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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 31.03.2005
Aktenzeichen: 6 K 24/99
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 160 Abs. 1 S. 1
Das Benennungsverlangen des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO muss grundsätzlich ausdrücklich, schriftlich und inhaltlich bestimmt gestellt werden; nur im Ausnahmefall genügt ein konkludentes Benennungsverlangen.
Finanzgericht Niedersachsen

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben gemäß § 160 Abgabenordnung (AO).

Gegenstand der Klägerin ist der Verkauf von gebrauchten Kraftwagen.

Die ursprünglichen Steuerbescheide für 1991 und 1992 über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und den Gewerbesteuermessbetrag standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit vom ... bis ... führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung ... bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Es prüfte insbesondere die Kraftfahrzeug-Einkäufe im Hinblick auf den Vorsteuerabzug. Es ging insbesondere den Hintergründen folgender Geschäftsvorgänge nach:

 RechnungsausstellerJahrBruttobetragNettobetragVorsteuer
DMDMDM  
A1991.........
B1991.........
B1992.........
Fa. P, Inhaber B1992.........
N GmbH1992.........

Aufgrund von Ermittlungen verschiedener Finanzbehörden hatte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung Erkenntnisse erlangt, die Anhaltspunkte dafür gaben, es könnte sich bei den aufgeführten Rechnungsausstellern um Scheinfirmen handeln. Im Prüfungsbericht vom ... 1998 heißt es: Im Verlauf der Außenprüfung seien den Prüfern Kopien der Gewerbeanmeldungen (betreffend A, B, Fa. P und N GmbH) vorgelegt worden. Die Bezahlung der Rechnungen sei per Barscheck erfolgt. Die Ermittlung der Scheckeinreicher habe zu dem Ergebnis geführt, dass nach Angabe der Stadtsparkasse ... sämtliche eingereichten Schecks an den Kassen bar ausgezahlt worden waren, Name und Anschrift der Überbringer seien nicht festgehalten worden. In Bezug auf A, dessen Bankverbindung bekannt sei, habe die Sparkasse ... mitgeteilt, eine Kontaktaufnahme mit dem Rechnungsaussteller sei nicht möglich gewesen, da unter der mitgeteilten Anschrift laut eingeholter Auskunft keine Firma mit entsprechender Firmenbezeichnung existiert habe. Bezüglich der Fa. P sei den Prüfern von der Steuerfahndung ... ein Schreiben des B (Inhaber) an das Finanzamt X übersandt worden, wonach dieser gar kein Gewerbe habe, er sei aufgrund einer Krebserkrankung seit sechs Jahren Rentner. Ferner stellte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung nach Durchsicht der jeweiligen Akten und der Kfz-Papiere fest, dass es sich bei den fraglichen Kraftfahrzeugankäufen nicht um Scheingeschäfte, sondern um tatsächliche Warenbewegungen gehandelt hat, die aufgrund der bei der Klägerin geführten Fahrzeugakten, in denen Kopien der Kfz-Briefe enthalten sind, lückenlos dokumentiert werden konnten. In den hier interessierenden Fällen hätten die Ermittlungen der Finanzbehörden über die Lieferanten der Fahrzeuge jedoch ergeben, dass eine tatsächliche Geschäftsbetätigung unter den in den Rechnungen angegebenen Namen und Anschriften nicht vorgelegen habe. Die bei der Außenprüfung vorgelegten Gewerbeanmeldungen würden nichts aussagen. Letztlich sei während der Außenprüfung offen geblieben, welche Person tatsächlich geleistet hätte und ob die Leistenden Unternehmer seien. Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung versagte bezüglich der in Rede stehenden Rechnungen den Vorsteuerabzug bei der Umsatzsteuer. Für die Körperschaftsteuer setzte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung die nichtabzugsfähige Vorsteuer zunächst gewinnmindernd an. Nachfolgend versagte es die Berücksichtigung der Rechnungsbeträge (brutto) als Betriebsausgaben, weil die Identifizierbarkeit des Leistenden erforderlich sei, bzw. der in der Rechnung Genannte geleistet haben müsse. Die bezeichnete Leistung müsse außerdem auch tatsächlich erbracht worden sein.

Das beklagte Finanzamt (FA) schloss sich der Auffassung des Finanzamt für Großbetriebsprüfung ... an und erließ unter dem ... 1998 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Steuerbescheide. Über den Einspruch, mit dem sich die Klägerin gegen die Nichtberücksichtigung der Betriebsausgaben unter Begründung im Einzelnen wandte, entschied das FA nicht.

Die Klägerin hat am ... 1999 Klage erhoben.

Das FA hat der Klage hinsichtlich der ursprünglich nicht als Betriebsausgaben berücksichtigten Zahlungen an die N GmbH in Höhe von ... DM brutto abgeholfen und unter dem ... 1999 geänderte Steuerbescheide für 1992 erlassen.

Die Klägerin trägt zur Begründung der Klage, u.a. unter Hinweis auf ihr Vorbringen im Verfahren (Aussetzungsverfahren), vor:

Die hier in Rede stehenden Kraftfahrzeuge seien von Zwischenhändlern, nämlich von A, B bzw. Fa. P, erworben worden. Solche Reihengeschäfte über Zwischenhändler und Kleinhändler/Fahrer seien in der Branche üblich. Die Zwischenhändler kauften die Fahrzeuge direkt von ... usw. ein und verkaufen diese erworbenen Fahrzeuge mittels angestellter oder selbständig tätiger Fahrer an Händler wie die Klägerin. Die Fahrer hätten die Fahrzeugpapiere bei sich und seien berechtigt, die Entgelte per Scheck entgegenzunehmen. In aller Regel würden Verkaufsabsichten bzw. Kaufinteressen vorab telefonisch abgeklärt. Üblicherweise würden Fahrzeugankäufe Zug-um-Zug gegen Zahlung per Barscheck getätigt. Schriftliche Verträge seien nicht üblich. Allerdings gebe es auch "schwarze Schafe", die nicht leicht zu erkennen seien. Bei den hier in Rede stehenden Geschäften hätten unstreitig tatsächliche Warenbewegungen stattgefunden; die Lieferkette werde durch die Kopien der Fahrzeugpapiere lückenlos belegt. Ordnungsmäßige Versicherungsunterlagen, Rechnungen und Zahlungsbelege seien vorhanden. Die Fahrzeuge seien mit sog. roten Dauerkennzeichen, die nur an zuverlässige Gewerbetreibende ausgegeben würden, angeliefert worden - hinsichtlich des Lieferanten A können allerdings keine Feststellung mehr getroffen werden. Scheingeschäfte seien unstreitig nicht getätigt worden. Die Zahlungen seien durch Barschecks oder Verrechnungsschecks geleistet worden.

