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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 28.08.2008
Aktenzeichen: 3 K 497/05
Rechtsgebiete: EStG, BewG


Vorschriften:

EStG § 7g Abs. 1
EStG § 7g Abs. 2
EStG § 7g Abs. 3
BewG § 33
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Prüfung der Wertgrenze des § 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Wohnungswert zu berücksichtigen ist.

Der Kläger ist von Beruf Landwirt. Er betreibt die Haltung von Pferden, insbesondere von Zuchthengsten. Er kauft Fohlen bzw. junge Pferde, die er aufzieht, ausbildet und dann verkauft.

Der Kläger ermittelt den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft durch Betriebsvermögensvergleich. Das Wirtschaftsjahr beginnt am 01. Juli und endet am 30. Juni des Folgejahres. In den Jahresabschlüssen für die Wirtschaftsjahre 1999/2000, 2000/2001 und 2001/2002 brachte der Kläger u.a. folgende Sonderabschreibungen (Sonder-AfA gemäß § 7 g Abs. 1 EStG) und Ansparabschreibungen (§ 7 g Abs. 3 EStG) in Ansatz: (...)

Für die Streitjahre wurde die Einkommensteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt.

Im Wege der Wertfortschreibung stellte der Beklagte (das Finanzamt - FA- ) für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers folgende Einheitswerte (EW) fest: (...; der auf den 01. Januar 2000 festgestellte Einheitswert belief sich auf 250.000,00 DM und setzte sich aus dem Wirtschaftswert in Höhe von 169.000,00 DM und dem Wohnungswert in Höhe von 81.000,00 DM zusammen).

Die nächste Wertfortschreibung fand auf den 01. Januar 2004 (...) statt. Der hierdurch festgestellte Einheitswert betrug - wie auch der auf den 01. Januar 2000 festgestellte Wert - 127.822,00 EUR.

Die Landwirtschaftliche Betriebsprüfungszentralstelle beim FA X führte beim Kläger (...) eine steuerliche Außenprüfung durch. Der Prüfer stellte fest, dass die für die Anschaffung einiger Deckhengste in Anspruch genommene Sonder-AfA nicht anerkannt werden könne. Denn die Voraussetzungen des § 7 g EStG seien nicht erfüllt. Gleiches gelte für die nach dem 01. Januar 2000 gebildeten Ansparabschreibungen (...). Die Abschreibungen seien Gewinn erhöhend aufzulösen.

Das FA erließ (...) unter Hinweis auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordung (AO) geänderte Bescheide, (...).

Hiergegen legte der Kläger (...) Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, nach Ende der Nutzungswertbesteuerung dürfe der Wohnungswert bei der Bestimmung des Einheitswertes i. S. des § 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG nicht mehr berücksichtigt werden, weil die Wohnung nicht mehr zum Betriebsvermögen gehöre. Wirtschaftsgüter, die steuerlich kein Betriebsvermögen seien, könnten bei der durch diese Norm vorgeschriebenen Wertgrenze nicht berücksichtigt werden, auch wenn das Gesetz vom Einheitswert, zu dem auch der Wohnungswert gehöre, spreche. Dementsprechend sei bei der Wertgrenze für Gewerbebetriebe auch nur auf das Betriebsvermögen abzustellen.

Mit Einspruchsbescheid (...) wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Sonderabschreibungen und Ansparabschreibungen könnten nach § 7 g Abs. 1 und Abs. 3 EStG dann in Anspruch genommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 7 g Abs. 2 EStG erfüllt seien. Da die Vorschrift nur für kleine und mittlere Betriebe gelte, seien in § 7 g Abs. 2 Nr. 1 EStG Größenmerkmale festgelegt worden. Würden diese Grenzen überschritten, könne eine Abschreibung nicht mehr geltend gemacht werden. Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sei allein auf die Höhe des Einheitswertes abzustellen. Die Grenze betrage 240.000,00 DM. Maßgeblich sei der zuletzt vor dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts festgestellte Einheitswert des Betriebes i. S. der §§ 33 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG). Danach gehöre auch der Wohnungswert zum Einheitswert, unabhängig davon, ob das Wohngebäude bei der Einkommensteuer noch zum Betriebsvermögen gehöre.

Im Streitfall sei der maßgebliche Einheitswert zum Stichtag 01. Januar 2000 auf 250.000,00 DM festgestellt worden. Er liege damit über den Wertgrenzen des § 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG. Die Vergünstigungen des § 7 g EStG hätten damit nicht gewährt werden können.

