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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 19.06.2007
Aktenzeichen: 6 K 10865/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

6 K 10865/03

Gewerbesteuermessbetrag 1999

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat und dementsprechend der Gewerbesteuer unterliegt.

An der im Februar 1998 gegründeten Klägerin, der X/Y GbR, waren als Gesellschafter X und Y beteiligt. Die Klägerin unterhielt im Streitjahr 1999 eine Krankengymnastik- und Massagepraxis mit etwa zwanzig Angestellten. Darüber hinaus wurde in der Praxis auch ein medizinisches Gerätetraining angeboten. Vor diesem Hintergrund erließ das beklagte Finanzamt ... gegenüber der Klägerin für das Streitjahr unter dem 3. April 2003 einen Gewerbesteuermessbescheid, in dem es von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. ... DM ausging.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer nach erfolglos gebliebenem Vorverfahren mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 erhobenen Klage. Sie ist der Ansicht, dass die im Rahmen der von ihr betriebenen Krankengymnastik- und Massagepraxis erzielten Einkünfte solche aus selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG darstellten. Durch die Mitarbeit ihrer beiden Gesellschafter, die auch über die entsprechenden fachlichen Qualifikationen verfügten, sei gewährleistet gewesen, dass sämtliche Mitarbeiter gleichmäßig im Rahmen der von diesen ausgeübten Tätigkeiten hätten beaufsichtigt und kontrolliert werden können. Insbesondere für die Mitarbeiter, die für die Hausbehandlungen eingeteilt gewesen seien, sei ein detailliertes und bis ins kleinste organisiertes System erarbeitet worden, um die entsprechenden Anforderungen sicherzustellen:

Gemeinsames Erstellen der Wochenpläne mit den Mitarbeitern

Allmorgendliche Besprechungen

Mittägliche und abendliche Kontrollen nebst Abhaken

Betreuung der Mitarbeiter tagsüber von den verantwortlichen Personen

Besprechen der Behandlungen vor Ort sowie regelmäßige Behandlungskontrollen am Patienten.

Anhand der vorerwähnten Wochenpläne habe das Überwachungssystem auch einer Überprüfung unterzogen werden können. Zudem sei der regelmäßige Kontakt ihrer Gesellschafter mit den Pflegeleitern in den Heimen selbstverständlich gewesen. Des Weiteren seien die Mitarbeiter dazu angehalten worden, den Behandlungsnachweis im Kadex des Patienten einzutragen. Auch sei eine ständige Kontrolle der Mitarbeiter durch die Rücksprache der Gesellschafter mit den behandelnden Ärzten über den Verhandlungsverlauf gewährleistet gewesen. Sowohl bei den Hausbehandlungen als auch bei den Behandlungen in der Praxis seien die Mitarbeiter unangemeldet kontrolliert worden. Durch die Aufsicht und die Kontrolle der Ärzte sei es möglich gewesen, Defizite in der Behandlung rechtzeitig zu bemerken und die Mitarbeiter durch Fortbildungsmaßnahmen entsprechend zu qualifizieren. Außerdem sei es dadurch möglich gewesen, Behandlungsvorschläge zur Verbesserung der Behandlungsqualität zu unterbreiten. Jeder Patient sei mindestens einmal pro Verordnung von einem der Verantwortlichen behandelt worden. Auf diese Weise habe jeder Verantwortliche den Patienten persönlich gekannt, was die ständige Überwachung und Anleitung der Mitarbeiter erleichtert habe. Aus alledem ergebe sich, dass sowohl X als auch Y aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig geworden seien. Zwar hätten sie sich der Mithilfe fachliche vorgebildeter Mitarbeiter bedient. Dies sei jedoch unschädlich, da die Verantwortlichen bei der Erledigung der einzelnen Aufträge leitend und eigenverantwortlich tätig geworden seien.

Damit lägen aber auch die Voraussetzungen für die Annahme von Einkünften aus selbstständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG mit der Folge vor, dass der Erlass eines Gewerbesteuermessbescheides ausgeschlossen sei.