Die Klägerin schließe Geschäfte hauptsächlich mit Unternehmern, nicht dagegen mit Privatpersonen ab. Die Unternehmereigenschaft werde vor Geschäftsabschluss durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs oder einer Gewerbeanmeldung überprüft. Nachdem während der Betriebsprüfung Zweifel aufgekommen seien, habe sie, die Klägerin, anhand der Fahrzeugpapiere und durch Anfrage bei den Voreigentümern der Fahrzeuge festgestellt, dass die Warenbewegungen ordnungsgemäß in einer Lieferkette über die genannten Zwischenhändler erfolgt seien. Die Einlösung der Barschecks sei nachträglich überprüft worden und habe zum Ergebnis geführt, dass diese von den bekannten Lieferanten eingelöst oder möglicherweise zur Begleichung eigener Zahlungsverpflichtungen weitergereicht worden seien.

B sei vom ... bis ... mit einem Gewerbe unter dem Namen B in Q angemeldet gewesen. Ab ... sei er unter der Bezeichnung Fa. P Inhaber B mit einem Gewerbe in P gemeldet gewesen. B habe rote Dauerkennzeichen verwendet; Nachforschungen hätten bei einer Rückmeldung dazu geführt, dass B in diesem Fall das fragliche Fahrzeug vom Voreigentümer tatsächlich geliefert erhalten habe. Zu Beginn der Geschäftsbeziehungen, die ausschließlich in ... von ihrem Mitarbeiter H unterhalten worden seien, habe B eine Gewerbeanmeldung der Stadt Q vorgelegt. H habe B über andere Händlerkontakte gekannt. Die Verkaufsverhandlung habe der von B mitgebrachte Herr S geführt, den B als bevollmächtigten Mitarbeiter vorgestellt habe. Dasselbe gelte für die Geschäftsbeziehungen mit der Fa. P. Im Zeitpunkt der Lieferung bzw. Leistung habe die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass B nicht der wirkliche Leistende gewesen sei (vgl. dazu z.B. Schriftsatz der Klägerin vom ... 1999 im Verfahren ...).

A habe nur 1991 zwei Fahrzeug (eine Rechnung) geliefert. Er habe ein Gewerbe bei der Stadt Z angemeldet, die Eintragung sei später von Amts wegen gelöscht worden. Die Gewerbeanmeldung habe sich die Klägerin vor Geschäftsabschluss zeigen lassen. Ihr Mitarbeiter H habe V gekannt, der von A als Fachmann für Gebrauchtfahrzeuge mitgebracht worden sei. Im Zeitpunkt der Lieferung bzw. Leistung habe die Klägerin nicht gewusst oder wissen können, dass A nicht der wirkliche Leistende sei (vgl. dazu z.B. Schriftsatz der Klägerin vom ... 1999 im Verfahren ...).

Ein Benennungsverlangen i.S.d. § 160 AO sei nicht schriftlich ergangen. Ob ein solches mündlich gegenüber dem früheren, inzwischen verstorbenen Bevollmächtigten der Klägerin gestellt worden sei, sei nicht mehr aufklärbar. Da das Finanzamt für Großbetriebsprüfung ... in der Betriebsprüfung immer davon ausgegangen sei, die Klägerin hätte an Scheinfirmen gezahlt, habe die Klägerin sogleich Bemühungen zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Widerlegung der Annahme von Scheinfirmen unternommen. Sie habe zu beweisen versucht, dass es sich bei den Empfängern der Zahlungen nicht um Scheinfirmen, sondern um tatsächlich existierenden Firmen gehandelt habe.

Zum Zeitpunkt der Leistung seien die Zahlungsempfänger aufgrund der Angaben auf den Rechnungsformularen bekannt und vom FA ermittelbar gewesen. Spätere Veränderungen der Verhältnisse wie die Abmeldung des Gewerbes oder Erkenntnisse über die Strohmanneigenschaft könnten nicht zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs führen. Die Empfänger der Leistungen seien exakt benannt. Damit sei das Benennungsverlangen des FA vollständig erfüllt worden.

Sollten B und A lediglich Strohmänner gewesen sein, ändere sich nichts an den Leistungsbeziehungen zwischen ihnen und der Klägerin, denn auch umsatzsteuerlich werde die Leistung von demjenigen erbracht, der im eigenen Namen nach außen auftrete.

Sollte ein Fall des § 160 AO dennoch vorliegen, sei die Versagung des Betriebsausgabenabzugs in voller Höhe rechtswidrig. Da § 160 AO den durch die Nichtversteuerung der Leistung seitens des Empfängers eingetretenen Steuerausfall kompensieren solle, müssten die Anschaffungskosten des in Rede stehenden Veräußerers für den Erwerb der Kraftfahrzeuge berücksichtigt werden. Die Handelsspanne der Zwischenhändler betrage in der Branche Gebrauchtwagenhandel etwa 5 bis 10 v.H.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide für 1991 und 1992 über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag vom ... 1998 (1991) bzw. in der Fassung vom ... 1999 (1992) zu ändern und die Steuer sowie die Messbeträge unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von ... DM (1991) und ... DM (1992) anderweitig festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA ist der Auffassung, bei B und A handele es sich um Strohmänner, die nicht die wirklichen Lieferanten der Fahrzeuge und daher nicht die wirklichen Zahlungsempfänger seien. Es verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Bericht des Finanzamts für Großbetriebsprüfung ... vom ... 1998 und auf Erkenntnisse der Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ... und .... Das Ermittlungsverfahren gegen B sei eingestellt worden, weil er erweislich nur Strohmann für einen nicht ermittelbaren Herrn U gewesen sei. A habe in dem Ermittlungsverfahren selbst eingeräumt, nie einen Fahrzeughandel betrieben zu haben. Er sei möglicherweise Strohmann für V, der eine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung verbüßt habe. Eine Identitätsprüfung des jeweiligen Fahrzeuglieferanten habe die Klägerin nicht vorgenommen und damit nicht die ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen, die wirklichen Leistungsempfänger zu ermitteln.

