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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 10.06.2008
Aktenzeichen: 8 K 437/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1
Eine Berücksichtigung von Altenteilerleistungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG scheidet aus, wenn die Zahlung der vertragsgemäß geschuldeten Leistungen nicht wie vereinbart zum Monatsanfang erfolgt sondern tatsächlich von der Deckung des Mietkontos abhängig ist.
Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Zahlungen an seine Eltern als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG abziehen kann.

Der Kläger schloss am 15.9.2003 mit seinen Eltern einen notariellen Übergabevertrag. Danach übertrug der Vater dem Kläger zum 01.10.2003 das Eigentum an zwei vermieteten Hausgrundstücken in H.

In § 4 des Vertrages wird u.a. ausgeführt:

" Der Übernehmer verpflichtet sich, an den Überlasser und dessen Ehefrau, auf Lebensdauer monatlich 2.000 Euro...als dauernde Last zu bezahlen. Der Betrag ist jeweils im Voraus bis zum Dritten eines jeden Kalendermonats, erstmals im Monat der Übergabe des Vertragsgegenstandes zu bezahlen. "

Aus den übertragenen Grundstücken erzielte der Kläger im Streitjahr 2005 Mieteinnahmen in Höhe von 25.700 Euro.

Nach den vorliegenden Bankbelegen leistete der Kläger für das Streitjahr Zahlungen per Banküberweisung in Höhe von insgesamt Euro 21.644 Euro an seine Eltern, die sich wie folgt aufteilen:

Die Eltern des Klägers erklärten mit ihrer Einkommensteuererklärung für 2005 den lt. Bankbelegen gezahlten Betrag in Höhe von 21.644 Euro als Renteneinnahmen.

Der Kläger beantragte mit seiner Einkommensteuererklärung einen Sonderausgabenabzug für dauernde Lasten in Höhe von insgesamt 24.000 Euro. Der Beklagte folgte diesen Angaben nicht und berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid die Zahlungen an die Eltern - anders als in den Vorjahren - nicht mehr als Sonderausgaben.

Der Kläger legte Einspruch ein und trug u.a. vor, die Zahlungen seien regelmäßig von dem Mietkonto vorgenommen worden. Wegen mangelhafter Deckung des Kontos habe er für Februar einen Restbetrag von 356 Euro und für Oktober den vollen Monatsbetrag in bar an seinen Vater gezahlt. Zum Nachweis legte er eine entsprechende schriftliche Bestätigung seines Vaters vom 02.03.2007 vor.

Der Beklagte wies den Einspruch diesbezüglich mit Einspruchsbescheid zurück. Zur Begründung führte er aus, die Versorgungsleistungen seien nicht wie vertraglich vereinbart durchgeführt. Während nach dem notariellen Vertrag die Zahlungen jeweils zum 3. des Kalendermonats hätten gezahlt werden müssen, seien diese tatsächlich erst zum Monatsende oder im Folgemonat erbracht worden.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Im Klageverfahren begehrt der Kläger weiterhin die Anerkennung der Zahlungen in voller Höhe als dauernde Lasten. Er trägt vor, für den vorliegenden Versorgungsvertrag sei vertragstypische Leistung die Zahlung einer monatlichen Geldrente von 2.000 Euro. Da diese Rente dem Lebensunterhalt seiner Eltern diene, bestehe ein ernsthafter Rechtsbindungswille. Tatsächlich habe der Kläger die Zahlungen auch monatlich erbracht. Dabei habe er die Beträge, die aufgrund fehlender Deckung auf dem Mietkonto nicht überwiesen werden konnten, bar an seine Eltern gezahlt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger ferner sinngemäß ausgeführt, eine pünktliche Zahlung sei nicht immer möglich gewesen, da er jeweils habe warten müssen, bis die entsprechenden Mieteinnahmen auf den Mietkonten eingegangen seien. Für die Anerkennung als dauernde Last könne es aber nicht darauf ankommen, an welchem Tag die Rente überwiesen worden sei. Der Kläger legt im Klageverfahren erneut eine schriftliche Bestätigung seines Vaters vor, in dem dieser ausführt, "hiermit bestätige ich (meinem Sohn), dass er die Altenteilerleistungen für die Monate Januar und Oktober 2005 in Höhe von jeweils 2.000 Euro und Februar den Rest von 355,99 Euro in bar an mich gezahlt hat. ".

Der Kläger beantragt,

Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in Höhe von 24.000 Euro zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich zur Begründung auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 10.06.2008 durch Vernehmung des Vaters als Zeuge. Hinsichtlich der Aussage des Zeugen wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2008.

