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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 07.12.2005
Aktenzeichen: 5 K 182/04
Rechtsgebiete: 6. EG-Richtlinie, UStG
Vorschriften:
UStG § 4 Nr. 9 Buchst. b | |
6. EG-Richtlinie Art. 13 Teil B Buchst. f |
Tatbestand
Streitig ist die Steuerpflicht der Umsätze aus dem Betrieb von Unterhaltungsgeräten (sog. Fun-Games).
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Aufstellung, Wartung und Pflege von Automaten aller Art und der Betrieb von Spielhallen.
Das Finanzamt schätzte die Besteuerungsgrundlagen zur Umsatzsteuer 2001 gemäß § 162 AO wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung. Die Klägerin legte fristgerecht Einspruch ein und gab die Umsatzsteuererklärung 2001 im Einspruchsverfahren ab, in der sämtliche Umsätze aus dem Automatenspiel der Umsatzsteuer unterworfen wurden. Das Finanzamt folgte dem Ansatz der erklärten Besteuerungsgrundlagen und erteilte unter dem 25.09.2003 einen entsprechenden Änderungsbescheid. Hiergegen wendete sich die Klägerin im Einspruchsverfahren und beantragte unter Hinweis auf die Linneweber-Entscheidung des EuGH vom 17.02.2005 (Rs. C-453/02, UR 2005, 194) die Umsatzsteuerbefreiung für die Geldspielautomaten.
Im Klageverfahren begehrt den Kläger nunmehr die Umsatzsteuerfreiheit für das gesamte Automatenspiel (Geldspiel- und Unterhaltungsgeräte).
Neben den Einnahmen aus dem Betrieb von gewerblichen Geldspielgeräten i.S.d. § 33c der Gewerbeordnung - GewO - erzielte die Klägerin im Streitjahr Einnahmen aus dem Betrieb von Unterhaltungsgeräten in Höhe von 18.869,23 €.
Hierunter versteht man Spielgeräte, die es dem Spieler auf verschiedene Weise ermöglichen, entweder den Einsatz zurück zu gewinnen bzw. eine Weiterspielmöglichkeit zu erhalten, wobei die Weiterspielmöglichkeit nicht unmittelbar im Anschluss an das vorherige Spiel erfolgen muss.
Die am weitesten verbreitete - und von der Klägerin im Streitjahr ausschließlich angebotene - Variante dieses Spiels ist das sog. Tokenspiel. Dieses funktioniert im Wesentlichen wie folgt (vgl. Referat des Herrn Detlef Podalski anlässlich der Tagung des Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. vom 05.05.2004):
1. Geld wird in einen Tokenmanager eingeworfen (der Tokenmanager ist eine vom Spielgerät getrennte Zahlstelle - Kassenautomat -).
2. Der eingeworfene Betrag wird im Tokenmanager auf einer Chipkarte gespeichert.
3. Der Spieler erhält Token (Wertmünzen) im Gegenwert des eingeworfenen Geldbetrages.
4. Für die eingeworfene Toke erhält der Spieler am Unterhaltungsgerät Spielpunkte gutgeschrieben.
5. Der Spieler kann sich die Spielpunkte in Token auszahlen lassen (z.B. 100 Punkte = 1 Toke = Wert 5 Euro).
6. Die Token kann der Spieler am Tokenmanager zurücktauschen in Geld, wobei der Rücktausch allerdings in Höhe des - auf der Chipkarte gespeicherten - Einzahlungsbetrages beschränkt ist.
Die Spieldauer bei einem Fun-Game beträgt regelmäßig 3 Sekunden. Der Preis für ein Spiel ist ebenso wie die Höhe des Gewinns nicht festgelegt. Die Gewinnquote ist in das Belieben des Aufstellers gestellt, sie beträgt regelmäßig zwischen 60% und 90%.
Nach Auskunft der Klägerin war im Streitjahr 2001 bei ihren Unterhaltungsgeräten die Chance auf einen (Rück)Gewinn auf ein halbes Jahr und einen maximalen Einzahlungsbetrag von 50 € beschränkt.
Die Klägerin trägt vor, dass die Umsätze aus den Fun-Games entsprechend den Grundsätzen der Linneweber-Entscheidung steuerfrei zu stellen seien.
Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie spreche von "Glücksspiel mit Geldeinsatz". Ein Glücksspiel liege vor, wenn der Ablauf eines beliebigen Spiels im Wesentlichen vom Zufall abhänge. Sofern dieses Glücksspiel mit einem Geldeinsatz betrieben werde, falle es unter die Anwendung der Steuerbefreiung. Von einem Geldeinsatz sei immer dann auszugehen, wenn das für ein Spiel verlangte Entgelt nicht nur für eine reine Dienstleistung entrichtet werde, sondern darin auch ein Anteil enthalten sei, der als Einsatz für eine (Steigerung der) Gewinnchance angesehen werden könne. Je höher die Gewinnchance sei, desto eher sei der Spieler bereit, seinen Einsatz zu erhöhen. Der Ablauf des Spiels als Dienstleistung trete dabei in den Hintergrund.
Beim Glücksspiel mit Geldeinsatz sei die Chance des Geldgewinns die Regel. Keinesfalls könne jedoch davon ausgegangen werden, dass es sich bei Glücksspiel ohne unmittelbare Geldgewinnchance nicht um Glücksspiel mit Geldeinsatz handele. In diesem Fall sei lediglich eine umfassendere Prüfung der Zusammensetzung des Entgelts vorzunehmen.
Ein gewichtiges Indiz sei hierbei das Verlustrisiko des Spielers. So sei die Annahme wenig überzeugend, dass ein Spieler bereit sei, für eine reine Unterhaltungsdienstleistung bis zu 480 € pro Stunde (s. Referat von Herrn Podalski) zu entrichten, wo es doch alternative Vergnügungen zu ungleich günstigeren Preisen gebe. Entscheidend sei vielmehr, dass der Spieler die hohen Verluste nur in Kauf nehme, wenn er hierfür - aus seiner Sicht - eine entsprechende Erfolgschance erhalte. Letztlich mache es für den Gewohnheitsspieler keinen Unterschied, ob er als Spielgewinn eine 2-Euro Münze oder eine Toke im entsprechenden Gegenwert erhalte, die er am nächsten Tag wieder in ein Spielgerät einwerfe.
Die Token verkörperten einen wirtschaftlichen Gegenwert. Die Wertmünzen würden von anderen Spielern aufgekauft. Im Internet sei bereits ein reger Handel entstanden (www.ebay.de - Suchbegriffe "Token" oder "Weiterspielmarken").
Der Begriff des "Glücksspiels" i.S.d. 6. EG-Richtlinie sei nicht von den Modalitäten des Spiels (z.B. Höhe des Einsatzes und Gewinns) abhängig. Dies habe der EuGH in der Rechtssache Linneweber ausdrücklich und unmissverständlich klargestellt. Der Annahme von Glücksspiel stehe daher nicht entgegen, dass die Gewinnmöglichkeit bei den Fun-Games auf die Höhe des Einsatzes beschränkt sei. Entscheidend sei vielmehr, dass der Spieler - bezogen auf das einzelne Spiel - die Möglichkeit erhalte, Spielpunkte zu gewinnen und den Gegenwert in Token ausgezahlt zu bekommen. In diesem Fall verfestige sich die konkrete Gewinnchance zu einer Vermögensmehrung. Der (Gewohnheits)Spieler begreife diese Vermögensmehrung als "Gewinn", unabhängig davon, dass er bestenfalls seinen Einsatz zurückerlange.
Zudem habe das Oberverwaltungsgericht - OVG - Hamburg jüngst entschieden, dass die Fun-Games gewerberechtlich als erlaubnispflichtige Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit i.S.d. § 33c der Gewerbeordnung - GewO - anzusehen seien (Urteil vom 4. März 2005 1 BF 214/04 - bestätigt durch Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Urteile vom 23.11.2005 6 C 8/05 und 9/05, Pressemitteilung vom 24.11.2005). Das OVG habe das gewerberechtliche Glücksspiel davon abhängig gemacht, dass der Spielausgang im Wesentlichen vom Zufall abhänge und dem Spieler die Möglichkeit eingeräumt werde, nach Ende eines - einzelnen - Spiels über ein höheres Vermögen zu verfügen als vorher. Beide Voraussetzungen seien bei den Fun-Games erfüllt.
Diese gewerberechtliche Bewertung des Spiels als Geldgewinnspiel sei auch bei der Auslegung des Begriffs "Glücksspiel" i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie zu berücksichtigen.
