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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 18.10.2007
Aktenzeichen: 5 K 282/06
Rechtsgebiete: UStG, SGB V, 6. EG-Richtlinie


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 1 Abs. 3
UStG § 4 Nr. 14
UStG § 10 Abs. 1 S. 5
UStG § 19 Abs. 1 S. 1
SGB V § 24a Abs. 2
6. EG-Richtlinie Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

5 K 282/06

Umsatzsteuer 2000

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger in seiner gynäkologischen Praxis umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt hat.

Für das Streitjahr gab der Kläger keine Umsatzsteuererklärung ab.

Der Kläger hat im Streitjahr Spiralbehandlungen durchgeführt und dabei Kupferspiralen (IUP) jeweils pauschal mit einem Betrag von 250 DM und Hormonspiralen (IUS Mirena) jeweils pauschal mit einem Betrag von 600 DM abgerechnet. Der überwiegende Teil der Spiralbehandlungen wurde per Barquittungen mit dem Vermerk "IUP incl. Einlegen" o.ä. abgerechnet.

Nach einer Außenprüfung und Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens kam die Prüferin zu dem Ergebnis, Umsätze aus dem Einsetzen von Spiralen dienten nicht der Behandlung einer Krankheit und seien daher nicht umsatzsteuerfrei. Die Prüferin ermittelte die der Umsatzsteuer zu unterwerfenden Umsätze für das Streitjahr mit 36.118 DM. Diesen Betrag ermittelte sie anhand der im Streitjahr eingekauften Spiralen von 96 Stück und einem Inventurwert zum 31.12.2000 von 0 Spiralen sowie einem Abgleich mit dem Behandlungskalender des Beklagten. Im Ergebnis legte die Prüferin 41 Behandlungen mit Kupferspiralen und 53 Behandlungen mit Hormonspiralen zugrunde.

Daraufhin erließ der Beklagte am 2.12.2004 einen Umsatzsteuerbescheid für 2000 und legte die von der Prüferin ermittelten Umsätze zum Regelsteuersatz (16%) zugrunde. Vorsteuerbeträge aus dem Ankauf der Spiralen in Höhe von 2.181,61 DM ließ der Beklagte zum Abzug zu.

Hiergegen wendet sich der Kläger. Er trägt vor, das Einsetzen von Spiralen sei nach § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) umsatzsteuerfrei. Es handele sich um Leistungen der vorbeugenden Gesundheitspflege im Sinne des Abschnitt 88 Abs.2 Satz 3 der (früheren) Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR 2002). Die Vermeidung einer ungewollten Schwangerschaft verhindere erhebliche psychische Konflikte und schwangerschaftstypische Risiken.

Darüber hinaus diene das Einsetzen einer Hormonspirale wie der Mirena nicht nur der Empfängnisverhütung, sondern könne verschiedene gesundheitsfördernden und therapeutischen Zwecken dienen. Außerdem liege in denjenigen Fällen eine Heilbehandlung vor, in denen eine Spirale eingesetzt werde, weil die Patientin die sog. "Pille" nicht vertrage. Auch müsse immer dann eine Heilbehandlung angenommen werden, wenn eine Schwangerschaft für die Patientin gesundheitsgefährdend oder gar lebensgefährdend wäre.

Zwar umfasse der Begriff der Heilbehandlung im Sinne des Art.13 Teil A Abs.1 Buchstabe c der 6. EG-Richtlinie (Art 132 Abs. 1 Buchstabe c der Mehrwertsteuer-SystemRL- MwStSystRL-) solche ärztliche Maßnahme nicht, die zu einem anderen Zweck als dem der Diagnose, Behandlung oder - soweit möglich - der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen würden.

Der therapeutische Zweck dürfe jedoch nicht eng ausgelegt werden. Auch ärztliche Leistungen, die zum Zwecke der Vorbeugung erbracht werden, könnten in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fallen. Die von der Patientin selbst getragenen Kosten zur Verhütung einer ungewollten Schwangerschaft (u.a. durch Spiraleinlage) seien geeignet, die Kosten für die Betreuung einer ungewollten Schwangerschaft zu verhindern.