Die Klägerin hat diverse Wochenpläne in Kopie zur Gerichtsakte gereicht, wegen derer weitergehenden Einzelheiten auf Bl. 34 - 51 der Gerichtsakte Bd. I verwiesen wird. Sie hat in diesem Zusammenhang angemerkt, dass anhand der Wochenpläne die Kontrolle nachvollziehbar gehandhabt worden sei, da besprochene Patienten abgehakt worden seien. X habe nach der jeweiligen Besprechung die Wochenpläne sodann unterzeichnet.

Zum medizinischen Gerätetraining hat die Klägerin ausgeführt, dass etwa ... Patienten über das Streitjahr 1999 verteilt hieran teilgenommen hätten. Der hieraus erzielte Umsatz habe sich schätzungsweise auf ... DM belaufen. Die in der Gemeinschaftspraxis beschäftigten Personen hat die Klägerin für das Streitjahr mit zwanzig angegeben (vgl. Bl. 67 f. der Gerichtsakte Bd. I).

Die Klägerin hat im weiteren Verlauf des Klageverfahrens eine Aufstellung über die bei ihr im Streitjahr beschäftigten Arbeitnehmer vorgelegt, aus der sich neben der Qualifikation und dem Ausbildungsstand der Arbeitnehmer die ausgeführten Behandlungsmethoden sowie die Arbeitsbereiche und Arbeitszeit entnehmen lassen (Bl. 192 der Gerichtsakte Bd. II).

Die Klägerin beantragt,

den Gewerbesteuermessbescheid 1999 vom 3. April 2003 sowie den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 25. November 2003 ersatzlos aufzuheben.

Das beklagte Finanzamt ... beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist auch weiterhin der Ansicht, dass die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe und demzufolge gewerbesteuerpflichtig sei. Denn es könne im Streitfall allein aufgrund der Anzahl der von der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmer nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Gesellschafter der Klägerin eigenverantwortlich als Krankengymnasten tätig geworden seien. So stehe gerade nicht fest, dass die Ausführung jedes einzelnen Auftrags den Berufsträgern selbst und nicht den qualifizierten Mitarbeitern, Hilfskräften, technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen als Ganzem zuzurechnen sei. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass die jeweilige Arbeitsleistung den Stempel der Persönlichkeit des Steuerpflichtigen im Streitfall getragen habe. Denn letztlich hätten die Mitarbeiter und nicht die Gesellschafter der Klägerin die Arbeit am Patienten eigenverantwortlich vorgenommen.

Im Übrigen sei die Tätigkeit der Klägerin schon deshalb als gewerblich einzustufen, weil diese in ihrer Praxis Fitnessgeräte zur Nutzung im Rahmen des sogenannten medizinischen Gerätetrainings angeboten habe. Da Krankengymnasten diesbezüglich mit einem entsprechenden Angebot in Wettbewerb zu den Betreibern gewerblicher Fitnessstudios träten, handele es sich bei den entsprechenden Tätigkeiten nicht mehr um eine heilberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Aus diesem Grund würden im Rahmen des medizinischen Gerätetrainings gewerbliche Einkünfte erzielt. Da eine Trennung in freiberufliche und gewerbliche Einkünfte vorliegend unter Hinweis auf die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Umqualifizierung sämtlicher erzielter Einkünfte zu Einkünften aus Gewerbebetrieb) nicht möglich sei, unterliege die Klägerin mit ihren gesamten Einkünften der Gewerbesteuerpflicht. Soweit die Klägerin nunmehr im Klageverfahren behaupte, dass lediglich ... Patienten über das Jahr verteilt am medizinischen Gerätetraining teilgenommen hätten, habe sie diesbezüglich keinerlei Unterlagen vorgelegt. Dies gereiche ihr jedoch im Ergebnis zum Nachteil.

Der 6. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat mit Beschluss vom 14. Mai 2007 den Rechtsstreit gem. § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. und 19. Juni 2007 durch Vernehmung der im Streitjahr in der Praxis der Klägerin beschäftigten Zeugen ... Beweis erhoben. Wegen des insoweit ergangenen Beweisbeschlusses und der von den Zeugen getätigten Aussagen wird auf das Protokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg. Denn das beklagte FA hat die von der Klägerin im Streitjahr durch ihre Gesellschafter X sowie Y entfalteten Tätigkeiten zu Recht als gewerblich beurteilt und dementsprechend unter dem 3. April 2003 einen Gewerbesteuermessbescheid erlassen.