Abschließend weist die Klägerin darauf hin, dass eine Berichtigung der Vorsteuern zu ihren Lasten nach § 15a UStG nicht in Betracht komme. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechtsausführungen im Schriftsatz vom 24.11.2005 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 25.09.2003 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 30.03.2004 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 0 DM festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, Fun-Games seien nicht als Glücksspiel i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie anzusehen, weil der Spieler hier lediglich seinen Einsatz zurückgewinnen und keinen weitergehenden Gewinn erzielen könne.
Ein (anteiliger) Abzug der mit dem Betrieb der Unterhaltungsgeräte in Zusammenhang stehenden Vorsteuern scheitere daran, dass die Klägerin bislang keine Unterlagen (Gewinn- und Verlustrechnungen, Rechnungen, etc) zur Überprüfung der Vorsteuerabzugsberechtigung für das Streitjahr vorgelegt habe. Außerdem bestehe die (bislang nicht erfüllte) Verpflichtung der Klägerin, die gezogenen Vorsteuern aus den Vorjahren betragsmäßig zu beziffern und zuzuordnen, damit ggf. eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG vorgenommen werden könne.
Gründe
Es wird festgestellt, dass der Umsatz aus den von der Klägerin betriebenen Unterhaltungsgeräten umsatzsteuerpflichtig ist. Die von der Klägerin angebotenen Fun-Games (Tokenspiel) sind kein Glücksspiel i.S.d. Art 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie.
1. Der Senat hält es für sachgerecht, durch ein Zwischenurteil nach § 99 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - über die Steuerpflicht der Umsätze aus dem Betrieb der Unterhaltungsgeräte gesondert zu entscheiden. Dies ist sachdienlich, weil die Klägerin bislang noch keine Unterlagen zur abschießenden Überprüfung des Vorsteuerabzugs und etwaiger Vorsteuerberichtigungsansprüche nach § 15a UStG vorgelegt hat. Außerdem sind beim erkennenden Senat bereits mehrere Verfahren anhängig, die die Umsatzsteuerfreiheit von Fun-Games zum Gegenstand haben.
2. Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie befreit von der Steuer "Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedstaat festgelegt werden".
a) In der Rechtssache Linneweber entschied der EuGH, dass Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie dahin auszulegen ist, "dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen oder Glückspielgeräten in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei ist, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, nicht gilt" (EuGH-Urteil vom 17.02.2005 Rs. C-453/02, UR 2005, 420; nachfolgend: BFH-Urteil vom 12.05.2005 V R 7/02, IStR 2005, 601). Demzufolge kann sich ein Aufsteller von Geldspielautomaten auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie in dem Sinne berufen, dass die Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst b UStG keine Anwendung findet (BFH-Urteil vom 12.05.2005, a.a.O.).
Ob die Steuerbefreiung auch für Unterhaltungsgeräte gilt, hatten der EuGH und der BFH nicht zu entscheiden. Aus dem Sachverhalt der Rechtssache Linneweber geht zwar hervor, dass die Klägerin Geldspielgeräte und Unterhaltungsgeräte aufgestellt hatte. Die Steuerbefreiung war indes nur für die Geldspielgeräte beantragt worden.
b) Der Betrieb von Unterhaltungsgeräten (Fun-Games) ist nicht als "Glücksspiel mit Geldeinsatz" i.S.d. gemeinschaftsrechtlichen Befreiungsvorschrift anzusehen.
Die Steuerbefreiungsvorschriften der 6. EG-Richtlinie enthalten autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts und sind eng auszulegen (st. Rspr. des EuGH, vgl. z.B. Urteil vom 05.06.1997 Rs. C2/95 - Sparekassernes Datacenter, IStR 1997, 397; Urteil vom 16.01. 2003 Rs. C-315/00 - Maierhofer, UVR 2003, 206; ebenso BFH-Urteil vom 11.11.2004 V R 34/02, UR 2005, 207 mit Anm. Heidner; ausf. Birkenfeld, Mehrwertsteuer in der EU, 4. Auflage 2001, S. 64 ff.).
aa) Die besonderen Schwierigkeiten bei der Anwendung der Mehrwertsteuer auf Glücksspiele gegenüber ihrer Anwendung auf andere Umsätze ergeben sich aus dem Wesen des Glücksspiels, das nicht primär auf den entgeltlichen (End)verbrauch von Gegenständen oder Dienstleistungen, auf den die Mehrwertsteuer abstellt, gerichtet ist, sondern auf die Auszahlung eines Gewinns, der mit der Gegenleistung des Spielers, dem Spieleinsatz, über ein Glückselement, nämlich die Gewinnchance, verbunden ist (Schlussanträge der GA Stix-Hackl vom 08.07.2004 - Rs. C- 453/02 - Linneweber, www.curia.eu.int/de Rdnr. 40 unter Bezugnahme auf ihre Schlussanträge vom 27.09.2001 - Rs C-498/99 - Town & County Factors Ltd, www.curia.eu.int/de Rdnr. 70).