Die Auffassung des Beklagten müsse dazu führen, alle Behandlungen im Bereich der Schwangerschaftsverhütung als umsatzsteuerpflichtig anzusehen, auch wenn sie von den gesetzlichen Krankenkassen getragen würden. Dann müsse auch jede ärztliche Untersuchung, die im Zusammenhang mit der Verschreibung der sog. "Pille" zu Verhütungszwecken erfolge, eine umsatzsteuerpflichtige Leistung sein. Die Auffassung des Beklagten führe zu Wertungswidersprüchen, da er alle ärztlichen Leistungen als umsatzsteuerfrei ansehe, wenn der Arzt zum Einnehmen einer Pille rate, jedoch alle ärztlichen Untersuchungen als umsatzsteuerpflichtig ansehe, wenn der Arzt eine Spirale einlege. Im Übrigen werde bei Patienten bis zum 18. Lebensjahr das Einlegen einer Spirale zur Empfängnisverhütung durch die gesetzliche Krankenversicherung stets finanziert.

Selbst wenn man das Einsetzen der Spirale als steuerpflichtig ansehen würde, handele es sich bei dem Einkaufspreis der Spirale lediglich um einen durchlaufenden Posten für den Kläger, da dieser die Spirale zum Selbstkostenpreis abgebe.

Schließlich ist der Kläger der Ansicht, im Streitjahr finde für ihn die Kleinunternehmerregelung Anwendung. Er habe Kupferspiralen (IUP) jeweils pauschal mit einem Betrag von 250 DM und Hormonspiralen (IUS Mirena) jeweils pauschal mit 600 DM abgerechnet. Bei der pauschalen Abrechnungsweise seien zwar keine einzelnen Gebührenpositionen aus der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) aufgeführt worden. Tatsächlich hätten diese Pauschalhonorare zum überwiegenden Teil aber ärztliche Leistungen wie z.B. ärztliche Beratungen, symptombezogene Untersuchungen, Vaginalbehandlungen oder Ultraschalluntersuchungen enthalten. Bei der Einsetzung der Hormonspiralen seien ärztliche Leistungen, die typischerweise auch im Rahmen einer üblichen Vorsorgeuntersuchung anfielen, in Höhe von 348,41 DM angefallen (Gebührensatz 3,3) und bei der Kupferspirale derartige Leistungen in Höhe von 221,69 DM (Steigerungssatz 2,1). Diese Leistungen seien nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Dementsprechend sei höchstens der Einkaufspreis der Spiralen - ein Betrag von 39,87 DM (IUS Mirena) bzw. 25,37 DM (Kupferspirale) - der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Bei Ansatz dieser Beträge überschreite der Kläger nicht die Kleinunternehmergrenze des § 19 UStG.

Der Kläger habe im Jahr 2000 lediglich in 19 Fällen die IUS Mirena Spiralen ohne medizinische Indikation gelegt. Alle anderen IUS Mirena -Einlagen seien medizinisch indiziert gewesen. Hieraus ergebe sich ebenfalls, dass der Kläger mit den nichtmedizinisch indizierten Spiraleinsätzen unterhalb der Kleinunternehmergrenze liege. In diesem Zusammenhang reichte der Kläger eine anonymisierte Liste sowie Kopien aus der Patientenkartei ein, aus denen sich die medizinische Indikation ergeben soll. Die Liste enthält überwiegend Diagnosen wie Hypermenorrhoe, Dysmenorrhoe, Varikosis, azyklische Blutungen und hormonelle Dysregulation.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid für 2000 über Umsatzsteuer vom 2.12.2004 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 3.8.2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, das Einsetzen von Spiralen diene in erster Linie der Verhütung von Schwangerschaften und sei damit keine Leistung der vorbeugenden Gesundheitspflege im Sinne des A 88 Abs.2 Satz 3 UStR 2002. Heilbehandlungen seien nur dann umsatzsteuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund stehe (Hinweis auf Abschnitt 91 a Abs. 2 Satz 4 UStR 2005), was im Streitfall nicht gegeben sei.

Die Abrechnungsmodalitäten für die Spiralenbehandlungen (Barquittungen) seien ein Indiz dafür, dass keine medizinische Indikation vorgelegen habe. Bei Vorliegen einer Indikation wäre stattdessen eine Abrechnung mit den Krankenkassen bzw. die Ausstellung einer Rechnung erfolgt. Die von dem Antragsteller vorgelegten medizinischen Diagnosen seien möglicherweise durch das Legen der Spirale behandelt worden, sie seien aber nicht Ursache für das Legen der Spirale gewesen.

