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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 19.08.2008
Aktenzeichen: 8 K 183/07
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG § 10 Abs. 1 |
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Zahlungen des Klägers an seine Eltern als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt werden können.
Der Kläger schloss mit seinen Eltern am 21.12.1981 einen notariellen Übergabevertrag, mit dem das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken auf den Kläger übertragen wurde. Gemäß der Anlage zu dem notariellen Vertrag gewährte der Kläger seinen Eltern im Gegenzug Altenteilleistungen, u.a. die freie Nutzung einer Alterteilerwohnung, freies Essen und Trinken sowie ein monatliches Taschengeld von 350 DM. Das Taschengeld sollte erst ab 1983 mit dem Wegfall des Jagdpachtgeldes gezahlt werden. Hinsichtlich der weiteren Vereinbarungen im Einzelnen wird Bezug genommen auf den notariellen Vertrag vom 21.12.1981.
Tatsächlich gewährte der Kläger seinen Eltern durchgehend lediglich das Wohnrecht von Beginn an bis heute. Die vereinbarten Barleistungen zahlten die Kläger zunächst nicht. Dies ergibt sich aus einer privatschriftlichen Zusatzvereinbarung vom 28.11.1984, mit der sie unter Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) eine Änderungsklausel aufnahmen. In der Vereinbarung ist in einer Fußnote ausgeführt. "Das vereinbarte mtl. Baraltenteil wurde bisher nicht bezahlt."
Zudem schloss der Kläger mit seinen Eltern am 1.7.1990 handschriftlich folgende weitere Zusatzvereinbarung zum notariellen Vertrag vom 21.12.1981:
" Die Altenteilsempfänger...verzichten hiermit vom 1.7.1990 bis 30.6.1995 gegenüber Ihrem Sohn...als Altenteilszahler auf das vertragliche Taschengeld in Höhe von DM 350,-. Diese Vereinbarung verlängert sich jeweils um 1 Jahr wenn keine der Parteien vor dem 15. Juni eine schriftliche Kündigung übergibt. "
Tatsächlich zahlte der Kläger bis einschließlich Juni 1997 keine Barleistungen. Grund für die fehlenden Zahlungen war - nach eigenem Vortrag der Kläger - die Tatsache, dass der Vater des Klägers bis einschließlich Juni 1997 eigene gewerbliche Einkünfte als Viehhändler erzielte, so dass die Eltern nicht auf das Taschengeld angewiesen waren.
Am 23.6.1997 schloss der Kläger erneut einen notariellen Vertrag und vereinbarte mit seinen Eltern eine Änderung des ursprünglichen Altenteilsvertrages aus dem Jahr 1981. Danach verpflichtete sich der Kläger, an seine Eltern abweichend von den bisherigen Vereinbarungen ein monatliches Taschengeld in Höhe von insgesamt 1.000 DM zu zahlen und dafür keine Naturalleistungen mehr zu erbringen.
Ab Juli 1997 zahlte der Kläger die vereinbarte Barrente an seine Eltern.
Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Sonderausgaben für die Altenteilleistungen in Höhe von insgesamt 15.485 DM geltend. Der Beklagte erkannte die Beträge jedoch im Einkommensteuerbescheid vom 14.7.1999 sowie im geänderten Einkommensteuerbescheid vom 9.2.2000 nicht an. Den dagegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom 22.3.2007 zurück. Zur Begründung führte er aus, eine Anerkennung der Altenteilleistungen als Sonderausgaben scheide aus, da die vertraglichen Vereinbarungen im Übergabevertrag nicht wie vereinbart durchgeführt worden seien. Die späteren Vertragsänderungen aus den Jahren 1990 und 1997 könnten die anfängliche mangelnde Durchführung nicht nachträglich heilen. Ein Rechtsbindungswille in Bezug auf alle vertraglich geschuldeten Leistungen liege nicht vor. Dies habe zur Folge, dass die Anerkennung der Leistungen insgesamt ausscheide.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Im Klageverfahren begehren die Kläger weiterhin die Berücksichtigung der Altenteilleistungen als Sonderausgaben. Sie tragen vor, die gegenseitigen Rechte und Pflichten seien eindeutig aus dem Hofübergabevertrag aus dem Jahr 1981 erkennbar. Bereits aus dem Abschluss eines notariellen Vertrages ergebe sich der notwendige Rechtsbindungswille, da die Altenteilsempfänger die Versorgungsleistung aufgrund des Vertrages hätten zivilrechtlich durchsetzen können. Zwar würden erst mit der notariellen Änderung aus dem Jahr 1997 die bereits 1981 vertragsmäßig vereinbarten Leistungen vollständig an die Versorgungsempfänger erbracht, dies sei jedoch keinesfalls willkürlich erfolgt. Grundlage sei vielmehr die Tatsache, dass im Zeitpunkt der notariellen Vereinbarung der Vater des Klägers noch den Viehhandel betrieben habe und daher nicht auf die Versorgungsleistungen angewiesen gewesen sei. Hätte der Vater den Viehhandel bereits eher aufgegeben, hätte er schon vorher auf entsprechenden Versorgungsleistungen bestanden.