Ein Benennungsverlangen nach § 160 AO sei während der Betriebsprüfung gestellt worden. Der Prüfer habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass es sich bei den Zahlungsempfängern um Scheinfirmen handele. Daraufhin habe die Klägerin Unterlagen vorgelegt, die die Annahme von Scheinfirmen widerlegen sollten. Daraus gehe eindeutig hervor, dass die Klägerin während der Betriebsprüfung aufgefordert worden sei, die wahren Empfänger der Leistungen zu benennen. Das FA legt dazu das Schreiben des Finanzamts für Großbetriebsprüfung ... an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom ... 1998, das Schreiben des FA an den Prozessbevollmächtigten vom ... 1998 und eine Äußerung des Betriebsprüfers vom ... vor; für den Inhalt wird auf diese Schriftstücke verwiesen (Bl. ... der Gerichtsakte).

Das Benennungsverlangen nach § 160 AO sei rechtmäßig. Wegen der vorliegenden Erkenntnisse habe das FA annehmen können, dass die nicht bekannten wahren Leistungsempfänger die erhaltenen Entgelte nicht der Besteuerung unterworfen hätten. Das Benennungsverlangen wäre nur dann ermessenswidrig, wenn die Klägerin Opfer von nicht durchschaubaren Täuschungen gewesen wäre. Das sei aber nicht der Fall, weil B und A nie nach außen aufgetreten seien. Die Klägerin hätte sich über die Identität ihrer Vertragspartner Gewissheit verschaffen müssen. Das gelte insbesondere deshalb, weil große Beträge per Barscheck gezahlt und aus den Rechnungsformularen des B keine Bankverbindung ersichtlich gewesen sei. Bei A habe es sich um eine erstmalige Geschäftsbeziehung gehandelt, so dass sich die Klägerin durch Einsichtnahme in den Ausweis über dessen Identität hätte vergewissern müssen.

Für die Höhe der nicht zum Abzug zugelassenen Betriebsausgaben seien die Anschaffungskosten der Lieferanten nicht zu berücksichtigen, wenn die Herkunft der Ware - wie hier - ungewiss sei. Die Identität des hinter B stehenden U sowie dessen steuerlichen Verhältnisse seien nicht geklärt; so könne nicht festgestellt werden, ob U Anschaffungskosten gehabt habe. Hintermann des A und als Leistender anzusehen sei möglicherweise V, dessen steuerliche Verhältnisse ebenfalls unklar seien, ebenso wie die Anschaffungskosten für die Fahrzeuge. Deshalb könne nicht von der üblichen Handelsspanne für Zwischenhändler ausgegangen werden.

Mit Beschluss vom ... 2005 hat das Gericht Beweis über die Geschäftsbeziehungen mit den genannten Lieferanten erhoben durch Vernehmung der Zeugen A, B und H. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 31. März 2005 verwiesen; auf die Vernehmung des nicht erschienenen Zeugen A haben die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig, denn das FA hat ohne ersichtlichen Grund in einem Zeitraum von sechs Monaten (... 1998 bis ... 1999) hinweg nicht über den Einspruch der Klägerin gegen die angegriffenen Steuerbescheide entschieden (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die mit der Klage angegriffenen Steuerbescheide sind ganz überwiegend rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Das FA hat zwar zu Recht gem. § 160 Abs. 1 Satz 1 AO dem Grunde nach Betriebsausgaben nicht berücksichtigt, nicht gerechtfertigt ist indes die Versagung des Betriebsausgabenabzugs in voller Höhe.

Gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO sind Betriebsausgaben regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, den Empfänger der Leistung genau zu benennen. Empfänger i.S.d. Vorschrift ist derjenige, dem der in der Betriebsausgabe enthaltene wirtschaftliche Wert übertragen wurde. Der Finanzbehörde kommt im Rahmen des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO ein Ermessen zu, von dem sie in doppelter Weise Gebrauch macht. Auf der ersten Stufe entscheidet das FA nach pflichtgemäßen Ermessen, ob es ein Benennungsverlangen an den Steuerpflichtigen richten soll. Auf der zweiten Stufe trifft es eine Entscheidung darüber, ob und inwieweit es Ausgaben, bei denen der Empfänger nicht benannt ist, zum Abzug zulässt. Beide Entscheidungen sind im Klageverfahren gegen die Steuerfestsetzung auch auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Zweck der Vorschrift des § 160 AO ist, mögliche Steuerausfälle zu verhindern, die dadurch eintreten, dass der Empfänger geltend gemachter Betriebsausgaben die Einnahmen bei sich nicht steuerwirksam erfasst. Der Steuerpflichtige wird daher gleichsam als Haftender in Anspruch genommen. Die Vorschrift betrifft jedoch den Betriebsausgabenabzug und damit die Besteuerung des Steuerpflichtigen, nicht dagegen eine Inanspruchnahme in Form einer Entschädigungs- oder Ersatzleistung. Ihre Anwendung ist daher nicht von einem Verschulden des Steuerpflichtigen abhängig. Erforderlich ist auch nicht, dass der Steuerpflichtige einen Steuerausfall beabsichtigt (BFH-Urteil vom 10. März 1999 IX R 10/98, BFHE 188, 280, BStBl II 1999, 434 m.w.N.).

I.

Zwingende Voraussetzung für die Rechtsfolgen des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO ist, dass die Finanzbehörde von dem Steuerpflichtigen die Benennung des Leistungsempfängers verlangt hat, denn die Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben kommt erst in Betracht, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Behörde nicht nachkommt, den Empfänger einer Leistung zu benennen. Die Finanzbehörde muss also die Benennung des Empfängers verlangen. Insofern ist der Sachverhalt auf eine tatsächliche Handlung der Finanzbehörde hin zu überprüfen, die ein Benennungsverlangen darstellen kann (1). Es ist nicht abschließend geklärt, in welcher Form die Benennung verlangt werden muss (2). Inhaltlich muss das Benennungsverlangen klar und eindeutig zum Ausdruck kommen (3). Das Benennungsverlangen kann zu jedem Zeitpunkt des Verwaltungsverfahrens gestellt und auch noch vom Gericht im Klageverfahren nachgeholt werden (4).

Das Gericht ist unter Würdigung des Vorbringens der Beteiligten und des Akteninhalts zu dem Ergebnis gelangt, dass das FA von der Klägerin die Benennung der Empfänger der im Streitfall in Rede stehenden Leistungen hinreichend klar und eindeutig vor Erlass der angegriffenen Steuerbescheide verlangt hat.