Ein durchlaufender Posten hinsichtlich der Spiralen liege nicht vor, da der Antragsteller diese in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bestellt und für die spätere Behandlung bereitgehalten habe. Der weit überwiegende Teil der Spiralbehandlungen sei per Barquittung mit dem Vermerk "IUP incl. Einlegen" oder ähnlich abgerechnet worden. Der Verkauf und das Einsetzen der Spirale seien als einheitliche umsatzsteuerpflichtige Leistung anzusehen.

Zudem sei nicht die ärztlichen Beratung zur Schwangerschaftsverhütung und die notwendigen Untersuchungen zur Auswahl einer geeigneten Verhütungsmethode als umsatzsteuerpflichtig beurteilt worden, sondern ausschließlich die Warenlieferungen an die jeweilige Patientin sowie die im direkten Zusammenhang mit dem Einsetzen dieses Verhütungsmittels erbrachten Leistungen. Allen Spiralenbehandlungen sei eine Untersuchung und Beratung vorausgegangen, die in der Patientenkartei erfasst worden sei und nach der GOÄ abgerechnet worden sei. Für das Einsetzen der Spiralen sei aus medizinischen Gründen jeweils ein gesonderter Termin vereinbart worden. Nur diese Leistungen seien der Umsatzsteuer unterworfen worden. Dabei sei die Beratung und Voruntersuchung bereits abgeschlossen gewesen.

Der Kläger hat zunächst vorgetragen, weniger als die vom Beklagten ermittelten 53 Hormonspiralen eingesetzt zu haben. In der mündlichen Verhandlung stellte er die vom Beklagten ermittelte Zahl unstreitig. Gleichzeitig ließ der Beklagte weitere Vorsteuern in Höhe von 200,-- DM für Desinfektionsmittel, Tupfer, Handschuhe, etc zum Abzug zu.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist überwiegend unbegründet. Das Einlegen der Spiralen stellt keine heilberufliche Tätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG dar. Die Klage hat nur insoweit Erfolg, als der Beklagte weitere Vorsteuern in Höhe von 200,-- DM zum Abzug zugelassen hat.

1. Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Dentist, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuer-gesetzes" steuerfrei.

§ 4 Nr. 14 UStG ist richtlinienkonform auszulegen (z.B. Urteile des BFH vom 19.12.2002 - V R 28/00, BStBl II 2003, 532; vom 1.4.2004 - V R 54/98, BFH/NV 2004, 1199). Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie (Art 132 Abs. 1 Buchstabe c der MwStSystRL) befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer "die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden".

Eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin i. S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie (Art 132 Abs. 1 Buchstabe c der MwStSystRL) setzt voraus, dass es sich um ärztliche oder arztähnliche Leistungen handelt und diese von Personen erbracht werden, die die erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweise besitzen (EuGH-Urteile vom 10.9.2002 Rs. C-141/00 , Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, Slg. 2002, I-6833, UR 2002, 513 Rdnr. 26 ff.; vom 6.11.2003 Rs. C-45/01 , Christoph-Dornier-Stiftung, Rdnr. 50, UR 2003, 585 ).

Der Begriff der ärztlichen oder arztähnlichen Leistung setzt weiter voraus, dass es sich um medizinische Eingriffe handelt, die zu keinem anderen Zweck als dem der Vorbeugung, Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen werden (BFH-Urteil vom 30.6.2005 - V R 1/02, BStBl II 2005, 675;vom 13.7.2006 - V R 7/05, DStR 2006, 1982 m.w.N. zur Rspr. des EuGH).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

Beim Einsetzen von Spiralen zur Empfängnisverhütung handelt es sich zwar um medizinische Eingriffe, jedoch wurden diese nicht ausschließlich zur Vorbeugung, Diagnose, Behandlung oder Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen.

a) Eine medizinische Indikation für den Einsatz von Spiralen wurde in 60 Fällen (Einsatz von 41 Kupferspiralen und 19 Hormonspiralen) nicht dargelegt. Der Senat geht daher davon aus, dass in diesen Fällen der Einsatz der Spiralen allein der Vorbeugung vor ungewollten Schwangerschaften diente.