Hinsichtlich des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Steuerakten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Die Leistungen des Klägers an seine Eltern können nicht als dauernde Last steuerlich berücksichtigt werden.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, als Sonderausgaben abzugsfähig. Werden wiederkehrende Leistungen - wie im Streitfall - in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt, stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen zugeordnet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 27.8.1997 X R 54/94, BStBl II 1997, 813 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Ein Vermögensübergabe- und Versorgungsvertrag kann nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, steuerlich nur anerkannt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen (siehe grundlegend Beschluss des großen Senats des BFH vom 12.5.2003 GrS 1/00, BStBl II 2004, 95, unter C.II.2.c). Dazu gehört bei den Verträgen zwischen nahen Angehörigen, dass der Mindestbestand an bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen, der die Qualifikation als Versorgungsvertrag erst ermöglicht, klar und eindeutig vereinbart wird und die Vereinbarungen zu Beginn des Rechtsverhältnisses oder bei Änderung der Verhältnisse für die Zukunft getroffen werden (Urteil des BFH vom 3.3.2004 X R 14/01, BFH/NV 2004, 877 m.w.N.). Diesen formalen Voraussetzungen genügt der im Streitfall vorliegende Übergabevertrag vom 15.9.2003. Aus dem notariellen Vertrag ergibt sich eindeutig, welche Zahlungspflichten sich für den Kläger aus der Übertragung der Grundstücke ergeben.

Die steuerliche Berücksichtigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG scheidet jedoch aus, weil die Vertragspartner die vertraglichen Vereinbarungen tatsächlich nicht wie vereinbart durchgeführt haben. Bei der Frage der steuerlichen Anerkennung einer dauernden Last geht es nicht wie bei anderen Verträgen zwischen nahen Angehörigen um die Abgrenzung, ob eine Vereinbarung in dem einkommensteuerrechtlich vorausgesetzten sachlichem Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften oder mit dem nach § 12 EStG unbeachtlichen privaten Bereich in Zusammenhang steht, da Versorgungsleistungen ohnehin stets privat veranlasst sind. Dennoch ist erforderlich, dass auch Versorgungsverträge hinsichtlich ihrer tatsächlichen Durchführung einem Fremdvergleich standhalten. Dazu gehört, dass beide Vertragsparteien - durch äußere Merkmale erkennbar - den Vereinbarungen rechtliche Bindungswirkung beimessen und die Vereinbarungen nicht den Charakter der Beliebigkeit haben und nur Anwendung finden, wenn es den Beteiligten opportun erscheint. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn der Vollzug der Vereinbarungen durch willkürliche Aussetzung und anschließende Wiederaufnahme der Zahlungen und Schwankungen in der Höhe der Zahlungen gekennzeichnet ist (Urteil des BFH vom 3.3.2004 X R 14/01, BFH/NV 2004, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hält die tatsächliche Durchführung des Übergabevertrages dem Fremdvergleich nicht stand. Dabei geht der Senat zugunsten des Klägers davon aus, dass er die fehlende monatliche Zahlung für Oktober oder November 2005 sowie den Restbetrag für Februar 2005 bar an seinen Vater nachgezahlt hat. Dies hat der Zeuge in der mündlichen Verhandlung bestätigt und eingeräumt, dass seine Einkommensteuererklärung insoweit unzutreffend war. Der erforderliche Rechtsbindungswille liegt dennoch nicht vor. Nach dem Übergabevertrag war eine Zahlung im Voraus zu einem bestimmten Datum vereinbart. Tatsächlich hat der Kläger jedoch für keinen Monat eine pünktliche Zahlung erbracht, sondern die Beträge stets verspätet, überwiegend erst zu Beginn des nächsten Monats, überwiesen. Der Zeitpunkt der Zahlungen richtete sich nach dem eigenen Vortrag des Klägers danach, wann das Mietkonto über die erforderliche Deckung verfügte. Eine derartige Handhabung zeigt, dass jedenfalls auf Seiten des Klägers der erforderliche Rechtsbindungswille fehlte. Gerade weil die monatlich vereinbarten Rentenzahlungen nach dem Klägervortrag den wesentlichen Lebensunterhalt der Eltern sicherstellen sollten, durfte die Überweisung nicht von einer Deckung des Mietkontos abhängig gemacht werden. Diese Zahlungsweise ist von Zufälligkeiten wie der Zahlungsmoral der jeweiligen Mieter, eventuellen Aufwendungen, die vom Mietkonto bestritten werden oder der tatsächlichen Vermietung der Grundstücke abhängig. Sie ist jedoch nicht geeignet, die Versorgung der Eltern des Klägers zu gewährleisten. Dies wäre nur dann möglich, wenn die Zahlungen, wie vertraglich vereinbart, den Eltern monatlich im Voraus zur Verfügung gestanden hätten, denn nur dann hätten sie dieses Geld in dem jeweiligen Monat zur Bestreitung ihres laufenden Lebensunterhaltes verwenden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Ende der Entscheidung

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