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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 25.03.2009
Aktenzeichen: 2 K 273/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 7g
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist, ob eine im Einzelunternehmen gem. § 7g EStG gebildete Rücklage nach Einbringung des Einzelunternehmens zu Buchwerten in eine Personengesellschaft fortgeführt werden kann.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger betrieb bis zum Ende des Streitjahres einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in der Form eines Einzelunternehmens. Den Gewinn ermittelte der Kläger gem. § 4 Abs. 1 EStG für ein Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06.

Für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 bildete der Kläger eine Ansparrücklage für die Anschaffung eines Schleppers sowie eines Futtermischwagens von insgesamt 31.600 EUR. Den Jahresabschluss (im Folgenden JA) erstellte der steuerliche Berater des Klägers am 24. Juni 2003.

Für das Rumpfwirtschaftsjahr 01.07. bis 31.12.2002 bildete der Kläger in seinem JA zudem für die Anschaffung eines Mähwerks (Anschaffungskosten 5.603 EUR) eine Ansparrücklage von 2.240 EUR. Den JA erstellte der steuerliche Berater des Klägers am 26. April 2004.

Den JA war jeweils keine Aufstellung/Erläuterung der gebildeten Ansparrücklage beigefügt. Die Finanzkonten enthalten Angaben zur Funktion der Wirtschaftsgüter. Außerdem haben die Kläger im Klageverfahren handschriftliche Unterlagen vorgelegt, in denen die voraussichtlichen Anschaffungskosten der geplanten Investitionen ausgewiesen sind.

Zum 01.01.2003 gründete der Kläger mit seinem Sohn und einem weiteren Landwirt L eine GbR, in die der Kläger sowie L jeweils ihren landwirtschaftlichen Betrieb einbrachten in der Weise, dass sie das Betriebsvermögen teilweise der GbR zur Nutzung überließen und in das Sonderbetriebsvermögen überführten, teilweise zu Buchwerten in das Gesamthandsvermögen einbrachten. Für die Nutzungsüberlassung der Wirtschaftsgüter vereinbarten die Gesellschafter eine Vorabvergütung. Die im Einzelunternehmen gebildeten Ansparrücklagen führte die GbR in der Gesamthandsbilanz fort und löste sie dort zum Ende des Rumpfwirtschaftsjahres 01.01.-30.06.2003 auf, nachdem sie lediglich am 23.06.2003 tatsächlich das Mähwerk zum Preis von 5.603 EUR erworben hatte.

Nach einer sowohl beim Kläger als auch bei der GbR durchgeführten Außenprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, die Ansparabschreibung hätte bei Gründung der GbR aufgelöst werden müssen bzw. hätte im Rumpfwirtschaftsjahr 2002 nicht mehr gebildet werden dürfen. Dementsprechend erhöhte der Beklagte den Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahres um die o.g. Rücklagenbeträge (33.840 EUR) zzgl. einem Gewinnzuschlag für die im Wirtschaftsjahr 2001/2002 gebildete Rücklage von 1.896 EUR und erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid.

Die Kläger sind der Auffassung, die Rücklagen seien in der GbR fortzuführen gewesen, weil der Kläger sein Einzelunternehmen zu Buchwerten in die GbR eingebracht habe. Dies folge aus dem in §§ 22 Abs. 1, 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG verankerten "Fußstapfengedanken" und werde so auch in der Literatur vertreten. Insbesondere seien - neben den in der Anlage zum Gesellschaftsvertrag bezeichneten Wirtschaftsgütern - auch die Ansparabschreibungen aus dem Einzelunternehmen des Klägers in das Gesamthandsvermögen der GbR überführt worden, weil künftige Investitionen durch die Gesellschaft erfolgen sollten.

Die Betriebe seien identisch, denn wie das Einzelunternehmen des Klägers betreibe die GbR Rindviehhaltung mit Milchproduktion. Die Gesellschaftsgründung sei vergleichbar mit der Erweiterung des Einzelbetriebes.

