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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 08.11.2007
Aktenzeichen: 16 K 550/05
Rechtsgebiete: UStG, RL 77/388/EWG


Vorschriften:

UStG § 15a Abs. 1
UStG § 27 Abs. 8
RL 77/388/EWG Art. 20 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

16 K 550/05

Tatbestand:

Die Klägerin betrieb einen gewerblichen Grundstückshandel. Im Jahre 1999 hatte sie eine Teilfläche des Geländes der ehemaligen x-kaserne .. erworben. Nach der Planung sollte das Grundstück mit einem Gebäude bebaut werden, in dem im Erdgeschoß ein Supermarkt und im ersten Stock sowie dem darüber liegenden Staffelgeschoß ein Fitnesscenter betrieben werden sollte. Nach Fertigstellung sollten die Flächen unter Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung an entsprechende Nutzer vermietet werden, um die Suche nach einem solventen Käufer zu erleichtern. Anschließend sollte der steuerpflichtige Verkauf erfolgen. Entsprechend dieser Verwendungsabsicht machte die Klägerin die im Zusammenhang mit dem Grundstück und der Bebauung anfallenden Vorsteuern in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen geltend.

Am 6. April 2000 änderte die Klägerin ihre Verwendungsabsicht. Da der ursprünglich für den Betrieb des Fitnesscenters vorgesehene Nutzer von seinem Vorhaben abwich, wollte sie den ersten Stock und das Staffelgeschoß nunmehr an ein Unternehmen vermieten, das keine steuerpflichtigen Umsätze erzielte. Nach Fertigstellung war in der Zeit von August 2000 bis Dezember 2001 das Erdgeschoß umsatzsteuerpflichtig und der erste Stock mit Staffelgeschoß umsatzsteuerfrei vermietet. Mit notariellem Vertrag ... vom 11. Dezember 2001 wurde das Grundstück veräußert.

Die Klägerin hatte die im Zusammenhang mit dem Grundstück stehenden Vorsteuern in den Jahren 1999 bis 2001 in voller Höhe geltend gemacht. In der Umsatzsteuererklärung 2001 vom 11. März 2003 berichtigte sie gem. § 15 a UStG die in den Jahren 1999 und 2000 geltend gemachten Vorsteuern anhand einer Berechnung entsprechend der Nutzflächen ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung am 01.08.2000. Nach einem Einspruch gegen die entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung erfolgte eine Vorsteuerberichtigung auf der Grundlage der getätigten Umsätze mit Änderungsbescheid vom 8. März 2004. Der Änderungsbescheid stand weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 23. Februar 2005 stellte die Klägerin einen Antrag, unter Berichtigung des Änderungsbescheides gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - die Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG rückgängig zu machen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass die Vorsteuerberichtigung rechtmäßig sei. Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Vorsteuerberichtigung sei rechtswidrig, da das Grundstück zum Umlaufvermögen gehöre. Diesen Charakter habe es durch die Vermietung nicht verloren. Die Veräußerungsabsicht sei zu keiner Zeit aufgegeben worden. § 15 a UStG in der im Jahre 2001 geltenden Fassung sehe eine Vorsteuerberichtigung bei Umlaufvermögen nicht vor. Erst durch das Richtlinienumsetzungsgesetz sei § 15 a Abs. 2 UStG n.F. so gestaltet worden, dass ab dem Jahr 2005 eine USt-Berichtigung für Umlaufvermögen möglich sei. Dass vor 2005 keine Berichtigung der Vorsteuer für Umlaufvermögen möglich gewesen sei, gehe aus der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Richtlinienumsetzungsgesetzes hervor, wonach durch § 15 a Abs. 2 UStG n.F. eine entsprechende Regelungslücke habe geschlossen werden sollen. Dem folge auch die herrschende Auffassung im Schrifttum. Ein weiterer Grund für die Rechtswidrigkeit der Vorsteuerberichtigung ergebe sich aus dem Wortlaut des § 15 a Abs. 1 S. 1 UStG in der im Streitjahr 2001 gültigen Fassung, da sich die Verhältnisse nicht im Verhältnis zur erstmaligen Verwendung, sondern bereits während der Bauphase vor der erstmaligen Verwendung geändert haben.

