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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 20.11.2002
Aktenzeichen: 4 K 156/99
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1 |
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufwendungen des Klägers für eine Feier mit den Betriebsangehörigen anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen sind.
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist seit vielen Jahren für den kaufmännischen Bereich angestellter Geschäftsführer der Firma X (nachfolgend: Firma), die Präzisionsteile herstellt. Er bezog ein festes Gehalt und Tantieme. Die Tantieme machte etwa 2/3 seiner gesamten Bezüge aus.
Nach den Feststellungen einer Außenprüfung in der Firma richtete der Kläger im Jahr 1993 anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums bei der Firma in seinem Haus ein Gartenfest ausschließlich für die Betriebsangehörigen der Firma ohne Ehegatten aus. An dem Fest nahmen von den eingeladenen 500 Betriebsangehörigen etwa 320 Personen teil. Die zunächst von der Firma getragenen Aufwendungen für das Fest in Höhe von netto 7.614,20 DM wurden im selben Jahr mit der Tantieme des Klägers verrechnet. In der Einkommensteuererklärung 1993 der Kläger wurden weder dieser Betrag, um den die Tantieme gekürzt worden war, als Einnahme angegeben noch die Aufwendungen für das Fest als Werbungskosten geltend gemacht.
Der Beklagte sah in den Feststellungen der Außenprüfung eine neue Tatsache zu Lasten der Kläger i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO). Er rechnete daher die von der Firma getragenen und verrechneten Aufwendungen mit dem Bruttobetrag in Höhe von 8.756,33 DM (7.614,20 DM + 15% USt) dem steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn des Klägers hinzu und änderte den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 1993 i.d.F. vom 02.09.1996 entsprechend.
Dagegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage. Die Aufwendungen für das Gartenfest mit den Betriebsangehörigen stellten Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers dar. Der Kläger habe das Fest ausschließlich aus beruflichen Gründen ausgerichtet. Er sei nicht damit einverstanden gewesen, dass die Firma aus Anlass seines Jubiläums zu einer gesonderten Feier Geschäftsfreunde, Vertreter von Verbänden und der Verwaltung eingeladen habe, die Betriebsangehörigen jedoch nicht. In Gesprächen mit Mitarbeitern habe der Kläger in Erfahrung gebracht, dass in der Belegschaft allgemein die Ansicht vertreten worden sei, dass die "Großen" in der Firma feiern würden, die Belegschaft, die ebenfalls die Wirtschaftskraft der Firma positiv beeinflusst hätte, jedoch außen vor bleiben würde. Der Kläger habe sich daher veranlasst gesehen, die Betriebsangehörigen in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma einzuladen. Damit sollte den Betriebsangehörigen für ihren bisherigen Einsatz gedankt und sie zur künftigen Einsatzbereitschaft motiviert werden. Durch eine unsorgfältige Arbeitsweise der Belegschaft im Produktionsprozess könnten gegen die Firma erhebliche Regressforderungen ausgelöst werden. An einer hoch motivierten Belegschaft habe der Kläger ein eigenes Interesse, weil die Höhe seiner Vergütung zum weit überwiegenden Teil durch die Tantieme bestimmt werde.
Die Kläger beantragen,
den Einspruchsbescheid vom 08.03.1999 und den Einkommensteuer-Änderungsbescheid 1993 vom 31.08.1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei dem Gartenfest handele es sich um eine gesellschaftliche Veranstaltung. Die Aufwendungen für ein solches Fest fielen grundsätzlich unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Bei Steuerpflichtigen mit variablen Bezügen könnten Aufwendungen für gesellschaftliche Veranstaltungen nur dann als Werbungskosten zu berücksichtigen sein, wenn die Teilnahme daran eine besondere Belohnung für den Teil der Mitarbeiter darstellte, der sich durch besondere Leistung ausgezeichnet habe. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass der Steuerpflichtige seinen Mitarbeitern eine derartige Belohnung vorher - etwa in Form einer Auslobung oder eines Wettbewerbs - in Aussicht gestellt habe und er davon ausgehen könne, dass er sie u.a. hierdurch zu besonderen Leistungen anspornen könne. Ein solcher Fall liege jedoch nicht vor. Mit dem Gartenfest seien keine bestimmten Mitarbeiter für herausragende Leistungen belohnt worden.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der im Jahr 1993 verrechnete Tantiemeanspruch gehört zwar zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers (§ 19 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Bei den verrechneten Aufwendungen handelt es sich aber um zu berücksichtigende Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG), so dass sich im Ergebnis an der ursprünglich Einkommensteuerfestsetzung 1993 nichts ändert.