1.

Dem Wortsinn nach bedeutet "verlangen" soviel wie "auffordern oder anordnen" (vgl. Tipke/Kruse § 160 Rdz. 7). Die Finanzbehörde muss also zum Ausdruck bringen, dass der Steuerpflichtige etwas tun soll. Die Darstellung des Sachverhalts, einer Schlussfolgerung oder einer Rechtsansicht stellt kein Verlangen i.S. einer Aufforderung dar.

Das FA macht geltend, die Klägerin sei während und nach der Betriebsprüfung aufgefordert worden, die wahren Empfänger der an A und B geleisteten Zahlungen zu benennen, denn sie sei stets darauf hingewiesen worden, bei A und B bzw. der Fa. P Inhaber B handele es sich um Scheinfirmen. Das Gericht teilt die Auffassung des FA, an die Klägerin sei ein ausdrückliches Benennungsverlangen gerichtet worden, nicht. Ausweislich der Steuerakten hat sich das Finanzamt für Großbetriebsprüfung ... in erster Linie - soweit hier interessierend - mit den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug befasst. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse hat es die Klägerin unstreitig während der Betriebsprüfung darauf hingewiesen, dass es sich bei den genannten Leistungsempfängern um Scheinfirmen handeln soll und der Vorsteuerabzug zu versagen sei. Für die Berücksichtigung von Betriebsausgaben für die Körperschaftsteuer gem. § 160 AO ist wegen angenommener mangelnder Identifizierbarkeit des Empfängers ohne nähere Begründung eine entsprechende Schlussfolgerung gezogen worden. Eine ausdrückliche Aufforderung zur Benennung der wirklichen Leistungsempfänger ist nicht aktenkundig und wird auch im Bericht vom ... 1998 nicht erwähnt. Die Äußerung des Betriebsprüfung vom ... 2005, wonach die Firmenleitung durch den Außenprüfer mehrfach darauf hingewiesen worden sei, dass bei den vorliegenden Scheinfirmen der Rechnungsaussteller aus den Fahrzeugkäufen nicht identisch sei mit dem tatsächlichen Leistenden, bestätigt den Akteninhalt. Auch der Außenprüfer erwähnt eine ausdrückliche Aufforderung zur Benennung der Empfänger nicht. Das vom FA vorgelegte Schreiben des Finanzamts für Großbetriebsprüfung ... an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom ... 1998 enthält ebenfalls keine ausdrückliche Aufforderung. Hier heißt es, die Ermittlungen hätten ergeben, dass nicht die auf den Rechnungsbogen genannten Personen tatsächlich geleistet hätten; für den Betriebsausgabenabzug trage jedoch die Steuerpflichtige gem. § 160 AO die Beweislast. Der Bescheid über die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung vom ... 1998 fasst ebenfalls nur die Erkenntnisse der Finanzverwaltung zusammen und führt aus, für den Betriebsausgabenabzug nach § 160 AO sei die Existenz und die Nachprüfbarkeit der Anschrift der in der Rechnung bezeichneten Unternehmer erforderlich. Sämtlichen in den Akten enthaltenen und von dem FA vorgelegten Unterlagen ist ein ausdrückliches Benennungsverlangen i.S. einer Aufforderung nicht zu entnehmen. Der Außenprüfer und das FA haben vielmehr stets nur ihre Erkenntnisse und ihre Schlussfolgerung mitgeteilt. Nicht mehr weiter aufgeklärt werden kann, ob der Außenprüfer möglicherweise mündlich den früheren und inzwischen verstorbenen Bevollmächtigten der Klägerin ausdrücklich zur Benennung aufgefordert hat. Da sich das insofern darlegungs- und beweispflichtige FA nicht auf ein solches Benennungsverlangen beruft und sich ein solches auch nicht aus der Äußerung des Außenprüfers vom ... 2005 ergibt, geht das Gericht davon aus, dass es nicht gestellt worden ist.

Die Beteiligten gehen indes - zutreffend - übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin nach Hinweis des Außenprüfers, bei A und B handele es sich nicht um die wirklichen Empfänger, sondern um Scheinfirmen, die wirklichen Empfänger benennen sollte. Die Klägerin hat sodann - aus ihrer Sicht konsequent - Gewerbeanmeldungen vorgelegt und Angaben gemacht, die belegen sollten, dass A und B tatsächlich geleistet und die Zahlungen entgegengenommen hatten. Von daher kann in den Äußerungen des Außenprüfers und später des FA ein konkludentes Benennungsverlangen gesehen werden. Jedenfalls sind die Äußerungen des Außenprüfers und des FA von der Klägerin als solches aufgefasst worden. Das Gericht bezieht ferner in seine Beurteilung ein, dass im Rahmen der Außenprüfung üblicherweise die anstehenden Sach- und Rechtsfragen mit dem Steuerpflichtigen laufend besprochen werden. Dieser kann bei Zweifeln darüber, was von ihm an Mitwirkung erwartet wird, jederzeit nachfragen. Unstreitig haben solche Besprechungen mit der Geschäftsleitung der Klägerin bzw. mit ihrem früheren Bevollmächtigten stattgefunden. Dies hatte ersichtlich zur Folge, dass die Klägerin von sich aus Unterlagen die Leistungsempfänger betreffend vorgelegt hat. Über die Begehren des Außenprüfers und später des FA, die wirklichen Leistungsempfänger zu benennen, bestand nach den hier zu beobachtenden Umständen des Einzelfalles zwischen den Beteiligten Klarheit. Bis zum Hinweis des Gerichts vom ... 2005, es erscheine fraglich, ob ein hinreichend bestimmtes Benennungsverlangen gestellt sei, haben die Beteiligten, insbesondere die durch ihren auf diesem Rechtsgebiet besonders kundigen Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin, diesen Aspekt zudem nicht problematisiert. Allerdings ist zweifelhaft, ob ein konkludentes Benennungsverlangen im Rahmen des § 160 AO aus Rechtsgründen ausreicht.

2.

Das Gericht ist zu der Auffassung gelangt, dass das Benennungsverlangen des § 160 AO in der Regel schriftlich gestellt werden muss. Das ergibt sich aus dem Zweck, den weiteren Voraussetzungen und der Rechtsfolge der Vorschrift.