Die Kläger beantragen,

die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für den Veranlagungszeitraum 2002 um die aufgelösten Ansparrücklagen von insgesamt 33.840 EUR sowie den Gewinnzuschlag von 1.896 EUR zu vermindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, zwischen dem Einzelunternehmen und der GbR bestehe keine Betriebsidentität, weil der Kläger sein Einzelunternehmen infolge der Aufnahme weiterer Gesellschafter und weiteren Betriebsvermögens nicht im Wesentlichen unverändert fortgeführt habe. Vielmehr sei der Betrieb des Klägers mit der Einbringung erloschen. Der Betrieb werde in der GbR nicht fortgeführt, weil sich das Betriebsbild infolge der Aufnahme zweier Gesellschafter sowie der Nutzung weiterer, vom Gesellschafter L eingebrachter Ländereien und Milchquoten, grundlegend geändert habe. Der Betrieb der GbR und der bisherige Betrieb des Klägers seien von Größe und Struktur her vollkommen unterschiedlich.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 105 Abs. 3 FGO auf die Schriftsätze der Beteiligten, das Protokoll sowie die Steuerakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist teilweise begründet.

1. Die gebildeten Ansparrücklagen für Schlepper und Futtermischwagen waren von vornherein nicht anzuerkennen, weil der Kläger die voraussichtliche Anschaffung eines begünstigten Wirtschaftsgutes im Ansparzeitraum nicht rechtzeitig konkretisiert hat.

a) Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Diese sog. Ansparrücklage durfte nach der im Streitjahr (2002) geltenden Fassung 40 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten. Voraussetzung ist weiter (§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG), dass der Steuerpflichtige das begünstigte Wirtschaftsgut "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird". Spätestens am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs ist die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen (§ 7g Abs. 4 EStG). Unterbleibt die begünstigte Investition, ist der Gewinn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in welchem die Rücklage bestanden hat, um 6 v.H. des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen.

Zwar setzt die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG nicht voraus, dass der Steuerpflichtige glaubhaft macht, die Investition sei wirklich beabsichtigt (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001, XI R 13/00 BStBl II 2002, 385). Allerdings setzt die nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG erforderliche "voraussichtliche" Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts eine hinreichende Konkretisierung der geplanten Investition voraus (vgl. BFH-Urteil vom 19. September 2002, X R 51/00 BFH/NV 2003, 250). Denn die "voraussichtliche" Investition muss bereits bei der Bildung der Rücklage so konkret und genau bezeichnet werden, dass im Jahr der Investition festgestellt werden kann, ob die vorgenommene Investition tatsächlich der "voraussichtlichen" Investition entspricht, für deren Finanzierung der Steuerpflichtige die Ansparrücklage gebildet hatte (BFH-Beschluss vom 25. September 2002, IV B 55/02, BFH/NV 2003, 159).

Die Konkretisierung muss daher zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Investitionszeitraum noch nicht abgelaufen war und die Investition noch objektiv möglich und durchführbar war (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 2003, IV R 23/01 BStBl II 2004, 187) und ist regelmäßig im Zusammenhang mit der Rücklagenbildung vorzunehmen (BFH-Beschluss vom 5. April 2007, XI B 173/06 BFH/NV 2007, 1308). Das Bilanzierungswahlrecht gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG übt der Steuerpflichtige nicht schon durch den entsprechenden Ausweis in seiner Buchführung oder in seinen sonstigen Unterlagen aus. Vielmehr trifft er seine verbindliche Wahl insoweit erst durch den Ausweis eines entsprechenden Passivpostens in seiner (Handels- und Steuer-)Bilanz, weil erst der Ausweis der Rücklage in der vom Steuerpflichtigen für das Jahr der Rücklagenbildung aufgestellten Bilanz mit der für die Ausübung des Bilanzierungswahlrechts notwendigen Klarheit erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige sein Wahlrecht zugunsten der Bildung einer Rücklage ausgeübt hat (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2007, IV R 83/05 BFH/NV 2008, 1130).

