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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 7 K 95/05
Rechtsgebiete: EigZulG, EStG


Vorschriften:

EigZulG § 2 Abs. 1 Satz 3
EStG § 26 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

7 K 95/05

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin Eigenheimzulage für ein Hausgrundstück beanspruchen kann, das sie von ihrem Ehemann erworben hat.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 7. März 2001 erwarb die Klägerin von ihrem Ehemann das von der Familie der Klägerin bewohnte und im Alleineigentum des Ehemannes stehende Einfamilienhaus in E., das im Jahre 1995 errichtet war. Die Klägerin beantragte für das Objekt Eigenheimzulage einschließlich der Kinderzulage für ihre drei gemeinsamen Kinder.

Der Beklagte lehnte die Festsetzung der Eigenheimzulage unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG ab, da es sich um einen Erwerb vom Ehegatten handele, der nicht eigenheimzulagebegünstigt sei. Dagegen erhob die Klägerin Einspruch, mit dem sie auf das BFH-Urteil vom 19. Februar 2004 III R 54/01, BStBl. II 2004, 489 hinwies. Danach sei Eigenheimzulage zu gewähren, wenn ein Ehegatte ein Grundstück vom Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter des anderen Ehegatten erwerbe. Der Streitfall sei mit dem vom BFH entschiedenen Fall vergleichbar, denn der Ehegatte der Klägerin sei alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der H. Holzbau GmbH einerseits und der H. Hausbau GmbH andererseits gewesen. Beide Firmen seien insolvent; die Insolvenzverfahren sind am 19. Juli 2000 bzw. 1. Dezember 2000 eröffnet worden. Für Verbindlichkeiten der beiden Firmen sei auch das private Einfamilienhaus belastet worden. Die Sparkasse V. als Kreditinstitut der in Insolvenz befindlichen Firmen habe mit Schreiben vom 28. Juli 2000 sämtliche Kredite gekündigt und die zwangsweise Verwertung auch der Familienwohnung der Klägerin und ihres Ehemannes angedroht. Die Zwangsversteigerung des selbstgenutzten Hauses habe die Klägerin dadurch verhindern können, dass sie selbst das Grundstück erworben habe. Die darauf lastenden Kredite seien durch den Kaufpreis abgelöst worden; der Erlös sei auf Forderungen der Bank gegen die H. Holzbau GmbH verbucht worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 7. Februar 2005 und Änderung des Eigenheimzulagebescheides vom 21. September 2004 die Eigenheimzulage ab 2001 auf 7000 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Auffassung fest. Anders als in dem vom BFH entschiedenen Fall sei der Ehemann der Klägerin nicht durch ein Insolvenzverfahren beschränkt gewesen, das Grundstück zu veräußern. Das persönliche Insolvenzverfahren des Ehemannes sei erst am 12. Februar 2002, also fast ein Jahr nach der Veräußerung eröffnet worden.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ein Schreiben der Sparkasse V. vom 6. Juli 2007 vorgelegt, in dem die Sparkasse darauf hinweist, dass sie das Grundstück der Klägerin zwangsweise verwertet hätte, wenn der Verkauf vom Ehemann an die Klägerin nicht stattgefunden hätte. Die Zahlung des Kaufpreises durch die Klägerin habe dazu geführt, dass die Verbindlichkeiten ihres Ehemannes in entsprechender Höhe getilgt worden seien.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens im Einzelnen auf den Inhalt der Steuerakten, der gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat Erfolg.

Der Klägerin steht Eigenheimzulage einschließlich der Kinderzulage für drei Kinder zu.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG ist eine Wohnung, die der Anspruchsberechtigte von seinem Ehegatten anschafft, nicht begünstigt, wenn - wie im Streitfall - bei den Ehegatten im Zeitpunkt der Anschaffung die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG (unbeschränkte Steuerpflicht, kein dauerndes Getrenntleben) vorliegen.

a) Unter Anschaffung im Sinne der Vorschriften zur Förderung des Wohneigentums ist der entgeltliche Erwerb des bürgerlich-rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums zu verstehen (BFH-Urteil vom 23. September 1992 X R 159/90, BFHE 169, 328, BStBl II 1993, 152, zu § 10e EStG).