I. Die Klägerin hat im Streitfall gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 EStG erzielt und ist nicht (mehr) freiberuflich tätig gewesen.

1. Ein Personenzusammenschluss, der wie die Klägerin in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts tätig wird, erzielt freiberufliche Einkünfte i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit nicht nur die vier positiven Merkmale eines Gewerbebetriebs, sondern alle Gesellschafter, die als (freiberufliche) Mitunternehmer zu qualifizieren sind, auch die persönlichen Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllen (vgl. Schmidt-Wacker, Kommentar zum EStG, 26. Auflage (2007) Rdz. 39 zu § 18 m.w.N.).

Zwar unterfallen die Gesellschafter der Klägerin - dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig - als "Krankengymnasten" einem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausdrücklich aufgeführten Katalogberufe. Gleichwohl kann die Tätigkeit der Klägerin nicht mehr als freiberuflich angesehen werden.

2. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist ein Angehöriger eines freien Berufes auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Dies setzt jedoch voraus, dass er (unverändert) aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.

Unter Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte ist eine Tätigkeit zu verstehen, welche die Arbeit des Berufsträgers jedenfalls in Teilbereichen ersetzt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist.

Die Mithilfe qualifizierten Personals ist für die Freiberuflichkeit des Berufsträgers nur dann unschädlich, wenn der Berufsträger bei der Erledigung der einzelnen Aufträge aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Hierbei stehen die Tatbestandsmerkmale "leitend" und "eigenverantwortlich" selbstständig nebeneinander mit der Folge, dass auch eine besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der unter anderem die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse gehören, die eigenverantwortliche Tätigkeit nicht zu ersetzen vermag. Das Vorliegen der eigenen praktischen Tätigkeit kann nur angenommen werden, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Insbesondere erschöpft sich die Eigenverantwortlichkeit nicht darin, dass der Berufsträger nach außen die Verantwortung für die Durchführung des einzelnen Auftrages trägt. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrages muss vielmehr ihm selbst und nicht qualifizierten Mitarbeitern, den Hilfskräften, den technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen als Ganzem zuzurechnen sein. Die Arbeitsleistung muss den "Stempel der Persönlichkeit" des betreffenden Berufsträgers tragen. Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn der Krankengymnast sowohl die Anamnese als auch den Großteil der anfallenden Patientenbehandlungen den fachlich vorgebildeten Mitarbeitern selbstständig überlässt (BFH-Beschluss vom 31. August 2005 IV B 205/03, BFH/NV 2006, 48 sowie BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00, BFH/NV 2001, 858 jeweils m.w.N.). Darüber hinaus ist die hohe Anzahl fachlich vorgebildeter Mitarbeiter und damit die für den Berufsträger je Auftrag zur Verfügung stehende Zeit Indiz eines Gewerbebetriebes (Schmidt-Wacker, a.a.O., Rdz. 27 zu § 18 m.w.N.).

3. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist die Tätigkeit der Klägerin im Streitjahr als gewerblich zu qualifizieren, da sie nicht (mehr) eigenverantwortlich tätig geworden ist.

a) Zwar bestehen gerichtlicherseits aufgrund der schriftsätzlichen Angaben der Klägerin sowie den Ausführungen ihrer Gesellschafterin X und anhand der Aussagen der Zeugen im Termin zur mündlichen Verhandlung keine Zweifel daran, dass die Klägerin trotz der hohen Zahl der im Streitjahr von ihr beschäftigten und - abgesehen vom Zeugen ... - ausnahmslos fachlich vorgebildeten Mitarbeiter leitend tätig geworden ist. So oblag der Klägerin durch ihre beiden Gesellschafter die Steuerung des Arbeitseinsatzes der Mitarbeiter einschließlich der Sicherstellung deren Vertretung in Krankheits- und Urlaubsfällen ebenso wie die Überprüfung der sog. Wochenpläne. Diese gesamte Koordination der Arbeitsabläufe innerhalb der klägerischen Krankengymnastik- und Massagepraxis ist jedoch -wie nachstehend auszuführen sein wird- nicht geeignet, die eigenverantwortliche Tätigkeit zu ersetzen bzw. zu kompensieren.