Der BFH hat in seinem Urteil vom 4. April 1996 IV R 55/94, BFH/NV 1996, 801 ausgeführt, um die Rechtsfolgen des § 160 AO - Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben - zu verdeutlichen, müsse die Benennung des Leistungsempfängers ausdrücklich verlangt werden (inzwischen ständige Rechtsprechung). Ein ausdrückliches Benennungsverlangen kann zwar vom Grundsatz her auch mündlich ergehen (vgl. zum Beispiel § 93 Abs. 2 AO zur allgemeinen Auskunftspflicht des Beteiligten). Das Benennungsverlangen gem. § 160 AO muss aber besondere Anforderungen erfüllen. Aus Gründen der Rechtssicherheit, insbesondere aus Beweisgründen, bietet sich die schriftliche Abfassung an. Nur so können der Steuerpflichtige und im Nachhinein das Gericht feststellen, ob ein Benennungsverlangen nach § 160 AO vorliegt und die inhaltlichen Anforderungen erfüllt sind. Da der Finanzbehörde zudem ein Ermessen darüber zusteht, ob sie ein Benennungsverlangen stellen will, sind nur bei schriftlichem Benennungsverlangen die Ermessenserwägungen zweifelsfrei erkennbar. Der Steuerpflichtigen muss eindeutig erkennen können, was von ihm verlangt wird, ob die Aufforderung des FA rechtmäßig ist und welche Rechtsfolgen die Nichterfüllung haben kann.

Das Benennungsverlangen des § 160 AO ist zudem abzugrenzen von der Aufforderung zur Auskunftserteilung nach § 93 AO. Nach dem Wortlaut letztgenannter Vorschrift kann die Aufforderung mündlich ergehen, der Steuerpflichtige hat hier aber nach freiem Willen einen Anspruch auf schriftliche Abfassung (§ 93 Abs. 2 AO). § 160 AO konkretisiert die nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie § 93 AO bestehende Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen; das Benennungsverlangen ist aber nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar, sondern legt dem Steuerpflichtigen nur ein bestimmtes Verhalten nahe, verbunden mit der Sanktion der Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben (allgemeine Meinung, vgl. BFH-Urteil vom 12. September 1985 VIII R 371/83, BStBl. II 1986, 537; zum Verhältnis der Vorschriften vgl. auch Tipke/Kruse § 160 Rz. 7; Schwarz § 160 Rz. 11; Pahlke/Koenig § 160 Rz. 9). Will die Finanzbehörde Zwangsmittel anwenden, muss sie an den Steuerpflichtigen ein Auskunftsersuchen in der nach § 93 AO vorgeschriebenen Form richten (BFH-Urteil vom 12. September 1985 VIII R 371/83, a.a.O.). Aus diesen Gründen kann für das Formerfordernis des Benennungsverlangens nach § 160 AO nicht an die Regelungen des § 93 AO angeknüpft werden. Wegen der genannten Rechtsfolgen muss der Steuerpflichtige die Rechtsgrundlage der Aufforderung, den Empfänger zu benennen, zweifelsfrei erkennen können (so auch Tipke/Kruse § 160 Rz. 7; Beermann § 160 Rz. 11.2). Das ist in aller Regel nur möglich, wenn die Aufforderung schriftlich ergeht.

Das Benennungsverlangen muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (BFH-Urteil vom 25. November 1986 VIII R 350/82, BStBl. II 1987, 286). Das bedeutet, der Steuerpflichtige muss erkennen können, was genau zur Empfängerbezeichnung verlangt wird. Das ist in aller Regel nur möglich, wenn es schriftlich ergeht (so auch Beermann § 160 Rz. 11.2).

Da der Finanzbehörde eine Ermessen darüber zusteht, ob es an den Steuerpflichtigen ein Benennungsverlangen richten will, sollten auch die tragenden Ermessenserwägungen erkennbar sein. Auch dieser Aspekt spricht für die Schriftlichkeit des Verlangens.

Im zu entscheidenden Fall haben sich der Außenprüfer durch den Bericht vom ... 1998 und das FA unter dem ... 1998 und ... 1998 schriftlich geäußert. Inhaltlich wird die Klägerin zwar nicht ausdrücklich aufgefordert, die Leistungsempfänger zu benennen. Aufgrund der gesamten Umstände musste die Klägerin diese Schreiben jedoch als Benennungsverlangen auffassen; § 160 AO ist im Schriftsatz vom ... 1998 genannt. Jedenfalls ist den schriftlichen Äußerungen in Verbindung mit den Besprechungen während der Außenprüfung ein konkludentes und inhaltlich bestimmtes Benennungsverlangen i.S. des § 160 AO noch hinreichend deutlich zu entnehmen.

3.

Das Gericht geht von der inhaltlichen Bestimmtheit des konkludenten Benennungsverlangens aus. Unstreitig wusste die Klägerin bereits während der Außenprüfung, dass die Finanzbehörden A und B nicht für die wirklichen Empfänger hielten. Die Klägerin sollte die wahren Leistungsempfänger angeben, um den Betriebsausgabenabzug zu erhalten. Die Klägerin hat das erkannt und ist sogleich tätig geworden, indem sie Gewerbeanmeldungen und andere Unterlagen vorgelegt hat. Ferner hat sie sich gegen die Beurteilung der Leistungsempfänger A und B als Scheinfirmen oder Strohmänner gewehrt.

4.

Das Benennungsverlangen des § 160 AO kann von der Finanzbehörde in jedem Stadium des Verwaltungsverfahren gestellt werden. War es durch die Finanzbehörde nicht oder inhaltlich nicht hinreichend bestimmt gestellt, muss es vom Gericht nachgeholt werden, sofern ein hinreichend bestimmtes Benennungsverlangen möglich und dessen Erfüllung auch zumutbar ist. Es ist insbesondere nicht mehr zumutbar, wenn in Anbetracht des Zeitablaufs der Steuerpflichtige sich die zur Benennung notwendigen Unterlagen nicht mehr beschaffen kann oder die Finanzbehörde die gewonnenen Erkenntnisse etwa wegen Ablauf der Festsetzungsverjährung nicht mehr zur Steuernachholung nutzen kann (BFH-Urteil vom 25. November 1986 VIII R 350/82, BStBl. II 1987, 286). Das Benennungsverlangen ist durch den Außenprüfer während der Außenprüfung und damit rechtzeitig gestellt. Das FA hat es - konkludent - in seiner Entscheidung vom ... 1998 wiederholt. Da das Gericht von einem fehlerfreien Benennungsverlangen ausgeht, hatte es keine Veranlassung, es nachzuholen. Daher ist nicht darüber zu befinden, ob das Gericht wegen Zeitablaufs von nunmehr ca. 14 Jahren seit dem Streitjahr 1991 gehindert war, noch ein Benennungsverlangen zu stellen.