Aufwendungen sind Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz1 EStG, wenn sie durch den Beruf veranlasst worden sind (vgl. BFH-Beschluss vom 28.11.1977 GrS 2-3/77, BStBl II 1987, 105). Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs getätigt werden. Nach § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG dürfen jedoch aufgewendete Beträge für den Haushalt des Steuerpflichtigen nicht bei den einzelnen Einkunftsarten abgezogen werden. Dazu gehören nach Satz 2 der Vorschrift auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der BFH in ständiger Rechtsprechung den Werbungskostenabzug bei Bewirtungsaufwendungen im beruflichen Bereich (Bewirtung von Mitarbeitern, Kollegen) verneint, wenn der Anlass in einem besonderen persönlichen Ereignis (Geburtstag, Dienstjubiläum) des bewirtenden Arbeitnehmers wurzelte (vgl. BFH-Urteile vom 04.12.1992 VI R 59/92, BStBl II 1993, 350; vom 29.07.1994 VIII B 71/93, BFH/NV 1995, 118 mit weiteren Nachweisen). In derartigen Fällen sah der BFH die Aufwendungen nicht durch den Beruf, sondern als fast ausschließlich durch eine aus der gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Stellung des Steuerpflichtigen folgenden Verpflichtung zur Repräsentation veranlasst an. Allerdings unterscheidet der BFH zwischen Steuerpflichtigen mit festen Bezügen und solchen mit variablen Bezügen. Aufwendungen für die Bewirtung von Mitarbeitern eines Steuerpflichtigen mit festen Bezügen hat der BFH nur dann als Werbungskosten anerkannt, wenn die Bewirtung im Zusammenhang mit Dienstbesprechungen oder Fortbildungsveranstaltungen oder als eine vorher (etwa in Form einer Auslobung oder eines Wettbewerbs) in Aussicht gestellte Belohnung für besondere Leistungen erfolgte (vgl. BFH-Urteile vom 23.03.1984 VI R 182/81, BStBl II 1984, 557; vom 04.12.1992 VI R 59/92 a.a.O.). Bei Steuerpflichtigen mit variablen Bezügen ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Während der BFH den Werbungskostenabzug bejaht, wenn die Höhe der Bezüge nicht unwesentlich vom Erfolg seiner Mitarbeiter abhängig ist (vgl. BFH-Urteil vom 04.12.1992 VI R 59/92 a.a.O.), hat er für Aufwendungen eines Rechtsanwalts, die ihm aus Anlass eines für Mandanten, Berufskollegen und Mitarbeitern gegebenen Empfangs zu einem herausgehobenen Geburtstag entstehen, den Betriebsausgabenabzug versagt (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.1991 IV R 58/88, BStBl II 1992, 524).
Der erkennende Senat teilt die Auffassung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 04.12.1992 VI R 59/92 a.a.O.), nach der Aufwendungen eines Steuerpflichtigen mit variablen Bezügen für eine Feier mit den Mitarbeitern Werbungskosten darstellen, wenn die Höhe der Bezüge nicht unwesentlich auch von den Leistungen der Mitarbeiter abhängig ist. Ein solcher Fall liegt hier vor, weil die Tantieme vom Gewinn der Firma bestimmt wurde, der wiederum von den Leistungen aller Mitarbeiter abhängig ist.
Die Firma selbst hat das Dienstjubiläum des Klägers ohne die Betriebsangehörigen gefeiert. Aufgrund der widerspruchsfreien und auch glaubhaften Angaben des Klägers, denen der Beklagte nicht widersprochen hat, wollte der Kläger den ihm zugetragenen Befürchtungen der Betriebsangehörigen, dass nur die "Großen", jedoch nicht sie und ihre Leistungen gewürdigt würden, entgegentreten und die Betriebsangehörigen zu weiterer Leistungsbereitschaft motivieren. Denn dem Kläger war bewusst, dass seine variablen Bezüge nicht unwesentlich von der Einsatzbereitschaft der Betriebsangehörigen und der Qualität ihrer Arbeit abhängen.
In derartigen Fällen ist eine Feier mit ausschließlich Betriebsangehörigen ein Beweisanzeichen für eine berufliche Veranlassung. Es widerspricht der Lebenserfahrung, dass ein Geschäftsführer, wie der Kläger, die gesamte Belegschaft von 500 Personen überwiegend aus privatem Anlass einlädt und bewirtet. Dieser Erfahrungssatz lässt sich nicht durch den Hinweis auf das 25-jährige Dienstjubiläum erschüttern. Die persönliche Einladung anlässlich des Jubiläums zu einer derartigen Massenfeier durch den Jubilar wird weder von der Öffentlichkeit noch von der Belegschaft eines entsprechenden Unternehmens mit einer dreistelligen Zahl von Mitarbeitern als Beleg oder Ausfluss seiner wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung erwartet. Die vom Kläger in Erfahrung gebrachte Erwartungshaltung der Belegschaft richtete sich nicht auf eine eigene Feier des Klägers, sondern darauf, dass die Firma ihre Belegschaft nicht vergessen werde und sich nicht nur gegenüber den "Großen" erkenntlich zeigt. Das 25-jährige Dienstjubiläum war daher nur ein äußerlicher Anknüpfungspunkt für den Termin einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung aller Betriebsangehörigen, deren sachliche Veranlassung im beruflichen Zusammenhang des Klägers und nicht in dessen Person, sondern seiner Funktion als Geschäftsführer zu sehen ist.
Für die berufliche Veranlassung spricht auch, dass sich das Fest im finanziellen Rahmen betrieblicher Veranstaltungen bewegte. Die tatsächlichen Aufwendungen haben mit 25,00 DM brutto pro Person die von der Finanzverwaltung ab 1993 zugestandene Grenze von 200,00 DM/brutto je Arbeitnehmer und Veranstaltung bei weitem nicht erreicht (DB 1992, 1058). Schließlich spricht ebenfalls für die berufliche Veranlassung des Festes, dass die Firma einen Beitrag geleistet hat, indem sie nur die Nettokosten mit der Tantieme des Klägers verrechnet hat.
Der Umstand, dass das Fest im eigenen Garten des Klägers ausgerichtet wurde, ist allein kein Kriterium, die fast ausschließliche berufliche Veranlassung der Feier in Frage zu stellen.
Nach allem hat der Kläger die Feier zum Zwecke der Erhaltung und Sicherung seiner variablen Bezüge veranstaltet. Die Aufwendungen sind daher als Werbungskosten zu behandeln. Die angefochtenen Bescheide waren daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision war wegen der aufgezeigten, nicht einheitlichen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 12.12.1991 IV R 58/88, a.a.O. und vom 23.03.1984 VI R 182/81, a.a.O.) zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
Ende der Entscheidung
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