Denn unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin nicht eigenverantwortlich tätig geworden ist, da eine persönliche Teilhabe des Berufsträgers -hier der über eine abgeschlossene Ausbildung als Krankengymnasten verfügenden Gesellschafter der Klägerin- an der praktischen Arbeit seiner immerhin bis zu neunzehn Mitarbeiter nicht in ausreichendem Maße erfolgte.

b) In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich der "Stempel der Persönlichkeit" des betreffenden Berufsträgers nicht lediglich auf die Arbeit einzelner seiner - gegebenenfalls auch erst neu eingestellten - Mitarbeiter zu erstrecken hat, sondern die Mitarbeiter und die von diesen erbrachten Arbeitsleistungen in ihrer Gesamtheit zu umfassen hat, um das Merkmal der "Eigenverantwortlichkeit" zu erfüllen.

Insoweit ist es vor allem nicht als ausreichend anzusehen, die sog. "Wochenpläne" für die Hausbesuche in den Altenheimen, Behinderteneinrichtungen, aber auch in den privaten Haushalten aufzustellen und den einzelnen Mitarbeitern auch unter Berücksichtigung fahrtechnischer Gegebenheiten zuzuweisen. Denn dies beinhaltete lediglich die Wahrnehmung organisatorischer Aufgaben (Stichwort: Leitungsfunktion).

Vor allem haben die in der Klagebegründungsschrift vom 6. April 2004 aufgestellten Behauptungen, die Wochenpläne seien jeden Morgen besprochen, die besprochenen Personen seien abgehakt, die Behandlungen seien vor Ort besprochen worden und es habe regelmäßige Behandlungskontrollen am Patienten gegeben, im Termin zur mündlichen Verhandlung im Wesentlichen keine Bestätigung erfahren.

aa) So hat die Gesellschafterin der Klägerin - X - im Rahmen ihrer richterlichen Befragung im Termin ausdrücklich ausgesagt, dass das Abhaken der Patienten auf den Wochenplänen durch denjenigen erfolgte, der den Patienten behandelte. Dann kann hiermit indes keineswegs eine entsprechende Besprechung zwischen dem Therapeuten und der Klägerin bzw. deren Gesellschafter dokumentiert worden sein. Vielmehr wurde auf diese Weise lediglich festgehalten, dass die vereinbarte Behandlung auch tatsächlich erfolgte. Das Abhaken bildete demnach zusammen mit dem unterzeichneten Rezept die Grundlage für die anschließende Abrechnung der durchgeführten Behandlungsmaßnahme.

bb) Dem Merkmal der "Eigenverantwortlichkeit" wird im vorliegenden Fall auch nicht dadurch genüge getan, dass die klägerischen Mitarbeiter nach ihren insoweit ausnahmslos übereinstimmenden Bekundungen bei auftretenden Fragestellungen vor/während oder aber im Anschluss an die Behandlungen ihrer Patienten jederzeit Rücksprache mit den Praxisinhabern der Klägerin - X und/oder Y - halten konnten. Denn die bloße Möglichkeit einer Kontaktaufnahme i.S. einer durchgehenden "passiven" Erreichbarkeit vermag eine konkrete und unmittelbare "aktive" Einflussnahme auf die tatsächliche Behandlung am Patienten nicht gleichwertig zu ersetzen, weil vor allem auf letztere Weise erst die eigene praktische Arbeit in ausreichendem Umfang zum Tragen kommt.

Nichts anderes gilt für die an dieser Stelle als wahr unterstellten regelmäßigen Besprechungen der Gesellschafter der Klägerin mit den Ärzten und diversen Heimleitungen. Auch allein hierdurch trägt die Arbeitsleistung, die gerade in der Behandlung der Patienten selbst besteht, nicht den "Stempel der Persönlichkeit" der Berufsträger der Klägerin. Denn wie auf diese Weise auf die Therapien und damit auf die Patienten über Einzelfälle hinaus in ihrer Gesamtheit bzw. zumindest in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle eingewirkt worden sein soll, hat die Klägerin schon nicht substantiiert dargelegt, sondern lediglich als Folgewirkung pauschal behauptet.