II.

Das Benennungsverlangen ist rechtmäßig (1) und entspricht insbesondere den Grundsätzen der Zumutbarkeit (2).

1.

Ein Benennungsverlangen als erste Stufe der Ermessensausübung der Finanzbehörde ist grundsätzlich rechtmäßig, wenn aufgrund der Lebenserfahrung die Vermutung nahe liegt, dass der Empfänger einer Zahlung den Bezug zu Unrecht nicht versteuert hat. Das ist regelmäßig der Fall, wenn feststeht, dass die Angaben in der Buchführung über den Empfänger einer Zahlung unzutreffend sind. Mit dem Ziel einer zutreffenden und gleichmäßigen Steuererhebung hat die Finanzbehörde dann ein berechtigtes Interesse an der Bekanntgabe des zutreffenden Namens und der richtigen Adresse, um ohne besondere Schwierigkeiten und Zeitaufwand in der Lage zu sein, den Empfänger zu ermitteln und die Beträge bei ihm zu erfassen (BFH-Urteil vom 10. März 1999 IX R 10/98, BStBl II 1999, 434 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass insofern die Angaben über den Empfänger einer Zahlung in der Buchführung unzutreffend waren, hatte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung ... bereits während der Außenprüfung. Aufgrund eigener Recherchen war es zur Auffassung gelangt, andere, nicht bekannte Personen hätten sich der Personen B und A bedient, um unter ihrem Namen Gewerbe anzumelden, Fahrzeuge zu verkaufen und Rechnungen zu erteilen. Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung ... bzw. später das beklagte FA hatten Anhaltspunkte dafür, dass die wirklichen Empfänger der Zahlungen diese nicht ihrer eigenen Besteuerung zugrunde gelegt hatten. Das ergibt sich bereits daraus, dass sie sich der Namen B bzw. Fa. P und A bedient hatten und nicht unter ihrem eigenen Namen als Fahrzeuglieferanten aufgetreten waren.

2.

Das Benennungsverlangen steht im besonderen Maße unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Das bedeutet, dass das Verlangen nicht unverhältnismäßig sein darf und die für den Steuerpflichtigen zu befürchtenden Nachteile nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Aufklärungserfolg stehen dürfen. Da es um den Abzug einzelner Betriebsausgaben geht, kann die Frage der Verhältnismäßigkeit eines Benennungsverlangens nicht für alle Geschäftsvorfälle einheitlich beantwortet werden, vielmehr ist sie im Hinblick auf den jeweiligen einzelnen Geschäftsvorfall zu beurteilen. Dabei kann nur auf den Zeitpunkt der entsprechenden Zahlung abgestellt werden. Entscheidend ist daher, inwieweit für den Steuerpflichtigen zu diesem Zeitpunkt zumutbar war, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs der Identität seines jeweiligen Geschäftspartners zu vergewissern, um so in der Lage zu sein, ihn als Empfänger von Zahlungen zutreffend zu bezeichnen (BFH-Urteil vom 10. März 1999 IX R 10/98, BStBl II 1999, 434 m.w.N.).

Im zu entscheidenden Fall war es für die Klägerin zumutbar, sich im Zeitpunkt der fraglichen Zahlungen (Hingabe der Barschecks an die Überbringer der Fahrzeuge) über die Identität des Anlieferers bzw. des wirklichen Empfängers der Zahlungen zu vergewissern. Zumindest hätte sich die Klägerin vor Geschäftsanbahnung mit A und B anhand von Ausweispapieren über Namen und Anschriften der Anlieferer der Fahrzeuge Gewissheit verschaffen können und müssen. Es war ihr zumutbar, sich die entsprechenden Daten etwa nach Einsichtnahme in den Personalausweis, Pass oder Führerschein zu notieren (vgl. dazu BFH-Urteil vom 10. März 1999 IX R 10/98, BStBl II 1999, 454). Die Vergewisserung über die Identität des Zahlungsempfängers ist im zu entscheidenden Fall insbesondere deshalb zumutbar, weil die Zahlungen der vergleichsweise hohen Rechnungsbeträge fast ausschließlich durch Barscheck erfolgt sind (BFH-Beschluss vom 31. Oktober 2002 IV B 126/01, BFH/NV 2003, 291). Da keine schriftlichen Kaufverträge geschlossen wurden, konnte die Klägerin auch nicht in den Vertragsdokumenten den Geschäftspartner eindeutig und nachvollziehbar mit Namen und Anschrift bezeichnen und ihn anhand dieser Unterlagen später benennen. Ferner hätten die Gepflogenheiten des hier zu beurteilenden Fahrzeughandels der Klägerin Veranlassung geben müssen, sich über die Identität der Liefernden zu vergewissern. Die Klägerin hat ausgeführt, dass üblicherweise - ggf. nach telefonischer Ankündigung - ein Fahrer des Anlieferers mit dem Fahrzeug zur Geschäftsstelle der Klägerin fährt und das Fahrzeug dort nach Begutachtung durch einen Mitarbeiter der Klägerin und nach einer Verhandlung über den Preis erworben wird. Rechnungen würden erst vor Ort ausgestellt, abgestempelt und abgezeichnet. Ein Großteil der Geschäfte wird per Barscheck abgewickelt. Die Klägerin hat ferner vorgetragen, es seien nicht immer die wirklichen Firmeninhaber oder Lieferanten der Kfz erschienen, es existierten eine Vielzahl von Zwischenhändlern oder angestellten Fahrern, die das Fahrzeug vorführten. Von Interesse für die Klägerin sei nur, dass die Fahrzeugpapiere wie Kraftfahrzeugscheine, Fahrzeugbriefe, Versicherungsunterlagen und dergleichen in Ordnung seien. Ferner würde sie sich vor Geschäftsanbahnungen Gewerbeanmeldungen vorlegen lassen und eine solche als Kopie zu ihren Akten nehmen. Der Zeuge H hat dieses Vorbringen bestätigt. Er selbst hat seinerzeit als Mitarbeiter der Klägerin eine Vielzahl von Gebrauchtwagen angekauft. Die Klägerin hat ferner eingeräumt, in der Branche gebe es wie überall "schwarze Schafe". Sie habe aber versucht, durch Kontrolle der o.g. Papiere solche Personen auszusondern und mit ihnen keine Geschäfte abzuschließen.