Eine Schwangerschaft - auch eine ungewollte - ist keine Krankheit. Krankheit ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand, der vom Leitbild des gesunden Menschen dergestalt abweicht, dass die betreffende Person zur Ausübung der normalen psycho-physischen Funktionen nicht in der Lage ist (vgl. zum Vorstehenden Bartz in PK-SGB III, § 126 RdNr. 10 ff m.w.N.). Danach ist eine Schwangerschaft auch mit den einhergehenden Beschwerden und Gefährdungen von Mutter und Kind nicht als Krankheit oder Gesundheitsstörung anzusehen (Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 20.8.2007 - L 9 AL 35/04, [...]; Hauck/Noftz SGB V, 2007, K § 44 RdNr. 36).

b) Hinsichtlich der übrigen Fälle, für die der Kläger das Vorliegen einer medizinische Indikation behauptet hat, liegt kein medizinischer Eingriff vor, der ausschließlich zum Zwecke der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung oder Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen wurde.

Empfängnisverhütende Mittel wie die Antibabypille oder Spiralen dienen im Allgemeinen nicht der medizinisch notwendigen Heilbehandlung. Nur in seltenen Fällen werden empfängnisverhütende Mittel therapeutisch eingesetzt. Voraussetzung hierfür ist, dass die medizinische Notwendigkeit für den Einsatz durch individuelle Befunde nachgewiesen wird.

aa) Die Verhütung einer Schwangerschaft ist im Rahmen einer Krankenbehandlung medizinisch indiziert, wenn von der Patientin die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des körperlichen oder geistig-seelischen Gesundheitszustandes abgewendet werden soll, sei es aufgrund ihrer generellen gesundheitlichen Konstitution oder sei es infolge einer anderweitig notwendigen Krankenbehandlung (BSG-Urteil vom 13.2.1975 - 3 RK 64/73, BSGE 39, 167; vom 24.1.1990 - 3 RK 18/88, BSGE 66,163).

Dies wäre der Fall, wenn aufgrund einer Erkrankung Arzneimittel benötigt werden, die eine embryonale Schädigung befürchten lassen. Gleiches gilt bei Behinderten, wenn die Patientin aus medizinischen Gründen nicht schwanger werden darf. In diesen Fällen besteht auch für die gesetzlichen Krankenkassen die Verpflichtung, die Kosten für die Verhütungsmittel zu übernehmen bzw. zu erstatten.

Bei den vom Kläger diagnostizierten Beschwerden der Patientinnen handelt es sich jedoch nicht um die dargestellten Krankheitsbilder. Vielmehr wurden vom Kläger überwiegend Zyklusstörungen wie Hypermenorrhoe, Dysmenorrhoe, Varikosis, azyklische Blutungen und hormonelle Dysregulation diagnostiziert, die jedoch als Alltagserkrankungen bezeichnet werden können. Dass die Patientinnen über das Normale hinausgehenden Beschwerden hatten, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen (z.B. durch Vorlage entsprechender ärztlicher Gutachten o.ä.). Die von ihm übersandten Ablichtungen aus der Patientenkartei genügen diesen Anforderungen nicht. Hieraus ist lediglich zu ersehen, dass ein Großteil der von ihm behandelten Frauen (im Streitjahr oder in den Vorjahren) Zyklusstörungen gehabt hat. Dass diese Zyklusbeschwerden der alleinige oder zumindest überwiegende Grund für das Einlegen der Spiralen waren, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen.

bb) Zudem sind die vom Kläger angewandten Abrechnungsmodalitäten für die Spiralenbehandlungen - die Abrechnung erfolgte überwiegend durch Barquittungen - ein Indiz dafür, dass keine medizinische Indikation vorgelegen hat. Bei Vorliegen einer Indikation wie in den oben dargestellten Fällen wäre eine Abrechnung mit den Krankenkassen bzw. die Ausstellung einer Rechnung möglich und zu erwarten gewesen.