Der Gesetzgeber habe zwar durch § 27 Abs. 8 UStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I Seite 2645) der Neuregelung des § 15 a UStG Rückwirkung beigemessen. Ferner habe der BFH mit Urteil vom 7. Juli 2005 (V R 32/04, BStBl II 2005, 907) entschieden, dass die Übergangsvorschriften in § 27 Abs. 8 UStG keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung beinhalte. Diese Rechtsauffassung sei jedoch unzutreffend, da es sich um eine echte Rückwirkung handele (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2005, I B 208/04, BStBl II 2005, 351), die gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße. Ferner könne nicht ausgeschlossen werden, dass der BFH seine Rechtsauffassung überdenke, zumal seiner Entscheidung ein anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde gelegen habe.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, die Umsatzsteuer 2001 insoweit geändert festzusetzen, als Korrekturbeträge nach § 15 a UStG im Umfang von ... DM unberücksichtigt bleiben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Wortlaut des § 15 a UStG a.F. schließe eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs für Umlaufvermögen nicht aus. Bei dem Grundstück handele es sich nicht um ein Wirtschaftsgut, das nur einmalig zur Verwendung von Umsätzen genutzt werde, da es von August 2000 bis Dezember 2001 vermietet gewesen sei. Eine Korrektur des Vorsteuerabzugs habe erfolgen müssen, da sich ab 6. April 2000 die Verwendungsabsicht geändert habe. Im Übrigen sei die Vorsteuerberichtigung rechtmäßig, da auf den streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 27 Abs. 8 UStG rückwirkend der zum 1. Januar 2002 geänderte § 15 a UStG Anwendung finde, dessen Wortlaut erfüllt sei.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die Vorsteuerberichtigung ist rechtmäßig.

1.

a) Gesetzliche Grundlage für die Vorsteuerberichtigung ist § 15 a Abs. 1 UStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2003, das zum 1. Januar 2004 mit § 27 Abs. 8 UStG die rückwirkende Anwendung des zum 1. Januar 2002 geänderten § 15 a UStG regelt. Danach ist "§ 15 a Abs. 1 Satz 1 UStG und Abs. 4 Satz 1 UStG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3794) ... auch auf Zeiträume vor dem 1. Januar 2002 anzuwenden, wenn der Unternehmer den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezugs auf Grund der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen hat und die Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht übereinstimmt." Da die Klägerin im Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs eine Verwendung des Leistungsbezugs für steuerpflichtige Umsätze beabsichtigte, die Leistungsbezüge anläßlich der erstmaligen Verwendung der geänderten Absicht entsprechend jedoch teilweise auch für steuerfreie Umsätze verwendete, liegen insofern die Voraussetzungen für die Vorsteuerberichtigung vor.

b) Die Klägerin geht allerdings zutreffend davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG in der für das Streitjahr 2001 ursprünglich geltenden Fassung nicht vorliegen. Danach war eine Berichtigung des ursprünglich vorgenommenen Vorsteuerabzugs unter weiteren Bedingungen nur möglich, wenn sich die Verhältnisse im Verhältnis zur erstmaligen Verwendung geändert hatten ( § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG a.F.). Die Regelung war der seinerzeit geltenden nationalen Rechtslage angepaßt, wonach für den Vorsteuerabzug die Verhältnisse im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung maßgeblich waren. Aus dieser Logik heraus erfaßte die Regelung nicht den Anpassungsbedarf, der sich aus der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 11.07.1991 Rs. C-97/90, EuGHE 1991 I- 3795; DB 1992, 122) zu Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie ergab, wonach Vorsteuern für Lieferungen und Leistungen, die für steuerpflichtige Umsätze verwendet werden sollen, auch dann sofort abziehbar sind, wenn sie später sowohl für Abzugs- als auch für Ausschlussumsätze verwendet werden und der Erstabzug nur durch das Erfordernis eingeschränkt war, die Absicht einer unternehmerischen Verwendung einer Eingangsleistung zur Bewirkung steuerpflichtiger Umsätze nachzuweisen (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2000 Rs. C-396/98 - Schloßstraße -, EuGHE 2000, I-4296; BFH, Urteil vom 08.03.2001 V R 24/98, BStBl II 2003, 430). Da sich die Verwendung im Streitjahr 2001 in Bezug auf die erstmalige Verwendung des Grundstücks im August 2000, die in der teilweise umsatzsteuerpflichtigen und teilweise umsatzsteuerfreien Vermietung lag, nicht geändert hatte, liegen die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung nach dieser Regelung nicht vor (vgl. auch Plückebaum-Malitzky, UStG, § 15 a Rdn. 36/10 f).

c) § 15 a Abs. 1 UStG wurde zwar durch das Steueränderungsgesetzes 2001 - StÄndG - vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3794) in folgendem Sinne geändert:

"Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen."

