Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 18.11.2004
Aktenzeichen: 16 K 61/04
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 17 Abs. 1 Satz 1
UStG § 15a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Der Kläger ist als Bauingenieur selbständig tätig. Er war Begründer des sogenannten Kopf-Systems (Kybernetische Organisation, Planung, Führung). Der Kläger hielt die Mehrheitsbeteiligung an der K.-GmbH, die als Holding-GmbH fungierte. Die Holding-GmbH hielt zu 100 v.H. die Anteile an der IFAB-GmbH (nachfolgend: IFAB). Demgemäß war der Kläger im Verhältnis zur IFAB Organträger nach § 2 Abs. 2 UStG. Die IFAB war ihrerseits Komplementärgesellschaft der Kopf-GmbH & Co. KG (KG). Ziel der KG war die Errichtung und der Betrieb einer Akademie und eines Hotels nebst Freizeitanlage in Thüringen. Durch Vertrag vom 1. September 1992 übertrug die KG die Leistungen im Zusammenhang mit Planung, Finanzierung und Errichtung des Hotel-Komplexes an die IFAB. Diese vergab die Konzeptions- und Vorbereitungsarbeiten im Zusammenhang mit dem geplanten Hotelneubau mit Vertrag vom 15. September 1992 an die Z-GbR mit Sitz in Randersacker/Lindelbach (GbR). Mit Abrechnungspapier vom 22.12.1992 stellte die GbR der IFAB erbrachte Konzeptions- und Architektenleistungen in Umfang von 4.745.000 DM zzgl. 14 v.H. Umsatzsteuer gleich 664.300 DM in Rechnung. Mit Rechnung vom 28.12.1992 berechnete die IFAB der KG Leistungen in Gesamtumfang von 5.800.000 DM zzgl. 812.000 DM Umsatzsteuer weiter.

Der Kläger versteuerte in 1992 als Organträger den o.a. Umsatz der IFAB und machte gleichzeitig den dargestellten Vorsteuerabzug geltend. Der Beklagte folgte dem nicht. Hierüber kam es zu einer Rechtsstreitigkeit wegen Umsatzsteuer 1992. Dieser Rechtsstreit endete nach mündlicher Verhandlung am 22. August 2002 im Verfahren 5 K 143/97, indem der Beklagte durch Änderung der Steuerfestsetzung 1992 dem Begehren des Klägers nach kam.

Die Organschaft zwischen Kläger und IFAB endete zum 1. Juli 1993 dadurch, dass der Kläger seine Beteiligung an der Holding-GmbH an Herrn Z. übertrug.

Das für die Besteuerung der Holding-GmbH örtlich zuständige Finanzamt Würzburg führte in der Zeit vom September 2000 bis April 2001 eine Fahndungsprüfung beim Kläger wegen Umsatzsteuer 1996 durch. Es fasste die getroffenen Feststellungen in einem Prüfungsbericht vom 12. Juni 2001 zusammen. Dieser Bericht wurde dem Kläger noch in 2001 im Rahmen des o. g. Klageverfahrens 5 K 143/97 bekannt. Nach dem Fahndungsbericht ist ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gegen die IFAB vom Amtsgericht Würzburg am 9. Dezember 1996 mangels Masse abgewiesen worden. Der Fahndungsprüfer schloss daraus, dass bei der Umsatzsteuerfestsetzung des Klägers Konsequenzen gemäß § 17 UStG zu ziehen seien. So sei hinsichtlich der Vorsteuer aus der Rechnung der GbR vom 22.12.1992 eine Vorsteuerberichtigung von 601.668 DM zu Lasten des Klägers vorzunehmen und bezüglich der von der IFAB am 28.12.1992 erteilten Rechnung an die KG eine Umsatzsteuerberichtigung in Höhe von 365.380 DM vorzunehmen. Die Korrektur des Vorsteuerbetrages ergab sich jedoch nur unter der Voraussetzung, dass dem Kläger der Vorsteuerabzug ursprünglich in vollem Umfang zustünde. Da hierüber noch der Streit vor dem 5. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichtes anhängig war, wertete der Beklagte den Fahndungsbericht erst nach Abschluss des Verfahrens 5 K 143/97 im Jahre 2002 aus. Er erteilte einen entsprechenden Änderungsbescheid am 26. September 2002, der zu einer Umsatzsteuernachzahlung von 120.811,68 € für den Kläger führte.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage. Er macht einerseits geltend, dass zum Zeitpunkt der Erteilung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei, weil er seine Umsatzsteuererklärung 1996 in 1997 beim Beklagten eingereicht habe und damit die Festsetzungsfrist am 31.12.2001 geendet habe. Eine Ablaufhemmung sei nicht ersichtlich. Insbesondere hemme die Prüfungsmaßnahme des für den Kläger nicht zuständigen Finanzamtes Würzburg nicht den Ablauf der Festsetzungsfrist, weil der Kläger weder von den laufenden Ermittlungen noch vom Abschluss der Ermittlungen unterrichtet worden sei. Darüber hinaus macht der Kläger geltend, dass die Berichtigung nach § 17 UStG nicht ihn treffen dürfe, weil das Organschaftsverhältnis zur IFAB zu dem Zeitpunkt, zu dem die Berichtigung nach § 17 UStG stattzufinden habe, längst beendet gewesen sei. Insoweit werde auf den BFH Beschluss vom 6. Juni 2002 V B 110/01 (BFH/NV 2002, 1267) hingewiesen. Der BFH bringe hier zum Ausdruck, dass keine eindeutige Rechtslage vorliege. Darüber hinaus sei aus der Rechtsprechung des BFH ersichtlich, dass sowohl bei Begründung als auch bei Beendigung einer Organschaft von einer parziellen Gesamtrechtsnachfolge auszugehen sei. Dies werde insbesondere aus dem BFH Beschluss vom 12. Mai 2003 V B 211/02, V B 220/02 (BStBl II 2003, 487) deutlich.