Wenn dies nicht erfolgt, rückt die Erwägung einer zumindest auch erwünschten Schwangerschaftsverhütung in den Vordergrund. Der Zweck der Empfängnisverhütung ist auch bei der Wahl einer Spirale als Verhütungsmittel in aller Regel nicht von untergeordneter Bedeutung. In Anwendung einer typisierenden Betrachtungsweise kann ohne Ansehung des Einzelfalles davon ausgegangen werden, dass die Verwendung des Mittels trotz einer etwaigen medizinischen Indikation zumindest auch dem Nebenzweck einer Empfängnisverhütung dient. Diese Annahme wird auch gestützt durch den im Sozialversicherungsrecht geltenden Grundsatz, eine Kostenübernahme für empfängnisverhütende Mittel aufgrund des Nebenzwecks der Empfängnisverhütung regelmäßig zu verweigern (Vgl. Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.6.2006 - 8 (6) Sa 209/06, [...]; Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 30.11.2005 - 4 K 3864/04, [...]).

cc) Auch aus der Aufnahme des § 24 a SGB V in das Gefüge des SGB V ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass die Leistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf und Einsatz von Spiralen der Verhütung von Krankheiten zuzuordnen sind.

Die gem. § 24 a Abs. 2 SGB V im Rahmen der Kostendämpfungsmaßnahme im Gesundheitswesen für die Übernahme aller mit der Empfängnisverhütung in Zusammenhang stehenden Leistungen gesetzte Altersgrenze für Frauen, die das 20. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wurde eingeführt, um der wirtschaftlichen Situation Auszubildender Rechnung zu tragen und bei diesem jungen Personenkreis durch eine Kostenübernahme zum Schutz vor einer ungewollten Schwangerschaft beizutragen (Jahn/Klose, SGB V, § 24 a Rdz.10; Klein, Die neue Krankenversicherung, SGB V, § 24 a Rdz. 2; Hauck/Haines, SGB V, § 24 a Rdz.13, Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 27.6.2006, Az. 8 (6) Sa 209/06, [...]).

2. Der Kläger unterfällt auch nicht der Kleinunternehmerregelung:

Gem. § 19 Abs.1 Satz 1 UStG wird die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro (für das Streitjahr 2000: 32.500 DM) nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz in diesem Sinne ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unter Abzug bestimmter steuerfreier Leistungen (u.a. § 4 Nr.14 UStG).

a) Der Verkauf und das Einsetzen der Spirale stellt eine einheitliche umsatzsteuerpflichtige Leistung dar. Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn die einzelnen Elemente so aufeinander abgestimmt sind, dass die einzelnen Elemente hinter dem Ganzen zurücktreten und ein selbständiges Drittes bilden. Maßgeblich ist die Gesamtbetrachtung aller Umstände aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers (BFH-Urteil vom 31.5.2001 - V R 97/98, BStBl II 2001, 658). Das Verkauf und das anschließende Einsetzen der Spirale sind nicht ohne vorherige bzw. gleichzeitige Beratung und Untersuchung möglich. Diese Leistungen sind aufeinander abgestimmt, bedingen sich gegenseitig und werden im Rechtsverkehr als eine (einheitliche) Leistung wahrgenommen.

b) Ein durchlaufender Posten liegt bei dem Verkauf der Spiralen nicht vor.

Bei durchlaufenden Posten handelt es sich gem. § 10 Abs.1 Satz 5 UStG um Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt, d.h. die ihm weder rechtlich noch wirtschaftlich zugerechnet werden können. Dies setzt voraus, dass unmittelbare Rechtsbeziehungen bezüglich der Beträge nur zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem Zahlungsberechtigten bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 11.5.1967 - V 63/64, BStBl III 67, 505).

Der Unternehmer, bei dem die Beträge durchlaufen, darf selbst aus eigenem Recht keinen Anspruch auf diese haben; auch darf der Zahlungsempfänger sie nicht aufgrund unmittelbarer Rechtsbeziehungen von ihm fordern können. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem Zahlungsberechtigten setzen voraus, dass beide jeweils den Namen des anderen und die Höhe des gezahlten Betrages kennen.

Daran fehlt es im Streitfall. Der Kläger hat die Spiralen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bestellt und sie für spätere Behandlungen bereitgehalten. Er hat nicht lediglich die Funktion einer Mittelsperson ausgeübt, denn durch den Einkauf der Spiralen hat er sich zur Zahlung an den Spiralenhersteller verpflichtet und aufgrund der erfolgten Verkäufe der Spiralen hatte er gegenüber den Patientinnen Anspruch auf Zahlung des Betrages.

Die Grenzen des § 19 UStG werden somit überschritten, so dass für den Kläger eine Anwendung der Kleinunternehmerregelung ausscheidet.

3. Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 135 Abs.1, 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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