Auch die von einigen der Zeuginnen (...) erwähnten regelmäßigen Besprechungen der Praxisinhaber mit ihren Mitarbeiterinnen vermögen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung im Hinblick auf das fehlende Merkmal der "Eigenverantwortlichkeit" der Klägerin zu führen. Denn zum einen wurden bei diesen Anlässen nach den diesbezüglichen Angaben der Zeuginnen ... und ... formale/interne Gesichtspunkte wie Urlaubspläne, sonstige Vertretungen aber auch Fragen der Sauberkeit behandelt, die in erster Linie mit der organisatorischen Abwicklung der Praxis zusammenhingen. Zum anderen finden sich insoweit keine Anhaltspunkte, die Rückschlüsse auf eine durch die Klägerin mit diesen Besprechungen einhergehende Wahrnehmung der "Eigenverantwortlichkeit" zuließen. Selbst wenn man sich bei diesen Anlässen auch über zwischenzeitlich evtl. aufgetretene Schwierigkeiten in der Patientenbehandlung ausgetauscht hat (Zeuginnen ... und ...), war dies doch beschränkt auf wenige Einzelfälle und damit im Ergebnis ohne nennenswerte Auswirkung auf die von der Gemeinschaftspraxis insgesamt behandelte Anzahl an Patienten.

cc) Abweichend hiervon wären die zuvor aufgezeigten Konstellationen allenfalls dann zu beurteilen, wenn auf diese Weise tatsächlich ein solcher Kontakt i.S. einer allgemeinen mitarbeiter- und patientenbezogenen Einwirkung in regelmäßig wiederkehrender Form stattgefunden hätte. Hiervon kann indes keine Rede sein. Die von der Klägerin angestellten Krankengymnasten bzw. Physiotherapeuten haben nämlich ihrerseits weitestgehend eigenverantwortlich ihre Behandlungen an den Patienten vorgenommen.

Die Beweisaufnahme hat weder Anhaltspunkte für eine durchgehende und regelmäßige Behandlungsanweisung noch für eine solche -Nachkontrolle durch die klägerischen Gesellschafter am Patienten erbracht. Die Zeuginnen haben im Gegenteil in ihrer weitaus überwiegenden Mehrzahl bekundet, dass sie -abgesehen von kurzzeitigen Einarbeitungsphasen im Anschluss an die Neu- bzw. Wiedereinstellung- grundsätzlich ohne vorangegangene Besprechung dessen, was im Einzelfall konkret zu tun sei, auf der Basis des durch ihre abgeschlossene Ausbildung vermittelten Wissens eigenverantwortlich unter Berücksichtigung der Angaben in den vorliegenden ärztlichen Rezepten die aus ihrer Sicht indizierten krankengymnastischen Behandlungen vorgenommen hätten (Zeuginnen ...). Lediglich in den nach den Schilderungen der Zeuginnen allerdings eher seltenen Fällen, in denen besondere Schwierigkeiten auftraten, erfolgte vorab eine Rücksprache bzw. Nachfrage im Kolleginnenkreis und/oder bei den Gesellschaftern der Klägerin X bzw. Y. Einzig die Zeugin ... hat auf Nachfrage erklärt, dass sie im Rahmen ihrer Behandlung von Säuglingen und Kleinkindern mangels einer zum damaligen Zeitpunkt bestehenden speziellen Ausbildung die diversen Behandlungen mit X besprochen habe, die wiederum die Kinder zum Teil auch selbst behandelte. Differenzierend hat sich die Zeugin ... geäußert, die darauf verwiesen hat, dass sie durch X hinsichtlich neuer Patienten über deren Krankheitsbild und auf welche Weise diese zu behandeln seien unterrichtet worden sei, wohingegen im Übrigen aufgrund des vorhandenen Behandlungsplanes die von ihr vorzunehmende Behandlung eindeutig festgestanden habe.

