkeit des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides November 1995 vom 12.02.1996 festzustellen. Der Feststellungsklage vorausgegangen war ein Antrag des Klägers beim Beklagten vom 25.07.2005, den Bescheid vom 12.02.1996 aufzuheben. Hierfür hatte der Kläger dem Beklagten eine Frist bis zum 07.08.2005 gesetzt. Nachdem der Beklagte dem Kläger mitgeteilt hatte, dass die Frist nicht eingehalten werden könne, ging am 07.08.2005 beim Beklagten eine Mitteilung des Klägers ein, dass eine weitere Frist bis zum 12.08.2005 notiert worden sei. Am 08.08.2005 forderte der Beklagte den Kläger auf, seine Rechtsauffassung hinsichtlich der Nichtigkeit verschiedener Steuerbescheide, u. a. wegen Einheitsbewertung des Betriebsvermögens und Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages bis zum 31.08.2005 zu erläutern.

Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Bescheid vom 11.01.2006 die Nichtigkeit des Bescheides über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung November 1995 festgestellt. Der Kläger hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat keine Erledigungserklärung abgegeben, da er der Auffassung ist, dass die Klage unzulässig sei.

Der Kläger meint, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt. Die Klage sei zulässig, da nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 17.10.1985 VII R 185/83, BFH/NV 1986, 720) die Klage wegen Feststellung der Nichtigkeit keinen Antrag nach § 125 Abs. 5 AO voraussetze. Deshalb könne der Zulässigkeit der Klage nicht entgegenstehen, dass er zunächst einen Antrag beim Beklagten gestellt gehabt habe. Im Übrigen habe der Beklagte im Vorverfahren zu erkennen gegeben, dass er nicht gewillt gewesen sei, den Bescheid aufzuheben. Das Interesse an einer baldigen Feststellung der Nichtigkeit läge darin, dass das Konkursverfahren zu Ende gebracht werden sollte. Die Schlußrechnungen seien Ende 2005/ Anfang 2006 gelegt worden.

Ferner sei zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BFH die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes durch den Beklagten nicht festgestellt werden könne, da es sich insofern immer nur um eine rechtlich unverbindliche Auskunft über dessen Wirksamkeit handele. Da er als Konkursverwalter verpflichtet sei, Rechtssicherheit herzustellen, sei eine gerichtliche Entscheidung über die Feststellung der Nichtigkeit geboten. Zu berücksichtigen sei auch, dass der den nichtigen Verwaltungsakt aufhebende Bescheid des Beklagten wiederum ein Steuerbescheid sei, der, da er Steuerfestsetzungen vor Konkurseröffnung regele, ebenfalls nichtig wäre.

Der Kläger beantragt,

die Hauptsache für erledigt zu erklären, hilfsweise den Verwaltungsakt vom 12. Februar 1996 als nichtig festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da der Kläger die besonderen Voraussetzungen einer Feststellungsklage nach § 41 FGO nicht dargelegt habe.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig.

Eine Feststellungsklage setzt gemäß § 41 Finanzgerichtsordnung - FGO - voraus, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Hierbei handelt es sich um ein neben dem berechtigten Feststellungsinteresse zusätzlich festzustellendes Tatbestandsmerkmal. Ein Interesse an der baldigen Feststellung im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO ist nur dann zu bejahen, wenn der Kläger ohne eine gerichtliche Feststellung die Gefährdung seiner Rechte besorgen muss. Hierfür ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Die Feststellungsklage ist nicht gegeben, wenn er sein Prozessziel auf anderem Wege schneller, einfacher und billiger erreichen kann (vgl. BFH, Urteil vom 20.02.1990, IX R 83/88, BFHE 160, 391, BStBl II 1990, 789 m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur). Als Alternative zur Klageerhebung hat der BFH den Antrag nach § 125 Abs. 5 AO ausdrücklich zugelassen, auch wenn er darauf hingewiesen hat, dass die Entscheidung der Verwaltungsbehörde lediglich den Rechtscharakter einer Auskunft hat (vgl. BFH, Urteil vom 17.10.1985, VII R 185/83, BFH/NV 1986/720). Daraus, dass sich der BFH in seiner Entscheidung nicht mit dem Tatbestandsmerkmal der baldigen Feststellung befaßt hat, kann nicht wie klägerseits der Schluss gezogen werden, dass es darauf nicht ankommt und eine Feststellungsklage bei nichtigen Bescheiden immer zulässig ist.

Ein baldiges berechtigtes Interesse ist vom Kläger weder dargelegt noch nachgewiesen worden. Da das Konkursverfahren zumindest noch bis Ende des Jahres 2005 dauerte, bestand für den Kläger kein Grund zur Klageerhebung, bevor nicht der Beklagte über den dort gestellten Antrag entschieden hatte. Der Beklagte brauchte auch nicht unmittelbar auf den bei ihm nach § 125 Abs. 5 Abgabenordnung - AO - gestellten Antrag reagieren, sondern konnte zunächst prüfen, ob als Tatbestandsmerkmal des § 125 Abs. 5 AO ein Feststellungsinteresse des Klägers vorlag, zumal der Beklagte seit 1997 deutlich gemacht hatte, dass von dem Vorauszahlungsbescheid vom 12.02.1996 keine rechtlichen Wirkungen mehr ausgingen und auch von keinem durch irgendwelche Maßnahmen ein Anschein gesetzt wurde, dass hiervon Rechtswirkungen ausgehen würden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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