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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 3 K 10154/03
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 158
AO 1977 § 162 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

3 K 10154/03

Einkommensteuer 2001

Tatbestand:

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2001 um für einen Herrn X ausgestellte Ausgangsrechnungen über netto 64.032 DM erhöht werden durften.

Der Kläger ist als Einzelunternehmer als Maler- und Lackierermeister in A tätig. Das Finanzamt schätzte zunächst die Besteuerungsgrundlagen, da der Kläger trotz Aufforderung eine Einkommensteuererklärung nicht abgab. Der gegen den Schätzungsbescheid eingelegte Einspruch wurde vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen. Nach Klageerhebung und Abgabe der ESt-Erklärung 2001 führte das Finanzamt für die Jahre 1994 - 2001 in der Zeit von November 2003 - November 2004 eine Außenprüfung durch. Der Außenprüfer stellte dabei verschiedene Mängel bei der Buchführung fest. Es ergaben sich in den Jahren 1994 - 2001 u.a. ungeklärte Bankgutschriften, ungeklärte Einlagen, Verbuchungen von Privatausgaben, fehlerhafte Wareneinkaufsbuchungen sowie Nichterfassung von vorgefundenen Ausgangsrechnungen. Dies führte in den Jahren 1996 - 2001 zu folgenden Gewinnerhöhungen:

+ 11.227 DM

+ 16.224 DM

+ 35.222 DM

./. 2.572 DM

+ 54.685 DM

+ 100.440 DM.

Im Streitjahr 2001 erfasste das Finanzamt dabei 2 vorgefundene Ausgangsrechnungen "X" über einen Nettobetrag von insgesamt 64.032 DM. Nach den Rechnungen handelt es sich dabei um Malerarbeiten für das Bauvorhaben am Bürogebäude des Herrn X in B. Aufgrund dieser vorgefundenen und nicht verbuchten Ausgangsrechnung erhöhte der Betriebsprüfer die Einnahmen um den in den Rechnungen ausgewiesenen Nettobetrag von 64.032 DM. Im Rahmen der Außenprüfung sowie eines Ermittlungsverfahrens gegen den Rechnungsempfänger "X" ließ dieser über seine Rechtsanwälte mit Schreiben vom 29.04.2004 (Bl. 25, 26 der Bp-Arbeitsakte) mitteilen, dass der Kläger die in der Rechnung ausgewiesenen Arbeiten erbracht habe. Die Arbeiten seien zur Zufriedenheit des Herrn X durchgeführt worden. Er habe bislang keinerlei Veranlassung gehabt, die einzelnen in Rechnung gestellten Quadratmeter Malerarbeiten zu hinterfragen, weil er davon ausgegangen sei, dass dies dem Umfang der tatsächlich angefallenen Arbeiten entspreche. Die Arbeiten seien auch sämtlichst durchgeführt worden. Soweit der Kläger diese Rechnungen möglicherweise aufgrund der erhaltenen Barzahlung dann nicht gebucht habe, falle das nicht in den Verantwortungsbereich des Herr X. Auf den entsprechenden Rechnungen vom 18.07.2001 (Kopie Bl. 4 Bp-Arbeitsakte) sowie vom 20.08.2001 (Kopie Bl. 5, 6 Bp-Arbeitsakte) ist vermerkt "bar bezahlt auf Baustelle" bzw. "Barbetrag erhalten".

Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger trägt vor, ein Herr Y habe den Kläger darum gebeten, für Herrn X einen Kostenvoranschlag für Malerarbeiten im Innen- und Außenbereich am Bauvorhaben in B zu erstellen. Der Kläger selbst habe das Bürogebäude in B nie selbst besichtigt, er sei nie vor Ort gewesen. Kurze Zeit nach dem Monat Juli 2001 habe sodann Herr Y für Herrn X weitere Baumaterialien geordert, die auch ordnungsgemäß abgerechnet worden seien. Herr Y habe den Kläger nochmals angesprochen und mitgeteilt, Herr X braucht zur Vorlage bei einer Bausparkasse Rechnungen für durchgeführte Malerarbeiten. Der Kläger habe sich dann bereit erklärt, die gewünschten Rechnungen zu erstellen. Als Gegenleistung habe Herr Y dem Kläger Namens und in Vollmacht des Herrn Y eine Zahlung von 300 DM versprochen. Der Kläger habe sodann die fingierten Rechnungen vom 18.07. und 20.08.2001 ausgestellt. Er habe dafür von Herrn Y für beide Rechnungen einen Betrag von 300 DM erhalten. Arbeiten an dem Bauvorhaben des Herrn X habe er nie ausgeführt. Er sei aufgrund der geringen Mitarbeiterzahl gar nicht in der Lage gewesen, das Auftragsvolumen zu realisieren. Zudem habe er zum fraglichen Zeitraum des Jahres 2001 das Bürogebäude des Prozessbevollmächtigten renoviert. Diese Renovierungsarbeiten hätten sich über mehrere Wochen in den Sommermonaten des Jahres 2001 hingezogen. Der Kläger könne daher die vermeintlichen Arbeiten an dem Bauvorhaben in B nicht ausgeführt haben.