Der Kläger beantragt,

den geänderten Umsatzsteuerbescheid vom 26. September 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung daran fest, dass der Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 17 UStG denjenigen Organträger treffe, der zuvor den Vorsteuerabzug vorgenommen habe. Dies sei der Kläger gewesen. Festsetzungsverjährung sei nicht eingetreten, weil dem Kläger noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist bekannt geworden sei, dass das Finanzamt Würzburg Ermittlungen der ihn betreffenden Besteuerungsgrundlagen vorgenommen habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte.

Das Gericht hat neben den Steuerakten auch die Verfahrensakte zu Az. 5 K 143/97 beigezogen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Zutreffend hat der Beklagte mit dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid gegen den Kläger eine höhere Steuer festgesetzt und dabei insbesondere zutreffend die der Höhe nach unstreitigen Änderungen der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG vorgenommen. Ändert sich für einen steuerpflichtigen Umsatz die Bemessungsgrundlage, so haben nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG sowohl der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Nach Satz 3 dieser Vorschrift sind die Berichtigungen für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist die Gesetzesformulierung zur Beantwortung der Frage, wen die Berichtigungspflicht trifft, eindeutig und keiner weiteren Interpretation zugänglich. Wenn - wie im Streitfall - der Kläger als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG im Zusammenhang mit der in 1992 bestehenden Organschaft zur IFAB Vorsteuerbeträge, die dem Organ IFAB in Rechnung gestellt waren, in Anspruch nahm, so trifft ihn die Berichtigungspflicht. Dies gilt unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt der Berichtigung der Kläger noch Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes war oder das Organschaftsverhältnis andauerte. Soweit klägerseits diesbezüglich auf die BFH-Entscheidung vom 12. Mai 2003, a.a.O. verwiesen wird, weist das Gericht darauf hin, dass sich der genannte BFH-Beschluss mit der Problematik auseinandersetzt, wen die Vorsteuerberichtigungspflicht nach § 15 a UStG trifft und dass § 15 a UStG im Gegensatz zu § 17 Abs. 1 UStG möglicherweise keine eindeutige Regelung darüber enthält, welche Person von den Korrekturen betroffen ist.

Der Beklagte durfte den Änderungsbescheid auch noch in 2002 erlassen. Die Festsetzungsfrist war noch nicht abgelaufen. Noch innerhalb der Festsetzungsfrist trat Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 Abgabenordnung (AO) ein. Es steht fest, dass das Finanzamt Würzburg (Steuerfahndungsstelle) noch in 2001 Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, die den Kläger betrafen, vornahm. Das Gericht weist insoweit auf den dies eindeutig dokumentierenden Fahndungsbericht des Finanzamtes Würzbug vom 12. Juni 2001 hin, der sich in Ablichtung in der beigezogenen Gerichtsakte 5 K 143/97 auf Blatt 112 ff. befindet. Dieser Bericht ist dem Kläger auch noch in 2001 bekannt geworden. Somit wusste der Kläger davon, dass Ermittlungen von Besteuerungsgrundlagen gegen ihn vorgenommen wurden. Einer förmlichen Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bedurfte es bei Anwendung des § 171 Abs. 5 Satz 1 AO nicht.

Somit hat der Beklagte im Ergebnis zutreffend gegen den Kläger den vorzunehmenden Vorsteuerberichtigungsanspruch festgesetzt. Der Höhe nach durfte der Beklagte - wie geschehen - die Vorsteuerberichtigung in dem Umfang vornehmen, wie die an die IFAB seinerzeit gestellte Rechnung im Zeitpunkt der Insolvenz der IFAB noch nicht beglichen war.

Soweit sich durch den angefochtenen Änderungsbescheid bezüglich der von der IFAB selbst erbrachten Leistung eine Korrektur zu Gunsten des Klägers ergeben hat, geschah dies aufgrund der dargestellten Rechtsgrundsätze zutreffend.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Das Gericht lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und im Hinblick auf die vom BFH im Beschluss vom 06.06.2002 geäußerte Rechtsmeinung zu.

Ende der Entscheidung

Zurück