Diese Regelung berechtigte den Beklagten jedoch ebenfalls nicht zur Berichtigung der Vorsteuer, da sie erst mit Wirkung ab 01.01.2002 angepaßt wurde (vgl. Art. 18 Nr. 9 Buchst. a StÄndG 2001 (a.a.O.) und somit für das Streitjahr 2001 nicht anwendbar war.

d) Die dadurch weiterhin bestehende gesetzliche Lücke in Bezug auf Vorsteuerberichtigungen wurde dadurch geschlossen, dass der Gesetzgeber § 15 a Abs. 1 UStG in der Fassung des StÄndG 2001 durch § 27 Abs. 8 UStG 1999 i.d.F. des StÄndG 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I, 2645) Rückwirkung auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2002 dergestalt beigemessen hat, dass die Vorsteuer auch dann zu berichtigen ist, wenn der Unternehmer den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezuges aufgrund der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen hat und die Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht übereinstimmt.

Diese Voraussetzungen liegen vor, soweit die Klägerin im Zeitpunkt des Leistungsbezugs den Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Gebäudes entsprechend ihrer Verwendungsabsicht, es steuerpflichtig zu vermieten, zulässiger Weise vorgenommen hatte, abweichend hiervon aber die erste Etage des Gebäudes sowie das darüber liegende Staffelgeschoß im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung tatsächlich umsatzsteuerfrei vermietete. Die Nutzung stimmte damit im Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht überein, weil im Falle der Verwendung des Leistungsbezugs für steuerpflichtige Umsätze der Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG gegeben, im Falle der umsatzsteuerfreien Vermietung gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG aber ausgeschlossen ist.

e) Der Senat schließt sich der Auffassung des BFH vom 07.07.2005 (V R 32/04, BFHE 211, 74, BStBl II 2005, 907 ; bestätigt durch BFH, Beschluss vom 30.05.2007 V B 104/05, BFH/NV 2007, 1724; ferner Suse, BFH-PR 2006, 23) an, wonach gegen die von der Klägerin angegriffenen Vorschriften des § 27 Abs. 8 UStG in Verbindung mit § 15a UStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Es handelt sich um eine zulässige echte Rückwirkung. Der Gesetzgeber war ermächtigt, die erst durch die Rechtsprechung des EuGH und BFH entstandene Regelungslücke durch die Regelung des § 27 Abs. 8 UStG zu schließen und die erweiterte Berichtigungsmöglichkeit auf Zeiträume anzuwenden, die vor dem 01.01.2002 lagen. Die Steuerpflichtige war nicht schutzbedürftig. Es bestand eine Regelungslücke, nachdem die Rechtsprechung richtlinienkonform klargestellt hatte, dass ein Vorsteuerabzug auch dann möglich ist, wenn der Unternehmer lediglich beabsichtigt, steuerpflichtige Umsätze auszuführen, auch wenn es zur Ausführung dieser Umsätze tatsächlich nicht mehr kommt und nachfolgend offenbar wurde, dass die Regelung des § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. zu kurz griff, indem sie für diese Fälle keine Vorsteuerberichtigung anordnete.