Die Mehrwertsteuer knüpft grundsätzlich an die tatsächliche Vermögensverschiebung zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Empfänger der Dienstleistung oder der Lieferung an. Dies findet in dem steuerlichen Grundsatz seinen Ausdruck, dass die Mehrwertsteuer proportional zu den tatsächlich erzielten Umsätzen des Steuerpflichtigen zu erheben ist, die dieser Steuerpflichtige mit seinen Lieferungen oder Dienstleistungen erzielt und dass die Steuerverwaltung keinen Betrag erheben darf, der den Betrag übersteigt, der an den Steuerpflichtigen gezahlt worden ist (Schlussanträge der GA Stix-Hackl vom 27.09.2001, a.a.O. Rdnr. 71).
Neben je nach der Ausgestaltung des Glücksspiels möglichen Arten des Leistungsaustausches, also der Erbringung von Dienstleistungen oder Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt, findet typischerweise bei Glücksspielen eine weitere Art des (glücksbedingten) Austausches von Leistungen statt, der mit den Konzepten des Steuerrechts nur schwer zu erfassen ist (Schlussanträge der GA Stix-Hackl vom 27.09.2001, a.a.O. Rdnr. 72).
Beim Glücksspiel wird die tatsächliche Vermögensverschiebung letztlich durch die Verwirklichung einer Chance bestimmt. Die Vermögensverschiebung erfolgt bei wirtschaftlicher Betrachtung unter Zwischenschaltung eines Vermögenspools, der ein Verrechnungselement enthält (die Verluste des einen Spielers speisen die Gewinne des anderen Spielers). Die Begriffe des Steuerrechts (Gegenleistung, Lieferung etc.) sind daher nur bedingt bzw. nach genauer Analyse der Spielstruktur auf Glücksspielumsätze umzulegen (Schlussanträge der GA Stix-Hackl vom 27.09.2001, a.a.O. Rdnr. 73).
Bereits aus der sprachlichen Fassung des Befreiungsvorschrift ("Wetten, Lotterien und sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz") ergibt sich zudem, dass Lotterien und Wetten - wie im deutschen Recht - Glücksspiele sind und der Begriff "sonstige Glücksspiele mit Geldeinsatz" für solche Spiele offen sein soll, die von der Zufalls-, Gewinn- und Risikostruktur mit Lotterien und Wetten vergleichbar sind (Birk/Jahndorf, UR 2002, 289, 293 unter Hinweis auf die englische und französische Sprachfassung).
Dementsprechend entschied der EuGH mit Urteil vom 21.09.1999 zu Geldspielautomaten, dass diese der Lotterie vergleichbar und daher als Glücksspiel anzusehen seien (EuGH-Urteil vom 21.09.1999 Rs. C-124/97 - Läärä, EuGHE 1999, I-6067 Rdnr. 17/18; die Entscheidung ist allerdings nicht zur 6. EG-Richtlinie sondern zur Vereinbarkeit gesetzlicher Beschränkungen des Betriebs von Geldspielautomaten nach finnischem Recht mit dem freien Waren- und Dienstleistungsverkehr ergangen). In der oben angeführten Linneweber-Entscheidung behandelte der EuGH die Geldspielautomaten als Glücksspiel(automaten) i.S.d. EG-rechtlichen Befreiungsvorschrift.
bb) Unter Anwendung der genannten Rechtsgrundsätze scheidet eine Steuerbefreiung für das in Streit stehende Tokenspiel aus.
Hier findet keine tatsächliche Vermögensverschiebung vom Aufsteller zum Spieler unter Zwischenschaltung eines Vermögens- bzw. Verrechnungspools statt. Vielmehr beschränkt sich die Verwirklichung einer Gewinnchance auf die Rückzahlung des Einsatzes. Eine weitergehende Gewinnmöglichkeit ist durch die besonderen Vorrichtungen des Aufstellers (Tokenmanager und Speicherkarte) gerade ausgeschlossen.