Der Kläger hat (...) Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die geltend gemachten Abschreibungen seien Gewinn mindernd zu berücksichtigen. Die Wertgrenzen nach § 7 g Abs. 2 EStG stellten zwar auf den Begriff Einheitswert ab. Dieser setze sich nach §§ 33 ff. BewG aus dem Wirtschaftswert und dem Wohnungswert zusammen. Bei der Frage, ob ein Betrieb Abschreibungen nach § 7 g Abs. 1, 3 EStG geltend machen dürfe, sei jedenfalls seit Aufhebung der Nutzungswertbesteuerung indessen nur auf den Wirtschaftswert und damit nur auf die zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen gehörenden Grundstücke abzustellen. Der Wohnungswert bleibe auch bei solchen Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit bzw. Gewerbebetrieb erzielten, außer Ansatz (§ 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG). Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, die im Beitrittsgebiet belegen seien, werde auf den Ersatzwirtschaftswert abgestellt. Bei der Ermittlung dieses Wertes finde der Wohnungswert ebenfalls keine Berücksichtigung. Diese Ungleichbehandlung habe inzwischen auch der Gesetzgeber erkannt. Durch das 5. Unternehmenssteuerreformgesetz vom 14. August 2007 (BGBl. I 2007, S. 630) sei das Größenmerkmal für land- und forstwirtschaftliche Betriebe von "Einheitswert" auf "Wirtschaftswert" umgestellt worden.

Das FA ist der Klage entgegengetreten und nimmt zur Begründung vor allem auf die Einspruchsentscheidung Bezug. (...)

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in dessen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat zu Recht bei der Prüfung, ob die Größenmerkmale des § 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG überschritten sind, auf die durch das FA festgestellten Einheitswerte i. S. der §§ 33 ff. BewG abgestellt. Dass die geltend gemachten Abschreibungen nicht berücksichtigt worden sind, ist demnach nicht zu beanstanden.

Nach § 7 g Abs. 1 EStG können bei neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben den Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 oder 2 EStG Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. Dies gilt für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, zu dessen Anlagevermögen das Wirtschaftsgut gehört, nur dann, wenn der Einheitswert im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts nicht mehr als 240.000,00 DM beträgt (§ 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung). Darüber hinaus können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts i. S. des § 7 g Abs. 1 EStG eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden (Ansparabschreibung; § 7 g Abs. 3 Satz 1 EStG). Eine solche Rücklage darf jedoch nur gebildet werden, wenn der Betrieb am Schluss des Wirtschaftsjahrs, das dem Wirtschaftsjahr der Bildung der Rücklage vorangeht, das in § 7 g Abs. 2 EStG genannte Größenmerkmal erfüllt (§ 7 g Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 EStG).

Die nach § 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG maßgebliche Wertgrenze wird im Streitfall überschritten. Denn nach dem in Bestandskraft erwachsenen Bescheid vom (...) belief sich der Einheitswert des klägerischen Betriebs zum 01. Januar 2000 auf 250.000,00 DM und überstieg damit die vorgeschriebene Grenze von 240.000,00 DM.

Der Einheitswertbescheid stellt für die Frage, ob eine Sonderabschreibung geltend gemacht werden kann, einen Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO) dar (vgl. Urteil des Finanzgerichts - FG - Münster vom 30. August 2005 6 K 6539/03, EFG 2006, 255, rechtskräftig, zu § 7 g Abs. 1 und 2 EStG in der bis 1992 geltenden Fassung; FG Düsseldorf, Urteil vom 15. Juli 2002 7 K 5423/99 E, EFG 2005, 29, rechtskräftig, zur Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung durch einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb; Handzik, in: Littmann / Bitz / Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 7 g, Rz. 32; Schmidt / Kulosa, EStG, 27. Aufl., § 7 g, Rz. 11). Ob der Einheitswertbescheid auch für die Inanspruchnahme der Ansparabschreibung nach § 182 Abs. 1 AO Bindungswirkung entfaltet, kann im Streitfall dahinstehen. Jedenfalls ist der Einheitswert, sofern er vorhanden ist, für die Beurteilung, ob der Betrieb die Größenmerkmale des § 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG erfüllt, heranzuziehen. Der Gesetzgeber hatte bei § 7 g EStG die Absicht, die für andere steuerliche Zwecke in anderen Verfahren ermittelten Einheitswerte auch für die Vorschrift des § 7 g EStG nutzbar zu machen. Streitigkeiten sollten insoweit vermieden werden (vgl. Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2005, 29).

Entgegen der Ansicht des Klägers umfasst der Einheitswert i. S. des § 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung auch den Wohnungswert. Denn nach § 33 Abs. 2 BewG gehören zu den Wirtschaftsgütern, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind, auch die Wohngebäude. Dem steht nicht entgegen, dass Wohngebäude bei der Ermittlung des Betriebsvermögens (§ 7 g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG) oder des Ersatzwirtschaftswertes (§ 57 Abs. 3 EStG i.V.m. § 125 BewG) außer Betracht bleiben. Der Gesetzgeber hat in § 7 g Abs. 2 EStG in der seit 1997 geltenden Fassung nur für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ausdrücklich am Einheitswert festgehalten (vgl. Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2005, 29).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Einerseits ist die unterschiedliche Behandlung durch das für die Land- und Forstwirtschaft abweichende Bewertungssystem bedingt. Andererseits ist es dem Gesetzgeber frei gestellt, unterschiedliche Wirtschaftszweige unterschiedlich zu behandeln (Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2005, 29; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz. 1371, 1376 a).

Die Revision war nicht zuzulassen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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