Aus dem Vorbringen der Klägerin und der glaubhaften Aussage des Zeugen H entnimmt das Gericht, dass es der Klägerin in erster Linie auf die Lieferung eines einwandfreien Fahrzeugs mit ordnungsgemäßen Papieren gegen sofortige Zahlung per Barscheck ankam. Der Zeuge H hat dazu ausgeführt, er habe die Identität der jeweiligen Lieferanten nicht festgestellt, weil sie im Besitz des Kfz sowie der dazugehörigen Fahrzeugpapiere und der roten Autokennzeichen gewesen seien, und hat dem Gericht die Frage gestellt, weshalb er dann noch die Identität der betreffenden Personen hätte feststellen sollen. Zum Zwecke der Klärung der Frage, ob die Person, die das Fahrzeug angeliefert und den Barscheck über den Kaufpreis entgegen genommen hat, mit der Person des in der Rechnung genannten Veräußerers des Fahrzeugs wie er sich aus der Gewerbeanmeldung ergibt identisch oder jedenfalls von diesem beauftragt ist, hätte die Klägerin zumutbar Einsicht in Ausweispapiere oder andere Papiere zur Klärung der Identität des Lieferanten nehmen und damit auch die Identität des Empfängers der Zahlungen prüfen müssen. Eine Identitätsprüfung hält das Gericht insbesondere deshalb für zumutbar, um vor Beginn einer laufenden Geschäftsbeziehung Klarheit über seinen Vertragspartner zu erhalten und um "schwarze Schafe" der Branche, die möglicherweise ihren eigenen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommen, festzustellen. Diese zumutbaren Handlungen hat die Klägerin nicht vorgenommen.

Das Benennungsverlangen des FA ist auch nicht deshalb unzumutbar, weil der wahre Leistungsempfänger im Inland nicht steuerpflichtig ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1994 I R 40/92, BFH/NV 1995, 181). Über die wahren Leistungsempfänger ist nichts bekannt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Verkäufer der Gebrauchtwagen im Inland wohnhafte Personen sind. Für einen grenzüberschreitenden Gebrauchtwagenhandel ist hier nichts vorgetragen. Es ist vielmehr anzunehmen, dass die wirklichen Fahrzeuglieferanten und wirklichen Empfänger der Leistungen in Deutschland ansässig und steuerpflichtig sind.

Das Benennungsverlangen ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer undurchschaubaren Täuschung über den Geschäftspartner trotz Ergreifen von Aufklärungsmaßnahmen unzumutbar (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 1996 IV R 55/94, BFH/NV 1996, 801). Hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin Opfer einer für sie nicht durchschaubaren Täuschung geworden ist. Zwar haben sich die wirklichen Lieferanten der Fahrzeuge und Empfänger der Zahlungen der Namen B bzw. Fa. P und A bedient, durch Einsicht in die Ausweispapiere wäre eine solche Täuschung aber aufzuklären gewesen.

III.

Das Gericht ist nach dem Inhalt der Akten und dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass A und B nicht die wirklichen Lieferanten der Fahrzeuge und nicht die wirklichen Leistungsempfänger waren.

A hat mit der Klägerin im Jahre 1991 ein einziges Geschäft mit einem Rechnungsbetrag von ... DM abgeschlossen. Unter dem Namen A war seinerzeit ein Gewerbe bei der Stadt Z angemeldet worden. Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ... hat dem FA unter dem ... 1998 mitgeteilt, dass eine Fa. A, wie im Briefkopf der Rechnung vom ... 1991 angegeben, unter der genannten Adresse ...in Z nie bestanden habe; die Firma sei nicht in Erscheinung getreten. Später habe sich herausgestellt, dass die Gewerbeeintragung von Amts wegen gelöscht worden sei. In seiner Vernehmung durch das FA für Strafsachen und Fahndung ... hat A ausgesagt, er habe zu keinem Zeitpunkt einen Fahrzeughandel betrieben. Er habe deshalb auch keine Fahrzeuge, Fahrzeugteile oder Gegenstände geliefert. Er gab ferner an, V habe ihn im Jahre 1990 angesprochen und ihm vorgeschlagen, auf seinen Namen einen Fahrzeughandel anzumelden und sich Rechnungsvordrucke zu beschaffen. V habe ihm 10 v.H. von seinem Gewinn dafür versprochen. Er sei dann mit V zu einer Druckerei gefahren, habe etwa 200 Vordrucke abgeholt und diese blanko unterschrieben. Im ... 1990 habe er einen an die Fa. A adressierten Scheck über ... DM bei der Bank eingelöst, das Geld an V übergeben, der dieses an eine unbekannte Person sogleich weitergegeben habe. Seitdem sei V nicht mehr zu erreichen gewesen. Das Gericht hält diese Aussage des A mangels anderer Anhaltspunkte für glaubhaft. Unstreitig dürfte sein, dass A keine Erfahrung im Fahrzeughandel hatte. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, A habe seinerzeit bei Verkauf der Fahrzeuge V als Fachmann für Gebrauchtfahrzeuge in den klägerischen Betrieb mitgebracht. Das FA geht ebenfalls davon aus, dass V oder eine andere bislang unbekannte Person die hinter A stehende Person gewesen ist. Das Gericht darf die genannte Aussage des A für die Entscheidungsfindung verwerten. Zwar haben die Beteiligten nicht ausdrücklich der Verwertung zugestimmt, sie haben jedoch übereinstimmend zu Protokoll des Gerichts erklärt, auf die Vernehmung des als Zeugen geladenen, aber zur Beweisaufnahme nicht erschienen A zu verzichten. Der Zeuge H konnte sich nicht konkret erinnern, ob er mit A ein Geschäft abgeschlossen hat. Er hat ausgesagt, sich vor Geschäftsabschluss nicht über die Identität des Lieferanten etwa durch Einsicht in den Personalausweis vergewissert zu haben. Das Gericht hält es für möglich, dass bei dem Verkauf der Fahrzeuge eine Person unter dem Namen A aufgetreten ist und möglicherweise auch die Gewerbeanmeldung auf den Namen A vorgelegt hat, es handelte sich jedoch nicht um den hier in Rede stehenden A.