Dies widersprach den Vorgaben des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wonach für Investitionsgüter eine Berichtigung vorgenommen wird, die sich grundsätzlich auf einen Zeitraum von fünf Jahren einschließlich des Jahres, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden, erstreckt. Bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden, kann der Zeitraum für die Berichtigung bis auf 20 Jahre verlängert werden ( Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG). Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG ist demzufolge die Vorsteuerberichtigung in allen Fällen geboten, in denen sich bei Investitionsgütern die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Februar 2003, V B 166/02, BFHE 201, 561, BFH/NV 2003, 874; Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 15a UStG Rz. 27, 86 ff.). Steuerpflichtige, die aufgrund der glaubhaft gemachten Absicht, steuerpflichtige Umsätze zu erzielen, den Vorsteuerabzug in der Vergangenheit in Anspruch nehmen konnten, haben kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass der gewährte Vorsteuerabzug nicht durch eine rückwirkende Anpassung der nationalen Vorsteuerberichtigungsvorschrift des § 15a UStG an das Gemeinschaftsrecht dann berichtigt werden kann, wenn es später tatsächlich nicht zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen gekommen ist. Denn indem der Gesetzgeber in § 27 Abs. 8 UStG i.d.F. des StÄndG 2003 den zeitlichen Anwendungsbereich der §§ 15a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 UStG in die Vergangenheit ausgedehnt hat, hat er die im Gemeinschaftsrecht auf Ebene der Richtlinie 77/388/EWG in Art. 20 Abs. 2 schon immer gewährleisteten Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Vorsteuerberichtigung rückwirkend in nationales Recht umgesetzt. Die Schließung der Regelungslücke entspricht einer in sich schlüssigen und folgerichtigen Ausgestaltung des Vorsteuerabzugsrechts (vgl. hierzu die zutreffende Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/1945, S. 15).

2.

Selbst wenn man davon ausginge, dass § 15 a Abs. 1 UStG bis zur Neufassung des § 15a UStG durch das EURLUMSG mit Wirkung für Leistungsbezüge ab 01.01.2005 nur die Möglichkeit der Vorsteuerberichtigung für längerlebige Wirtschaftsgüter, nicht aber für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens umfasste, stünde dies einer Vorsteuerkorrektur im Falle der Klägerin nicht entgegen.

a) Bedenken an dieser Differenzierung bestehen bereits deshalb, weil sich diese Unterscheidung nicht aus dem Gesetz ergibt und eine Anknüpfung des Umsatzsteuerrechts an das Einkommensteuerrecht nicht besteht. Der Bezug auf den ertragsteuerlichen Begriff des Umlaufvermögens war solange unproblematisch, wie das für den Vorsteuerabzug an die Verwendung anknüpfende nationale System mit der darauf abgestimmten Vorsteuerberichtigungsregelung in § 15a UStG a.F. Geltung hatte, da sich die Frage einer Vorsteuerberichtigung für Umlaufvermögen, das nur einmalig verwendet wird, in diesem Sinne nicht stellte. Demgegenüber hält der BFH in den Urteilen vom 18.10.2001 (V R 106/98, Brandenstein, BFH/NV 2002, 298) und 20.12.2001 (V R 8/98, BFHE 197, 347, BStBl 2002, 557) unter Bezugnahme auf den Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 8/1779 vom 5. Mai 1978, S. 43; vgl. auch Abschn. 214 Abs. 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR - 2000) gleichwohl daran fest, dass § 15a a.F. UStG nur bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens Anwendung findet, nicht aber bei solchen des Umlaufvermögens. § 15a UStG a.F. solle "die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Investitionsgütern" regeln. Investitionsgüter seien Gegenstände, die durch ihre Langlebigkeit gekennzeichnet sind und deren Anschaffungskosten daher in der Regel nicht als laufende Kosten verbucht, sondern über mehrere Jahre hinweg abgeschrieben werden (vgl. EuGH-Urteil vom 1. Februar 1977 Rs. 51/76 --Verbond van Nederlandse Ondernemingen--, UR 1977, 90). Zur Begründung führt der BFH in der Entscheidung vom 20.12.2001 aus, dass § 15a UStG 1991 "ersichtlich auf eine Umsetzung des Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG beschränkt" sei, dies dagegen spreche, die Vorschrift gleichwohl - im Wege der richtlinienkonformen Auslegung - erweiternd (auch) auf die unter Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG fallenden Sachverhalte anzuwenden und eine dem Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG entsprechende materiell-rechtliche Vorsteuerberichtigung im Umsatzsteuergesetz (bislang) fehle. In der Entscheidung vom 18.10.2001 hatte der BFH noch ausdrücklich offen gelassen, ob die Regelung im Wege der richtlinienkonformen Auslegung - erweiternd (auch) auf die unter Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG fallenden Sachverhalte anwendbar sei.