Am erforderlichen Finanzierungszusammenhang fehlt es daher, wenn die Bildung der Rücklage erst nach Ablauf des zweijährigen Investitionszeitraums geltend gemacht wird, ohne dass tatsächlich Investitionen durchgeführt worden sind sowie ebenfalls, wenn der Investitionszeitraum zwar noch nicht abgelaufen ist, sein Ende jedoch so kurz bevorsteht, dass auch der Steuerpflichtige selbst nicht mehr damit rechnet, die fraglichen Wirtschaftsgüter noch rechtzeitig anschaffen oder herstellen zu können (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2007, IV R 83/05 BFH/NV 2008, 1130). Abzustellen ist hierbei auf die Erstellung des Jahresabschlusses und dessen Einreichung beim Finanzamt (vgl. BFH-Urteile vom 20. Dezember 2006, X R 42/04 BFH/NV 2007, 883 und vom 28. November 2007, X R 43/06 BFH/NV 2008, 554).

b) Nach diesen Maßstäben ist keine positive Prognoseentscheidung für die voraussichtliche Anschaffung des Schleppers und Futtermischwagens zu treffen, weil der Kläger die Rücklage insoweit erst wenige Tage vor Ablauf des Investitionszeitraums gebildet und erst nach Ablauf des Investitionszeitraums beim Beklagten beantragt hat.

Der Investitionszeitraum für die zum 30. Juni 2002 gebildete Rücklage lief nämlich für Schlepper und Futtermischwagen bereits zum 30. Juni 2003 ab, weil die folgenden Rumpfwirtschaftsjahre (01.07.2002 -31.12.2002 sowie 01.01.2003 bis 30.06.2003 bei der GbR) vollwertig bei der Berechnung des Investitionszeitraums zu zählen sind (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 2004, XI R 56/03 BFH/NV 2005, 845; Kratzsch in Frotscher EStG § 7g Rz. 44; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach EStG § 7g Anm. 94). Mit der Verkürzung des Investitionszeitraums verkürzt sich nach Auffassung des Senats ebenso der Zeitraum, in dem die Rücklage gebildet und beim Finanzamt geltend gemacht werden muss.

Indes hat der Kläger den Jahresabschluss zum 30.06.2002 erst am 24. Juni 2003 erstellt und seine Steuererklärung 2001 erst am 1. Juli 2003 abgegeben. Bei diesen Umständen ist eine positive Prognoseentscheidung für eine voraussichtliche Investition im Investitionszeitraum nicht zu treffen.

2. Allerdings hat das Finanzamt die Rücklage für Schlepper und Futtermischwagen (insgesamt 31.600 EUR) zunächst zum 30.06.2002 anerkannt und erst zum 31.12.2002 aufgelöst.

Die vorzunehmende Gewinnerhöhung entfällt indes zur Hälfte (15.800 EUR) auf die bestandskräftige Veranlagung 2001. Die Bestandskraft der Einkommensteuerveranlagung 2001 bewirkt keine Bindungswirkung an den dort zugrunde gelegten Gewinn. Indes sind die Besteuerungsgrundlagen für jeden Veranlagungszeitraum gesondert zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1990, IV R 129/89 BStBl II 1991, 356). Auch bei Land- und Forstwirten, die ihren Gewinn gem. § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG abweichend vom Kalenderjahr ermitteln, ist ein fehlerhafter Bilanzansatz selbst dann in der ersten noch offenen Schlussbilanz richtig zu stellen, wenn dadurch die auf den vorausgegangenen, aber bestandskräftig abgeschlossenen Feststellungszeitraum entfallende Gewinnerhöhung nicht mehr berücksichtigt werden kann (vgl. BFH-Beschluss vom 25. August 2000, IV B 150/99 BFH/NV 2001, 308).