Die Behauptung einer umfassenden Kontrolle der fachlich vorgebildeten Mitarbeiterinnen der Klägerin hat durch die Beweisaufnahme ebenfalls keine Bestätigung erfahren. Die Zeuginnen haben auch zu diesem Punkt übereinstimmend ausgesagt, dass man sich allenfalls in Ausnahmefällen bei Patienten getroffen habe (... : zwei bis drei Mal in der Zeit von 1998 - 2001 /... : gelegentlich, keinesfalls wöchentlich /... : selten /... : nicht vorgekommen /... : nein; nur Kontrolle der Wochenpläne daraufhin, ob Patienten tatsächlich behandelt worden sind /... : keine Erinnerung an Kontrolle, aber Wochenpläne in der Praxis selbst kontrolliert /... : Kontrollen nicht erinnerlich /... : Behandlungskontrollen nicht bekannt, wenn doch, dann jedenfalls nicht bemerkt / anders nur die Zeugin... : s.o.).

Worin insbesondere die behaupteten unangemeldeten "Behandlungskontrollen" sowohl im Rahmen der Hausbesuche als auch in der Praxis selbst (vgl. Bl. 2 der Klagebegründungsschrift vom 6. April 2004, Bl. 27 der Gerichtsakte Bd. I) bestanden haben sollen, lässt sich schon dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Bloße Rücksprachen mit Ärzten und/oder den Heimleitungen, hinsichtlich derer es zudem an substantiierten Angaben mangelt, etwa wie häufig und mit welchem Inhalt diese stattfanden, reichten hierfür jedenfalls nicht aus (siehe oben). Das gilt vor allen für die auf die - wie geschildert - eher seltenen, jedenfalls keinesfalls regelmäßig wiederkehrenden Rücksprachen wegen aufgetretener Schwierigkeiten in der Behandlung einzelner Patienten. Soweit die Gesellschafterin X im Termin zur mündlichen Verhandlung auf die Entwicklung bestimmter Behandlungskonzepte, die auf die Behandlung der Patienten übertragen worden seien, verwiesen hat, kann die Klägerin hieraus - abgesehen davon, dass diese Vorgehensweise von den Zeuginnen keine Bestätigung erfahren hat (konkret die Zeugin ... : über neue Behandlungsformen ist grundsätzlich nicht gesprochen worden, auf die Möglichkeit der Wahrnehmung von Fortbildungsmaßnahmen wurde dagegen hingewiesen) - für ihre Auffassung, eigenverantwortlich tätig geworden zu sein, nichts herleiten. Denn selbst die Umsetzung solcher Behandlungskonzepte ersetzte nicht das Erfordernis der persönlichen Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang.

Für die eigenverantwortliche Betätigung der Mitarbeiter und nicht der Klägerin spricht des Weiteren, dass die Mitarbeiter die Behandlungsberichte für die von ihnen therapierten Patienten als Teil der ihnen obliegenden Pflichten erstellten und diese sodann über die Klägerin an die behandelnden Ärzte weitergereicht wurden.

Schließlich ist es für die Entscheidung im Streitfall ohne Bedeutung, ob der Ablauf in der klägerischen Praxis dem in anderen krankengymnastischen Praxen entspricht. Denn die Frage, ob die Berufsträger der Klägerin bei der Erledigung der einzelnen Aufträge aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig geworden sind, ist ausschließlich anhand der bei der Klägerin vorgefundenen tatsächlichen Gegebenheiten zu prüfen. Diese führten für das Streitjahr 1999 dazu, dass die Tätigkeit der Klägerin als gewerblich zu qualifizieren gewesen ist.

4. Da die Klägerin gegen den vom beklagten Finanzamt in dem angefochtenen Bescheid mit ... DM angesetzten Gewinn aus Gewerbebetrieb keine Einwände erhoben hat und sich auch aus den dem Gericht vorliegenden Akten keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermittlung dieses Betrages ergeben, wird diesbezüglich von weiteren Ausführungen Abstand genommen.

II. Da die Klage nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war sie mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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