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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 09.03.2005
Aktenzeichen: 3 K 10761/00
Rechtsgebiete: BRKG, EStG, GG


Vorschriften:

BRKG § 6
BRKG § 19
EStG § 3 Nr. 12
EStG § 3 Nr. 13
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3
GG Art. 3 Abs. 1
VO § 1 Abs. 1 Nr. 3b zu § 6 BRKG
Pauschal gewährte Fahrtkostenerstattungen eines Kreistagsmitgliedes, die zusätzlich zur Aufwandsentschädigung gezahlt worden sind, sind steuerpflichtig.
Finanzgericht Niedersachsen

Tatbestand:

Streitig ist die steuerliche Behandlung einer Pauschale für Reisekostenvergütung i.H.v. 350,00 DM pro Monat.

Der Kläger ist Mitglied im Kreistag des Landkreises ... Er ist dort Kreistagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender. Im Streitjahr erhielt er für diese Tätigkeiten insgesamt Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder und Reisekostenerstattung in Höhe von 16.880,00 DM.

Die pauschale Reisekostenvergütung in Höhe von insgesamt 4.200,00 DM im Streitjahr wurde aufgrund von § 4 Abs. 5 der Entschädigungssatzung des Landkreises ... geleistet. Dort heißt es: "Für die Dienstreisen innerhalb des Kreisgebietes und Fahrten nach H. erhalten nachfolgend aufgeführte Personen ausschließlich eine nach Maßgabe des § 6 Bundesreisekostengesetz i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 b der Verordnung zu § 6 Bundesreisekostengesetz (zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 28.03.2001 BGBl. I S. 472) errechnete Pauschale:

a) Der Landrat i.H.v. 340,00 EUR,

b) der erste Stellvertreter des Landrates und die Fraktionsvorsitzenden i.H.v. 200,00 EUR."

Der Beklagte beließ die Einnahmen des Klägers aus seiner Tätigkeit im Kreistag i.H.v. 8.280,00 DM steuerfrei. Dies entspricht gemäß der Einkommensteuerkartei der OFD - Hannover § 3 Nr. 1.11 der doppelten Pauschale, die Funktionsträgern des Kreistages eines Landkreises mit höchstens 250000 Einwohnern zusteht. Die Karteikartenregelung beruht auf bundeseinheitlichen Erlassen (für Niedersachsen: Erlass des Niedersächsischen Finanzministers vom 01.08.1978, Nds. MBl 1978, 1653 - im Folgenden: Erlass).

Den Restbetrag von .... DM setzte der Beklagte als steuerpflichtige Einkünfte aus selbständiger Arbeit an.

Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die Besteuerung der Reisekostenpauschale i.H.v. ... DM und führt dazu im Wesentlichen aus: Gemäß § 3 Nr. 13 Einkommensteuergesetz (EStG) seien Reisekostenvergütungen, die nach den Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes oder entsprechender Landesgesetze gewährt wurden, steuerfrei.

Der Landkreis ... habe die Reisekostenentschädigungen festgesetzt entsprechend den Regelungen des Bundesreisekostengesetzes, welches in § 18 bestimme, dass die oberste Dienstbehörde bei regelmäßigen oder gleichartigen Dienstreisen an Stelle der Reisekostenvergütung i.S.d. § 4 des Bundesreisekostengesetzes auch eine Pauschalvergütung gewähren könne, welche nach dem Durchschnitt der in einem bestimmten Zeitraum sonst anfallenden Einzelvergütungen zu bemessen sei. Von dieser Regelung habe der Landkreis ... Gebrauch gemacht, um sich damit die Abrechnungen der einzelnen Reisen von den Kreistagsmitgliedern zu ersparen, die aufgrund ihrer Funktion im besonderen Maße gewöhnlicher Weise Dienstreisen durchzuführen hätten. Der Dienstherr habe somit von der Möglichkeit der pauschalen Fahrtkostenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz für besondere Funktionsträger Gebrauch gemacht. Auch diese Regelung erfülle die Bestimmungen des § 3 Nr. 13 EStG für eine Steuerfreiheit der Reisekostenvergütung.

Wenn man sich dieser Meinung nicht anschließe, würde die Regelung der pauschalen Entschädigung von Funktionsträgern zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung mit denjenigen Mitgliedern des Kreistages führen, welche mangels besonderer Funktion keine pauschale Reisekostenentschädigung erhielten, sondern ihre Reisekosten konkret nach gefahrenen Kilometern abrechneten.

Die vom Dienstherrn eingeführte Arbeitserleichterung der pauschalen Abrechnung dürfe nicht zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung führen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1997 vom 10.05.1999 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 23.11.2000 die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit auf ... herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Vorverfahren vertretenen Rechtsansicht fest und führt dazu aus: Die pauschal gewährte Reisekostenvergütung sei im vorliegenden Fall weder nach § 3 Nr. 13 EStG noch nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei zu belassen. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verlange, Reisekostenvergütungen i.S.d. § 3 Nr. 13 EStG nur dann als einkommensteuerfrei anzuerkennen, wenn sie der Abgeltung eines Aufwandes dienten, der, hätte ihn der Steuerpflichtige selbst zu tragen, als Werbungskosten abziehbar wäre. Die Reisekosten müssten konkret nach tatsächlich gefahrenen Kilometern abgerechnet werden. Nach § 3 Nr. 12 EStG könne nur dann ein über den bisher steuerfrei belassenen Betrag von 8.280,00 DM hinausgehender Betrag steuerfrei sein, wenn der Kläger nachweise, dass ihm im Streitjahr ein höherer Aufwand entstanden sei.