Ein Gewinnzuschlag gem. § 7g Abs. 5 EStG von 1.896 EUR entfällt ebenfalls bei Nichtanerkennung der Rücklage von Anfang an, so dass der Gewinn des Streitjahres wegen der Ansparrücklagen für Schlepper und Futtermischwagen um 17.696 EUR zu vermindern ist.

3. Für die zum 31.12.2002 gebildete Ansparrücklage von 2.240 EUR für die Anschaffung eines Mähwerks liegen die Voraussetzungen für die Bildung einer Ansparrücklage vor, so dass der Gewinn des Streitjahres um diesen Betrag ebenfalls zu mindern ist.

a) Insbesondere fehlt es für diese Investition nicht am erforderlichen Finanzierungszusammenhang. Der Investitionszeitraum endete am 30.06.2004, die Bilanz mit Konkretisierung der voraussichtlichen Investitionen ist immerhin einige Wochen zuvor erstellt worden, am 26. April 2004. Das Mähwerk hat die GbR auch tatsächlich im Investitionszeitraum, nämlich am 23. Juni 2003, angeschafft.

b) Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Anerkennung der Rücklage insoweit nicht entgegen, dass der Kläger sein Einzelunternehmen zum 31.12.2002 in die GbR im Sinne des § 24 UmwStG zu Buchwerten eingebracht hat und die Investition deshalb aus tatsächlichen Gründen nicht mehr in seinem Einzelunternehmen vornehmen konnte.

Zwar kann eine Ansparabschreibung nicht mehr gebildet werden, wenn die Vornahme der am Bilanzstichtag (vorgeblich) geplanten Investition im Zeitpunkt der Erstellung des entsprechenden Jahresabschlusses und dessen Einreichung beim Finanzamt wegen zwischenzeitlicher Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes nicht mehr realisiert werden konnte (vgl. BFH-Urteil vom 20. Dezember 2006, X R 42/04 BFH/NV 2007, 883). Bei der vorliegenden Einbringung des Betriebes nach § 24 UmwStG ist die GbR indes Gesamtrechtsnachfolgerin bzgl. der Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen und damit vorliegend auch der Rücklage geworden. Gem. § 24 Abs. 4 i.V.m. § 22 Abs. 1 i.V.m. §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG tritt die übernehmende Gesellschaft in die steuerrechtliche Rechtstellung des übertragenen Unternehmens ein (Fußstapfentheorie) und führt insbesondere den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklagen als Rechtsnachfolgerin fort (vgl. Kratzsch in Frotscher EStG § 7g Rz. 55, Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach EStG § 7g Anm. 96; Schmidt EStG 26. Aufl. § 7g Rz. 38; Vogelgesang BB 2004, 640, 642; Hoffmann GmbH-StB 2003, 362, 364).

Die vorliegend teilweise Überführung der WG in das Sonderbetriebsvermögen steht der Annahme einer Einbringung im Sinne des § 24 UmwStG nicht entgegen (FG Düsseldorf Urteil vom 30. April 2003, 16 K 2934/01 EFG 2003, 1180 m.w.N.; BMF BStBl I 2001, 543 Tz. 24.04 i.V.m. 20.08, 24.06).

Allerdings ist die Fortführung einer Ansparrücklage bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft bisher in der Rechtsprechung der Finanzgerichte abgelehnt worden (vgl. FG Köln Urteil vom 28. August 2002, 14 K 387/01 EFG 2003, 218; FG Münster Urteil vom 15. Mai 2003, 14 K 7116/01 EFG 2003, 1368). Aus den Entscheidungen ergibt sich indes nicht, dass die Rechtsnachfolge nach den Vorschriften des UmwStG gewürdigt worden wäre.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf die abweichenden finanzgerichtlichen Entscheidungen zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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