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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 6 V 519/06
Rechtsgebiete: StBerG, FGO


Vorschriften:

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 3
StBerG § 164a Abs. 2 S. 1
FGO § 69 Abs. 5 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

6 V 519/06

Wiederherstellung der Aussetzung der Vollziehung

Gründe:

I. Der Steuerberaterkammer - Antragsgegner - wurde von der X AG unter dem 27. Februar 2006 mitgeteilt, dass der Vertrag des Antragstellers - des Steuerberaters Y - über seine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung zum 21. März 2006 enden werde. Der Antragsgegner nahm dieses Schreiben zum Anlass, den Antragsteller in diversen Schreiben aufzufordern, den Fortbestand seiner Berufshaftpflichtversicherung nachzuweisen, da er anderenfalls mit dem Widerruf seiner Bestellung zum Steuerberater gem. § 46 Abs. 2 Nr. 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) rechnen müsse.

Der Antragsteller teilte hierauf mit, dass er sich nach einer Operation in ärztlicher Behandlung befinde. Dies habe zu einigen Schwierigkeiten geführt, die jedoch weitgehend beseitigt seien. Es sei zudem der Neuabschluss einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung beantragt (Schreiben vom 9. Juli 2006). In einem weiteren Schreiben vom 30. August 2006 wies der Antragsteller darauf hin, dass er zum 1. September 2006 eine Anstellung in einer Steuerberatungskanzlei mit der Folge aufnehmen werde, dass er wieder versichert sei. Im Anschluss an die Kündigung seiner Versicherung habe er sich um eine erneute Versicherung bemüht. Während der versicherungsfreien Zeit habe er im übrigen keine steuerberatenden Tätigkeiten - abgesehen von telefonischen Auskünften gegenüber Mandanten - ausgeübt. Weitergehende Unterlagen hat der Antragsteller diesbezüglich nicht vorgelegt.

Mit Bescheid vom 3. November 2006 widerrief der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller seine Bestellung als Steuerberater und ordnete zugleich gem. § 164a Abs. 2 StBerG i.V.m. § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die sofortige Vollziehung des Widerrufs an. Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 3 StBerG sei die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, wenn dieser nicht die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung gegen die Haftpflichtgefahren aus seiner Berufstätigkeit unterhalte. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall vor. So habe die X mitgeteilt, dass die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung am 21. März 2006 erloschen sei. Trotz mehrmaliger Aufforderung, den Nachweis des Fortbestehens der Berufshaftpflichtversicherung durch Vorlage einer entsprechenden Versicherungsbescheinigung zu führen, sowie der Hinweise auf die Folgen des Nichtunterhaltens der nach § 67 StBerG vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung gegen die sich aus der Berufstätigkeit als Steuerberater ergebenden Haftpflichtgefahren habe der Antragsteller einen entsprechenden Nachweis nicht eingereicht. Bei den im Schreiben vom 30. August 2006 enthaltenen Angaben dürfte es sich lediglich um reine Absichtserklärungen handeln, die für die Beurteilung des Falles unbeachtlich seien.

Die sofortige Vollziehung des Widerrufs sei nach § 164a Abs. 2 Satz 1 StBerG i.V.m. § 69 Abs. 5 Satz 2 FGO anzuordnen, weil zu befürchten stehe, dass die Durchsetzung materiell-rechtlicher Schadensersatzansprüche der Mandanten des Antragstellers gegen diesen aufgrund fehlerhafter Beratung erfolglos blieben, indem der Antragsteller die vorgeschriebene Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung nicht unterhalte.

Gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wendet sich der Antragsteller mit seiner unter dem 7. Dezember 2006 erhobenen Klage, mit der er zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage beantragt.

Eine Begründung hat der Antragsteller, dem insoweit eine Frist bis zum 8. Januar 2007 gesetzt worden war, bis zum heutigen Tage nicht eingereicht.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der unter dem Az. 6 K 518/06 beim Niedersächsischen Finanzgericht gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater erhobenen Klage wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.

II. Der Antrag ist unbegründet.

1. Denn die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage liegen nicht vor.

a) Nach Maßgabe des § 164a Abs. 2 Satz 1 StBerG, § 69 Abs. 5 Satz 1 FGO hemmt eine gegen den Bescheid über den Widerruf der Bestellung zum Steuerberater erhobene Klage dessen Vollziehung. Die Steuerberaterkammer kann jedoch die hemmende Wirkung der Klage durch besondere Anordnung beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; das öffentliche Interesse ist schriftlich zu begründen (§ 69 Abs. 5 Satz 2 FGO). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt eine Ermessensentscheidung der Steuerberaterkammer dar, die der lediglich eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung im Rahmen des § 102 FGO unterliegt.

b) aa) Im Streitfall hat die Steuerberaterkammer die Anordnung der sofortigen Vollziehung unter Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung einerseits und des Interesses des Antragstellers an der Aufrechterhaltung der hemmenden Wirkung seiner Klage andererseits hinreichend und zutreffend begründet.

bb) Zwar trifft es zu, dass es in der Regel nicht ausreicht, das öffentliche Interesse lediglich mit den Gründen zu rechtfertigen, die auch für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater maßgebend sind. Denn die Regel ist, dass die Erhebung der Klage die Vollziehung des Widerrufsbescheides hemmt und dadurch die Schaffung vollendeter Tatsachen bis zu einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über den Widerruf der Bestellung hindert. Die aufschiebende Wirkung der Klage ist in diesem Fall ein wesentliches Element eines wirksamen Rechtsschutzes i.S. von Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG).