Hierin liegt der entscheidungserhebliche Unterschied zu den Geldspielautomaten. Diese eröffnen dem Spieler bei jedem einzelnen Spiel eine über den Einsatz hinausgehende Gewinnchance. Der Geldgewinn wird ausgezahlt mittels der Einsätze anderer Spieler, die sich in den Röhren des Automaten befinden. Diese Möglichkeit eines "echten", d.h. eines über den Einsatz hinausgehenden Geldgewinns ist typisch für das Glücksspiel. Dies zeigt der Vergleich zu den in der Befreiungsvorschrift genannten "Wetten und Lotterien".
Der Annahme eines Glücksspiels steht deshalb nicht (bereits) entgegen, dass nur Token (Wertmünzen) und kein Geld gewonnen werden können, sondern dass die Token vom Aufsteller nur bis zum Einzahlungsbetrag zurückgetauscht werden.
cc) Aus den o.g. Urteilen des OVG Hamburg und des Bundesverwaltungsgerichts zur gewerberechtlichen Beurteilung der Fun-Games ergibt sich nichts Gegenteiliges.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Befreiungsvorschriften der 6. EG-Richtlinie autonom auszulegen sind. Der Rechtsprechung zu § 33c GewO kann demzufolge kein Präjudiz zur Begriffsbestimmung des "Glücksspiels" i.S.d. 6. EG-Richtlinie zukommen.
Eine entsprechende Heranziehung der Rechtsprechung zu § 33c GewO auf den Glücksspielbegriff i.S.d. 6 EG-Richtlinie scheitert am Wortlaut und der Zielsetzung der Norm. § 33c GewO betrifft "Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit" und kein "Glücksspiel". § 33c GewO will den Spieler vor seinem Spieltrieb und unverhältnismäßig hohen Spielverlusten in kurzer Zeit schützen. Außerdem soll der ordnungsmäßige Spielablauf gesichert werden. Eine solche sozial- und ordnungspolitische Zielrichtung ist dem Umsatzsteuerrecht fremd. Umsatzsteuerlich ist es z.B. ohne Bedeutung, ob der Umsatz aus erlaubten oder unerlaubten Glücksspiel herrührt (EuGH-Urteil vom 11.06.1998 Rs. C-283/95 - Fischer, IStR 1998, 399 - unerlaubtes Roulette). § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG soll (nur) die Doppelbesteuerung der dort genannten Umsätze vermeiden.
Die gewerberechtliche Beurteilung, ob "das Spielgeschehen als Ganzes ein einziges Spiel bildet oder - wie vom OVG Hamburg (Urteil vom 04.03.2005 1 BF 215/04, NJOZ 2005, 2815, 2817) angenommen - sich aus mehreren Einzelspielen zusammensetzt", ist ebenfalls nicht auf das Umsatzsteuerrecht zu übertragen. Umsatzsteuerrechtlich ist entscheidend, ob - bezogen auf das Einzelspiel - ein Leistungsaustausch stattfindet. Dies ist zu verneinen, da der Spieler - anders als z.B. bei Geldspielautomaten - nicht für jedes Spiel ein bestimmtes Entgelt (Spieleinsatz) zu zahlen hat. Vielmehr bekommt er für eine Toke bestimmte Spielpunkte gutgeschrieben, die zu einer bestimmten Anzahl an Spielen berechtigen. Dies legt es nahe, das Spielgeschehen aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht als Ganzes zu beurteilen, d.h. als Entgelt für das Tokenspiel den Einsatz anzusehen, der auf der Speicherkarte des jeweiligen Spielers festgehalten wird.
dd) Eine Vermögensmehrung ist auch nicht dadurch begründet, dass die gewonnenen und den Spieleinsatz übersteigenden Token an andere Spieler verkauft bzw. über das Internet gehandelt werden können. Die Möglichkeit dieser wirtschaftlichen Verwertung steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Automatenspiel. Sie wird auch nicht vom Leistenden (Automatenaufsteller) eingeräumt sondern von nicht am Leistungsaustausch (Spiel) beteiligten Dritten. Es wäre auch nicht sachgerecht, die Frage der Steuerbefreiung von einem für den Automatenaufsteller regelmäßig nicht bekannten Umstand (Weiterverkauf der Token an Dritte) abhängig zu machen. Anders könnte es allenfalls dann sein, wenn der Aufsteller selbst die Token der Spieler aufgekauft. Ein derartiges Verhalten, das gegen § 284 Strafgesetzbuch (StGB) verstoßen würde, ist von der Klägerin im Streitfall nicht vorgetragen worden.
3. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.
Ende der Entscheidung
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