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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 26.07.2006
Aktenzeichen: 9 K 736/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 7g Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

9 K 736/03

Einkommensteuer 1999

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin eine Rücklage nach § 7g Abs. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) zum 31.12.1999 bilden durfte.

Die verheirateten Kläger werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erzielt im wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG. Die Klägerin war seit 1998 als selbständige Hausverwalterin tätig und erzielte insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG.

Die Klägerin übernahm seit November 1998 die Verwaltung und Betreuung von Wohnobjekten für drei Eigentümer, wobei es sich dabei unter anderem um die Objekte ihres Ehemannes sowie ihres Sohnes handelte. Sie übte die Verwaltungstätigkeit allein aus. Mitarbeiter wurden nicht eingestellt. Mit ihrer Tätigkeit erzielte die Klägerin Einnahmen von ca. 500 DM (1998), 3.880 DM (1999), 3.992 DM (2000) sowie 4.716 DM (2001). Zum 31. Dezember 1999 bildete sie eine Ansparabschreibung für Existenzgründer gemäß § 7g Abs. 7 EStG für die geplante Anschaffung von 10 Büroarbeitsplätzen. Für jeden Arbeitsplatz veranschlagte sie Investitionskosten von 30.000 DM, so dass ein Investitionsvolumen von 300.000 DM ermittelt wurde. Die Ansparabschreibung wurde entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in Höhe von 150.000 DM gebildet. Die Bildung der Rücklage wies die Klägerin in ihrer Einnahme-Überschuss-Rechnung aus, die der Steuererklärung beigefügt war. Nähere Angaben zu den geplanten Investitionen waren der Steuererklärung nicht zu entnehmen. Erst im Klageverfahren hat die Klägerin eine geänderte Einnahme-Überschuss-Rechnung eingereicht, der eine detaillierte Aufstellung der beabsichtigten Anschaffungen beigefügt war. Die Aufstellung war erst im Jahre 2004 erstellt worden.

Auch in den folgenden Wirtschaftsjahren bildete die Klägerin jeweils Ansparrücklagen für die Schaffung weiterer 11 Büroarbeitsplätze (2000) sowie weiterer 9 Büroarbeitsplätze und für die Anschaffung von 5 Hausmeisterfahrzeugen. Die geplanten Investitionen wurden bis heute nicht getätigt.

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) veranlagte die Kläger insoweit antragsgemäß. Das FA erließ den Steuerbescheid für 1999 jedoch gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Anschluss an eine Außenprüfung erkannte das FA die Bildung der Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 7 EStG nicht mehr an, weil die Wirtschaftsgüter, für die die Rücklage gebildet worden war, zum 31.12. 1999 noch nicht bestellt gewesen seien. Gegen den gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Steuerbescheid legten die Kläger erfolglos Einspruch ein.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger meinen, dass sie die Rücklage nach § 7g Abs. 7 EStG zu Recht gebildet hätten. Die Bildung einer Ansparrücklage setze nicht die Vorlage eines Investitionsplans voraus. Es reiche aus, dass die geplanten Investitionen dadurch glaubhaft gemacht würden, dass das anzuschaffende Wirtschaftsgut seiner Funktion nach benannt und die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungskosten angegeben würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) sei eine Investitionsabsicht nicht zu verlangen. Sie - die Klägerin - habe im Jahre 1999 die Absicht gehabt, die Tätigkeit als Hausverwalterin erheblich auszuweiten. Für die dazu notwendigen Investitionen habe sie die Rücklage gebildet. Auch könne anhand der Angaben in der Einnahme-Überschuss-Rechnung genau verfolgt werden, ob die später getätigte mit der geplanten Investition übereinstimme. Die Angabe, Büroarbeitsplätze schaffen zu wollen, sei hinreichend konkret. Im laufenden Klageverfahren habe man darüber hinaus eine berichtigte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für die Hausverwaltung eingereicht, aus der nunmehr eine konkrete Beschreibung der geplanten Investitionen für jeden Arbeitsplatz ersichtlich sei. Diese nachträgliche Konkretisierung sei ausreichend. Auch dürfe die Bildung einer Rücklage nach § 7g EStG nicht von einer verbindlichen Bestellung zum 31.12.1999 abhängig gemacht werden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1999 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 14. November 2003 abzuändern und bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin eine Rücklage gemäß § 7g Abs. 7 EStG in Höhe von 150.000 DM zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe die beabsichtigte Investition nicht hinreichend konkretisiert. Daher könne anhand der Gewinnermittlung nicht nachgeprüft werden, ob die später angeschafften Wirtschaftsgüter mit denen übereinstimmten, für die im Streitjahr eine Rücklage hätte gebildet werden sollen. Darüber hinaus habe die Klägerin die Wirtschaftsgüter noch nicht verbindlich bestellt. Dies sei aber Voraussetzung für die Bildung einer Ansparrücklage, wenn - wie im Streitfall - eine wesentliche Betriebserweiterung beabsichtigt gewesen sei.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin war nicht berechtigt, eine Rücklage nach § 7g Abs. 7 EStG zu bilden. Die Kläger werden durch die Steuerfestsetzung daher nicht in ihren Rechten verletzt.