Der Einwand des Klägers, dass er gegenüber den normalen Mitgliedern des Kreistages benachteiligt sei, könne nicht nachvollzogen werden, weil dies nach steuerrechtlichen Grundsätzen nicht der Fall sei.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Steuerakten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2005.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit (§§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 18 EStG) zutreffend ermittelt.

Die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Kreistagsmitglied und Fraktionsvorsitzender sind solche aus "sonstiger selbständiger Arbeit" i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (BFH-Urteil vom 03.12.1987 IV R 41/85, BStBl II 1988, 266).

Bei dem Kläger sind über die bereits anerkannten Beträge hinaus keine weiteren Betriebseinnahmen steuerfrei zu belassen. Die pauschal gewährten Fahrtkostenerstattungen sind steuerpflichtig.

1.

Nach § 3 Nr. 13 EStG sind die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugsvergütungen und Trennungsgelder steuerfrei. Die Steuerfreiheit erstreckt sich aber nur auf Reisekostenvergütungen, die im konkreten Einzelfall nach den Regelungen, den Reisekostengesetzen gezahlt worden sind, die also für tatsächlich gefahrene Kilometer abgerechnet worden sind (BFH-Urteil vom 27. Mai 1994 VI R 67/92, BStBl II 1995, 17; Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 3 Rn. 512). Daran fehlt es hier. Die Fahrtkostenerstattungen sind monatlich pauschal gewährt worden. Es liegen ihnen keine Einzelabrechnungen des Klägers zugrunde.

2.

Die Steuerfreiheit der Fahrtkostenerstattung ergibt sich auch nicht aus § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG. Nach dieser Vorschrift sind Bezüge steuerfrei, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen. Die Aufwandsentschädigung i.S.d. § 3 Nr. 12 EStG kann zum Ausgleich aller Arten von Betriebsausgaben oder Werbungskosten (vgl. BFH-Urteil vom 09.07.1992 IV R 7/91, BStBl II 1993, 50), also auch von Fahrtkosten gezahlt werden.

Die Fahrtkostenerstattungen sind keine steuerfreien Bezüge des Klägers i.S.d. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG in Verbindung mit dem Erlass. Nach dem Erlass führt nur die Erstattung der tatsächlichen Fahrtkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück zur Steuerfreiheit entsprechender Zahlungen (Tz. B I Nr. 2 des Erlasses; ESt-Kartei, § 3 EStG Nr. 1.11.B 2.). Der Kläger hat jedoch Pauschalen erhalten. Nach dem Erlass ist jedoch gerade die Erstattung tatsächlicher Fahrtkosten notwendige Bedingung der Steuerfreiheit.

Dem Erlass ist sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen, die er für die Steuerfreiheit von Bezügen fordert, wie im Streitfall die Erstattung bloß tatsächlicher Fahrtkosten, als auch hinsichtlich der Höhe der steuerfreien Bezüge zu folgen (vgl. hierzu Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 12. März 1997 II 57/93, EFG 1997, 941).

3.

Für die Anerkennung weiterer Beträge als steuerfreier Entschädigung, die über die steuerfrei belassene doppelte Pauschale i.H.v. ... DM hinausgeht, ist ohne Einzelnachweise kein Raum.

Der Kläger hätte hierfür nachweisen müssen, dass alle Aufwendungen, die mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit zusammenhängen und nicht Kosten der allgemeinen Lebensführung sind, den Betrag der bereits steuerfrei gewährten Entschädigung i.H.v. ... DM im Streitjahr überstiegen haben (vgl. hierzu FG Münster, Urteil vom 18. März 1993 14 K 2213/91 E, EFG 1993, 710; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 12. März 1997 II 57/93, EFG 1997, 941). Ein solcher Nachweis ist nicht erbracht worden.

4.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Artikel 3 § 1 Grundgesetz ist im vorliegenden Fall jedenfalls durch die Regelungen der Besteuerung nicht ersichtlich. Hätte der Kläger Einzelabrechnungen durchgeführt für tatsächlich gefahrene Kilometer, wären diese auch als steuerfreier Reisekostenersatz anerkannt worden. Dann wäre er steuerlich genauso behandelt worden wie die normalen Kreistagsabgeordneten. Dem Kläger hätte es auch frei gestanden, neben seiner pauschalen Abrechnung mit dem Landkreis ... selber Einzelaufzeichnungen zu führen und hierdurch dem Finanzamt nachzuweisen, in welcher Höhe tatsächliche Fahrtkosten nach Bundesreisekostengesetz entstanden sind.

Wenn der Kläger sich durch die vom Landkreis ... vorgegebene pauschale Reisekostenabrechnungspraxis gegenüber anderen Kreistagsmitgliedern benachteiligt fühlt, kann dieser eventuell bestehende Nachteil nicht durch eine nicht gesetzeskonforme und nicht erlasskonforme Besteuerung seitens des Finanzamts behoben werden, sondern nur durch eine Änderung der Abrechnungspraxis des Landkreises ..... Auf eine solche könnte der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit im Kreistag hinwirken.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).



Ende der Entscheidung

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