Im Laufe des Klageverfahrens erstattete der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten am 06.06.2005 Strafanzeige gegen Herrn X.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsbescheide vom 20. Januar 2003, den Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 29. August 2002 in der Fassung vom 2. Mai (Einkommensteuer 2001) bzw. vom 21. April 2005 (Umsatzsteuer 2001) in der Weise zu ändern, dass die Ausgangsrechnung "X" vom 18. Juli 2001 und 20. August 2001 über insgesamt 64.032 DM (netto, also ohne MWSt) bei den Umsätzen bzw. beim Gewinn aus Gewerbebetrieb des Klägers unberücksichtigt bleiben und die Einkommensteuer und Umsatzsteuer dementsprechend herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Ansicht, dass die Hinzurechnung der beiden Ausgangsrechnungen zutreffend sei. Die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten seien nicht schlüssig.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Das Finanzamt hat zutreffend die Nettobeträge der Ausgangsrechnungen X über insgesamt 64.032 DM im Streitjahr 2001 als Einnahmen des Klägers aus seinem Malerbetrieb erfasst.

Das Finanzamt war insoweit berechtigt gewesen, eine Hinzuschätzung in Höhe der erteilten Ausgangsrechnungen vorzunehmen, da die Buchführung des Klägers nicht in Ordnung war.

1. Nach § 158 Abgabenordnung (AO) sind der Besteuerung die Buchführung und die Aufzeichnung des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 - 148 AO entsprechen, zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Ist eine Buchführung allerdings ganz oder teilweise nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen, so sind die Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen. Im Rahmen einer solchen Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse richten sich die Anforderung an die Beweise und die Beweislast nach den allgemein geltenden Grundsätzen. Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen kann dabei durch einen Zuschlag zu den Betriebseinnahmen oder einen Abschlag von den Betriebsausgaben erfolgen, um dadurch den Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die durch die punktuelle Feststellung von sachlichen Fehlern in den Unterlagen des Steuerpflichtigen eingetreten sind. Das Finanzgericht entscheidet dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Es kann dabei die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen in vollem Umfang überprüfen und selbst Schätzungen vornehmen. Die Schätzungsbefugnis des Finanzgerichts besteht dabei unabhängig davon, ob und wie das Finanzamt geschätzt hat. Es kann dabei von der Schätzungsmethode des Finanzamts abweichen und Besteuerungsgrundlagen nach einer anderen Methode schätzen.

2. Im Streitfall liegt eine ordnungsgemäße Buchführung nicht vor. Eine solche nämlich erfordert, dass sämtliche Geschäftsvorfälle nach der zeitlichen Reihenfolge und mit ihrem richtigen und erkennbaren Inhalt festgehalten werden. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden. Die zeitgerechte Verbuchung der Geschäftsvorfälle ist dabei notwendig. Werden Geschäftsvorfälle nicht ordnungsgemäß verbucht, ist der Buchführung die materielle Ordnungsmäßigkeit zu versagen.

Danach ist im Streitfall die Buchführung für die Jahre 1996 - 2001 nicht ordnungsgemäß. Aufgrund der insoweit nicht angefochtenen Feststellungen des Außenprüfers sind verschiedenste Geschäftsvorfälle nicht ordnungsgemäß verbucht, Privatausgaben in den betrieblichen Bereich verlagert worden, sowie Bareinzahlungen nicht nachvollziehbar. Die Buchführung war daher zu verwerfen. Der Beklagte war befugt, auch für das Streitjahr 2001 eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen.

Dabei ist nicht zu beanstanden, dass sich der Betriebsprüfer bezüglich der Schätzung an den vorgefundenen, nicht verbuchten Ausgangsrechnungen orientiert hat. Soweit der Kläger vorträgt, es habe sich um eine bloße Scheinrechnung gehandelt, für die er bis auf einen Betrag von 300 DM keine weiteren Zahlungen erhalten hat, entkräftig dieser Einwand nicht die vorgefundenen Ausgangsrechnungen. Dabei war insbesondere der Zeuge Y nicht zu hören. Aufgrund des angebotenen Zeugenbeweises hätte nicht festgestellt werden können, ob der Kläger nicht zu einem anderen Zeitpunkt von Herrn X Barzahlungen in Höhe der ausgewiesenen Nettorechnungsbeträge erhalten hat. Der Kläger hat vielmehr den Erhalt der Barzahlungen ausdrücklich mit seinen Unterschriften bestätigt. Auch der Hinweis, dass der Kläger in dem fraglichen Zeitraum die Arbeiten nicht habe ausführen können, geht ins Leere. Es vermag nicht durch gleichzeitig vorgenommene anderen Arbeiten im Büro des Prozessbevollmächtigten ausgeschlossen zu werden, dass der Kläger nicht nach Feierabend oder an den Wochenenden, oder aber bereits zu einem früheren Zeitpunkt, die Arbeiten an dem Bürohaus des Herrn X durchgeführt hat.

Damit sind zur Überzeugung des Senats die vorgefundenen Ausgangsrechnungen "X" nicht entkräftet. Aufgrund eigener Schätzungsbefugnis des Finanzgerichts sind zur Überzeugung des Senates deshalb für das Jahr 2001 die Betriebseinnahmen um die vorgefundenen Ausgangsrechnungen um netto 64.032 DM zu erhöhen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 FGO abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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