Im Hinblick auf diese Gewährleistung ist für die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheides ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, dass über das Interesse hinausgeht, das den Widerrufsbescheid selbst rechtfertigt. Im Rahmen einer solchermaßen vorzunehmenden Interessenabwägung spielt indes auch die Frage eine Rolle, welche Wahrscheinlichkeit für den Erfolg einer möglichen Klage gegen den Widerruf der Bestellung des Antragstellers als Steuerberater spricht. Wird die Klage im Ergebnis aller Wahrscheinlichkeit nach keine Aussicht auf Erfolg haben, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs das Interesse des Betroffenen an der Aufrechterhaltung der die Vollziehung hemmenden Wirkung einer möglichen Klage überwiegt. Es ist aber nicht erforderlich, dass in der Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs auf die Unwahrscheinlichkeit eines Erfolges einer mündlichen Klage ausdrücklich abgestellt wird. Vielmehr reicht es aus, wenn sich dies aus den zugrunde gelegten, nicht substantiiert bestrittenen Tatsachen bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur erforderlichen, aber auch notwendigen summarischen Prüfung der Ermessensentscheidung der Steuerberaterkammer durch das Gericht ergibt. Dabei können auch solche Umstände berücksichtigt werden, mit denen der Widerruf selbst begründet worden ist oder die erst im Nachhinein vorgetragen werden - vgl. § 102 Satz 2 FGO - (BFH-Beschluss vom 9. April 2002 VII B 287/01, BFH/NV 2002, 955 m.w.N.).

cc) Der Antragsgegner hat - wenn zugegebenermaßen auch nur sehr knapp - die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Bestellung des Antragstellers zum Steuerberater mit dem Fehlen einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung und den sich hieraus für seine Mandanten möglicherweise ergebenden negativen Folgen vermögensrechtlicher Art in Fällen fehlerhafter Beratung begründet, ohne eine weitergehende Interessenabwägung im Hinblick auf die sich aus dieser Anordnung ergebenden berufsrechtlichen Folgen für den Antragsteller vorzunehmen.

Allein das Nichtbestehen einer Berufshaftpflichtversicherung seit nunmehr über neun Monaten rechtfertigt indes die Anordnung des Sofortvollzugs des Widerrufs der Bestellung zum Steuerberater, zumal die gegen diesen Widerruf gerichtete Klage ohne Nachweis der Berufshaftpflichtversicherung aussichtslos ist.

Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 3 StBerG ist die Bestellung zu widerrufen, wenn der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte nicht die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung gegen die Haftpflichtgefahren aus seiner Berufstätigkeit unterhält. Die entsprechende Verpflichtung folgt aus § 67 StBerG, wonach selbstständige Steuerberater und Steuerbevollmächtigte gegen die aus ihrer Berufstätigkeit sich ergebenden Haftpflichtgefahren angemessen versichert sein müssen. Hieraus folgt, dass das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung eine unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit als Steuerberater darstellt. Ein Verstoß gegen das sich aus § 67 StBerG ergebende Verbot stellt eine schwerwiegende Berufspflichtverletzung dar, die den zwingenden Widerruf der Bestellung als Steuerberater bzw. Steuerbevollmächtigter durch die zuständige Steuerberaterkammer nach sich zieht (Peter/Charlier, Kommentar zum Steuerberatungsgesetz, Rdz. 5 f. und 100 zu § 67; Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Kommentar zum StBerG, 2. Auflage, Rdn. 46 ff. zu § 67 jeweils m.w.N.).

Da der Antragsteller bis zum heutigen Tage das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung nicht nachgewiesen hat, bleibt als unabdingbare Folge hiervon lediglich der Widerruf seiner Bestellung zum Steuerberater.

Es bedarf an dieser Stelle keiner abschließenden Entscheidung, ob diese schwerwiegende Verletzung der allgemeinen Berufspflichten eines Steuerberaters nach § 57 StBerG im Hinblick auf die Frage, ob diesbezüglich die sofortige Vollziehung des Widerrufs anzuordnen ist, eine Ermessensreduzierung auf Null nach sich zieht. Jedenfalls ist die Entscheidung der Steuerberaterkammer, gegenüber dem Antragsteller die sofortige Vollziehung des Widerrufs seiner Bestellung als Steuerberater anzuordnen, nicht ermessensfehlerhaft.

Soweit der Antragsteller in seinem Schreiben vom 30. August 2006 darauf hingewiesen hat, ab dem 1. September 2006 als angestellter Steuerberater tätig werden zu wollen, ist dieser Vortrag vor dem Hintergrund als unsubstantiiert zurückzuweisen, dass er diesbezüglich keine weitergehenden Angaben gemacht hat, in welchem Steuerberatungsbüro er tätig sein will bzw. nunmehr tätig geworden ist. Im Übrigen schlösse auch eine solche Tätigkeit nicht aus, dass der Antragsteller weiterhin eine Tätigkeit als selbstständiger Steuerberater ausübt, wie er dies etwa im Hinblick auf die Erteilung fernmündlicher Auskünfte ausgeführt hat. Denn auch bei einer solchen Tätigkeit handelt es sich um eine selbstständig ausgeübte steuerberatende Tätigkeit mit der Folge, dass es auch diesbezüglich des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung bedarf.

2. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO zurückzuweisen. Danach hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Ende der Entscheidung

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