Nach § 7 Abs. 7g i.V.m. Abs. 3 bis 6 EStG können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Ansparrücklage darf dabei 50% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des 5. auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird. Eine Ansparrücklage kann auch gebildet werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht. Ermittelt der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind gemäß § 7g Abs. 6 EStG die Absätze 3 - 5 mit Ausnahme von Abs. 3 Nr. 1 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre spätere Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob und gegebenenfalls wie nachzuweisen oder glaubhaft zu machen ist, dass eine Investition im Sinne von § 7g EStG beabsichtigt ist (Urteil des BFH vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00, BStBl II 2002, 385). Der Steuerpflichtige ist nicht gehalten, die Absicht einer Investition nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen (Urteil des BFH vom 19. September 2002 X R 51/00, BStBl II 2004, 184). Allerdings muss die Investition bei Bildung der Rücklage so genau bezeichnet werden, dass im Investitionsjahr festgestellt werden kann, ob eine Investition derjenigen entspricht, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet wurde. Dazu sind Angaben insbesondere zur Funktion des Wirtschaftsguts sowie zu den voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erforderlich (Urteil des BFH vom 17. November 2004 X R 38/02, BFH/NV 2005, 846).

Der auch im Rahmen einer Existenzgründerrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG entsprechend anwendbare § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG setzt voraus, dass ein Wirtschaftsgut in einem nachfolgenden Wirtschaftsjahr voraussichtlich angeschafft oder hergestellt wird. Dabei hat das Gericht zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "voraussichtlich" eine Prognoseentscheidung über das künftige Investitionsverhalten des Steuerpflichtigen zu treffen (Urteil des BFH vom 25. April 2002 IV R 30/00, BStBl II 2004, 182). Um eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der steuerlichen Förderung durch Bildung einer Ansparrücklage gleichsam "ins Blaue hinein" zu verhindert, verlangt die Rechtsprechung des BFH, dass die Wirtschaftsgüter, für die eine Rücklage gebildet werden soll, bereits verbindlich am maßgeblichen Stichtag bestellt worden sind, wenn der Steuerpflichtige durch die der Rücklagenbildung zugrunde liegenden Investitionen eine wesentliche Erweiterung seines bereits bestehenden Betriebes plant (Urteil des BFH vom 17. November 2004 X R 38/02, BFH/NV 2005, 846).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze durfte die Klägerin die Ansparrücklage nicht bilden. Im Streitjahr betrieb die Klägerin ihre Hausverwaltungstätigkeit nur mit bescheidenen sachlich und personellen Mitteln. Sie hatte keine Angestellten und erzielte Einnahmen von lediglich knapp 4.000 DM jährlich. Die Anschaffung von 10 weiteren Büroarbeitsplätzen hätte daher zu einer erheblichen Erweiterung des bestehenden Betriebes geführt. Die Klägerin trägt selbst vor, dass sie mit ihrem Unternehmen erheblich habe wachsen wollen, so dass dadurch die Investition in weitere 10 Büroarbeitsplätze notwendig gewesen wäre. Eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG hätte die Klägerin daher nur bilden dürfen, wenn sie die anzuschaffenden Büroarbeitsplätze am 31.12.1999 bereits verbindlich bestellt gehabt hätte. Eine verbindliche Bestellung für die entsprechenden Wirtschaftsgüter lag jedoch nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Ende der Entscheidung

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