Auch B ist weder unter seinem eigenen Namen noch unter der Fa. P Inhaber B als Lieferant und als Empfänger der Leistung tätig geworden. Er hat als Zeuge glaubhaft ausgesagt, niemals einen Kraftfahrzeughandel betrieben zu haben und auch niemals bei der Klägerin in ihrer Betriebsstätte in ... gewesen zu sein. Er habe auch kein Gewerbe angemeldet gehabt. Er hat allerdings eingeräumt, ein von einer ihm bis dahin unbekannten Person vorgelegtes Formular unterschrieben zu haben. Daran, dass er mit der Person zu einer Druckerei nach Q gefahren sei, Rechnungsformulare bestellt habe und später Rechnungsformulare blanko unterschrieben zu haben, könne er sich nicht erinnern. Die vor Gericht gemachte Aussage deckt sich nicht mit der Aussage von B vor dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ... im Jahre 1993. Damals sagte er aus, ein Herr U habe ihn im Frühjahr 1990 auf die Anmeldung eines Gewerbes angesprochen. Er habe dann in Begleitung des Herrn U eine Gewerbeanmeldung abgegeben. Mit der Person zusammen habe er in einer Druckerei Rechnungsvordrucke und einen Stempel für die Fa. B in Auftrag gegeben. Er habe später Rechnungsformulare blanko unterschrieben. Er habe allerdings kein Geschäftskonto eingerichtet und auch keine Schecks für U eingelöst. Ihm sei nicht bekannt, dass in P auf seinen Namen ein Gewerbe angemeldet worden sei und auf Rechnungsvordrucken sein Name bzw. die Fa. P erscheine. Das Gericht hält die Widersprüche in den Aussagen für nicht geeignet, den Kern der Aussagen, B habe keinen Kraftfahrzeughandel betrieben und sei auch nicht in Kontakt mit der Klägerin getreten, in Zweifel zu ziehen. Das Gericht geht davon aus, dass in der Zeit ab 1993 beim Zeugen B Erinnerungslücken aufgetreten sind und er sich möglicherweise an Einzelheiten seiner damaligen Aussage vor dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in ... bzw. an die tatsächlichen Umstände und Einzelheiten seines Beitrags bei den hier in Rede stehenden Kraftfahrzeugverkäufen nicht mehr erinnern kann. Nach dem persönlichen Eindruck, den das Gericht von B während der Beweisaufnahme erlangt hat, steht zu seiner Überzeugung fest, dass er jedenfalls nicht der wirkliche Lieferant der Fahrzeuge und Empfänger von Zahlungen der Klägerin war. Aus der Aussage des Zeugen H ergibt sich nichts anderes. Er konnte sich an einen Verkäufer B nicht erinnern. Den Zeugen B hat er bei der Beweisaufnahme nicht sicher wiedererkannt. Er hat lediglich eingeräumt, dass es sich bei dem Zeugen um die Person gehandelt habe könnte, die sich seinerzeit als B vorgestellt habe.

IV.

Die zweite Stufe des im Rahmen des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO auszuübenden Ermessens betrifft die steuerlich zu ziehenden Folgerungen aus der mangelnden Empfängerbenennung, inwieweit also die betreffenden Ausgaben zum Abzug zuzulassen sind. Diese Entscheidung des FA ist vom Gericht inhaltlich voll zu überprüfen, zu korrigieren oder zu ersetzen. Kommt ein Steuerpflichtiger einem rechtmäßigen Benennungsverlangen nicht nach, ist der Abzug der Ausgaben gem. § 160 Abs. 1 Satz 1 AO "regelmäßig" zu versagen. Die Vorschrift bezweckt allerdings nur, mögliche Steuerausfälle beim Empfänger geltend gemachter Betriebsausgaben zu verhindern. Der Betriebsausgabenabzug ist daher nicht zu versagen, wenn feststeht, dass der wirkliche Zahlungsempfänger Betriebsausgaben gehabt hat, die Einfluss auf seine eigene steuerliche Belastung haben würden (BFH-Urteil vom 10. März 1999 IX R 10/98, BStBl II 1999, 434).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kommt im Streitfall die Nichtberücksichtigung des Betriebsausgabenabzugs in voller Höhe nicht in Betracht. Es ist davon auszugehen, dass die Verkäufer der Gebrauchtfahrzeuge ihrerseits Anschaffungskosten gehabt haben. Im zu entscheidenden Fall ist die Lieferkette anhand von Fahrzeugpapieren unstreitig lückenlos dokumentiert. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Lieferanten der Gebrauchtfahrzeuge - wie das FA unterstellt - diese ohne Einstandskosten durch kriminelle Handlungen erlangt hätten. Der wirkliche Leistungsempfänger hätte daher Betriebsausgaben in Abzug bringen können. Deshalb entspricht es pflichtgemäßen Ermessen, nur die geschätzte übliche Handelsspanne im Gebrauchtwagenhandel als nicht zu berücksichtigende Betriebsausgaben anzusetzen. Die Klägerin gibt diese Handelsspanne mit 5 bis 10 v.H. an. Das Gericht hat keine Veranlassung, im zu entscheidenden Fall von einer höheren Handelsspanne auszugehen. Es ist anzunehmen, dass die wirklichen Lieferanten die üblichen Preise für den Ankauf von Gebrauchtwagen zahlen mussten. Der Vortrag des FA, im Falle der Lieferanten A und B bzw. der wirklichen Lieferanten hätten andere Bedingungen gegolten, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Unter Berücksichtigung eines Unsicherheitszuschlags und in der Annahme, die wirklichen Zahlungsempfänger unterlägen dem selben Steuersatz wie die Klägerin, schätzt das Gericht die nicht zu berücksichtigen Betriebsausgaben mit 12 v.H. der Bruttobeträge. In Höhe von 88 v.H. der Bruttobeträge sind deshalb weitere Betriebsausgaben anzuerkennen.

Das Gericht geht von den Bruttobeträgen aus, weil das FA die aus seiner Sicht nicht anzuerkennenden Vorsteuerbeträge aus den in Rede stehenden Rechnungen zunächst gewinnmindernd angesetzt hat und nachfolgend den Betriebsausgabenabzug rückgängig gemacht hat.

Im Zuge der Neufestsetzung der Steuer sind die Steuerrückstellungen (Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) zu korrigieren.

V.

Die Berechnung der Steuer und der Gewerbesteuermessbeträge wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1, § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Bei der Verteilung der Kosten hat das Gericht auch berücksichtigt, dass das FA während des Klageverfahrens der Klage zum Teil abgeholfen hat (betr. Berücksichtigung vom Betriebsausgaben N GmbH). Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 9, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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