Die Kläger beantragen,
Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in Höhe von 11.323 DM anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Ergänzend führt er aus, der Übergabevertrag sei im Bewusstsein der noch gar nicht in dieser Höhe benötigten Altenteilsleistungen abgeschlossen worden. Im Jahr 1981 habe noch keine Veranlassung für den Kläger bestanden, sich zu Zahlungen eines Baraltenteils zu verpflichten, da die Eltern noch nicht versorgungsbedürftig gewesen seien. Wenn dennoch eine derartige Verpflichtung eingegangen werde, spreche das dafür, dass ein Rechtsbindungswille nicht bestanden habe. An der willkürlichen Aussetzung bzw. Wiederaufnahme der Zahlungen scheitere daher die Berücksichtigung der Kosten im Rahmen des Sonderausgabenabzuges.
Hinsichtlich des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Steuerakten.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Die im Streitjahr vorgenommenen Zahlungen des Klägers an seine Eltern stellen keine als Sonderausgaben abzugsfähigen dauernde Lasten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind als Sonderausgaben abziehbar die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Werden wiederkehrende Leistungen - wie im Streitfall - im Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt, stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen zugeordnet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der sich der Senat anschließt, berechtigt jedoch nicht jeder Vermögensübergabe- und Versorgungsvertrag zum Sonderausgabenabzug, vielmehr sind bestimmte Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigung erforderlich (grundlegend Beschluss des Großen Senats vom 12.5.2003 GrS 1/00, BStBl II 2004, 464 unter C,.II.2.c.). Neben einer klaren und eindeutigen Vereinbarung, die eine Qualifikation als Versorgungsvertrag erst ermöglicht, ist erforderlich, dass die Vertragsparteien grundsätzlich die gegenseitigen Verpflichtungen auch wie vereinbart durchführen. Es steht den Vertragsparteien nicht frei, ob und in welchem Umfang sie ihren Vertragspflichten nachkommen (siehe z.B. Urteile des BFH vom 19.1.2005 X R 23/04, BStBl II 2005, 434 und vom 3.3.2004 X R 14/01, BStBl II 2004, 826 jeweils m.w.N.). Dabei dient der grundsätzlich bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen erforderliche Fremdvergleich bei Versorgungsverträgen vorrangig der Abgrenzung solcher Vereinbarungen, denen beide Parteien rechtliche Bindung beimessen, von solchen Verträgen, die zwar der äußeren Form nach als bindend erscheinen, für die Parteien selbst jedoch den Charakter der Beliebigkeit haben und von denen sie nur Gebrauch machen, wenn es ihnen opportun erscheint (z.B. Urteil vom 3.3.2004 X R 14/01, BStBl II 2004, 826).
Eine Änderung der Versorgungsleistungen ist nur dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn diese nicht willkürlich, sondern durch ein in der Regel langfristig verändertes Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und / oder die veränderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten veranlasst sind (z.B. Urteil des BFH vom 13.12.2005 X R 61/01, BStBl II 2008, 16). Dabei darf auch eine Aussetzung von Zahlungen sowie die spätere Wiederaufnahme nicht willkürlich erfolgen (Urteil des BFH vom 3.3.2004 X R 14/01, BStBl II 2004, 826; siehe auch BFM-Schreiben vom 26.8.2002, BStBl I 2002, 893 Tz. 27)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen im Streitfall keine als Sonderausgaben abzugsfähige dauernde Lasten vor.