b) Der Anspruchsberechtigte schafft die Wohnung vom Ehegatten an, wenn der Ehegatte kraft seiner Position als Eigentümer das Eigentum an der Wohnung auf den Anspruchsberechtigten überträgt. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 19. Februar 2004, III R 54/01, BStBl II 2004, 489) liegt kein Erwerb vom Ehegatten vor i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 EigZulG vor, wenn über das Vermögen des Ehemannes das Konkursverfahren eröffnet worden ist und der Anspruchsberechtigte das zur Konkursmasse des Ehemannes gehörende Einfamilienhaus vom Konkursverwalter erwirbt. Denn mit Eröffnung des Konkursverfahrens habe der Ehemann die Befugnis verloren, sein zur Konkursmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen (§ 6 Abs. 1 der Konkursordnung --KO--; vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 4. Juni 1996 IX ZR 261/95, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1996, 1411). Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht werde durch den Konkursverwalter ausgeübt (§ 6 Abs. 2 KO). Der Ehemann der Klägerin habe das konkursbefangene Grundstück daher nicht mehr veräußern dürfen. Er sei zwar Rechtsträger (Eigentümer) des Grundstücks geblieben, aber mangels Verfügungsbefugnis gehindert gewesen, das Eigentum auf einen anderen zu übertragen. Eine Verfügung über das Grundstück wäre den Gläubigern gegenüber unwirksam gewesen (§ 7 KO). Zum Verkauf sei allein der Konkursverwalter berechtigt gewesen. Er sei daher im notariellen Grundstückskaufvertrag auch als Verkäufer aufgeführt. An die Rechtshandlungen des Konkursverwalters sei der Gemeinschuldner als Vermögensträger in gleicher Weise gebunden, wie wenn er sie selbst vorgenommen hätte (Hess, Kommentar zur Konkursordnung, 5. Aufl., § 6 Rz. 9). Nach h.M. handele der Konkursverwalter in Ausübung des ihm übertragenen Amtes kraft eigenen Rechts, im eigenen Namen und mit unmittelbarer Wirkung für und gegen den Gemeinschuldner als Träger der den Gläubigern als Haftungsobjekt zugewiesenen Konkursmasse (BGH-Urteil in WM 1996, 1411; Hess, a.a.O., § 6 Rz. 14 ff., m.w.N.).

c) Formal - so der BFH - sei das zivilrechtliche Eigentum an dem übertragenen Grundstück zwar unmittelbar vom Ehemann auf dessen Ehefrau übergegangen. Dieser formale Gesichtspunkt sei aber für die Gewährung der Eigenheimzulage unerheblich. Entscheidend sei, dass mit der Eröffnung des Konkursverfahrens nicht mehr der Ehemann, sondern nur noch der Konkursverwalter habe verfügen dürfen, so dass der Erwerb des konkursbefangenen Grundstücks praktisch dem Erwerb von einem Dritten gleichkomme.

Im Urteil vom 5. Juni 2003, III R 51/00, BFH/NV 2003, 1399 hatte der BFH über einen Eigenheimzulage-Fall zu entscheiden, in dem die Zwangsversteigerung des der Ehefrau gehörenden Hausgrundstücks drohte und der Ehemann das Grundstück erworben hatte. Er hat die Eigenheimzulage versagt, weil die Motive des Erwerbs vom Ehegatten unbeachtlich seien. Dieser Fall sei anders zu beurteilen als ein Erwerb im Wege des Zuschlags in der (tatsächlichen) Zwangsversteigerung; hier liege ein originärer Erwerb durch einen rechtsgestaltenden Staatshoheitsakt vor (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 1992, X R 159/90, BStBl II 1993, 152).

Die einschränkende Auslegung des Merkmals Anschaffung "vom Ehegatten" entspricht den mit dem EigZulG verfolgten Zielen, die Vermögensbildung --auch im Hinblick auf die private Altersvorsorge-- durch den Erwerb eigengenutzten Wohneigentums insbesondere für sog. Schwellenhaushalte und Familien mit Kindern zu fördern (BTDrucks 13/2235, S. 14).

Vor dem Hintergrund dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung und bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift sieht der Senat den Streitfall als mit den Fällen des Erwerbs im Konkurs und in der Zwangsversteigerung vergleichbar an. Die Klägerin hat das Grundstück zwar rechtlich nicht vom Konkursverwalter oder durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben; diese Merkmale hält der Senat in diesem Einzelfall jedoch für entbehrlich. Das ergibt sich daraus, dass die Sparkasse ausdrücklich bekundet hat, sie hätte die Zwangsversteigerung in das Grundstück der jetzigen Klägerin betrieben, wenn der Verkauf an ihren Ehemann nicht stattgefunden hätte. Der Eigentumsübergang vom Ehemann auf die Klägerin hat gleichzeitig bewirkt, dass die Verbindlichkeiten des Ehemannes durch die Veräußerung sich entsprechend vermindert haben, da die Klägerin neue Kredite aufgenommen hatte. Anhaltspunkte dafür, dass im Streitfall ein Grundstück "verschoben" werden sollte, um erneut in den Genuss der Eigenheimzulage zu kommen, liegen nicht vor. Letztlich steht sich die Klägerin nicht anders, als wenn die Sparkasse die Zwangsversteigerung betrieben hätte und die Klägerin den Zuschlag erhalten hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, war die Revision zuzulassen.



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