b) Selbst wenn aber eine entsprechende materiell-rechtliche Vorsteuerberichtigung im Umsatzsteuergesetz für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gefehlt haben sollte, wäre die Vorsteuerberichtigung gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG gegeben, da der Vorsteuerabzug richtlinienkonform aufgrund der Verwendungsabsicht und nicht anknüpfend an die nationale Voraussetzung der Verwendung gewährt worden war und dazu korrespondierend systemkonform auch die Berichtigungsvorschrift der Richtlinie 77/388/EWG zur Anwendung kommen muss. Insofern gilt aufgrund des systematischen Zusammenhangs entweder insgesamt das nationale oder insgesamt das Recht nach der Richtlinie 77/388/EWG. Die Voraussetzungen für die Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG liegen vor, da sich die Verwendungsabsicht als Faktor, der bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugs berücksichtigt wurde, auf die Erzielung steuerpflichtiger Umsätze bezog, nach Abgabe der Steuererklärung im Zeitpunkt der Vermietung zugunsten einer Verwendung für steuerfreie Umsätze geändert hatte.

c) Das bisherige Verständnis der Regelung des § 15 a UStG kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn § 15 a UStG a.F. an den Begriff des Umlaufvermögens anknüpfen würde, wären Besonderheiten der umsatzsteuerrechtlichen Regelungen zu berücksichtigen. Wenn es nach dem Gesetz aber darauf ankommt, dass sich die im Kalenderjahr der "erstmaligen" Verwendung maßgebenden Verhältnisse innerhalb von zehn Jahren "seit dem Beginn der Verwendung" ändern, unterstellt das Gesetz, dass alle Wirtschaftsgüter, die nicht nur "einmalig", sondern "mehrfach verwendet" werden, der Korrekturvorschrift unterliegen. Diese Voraussetzungen lagen bereits nach der alten Fassung des § 15a UStG vor, wenn die Klägerin das Grundstück erst vermieten und später veräußern wollte.

d) Hinzu kommt, dass es sich auch nach der ertragsteuerlichen Rechtsprechung bei dem Grundstück der Klägerin nur dann um Umlaufvermögen handeln würde, wenn zwischen Erwerb und Veräußerung die beim Erwerb bestehenden Mietverhältnisse fortgeführt würden, nicht aber, wenn - wie im Fall der Klägerin - der Unternehmer den Mietvertrag nach Erstellung des Grundstücks selbst begründet hat (vgl. BFH, Urteil vom 06.03.2007 IV B 118/05, BFH/NV 2007, 1128 m.w.N. aus der Rpr.). Denn für diesen Fall bringt der Unternehmer zum Ausdruck, dass er das ursprünglich als Umlaufvermögen vorgesehene Wirtschaftsgut einer langfristigen Nutzung und damit dem Anlagevermögen zuführen will. Dies steht insofern mit der Regelung im § 15 a Abs. 1 Satz 1 UStG in Einklang, dass es sich bei einem Mietvertrag um ein "Dauerschuldverhältnis" handelt, aus dem heraus zumindest monatlich und damit eine mehrfache Verwendung erfolgt. Insofern bringt der Unternehmer mit der Begründung eines Mietvertrages zum Ausdruck, dass er das Wirtschaftsgut "nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen" verwenden will. Unabhängig davon, ob man tatsächlich an der umsatzsteuerrechtlich nicht sachgerechten Verknüpfung mit dem ertragsteuerlichen Begriff des "Umlaufvermögens" festhält, liegt danach umsatzsteuerrechtlich jedenfalls eine den Vorsteuerberichtigungsanspruch begründende Mehrfachverwendung vor.

3.

Das vorstehend gefundene Ergebnis wird durch den Sinn von § 15a UStG gestützt. Grundgedanke der Vorschrift ist es - da Vorsteuerbeträge gemäß § 15 UStG in voller Höhe sofort abgezogen werden können (vgl. BFH-Urteil vom 22. Februar 2001 V R 77/96, BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426; BFH-Beschluss vom 14. März 2002 V B 45/01, BFH/NV 2002, 959) -, den Umfang des Vorsteuerabzugs weitgehend nach der Verwendung im Laufe der wirtschaftlichen Lebensdauer des Wirtschaftsguts zu bestimmen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 2004 V R 31/02, BFHE 205, 549, BStBl II 2004, 858, unter II. 1. b bb). Dieser liegt für den vorliegenden Berichtigungszeitraum in der anteilig den Vorsteuerabzug ausschließenden umsatzsteuerfreien Verwendung.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.

5.

Die Revision war gemäß §§ 115 Nr. 1 FGO zuzulassen.



Ende der Entscheidung

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