Die notarielle Vereinbarung vom 21.12.1981 stellt einen Vermögensübergabe- und Versorgungsvertrag dar, aus dem die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung einer monatlichen Geldrente (lt. Vertrag Taschengeld) eindeutig erkennbar ist. Die vertraglichen Vereinbarungen hat der Kläger jedoch nicht in vollem Umfang durchgeführt, da er jedenfalls im Jahr 1984 sowie in den Jahren 1990 bis 1997 keine Taschengeldzahlungen an seine Eltern erbrachte. Diese Zahlungsunterbrechung sowie die nachfolgende Aufnahme der Zahlungen erfolgten willkürlich im Sinne der oben genannten BFH-Rechtsprechung, so dass aus diesem Grund die Berücksichtigung der Zahlungen als Sonderausgaben ausscheidet.
Der Kläger hat weder eine veränderte Leistungsfähigkeit noch ein verändertes Versorgungsbedürfnis der Übergeber in ausreichender Weise dargelegt. Eine veränderte Leistungsfähigkeit des übertragenen Vermögens, die sofort nach Abschluss des notariellen Vertrages hätte vorliegen müssen, hat der Kläger bereits nicht vorgetragen und diese ist auch nicht aus den Akten ersichtlich. Zudem ist die mangelnde Zahlung des Taschengeldes auch nicht durch ein verändertes Versorgungsbedürfnis des Übergebers gerechtfertigt. Zwar haben die Kläger vorgetragen, erst bei Aufnahme der Zahlungen im Jahr 1997 seien die Eltern des Klägers auf die Zahlungen angewiesen gewesen, dies führt jedoch nicht zu einer steuerlichen Unschädlichkeit der ursprünglich mangelnden Vertragsdurchführung. Der Grund für die vorgetragene mangelnde Bedürftigkeit der Eltern waren die durch den Viehhandel des Vaters noch bis 1997 erzielten eigenen Einkünfte. Diese Einkünfte lagen bereits bei Abschluss des notariellen Übergabevertrages im Jahr 1981 vor. Dennoch sind die Vertragsparteien zu diesem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Zahlung einer Geldrente eingegangen. Ein verändertes Versorgungsbedürfnis bei Vertragsabschluss und bei der nachfolgenden Aussetzung bzw. Nichtaufnahme der Zahlungen lag daher nicht vor. Die Vereinbarung in Kenntnis der mangelnden Bedürftigkeit spricht vielmehr dafür, dass sich die Beteiligten nicht an den geschlossenen Vertrag gebunden gefühlt haben. Allein die Tatsache einer notariellen Beurkundung führt entgegen dem Klägervortrag nicht zu der für den Sonderausgabenabzug erforderlichen Rechtsverbindlichkeit, da grundsätzlich auch die Durchführung der Vereinbarungen erforderlich ist. Daran fehlt es jedoch im Streitfall.
Die Tatsache, dass die Vertragsparteien im Jahr 1997 erneut eine notarielle Vereinbarung getroffen haben, führt nicht zu einer steuerlichen Anerkennung der Leistungen. Die Übergabe des Vermögens erfolgte bereits durch den notariellen Vertrag aus dem Jahr 1981. Für die Beurteilung der Frage, ob diese Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt wurden und einem Fremdvergleich standhalten, kann es nur auf den Ursprungsvertrag ankommen. Im Jahr 1997 konnten die Übergeber kein Vermögen mehr übertragen, da dieses bereits im Eigentum des Klägers stand. Eine isolierte Würdigung des Sachverhaltes auf der Grundlage des Vertrages aus dem Jahr 1997 ist daher nicht möglich. Die Vereinbarung vom 23.6.1997 stellt lediglich eine weitere Änderung der ursprünglich getroffenen vertraglichen Vereinbarungen dar, die nur dann berücksichtigt werden könnte, wenn bereits die fehlende Zahlung der Geldrente der steuerlichen Anerkennung nicht entgegenstehen würde. Da diese Zahlungsunterbrechung bzw. die im Jahr 1983 nicht erfolgte Aufnahme der Zahlungen wie oben dargestellt willkürlich war, kann auch die Aufnahme der Zahlungen nicht mehr steuermindernd berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Ende der Entscheidung
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